Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung vom 23. November 2016 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 18/10447 18. Wahlperiode 25.11.2016 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Eva Bulling-Schröter, Caren Lay, Annette Groth, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 18/10187 – Die Rolle Deutschlands bei der Hintertür-Finanzierung von Kohleprojekten durch externe Dienstleister über Weltbank und International Finance Corporation V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Die Weltbank hat 2013 ein Ende der Finanzierung klimaschädlicher Kohleprojekte erklärt. Nur „in besonderen Ausnahmen“ werde die multinationale Entwicklungsbank in Kohlekraftwerke oder den Abbau von Kohle investieren (vgl. www.worldbank.org/en/news/feature/2013/07/16/world-bank-group-directionfor -energy-sector). Die Investitionspolitik und Kreditvergabe der Weltbank werden im Exekutivdirektorium von den sechs größten Anteilseignern China, Deutschland, Frankreich, Japan, USA und dem Vereinigten Königreich in besonderem Maße beeinflusst. Auch hat der im Oktober 2016 wiedergewählte Weltbank-Präsident Jim Yong Kim in der jüngeren Vergangenheit eindrucksvoll vor neuen Kohleprojekten und ihren Folgen für die voranschreitende globale Erderwärmung gewarnt: „Wenn Asien die Kohle-Pläne jetzt umsetzt, dann sind wir denke ich am Ende“ (vgl. www.theguardian.com/environment/2016/ may/05/climate-change-coal-power-asia-world-bank-disaster). Entgegen dem zugesagten Kohleausstieg der Weltbank finanziert diese Medienberichten zufolge über ihre Entwicklungsbank International Finance Corporation (IFC) weiter fossile Projekte in der ganzen Welt. Insgesamt seien 56 000 Megawatt an neuer Kohlekraftleistung finanziert worden, was der gesamten Kohlekraftwerkskapazität Deutschlands entspricht. Einen indirekten IFC-Kredit erhalte etwa das geplante Kohlekraftwerk Rampal in Bangladesch, dessen Realisierung die größten derzeit noch intakten Mangrovenwälder der Erde teilweise zerstören wird (vgl. www.klimaretter.info/wirtschaft/nachricht/ 22030-weltbank-foerdert-weiter-kohle). Der Studie unter Leitung der US-Nichtregierungsorganisation Inclusive Development International zufolge werden von der IFC seit 2013 41 neue klimaschädliche Projekte gefördert, viele davon seien Kohlekraftwerke, was zur mehr Emissionen und mehr Waldabholzungen führt (vgl. „Disaster for Us and the Planet: How the IFC is Funding a Coal Boom“, ISI, www.inclusivedevelopment. net/wp-content/uploads/2016/09/Outsourcing-Development-Climate.pdf). Die Finanzierung laufe an den Weltbank-Standards vorbei über die Hintertür durch Kreditvergabe an externe Finanzdienstleister. Im Zeitraum von 2011 bis 2015 Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/10447 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode habe die IFC 40 Milliarden US-Dollar an externe Finanzpartner vergeben. Bereits mehr als die Hälfte des IFC-Kredit-Portfolios werde an externe Finanzdienstleister vergeben (ebd.). Die deutsche Nichtregierungsorganisation urgewald e. V. sieht in der Kreditvergabe an den Finanzsektor einen „grundlegenden Wandel im Geschäft der Weltbank-Tochter IFC“. Während sie in den vergangenen Jahrzehnten Kredite fast ausschließlich an Unternehmen und Projekte direkt vergeben habe, lagere „das Mitglied der Weltbankgruppe nun den Großteil der Entwicklungsarbeit an profitorientierte Finanzinstitutionen aus“, ohne dass die IFC die Verwendung dieser Gelder überprüfe (vgl. www.urgewald.org/presse/trotz-kohle-ausschlussweltbank -finanziert). 1. Hat die Bundesregierung Kenntnis von der Studie „Disaster for Us and the Planet: How the IFC is Funding a Coal Boom“? Das deutsche Exekutivbüro bei der Weltbankgruppe hat an der Vorstellung der Studie im Rahmen der Weltbank-Jahrestagung am 4. Oktober 2016 teilgenommen und die Bundesregierung hierüber informiert. 2. Welche Schlüsse zieht die Bundesregierung aus den Erkenntnissen der Studie für ihre Politik und ihr Abstimmungsverhalten in den verantwortlichen Weltbank-Gremien und welche Gremien sind das? Den multilateralen Entwicklungsbanken kommt eine Schlüsselrolle für die Umsetzung des Artikel 2 (1) c des Pariser Klimaabkommens zu (Ausrichtung von Finanzflüssen auf emissionsarme und klimaresiliente Entwicklung). Dementsprechend sollten sich die Institutionen klar zum Ausstieg aus der Finanzierung fossiler Energievorhaben, insbesondere der Kohle, bekennen. Die Weltbank, die IADB und die EIB haben bereits Klimaaktionspläne vorgelegt, in denen dargestellt wird, wie sie ihre Finanzflüsse nach den Zielen von Paris ausrichten werden. Auf Grundlage des „Berichts der Bundesregierung zur internationalen Kohlefinanzierung für den Wirtschaftsausschuss des Deutschen Bundestages“ unterstützt die Bundesregierung in der Entwicklungszusammenarbeit den Neubau von Kohlekraftwerken und die Ertüchtigung bereits stillgelegter Kohlekraftwerke nicht mehr. Die Finanzierung der Modernisierung von Kohlekraftwerken ist nur in Ausnahmefällen und anhand folgender strenger, kumulativ geprüfter politischer und technischer Kriterien zulässig: Das Projekt ist kohärent mit der nationalen Klimapolitik und Klimaschutzstrategie des Partnerlandes, die von gezielter Politik zum Ausbau erneuerbarer Energien bzw. zur Steigerung der Energieeffizienz flankiert ist, es nutzt die besten verfügbaren Technologien (BVT) laut EU-Industrieemissionsrichtlinie (IED-RL 2010/75/EU), erfüllt die technischen und räumlichen Voraussetzungen für CCS-Nachrüstung (CCS-ready) und ausreichende Alternativen sind nicht verfügbar. Das Projekt muss zudem einen signifikanten Beitrag zur Energieversorgungssicherheit sowie einen nachweisbaren Beitrag zum Zugang zu Energie für ärmere Bevölkerungsschichten leisten und eine Umweltund Sozialverträglichkeitsprüfung nach internationalem Standard genügen. Auf Basis des o. g. Berichts verfolgt die Bundesregierung diese Positionierung hinsichtlich Kohlekraftwerken auch für die Weltbank und gestaltet dementsprechend ihr Abstimmungsverhalten in den verantwortlichen Gremien, namentlich dem Exekutivdirektorium der Internationalen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (IBRD), dem Exekutivdirektorium der Internationalen Entwicklungsorganisation (IDA), dem Exekutivdirektorium der Internationalen Finanz-Corporation (IFC) wie auch dem Exekutivdirektorium der Multilateralen Investitions- Garantie-Agentur (MIGA). Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/10447 Die Bundesregierung engagiert sich dementsprechend als Anteilseigner für hohe Standards bei Eigenkapitalbeteiligungen bzw. Kreditvergabe durch IFC an Finanzintermediäre . Die Finanzierungszusagen an Finanzintermediäre seitens der IFC sollten nach Auffassung der Bundesregierung mit überprüfbaren Auflagen versehen werden, die nachzuhalten sind, um dadurch fossile Unterprojekte soweit wie möglich auszuschließen. 3. Wie viele Finanzierungszusagen hat die Weltbank nach Kenntnis der Bundesregierung über ihre verschiedenen Institutionen wie den IFC seit 2011 an externe Finanzdienstleister vergeben (bitte tabellarisch nach Höhe des Finanzierungsinstruments , Laufzeit und Rückzahlungsmodalitäten, Name des Antragstellers/Finanzierungsempfängers, Name des Projekts, Beschreibung des Projekts, Datum der Antragstellung, Datum der Bewilligung, Datum der Auszahlung auflisten)? Angesichts der hohen Zahl an bewilligten Projekten verweist die Bundesregierung die Fragesteller auf die Projektdatenbank der IFC (http://ifcextapps.ifc.org/ ifcext/spiwebsite1.nsf/$$Search?openform), die öffentlich zugänglich ist. Die Datenbank führt alle Projekte auf, die von der IFC dem Exekutivdirektorium zur Annahme vorgelegt wurden. Sie enthält die meisten der abgefragten Aspekte außer Laufzeit und Rückzahlungsmodalitäten sowie Datum der Antragstellung. 4. Wann hat welches Weltbank-Gremium nach Kenntnis der Bundesregierung über die in Frage 3 genannten Finanzierungszusagen entschieden, und wie hat Deutschland abgestimmt? Bezüglich der ersten Teilfrage wird auf die Antwort zu Frage 3 verwiesen. Deutschland hat seit 2011 allen in der Antwort zu Frage 3 genannten Projekten zugestimmt, mit Ausnahme von folgenden Enthaltungen: Postal Savings Bank of China Equity, China (2015) Seven Energy Finance Limited, Nigeria (2014) Banco Financiera Comercial Hondurena S.A, Honduras (2011). 5. Was ist nach Kenntnis der Bundesregierung der Grund für die Abkehr von der direkten Projektfinanzierung hin zur Kreditvergabe an den Finanzsektor über öffentliche Mittel? Die IFC hat in ihrem Strategic Business Outlook FY17-19 (öffentlich zugänglich) dargelegt, dass Investitionen in Finanzintermediäre einen wichtigen Beitrag zur Entwicklung stabiler, inklusiver und nachhaltiger Finanzmärkte leisten. Zugang zu Finanzdienstleistungen, insb. die Kreditvergabe an kleine und mittelständische Unternehmen, ist nach Ansicht der Bundesregierung ein zentrales Mittel zur Stärkung lokaler Wertschöpfungsketten und damit auch der notwendigen Beschäftigungsförderung . Gleichzeitig ist die aktive Teilhabe aller Bevölkerungsschichten an finanziellen Dienstleistungen erklärtes Ziel der IFC, das auch von der Bundesregierung unterstützt wird. Tatsächlich ist der Anteil der Investitionen der IFC in Finanzintermediäre zwischen Finanzjahr 2009 und Finanzjahr 2015 von 35 auf 38 Prozent des Portfolios gewachsen. Dies stellt nach Ansicht der Bundesregierung aber keine Abkehr von der klassischen Projektfinanzierung dar, sondern ist vielmehr komplementär zu dieser. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/10447 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 6. Welche Bedingungen knüpft die Weltbank nach Kenntnis der Bundesregierung an die Vergabe von Krediten an externe Finanzdienstleister, und wie kontrolliert sie die Verwendung der verliehenen öffentlichen Mittel? Die IFC investiert auf unterschiedliche Weise und mit verschiedenen Instrumenten in Finanzintermediäre. Einige Investitionen sind für spezifische Zwecke bestimmt , während andere allgemeine Ziele verfolgen. Unabhängig davon legt die IFC Standards und Anforderungen fest, die die Finanzintermediäre erfüllen müssen , und ergreift Schutzmaßnahmen, um potentielle Fehlentwicklungen zu minimieren . Die IFC überwacht ihre Investitionen durch regelmäßige Berichte ihrer Kunden und durch Überwachungsbesuche. Im Falle von sog. „Ring-Fencing“- Finanzierungen werden rechtliche Vereinbarungen mit spezifischen Anforderungen an die Kriterien für die Arten von Aktivitäten gebunden, die mit der Finanzierung der IFC unterstützt werden. Ein Großteil der IFC-Finanzierungen an Finanzintermediäre ist für eine spezifische Nutzung bestimmt, die Kreditvergabe zielt etwa auf bestimmte Branchen (z. B. Agrarwirtschaft) oder Segmente (z. B. KMU, Mikrofinanzierung, Unternehmen in Besitz von Frauen, Wohnungswesen usw.). Wo die IFC-Finanzierung auf ein bestimmtes Ziel ausgerichtet ist, gelten die Anforderungen des Umweltund Sozial-Risikomanagements der IFC für die spezifische Nutzung durch die Finanzintermediäre. Wenn die Finanzintermediäre mit eigenen Mitteln ähnliche Aktivitäten unterstützten, gelten die IFC-Anforderungen für die gesamte Anlagenklasse (wie in Ziffer 36 der IFC-Nachhaltigkeitspolitik definiert). Die IFC- Aufsicht kann dabei nicht jedes Unterprojekt der Finanzintermediäre evaluieren, sondern hält die Umsetzung der Umwelt- und Sozialrichtlinien in dieser Anlagenklasse anhand einer Überprüfung der Verfahren und Kapazitäten der Finanzintermediäre nach. Im Rahmen der Aufsicht über das Umwelt- und Sozialmanagementsystem der Finanzintermediäre prüft IFC die Qualität der Richtlinien, Verfahren und Kapazitäten, die Umwelt- und Sozialgutachten (einschließlich Korrekturmaßnahmen ) sowie stichprobenartig die Berichte zu den Unterprojekten. Der Fokus der IFC-Aufsicht liegt auf der Ermittlung, ob die Finanzintermediäre die Risiken des Teils ihres Portfolios, auf die die Investition der IFC zielt, adäquat steuern. Die IFC kann auch Besuche von Unterprojekten durchführen, um die Qualität der Umsetzung der Umwelt- und Sozialmanagementsysteme weiter zu validieren. 7. Wie viele fossile Projekte (Kohlekraft, Kohleproduktion, Gaskraft, Gasproduktion , fossile Infrastrukturen wie Pipelines, Straßen, Schienen, Verladeanlagen für Kohletransport) sind der Bundesregierung bekannt, die direkte IFC-Finanzierungen erhalten haben? Es wird auf die Antwort zu Frage 3 verwiesen. 8. Welche detaillierten Informationen liegen der Bundesregierung über die in Frage 3 abgefragten Projekte vor (bitte tabellarisch nach Höhe des Kredits, Laufzeit und Rückzahlungsmodalitäten, Name des Antragstellers/Finanzierungsempfängers , Name des Projekts, Beschreibung des Projekts, Datum der Antragstellung, Datum der Bewilligung, Datum der Auszahlung auflisten)? Es wird auf die Antwort zu Frage 3 verwiesen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/10447 9. Wie viele fossile Projekte (Kohlekraft, Kohleproduktion, Gaskraft, Gasproduktion , fossile Infrastrukturen wie Pipelines, Straßen, Schienen, Verladeanlagen für Kohletransport) sind der Bundesregierung bekannt, die eine indirekte IFC-Finanzierung über externe Finanzdienstleister erhalten haben? IFC vergibt keine Kreditlinien oder Darlehen an Finanzintermediäre, die auf die Finanzierung von Kohleprojekten abzielen. Einige der Finanzintermediäre, an denen IFC Eigenkapitalbeteiligungen hält oder an die IFC generelle Kreditlinien vergeben hat, halten möglicherweise Anteile an fossilen Projekten in begrenztem Ausmaß. In drei Fällen (IIF, Indonesien, Projekt-Nr.: 34837; FDN, Kolumbien, Projekt-Nr.: 33862; CIFI, Lateinamerika Projekt-Nr.: 26031) stellt IFC zurzeit Kredite an Finanzintermediäre für die Zwecke von Infrastrukturprojekten zur Verfügung, die potenziell auch fossile Unterprojekte beinhalten könnten. Davon hat aber nur CIFI eine aktive Investition in einem fossilen Unterprojekt. Im Allgemeinen sind die Darlehen oder Kreditlinien der IFC auf andere Verwendungszwecke wie KMU, Unternehmen im Besitz von Frauen, Klimaschutz usw. ausgerichtet . 10. Welche detaillierten Informationen liegen der Bundesregierung über die in Frage 5 abgefragten Projekte vor (bitte tabellarisch nach Höhe des Kredits, Laufzeit und Rückzahlungsmodalitäten, Name des Antragstellers/Finanzierungsempfängers , Name des Projekts, Beschreibung des Projekts, Datum der Antragstellung, Datum der Bewilligung, Datum der Auszahlung auflisten)? In Frage 5 werden keine Projekte abgefragt. Wenn es den Fragestellern um die in Frage 9 abgefragten Projekte geht, wird auf die Antwort zu Frage 3 verwiesen. 11. Wie viele fossile Projekte sind der Bundesregierung bekannt, die innerhalb der nächsten zehn Jahre eine IFD-Finanzierung beantragt haben (bitte tabellarisch nach Höhe des Kredits, Laufzeit und Rückzahlungsmodalitäten, Name des Antragstellers/Finanzierungsempfängers, Name des Projekts, Beschreibung des Projekts, Datum der Antragstellung, Datum der Bewilligung, Datum der Auszahlung auflisten)? Über zukünftige Projektanträge kann die Bundesregierung keine Aussage treffen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333