Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit vom 17. November 2016 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 18/10366 18. Wahlperiode 21.11.2016 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Sylvia Kotting-Uhl, Annalena Baerbock, Harald Ebner, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 18/10198 – Unregelmäßigkeiten bei Reaktorbauteilen der französischen Schmiede Creusot Forge (Nachfrage zur Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage auf Bundestagsdrucksache 18/9151) V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Ende April 2016 gab der französische Nuklearkonzern AREVA Unregelmäßigkeiten bei der Fertigungskontrolle von Reaktorbauteilen bekannt. Die Bauteile stammen aus der Tochterfirma, der Schmiede Creusot Forge. Laut Aussage der französischen Atomaufsicht Autorité de Sûreté Nucléaire (ASN) handelt es sich um 400 Unregelmäßigkeiten seit dem Jahr 1965. Bekanntgeworden sind die Unregelmäßigkeiten durch Untersuchungen, die AREVA aufgrund von Anomalien in Deckel und Bodenkalotte des Reaktordruckbehälters beim Atomkraftwerkneubauvorhaben Flamanville 3 durchführen musste (vgl. ASN „Areva a informé l’ASN d’irrégularités concernant des composants fabriqués dans son usine de Creusot Forge“ vom 3. Mai 2016, online abrufbar unter www.asn.fr/Informer/ Actualites/Irregularites-concernant-des-composants-fabriques-dans-l-usine-Arevade -Creusot-Forge). Nachdem mehrere Reaktoren wegen Überprüfungen vom Netz genommen wurden, hat die französische Atomaufsicht am 19. Oktober 2016 wegen Sicherheitsbedenken die außerplanmäßige Abschaltung von fünf weiteren Atomreaktoren angeordnet. Betroffen sind die Atomkraftwerke Fessenheim , Civeaux, Gravelines und Tricastin. Hier soll insbesondere der Stahl der Dampferzeuger kontrolliert werden, die in der japanischen Schmiede Japan Casting and Forging Cooperation hergestellt wurden (vgl. ASN „L’ASN prescrit la réalisation sous trois mois de contrôles sur les générateurs de vapeur de cinq réacteurs d’EDF dont l’acier présente une concentration élevée en carbone “ vom 19. Oktober 2016. Online abrufbar unter www.asn.fr/Informer/ Actualites/Controles-complementaires-sur-les-generateurs-de-vapeur-de-cinqreacteurs -d-EDF). Bereits im Juni 2016 war die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN der Frage zu den Unregelmäßigkeiten nachgegangen (vgl. Bundestagsdrucksache 18/8935). Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/10366 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 1. Um welche konkreten Unregelmäßigkeiten, Veränderungen oder Lücken handelt es sich laut Kenntnis der Bundesregierung bei den Bauteilen der Schmiede Creusot Forge? Die Bundesregierung verweist auf ihre Antwort auf die Kleine Anfrage auf Bundestagsdrucksache 18/9151. Die ASN hat am 23. September 2016 eine Liste mit den betroffenen Komponenten aus der Schmiede Le Creusot Forge der Firma AREVA und die Art der Unregelmäßigkeiten veröffentlicht (www.asn.fr/Informer/Actualites/Usine-Creusot- Forge-d-Areva-NP-liste-des-irregularites). Diese Liste beinhaltet auch eine Zuordnung der Komponenten zu den betroffenen Atomkraftwerken. 2. Welche Bauteile sind laut Kenntnis der Bundesregierung konkret in welchem Atomkraftwerk bzw. welcher Atomanlage betroffen (bitte nach Reaktoren unterteilen und jeweils mit Angabe, ob es sich um ein sicherheitstechnisch wichtiges Bauteil handelt oder nicht; wo keine bauteilspezifischen Kenntnisse vorliegen, bitte hilfsweise zumindest die betreffenden Atomkraftwerke bzw. Atomanlagen angeben)? Die Bundesregierung verweist auf die Antwort zu Frage 1. 3. Kann die Bundesregierung mittlerweile praktisch ausschließen, dass deutsche Atomkraftwerke von Bauteilen betroffen sind, die a) für den Reaktordruckbehälter oder b) für andere Bereiche des Atomkraftwerks vorgesehen sind? Falls ja, warum kann sie dies ausschließen? Das BMUB lässt regelmäßig Vorkommnisse und Erfahrungen in ausländischen Atomkraftwerken im Hinblick auf neue Erkenntnisse für die Sicherheit der deutschen Atomkraftwerke auswerten. Das BMUB wird dabei durch die Reaktorsicherheitskommission (RSK) und die Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit (GRS) gGmbH unterstützt. Bislang ist aus den vorliegenden Informationen keine Übertragbarkeit für die deutschen Atomkraftwerke erkennbar. 4. Liegt der Bundesregierung eine Liste aller betroffenen Atomkraftwerke im Ausland (insbesondere der grenznahen AKW) vor? Wenn nein, was unternimmt die Bundesregierung, um eine solche Liste von AREVA zu erhalten und Interessierten zur Verfügung zu stellen? Die Bundesregierung verweist auf die Antwort auf die Kleine Anfrage auf Bundestagsdrucksache 18/9151. Nach Kenntnissen der Bundesregierung sind die französischen Atomkraftwerke Belleville, Blayais, Bugey, Cattenom, Chinon, Dampierre, Fessenheim, Golfech, Gravelines, Paluel, Saint-Laurent-des-Eaux und Tricastin betroffen. Darüber hinaus hat das Eidgenössische Nuklearsicherheitsinspektorat (ENSI) als zuständige atomrechtliche Aufsichtsbehörde der Schweiz die Öffentlichkeit über den Stand der eigenen Untersuchungen mit Pressemitteilung vom 17. August 2016 (www.ensi.ch/de/2016/08/17/unregelmaessigkeiten-im-schmiedewerk-lecreusot -betreffen-schweizer-kernkraftwerke-nicht/) unterrichtet. Demnach betreffen die in der Schmiede Le Creusot Forge festgestellten Unregelmäßigkeiten Schweizer Atomkraftwerke nicht. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/10366 Soweit ausländische kerntechnische Anlagen von Unregelmäßigkeiten betroffen sind, liegt es in der Verantwortung der zuständigen atomrechtlichen Aufsichtsbehörden , diese sicherheitstechnisch zu bewerten und ggf. Schlussfolgerungen zu ziehen. 5. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung dazu, dass auch fehlerhafte Bau- bzw. Schmiedeteile aus dem japanischen Guss- und Schmiedewerk Japan Casting and Forging Cooperation (JCFC) stammen? Am 23. Juni 2016 (www.asn.fr/Informer/Actualites/Anomalies-potentielles-surles -generateurs-de-vapeur) hat die ASN berichtet, dass Dampferzeuger des Herstellers Japan Casting and Forging Cooperation JCFC in den französischen AKW Bugey, Civaux, Dampierre, Fessenheim, Gravelines, Saint-Laurent-des-Eaux und Tricastin ähnliche Befunde wie beim Reaktordruckbehälter von Flamanville-3 aufweisen könnten. Vor diesem Hintergrund teilte die ASN am 18. Oktober 2016 mit, dass der Betreiber EdF aufgefordert wurde, für diese Atomkraftwerke Untersuchungen an den Dampferzeugern durchzuführen (www.asn.fr/Informer/Actualites/Controlescomplementaires -sur-les-generateurs-de-vapeur-de-cinq-reacteurs-d-EDF). Für eine abschließende Bewertung sind die Ergebnisse der Untersuchungen des Betreibers EdF abzuwarten. Es liegt in der Verantwortung der ASN, diese sicherheitstechnisch zu bewerten und ggf. Schlussfolgerungen zu ziehen. 6. Könnten nach Kenntnis der Bundesregierung auch fehlerhafte Bau- bzw. Schmiedeteile aus dem japanischen Stahlwerk Japan Steel Works (JSW) stammen? Der Bundesregierung sind keine Befunde in Bau- bzw. Schmiedeteilen des Herstellers Japan Steel Works (JSW) bekannt. 7. Welche Konsequenz ergibt sich für die Bundesregierung daraus, dass anscheinend nicht nur in der Schmiede Creusot Forge fehlerhafte Bau- bzw. Schmiedeteile hergestellt worden sind, sondern auch in anderen Schmieden (bitte erläutern)? Die Bundesregierung geht entsprechenden Informationen nach. Sie geht davon aus, dass die ASN weiterhin europäische Aufsichtsbehörden und die Öffentlichkeit informieren wird. Die Bundesregierung wird weiterhin alle Gelegenheiten nutzen, ihr Sicherheitsverständnis in die laufenden Untersuchungen einzubringen . 8. Welche Atomkraftwerke bzw. welche Meiler sind nach Kenntnis der Bundesregierung bisher für Überprüfungen heruntergefahren worden? Nach Kenntnissen der Bundesregierung hat die ASN den Betreiber EdF für die Atomkraftwerke Bugey, Civaux, Dampierre, Fessenheim, Gravelines, Saint-Laurent -des-Eaux und Tricastin gebeten, Überprüfungen an den Dampferzeugern durchzuführen. Detailkenntnisse zu den damit verbundenen Abschaltungen liegen der Bundesregierung nicht vor. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/10366 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 9. Welche konkreten Überprüfungen werden nach Kenntnis der Bundesregierung an diesen Meilern durchgeführt? Der Bundesregierung liegen keine konkreten Informationen zu den Überprüfungen vor. 10. Kann die Bundesregierung praktisch ausschließen, dass grenznahe Atomkraftwerke von Bauteilen betroffen sind, die a) für den Reaktordruckbehälter oder b) für andere Bereiche des Atomkraftwerks vorgesehen sind? Falls ja, warum kann sie dies ausschließen? Falls nein, welche Konsequenz zieht sie daraus für die Sicherheit – besonders der im Grenzgebiet lebenden Bevölkerung? Die Bundesregierung verweist auf die Antwort zu Frage 4. 11. Was konkret unternimmt die Bundesregierung, damit die betroffenen grenznahen AKW – zumindest vorübergehend und bis zur endgültigen Klärung – vom Netz genommen werden? Soweit ausländische Atomkraftwerke betroffen sind, liegt es in der Verantwortung der zuständigen atomrechtlichen Aufsichtsbehörden, diese Anlagen sicherheitstechnisch zu bewerten und ggf. Schlussfolgerungen zu ziehen. Im Übrigen hatte die französische Regierung für das Atomkraftwerk Fessenheim mehrfach verkündet, dessen vorzeitige Stilllegung anzustreben. Die Bundesumweltministerin Dr. Barbara Hendricks hat wiederholt persönlich gegenüber der französischen Umweltministerin Royal darauf gedrungen, diese Ankündigungen einzuhalten und möglichst zeitnah umzusetzen. Sie wird dieses Anliegen natürlich auch weiterhin mit Nachdruck gegenüber der französischen Regierung vorbringen . Nach derzeitiger französischer Planung, soll ein Dekret zur Stilllegung des Atomkraftwerkes Fessenheim erlassen werden. 12. Hat die Bundesregierung Kenntnisse zu Fälschungen und Vertuschungen bei dem italienischen Hersteller Mangiarotti (wenn ja, welche Bauteile welcher Atomkraftwerke sind nach Kenntnis der Bundesregierung betroffen)? Die Bundesregierung wurde durch die ASN über mögliche Unregelmäßigkeiten bei der Firma Mangiarotti und über Fälschungen von Prüfzeugnissen bei der Firma SBS Forge informiert. Der Bundesregierung liegen keine Kenntnisse zu den einzelnen Bauteilen vor. 13. Hat die Bundesregierung Kenntnisse zu Fälschungen und Vertuschungen bei dem französischen Hersteller SBS Forge (wenn ja, welche Bauteile welcher Atomkraftwerke sind nach Kenntnis der Bundesregierung betroffen)? Die Bundesregierung verweist auf die Antwort zu Frage 12. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/10366 14. Wurde nach Kenntnis der Bundesregierung z. B. im Rahmen der Deutsch- Französischen Kommission für Fragen der Sicherheit kerntechnischer Anlagen (DFK) auch darüber gesprochen, dass die Atomaufsicht noch im Sommer 2016 nach der Abschaltung von Fessenheim 2 versicherte, wegen Fessenheim 1 müsse man sich keine Sorgen machen und dies jetzt revidiert werden musste (wenn nein, warum nicht, vgl. z. B. Badische Zeitung vom 1. Juli 2016 „Nicht mehr Pannen als anderswo auch“ und 21. Juli 2016 „Atomaufsicht legt Reaktor 2 still“)? Auf Bitte der Bundesregierung hat die ASN im Rahmen der letzten Sitzung der Deutsch-Französischen-Kommission für Fragen der Sicherheit kerntechnischer Anlagen (DFK) zu den festgestellten Unregelmäßigkeiten in der französischen Schmiede Le Creusot Forge berichtet. Nach Kenntnis der Bundesregierung hat die ASN über den Stand der Untersuchungen auch über die Seite: (www.asn.fr Informer/Dossiers/Anomalies-de-la-cuve-de-l-EPR-et-irregularites-usine-Creusot- Forge-d-AREVA) regelmäßig berichtet. Erkenntnisse über die in Frage 14 unterstellten revidierten Äußerungen der ASN liegen der Bundesregierung nicht vor. 15. Wie bewertet die Bundesregierung diese gravierende Meinungsänderung seitens der französischen Atomaufsichtsbehörde Autorité de Sûreté Nucléaire (ASN), und was bedeutet das aus ihrer Sicht für alle weiteren, von der ASN als sicher eingestuften, Reaktoren? Die Bundesregierung verweist auf die Antwort zu Frage 14. 16. Welche konkreten Erkenntnisse hat die Bundesregierung über Maßnahmen zur Verbesserung von internen Überprüfungsprozessen sowie der Sicherheits - und Qualitätskultur in der Schmiede Creusot Forge, nachdem die Unregelmäßigkeiten entdeckt worden sind, und sofern es Erkenntnisse gibt, hält sie diese für ausreichend, um weitere Missstände zu verhindern? Die Bundesregierung hat keine Erkenntnisse über Maßnahmen zur Verbesserung von internen Überprüfungsprozessen sowie der Sicherheits- und Qualitätskultur bei der Schmiede Le Creusot Forge der Firma Areva. 17. Wird nach Kenntnis der Bundesregierung bei AREVA, ein Untersuchungsprogramm für eine Nachbewertung der Sicherheit der einzelnen Bauteile erarbeitet ? Wenn ja, welche weiteren Erkenntnisse hat die Bundesregierung zu Art, Umfang und Dauer des Untersuchungsprogramms für die Nachbewertung? Wenn nein, wird sich die Bundesregierung dafür einsetzen, dass AREVA eine umfassende Nachbewertung vornimmt? Für den sicheren Betrieb der französischen Atomkraftwerke ist der Betreiber EdF zuständig. Über das weitere Vorgehen bei der Überprüfung und Nachbewertung liegen der Bundesregierung keine Informationen vor. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333