Deutscher Bundestag Drucksache 18/1052 18. Wahlperiode 04.04.2014 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Lisa Paus, Dr. Tobias Lindner, Christian Kühn (Tübingen), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 18/884 – Liegenschaften der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben in Berlin Vo r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) unterhält zahlreiche Liegenschaften in Berlin, darunter über 5 000 Wohnungen sowie ehemals militärisch genutzte Anlagen, sogenannten Konversionsflächen. Nicht selten ist die Art der Nutzung von Immobilien im Besitz der BImA von erheblicher städtebaulicher Bedeutung. Aktuell bietet die BImA drei Altbau-Mehrfamilienhäuser auf den Grundstücken Großgörschenstraße 25, 26 / Katzlerstraße 11 sowie Großgörschenstraße 27 / Katzlerstraße 10 in Berlin-Schöneberg an. Das Angebot ist in dem Verkaufsprospekt „Chancen für Investitionen – Wohn- und Gewerbeimmobilien in Berlin & Brandenburg“ (S. 10 bis 11) veröffentlicht, abgerufen am 11. März 2014 unter www.bundesimmobilien.de/6946590/chancen_investitionen-berlin-brandenburg. pdf. Laut Verkaufsprospekt ist die Verfügbarkeit der 48 Wohneinheiten und zehn Ladenlokale für das Jahr 2014 geplant, der Verkauf soll zum Höchstangebot erfolgen. Die derzeitigen Mieterinnen und Mieter erwarten, dass der neue Eigentümer nach dem Besitzwechsel die Objekte renditeorientiert bewirtschaftet und folglich die Mieten in diesem Objekt an das marktübliche Niveau anpassen wird. Laut Angaben der Mieterinnen und Mieter steht der Erhalt der gewachsenen Bewohnerstruktur auf dem Spiel. Ein weiteres aktuelles Thema in Berlin ist die Suche nach geeigneten Unterkünften für Asylsuchende. Die Stadt hat aktuell mit einer hohen Zugangszahl von Asylsuchenden zu tun, in dessen Folge die Berliner Flüchtlingsunterkünfte chronisch überbelegt sind. Wenn geeignete Liegenschaften aus dem Portfolio der BImA zur Unterbringung von Asylsuchenden genutzt werden können, würde dies zu einer Entspannung der Unterbringungssituation führen. Im Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD für die 18. LegislaturDie Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 3. April 2014 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. periode wird bezüglich der Liegenschaftspolitik des Bundes angekündigt: „Einen wichtigen Beitrag für mehr Wohnbauland können nicht mehr benötigte Konversionsliegenschaften im öffentlichen Eigentum leisten. Die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben wird die Kommunen auch weiterhin dabei unterstützen. Drucksache 18/1052 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode So wird mit Rücksicht auf die vielen am Gemeinwohl orientierten Vorhaben der Kommunen, wie der Schaffung bezahlbaren Wohnraums und einer lebendigen Stadt, eine verbilligte Abgabe von Grundstücken realisiert.“ Inwieweit diese Ankündigungen möglichst rasch umgesetzt werden, wird sich auch an dem konkreten Umgang der BImA mit ihrem Immobilienbesitz in Berlin zeigen. 1. Welche Entwicklungen haben zu der Entscheidung geführt, die Immobilien Großgörschenstraße/Katzlerstraße zu verkaufen, nachdem laut Auskunft der Bundesregierung vom 19. Juli 2012 keine Wohnimmobilienverkäufe in Berlin geplant waren (vgl. Antwort zu Frage 15 auf die Kleine Anfrage „Gebäudebestand der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben in Berlin“ auf Bundestagsdrucksache 17/10342)? Die Liegenschaften Großgörschenstraße 25, 26/Katzlerstraße 11 und Großgörschenstraße 27/Katzlerstraße 10 sind für die Zwecke des Bundes entbehrlich. Die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (Bundesanstalt) ist aufgrund haushaltsrechtlicher Vorschriften verpflichtet, für Zwecke des Bundes entbehrliche Liegenschaften aus ihrem Bestand zum vollen Wert im Sinne der Bundeshaushaltsordnung (BHO) zu veräußern. Dies steht auch nicht im Widerspruch zur Antwort der Bundesregierung zu Frage 15 der Kleinen Anfrage „Gebäudebestand der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben in Berlin“ (Bundestagsdrucksache 17/10342 vom 19. Juli 2012), in der ausdrücklich darauf abgestellt wird, dass zum damaligen Zeitpunkt keine Pläne bestanden, Wohnungsbestände der Bundesanstalt vorrangig zu verkaufen. Denn dies schließt nicht aus, dass in Einzelfällen gleichwohl eine Veräußerung auch von Wohnliegenschaften aus Wirtschaftlichkeitsgründen erfolgt. 2. In welchem Stadium befindet sich der Verkaufsprozess der Immobilien Großgörschenstraße/Katzlerstraße durch die BImA, und welche weiteren Schritte werden wann folgen? Die Durchführung eines öffentlichen Bieterverfahrens zum Verkauf der Grundstücke ist vorbereitet. Aktuell werden Gespräche mit der landeseigenen Wohnungsbaugesellschaft GEWOBAG geführt, die einen Ankauf der Immobilie zum Verkehrswert prüft. Sollten diese Gespräche ergebnislos bleiben, wird die Bundesanstalt die Immobilie kurzfristig öffentlich zum Kauf anbieten. 3. Aus welchem Grund werden die Immobilien Großgörschenstraße/Katzlerstraße von der BImA als Paket angeboten? 4. Inwieweit ist es der BImA möglich, den Verkauf der Immobilien Großgörschenstraße /Katzlerstraße einzeln zu realisieren? Die Fragen 3 und 4 werden wegen ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Die Häuser Großgörschenstraße 25 und 26/Katzlerstraße 11 sind gebäudetechnisch ebenso verbunden wie die Häuser Großgörschenstraße 27/Katzlerstraße 10, sodass ein jeweiliger Einzelverkauf schon aus technischen Gründen nicht wirtschaftlich zu realisieren ist. Im Falle einer öffentlichen Ausbietung soll Erwerbsinteressenten die Möglichkeit eröffnet werden, entweder für alle Häuser insgesamt oder nur für jeweils einen der beiden Gebäudeblöcke Angebote abzugeben . Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/1052 5. Inwieweit hat die BImA geprüft, ob für die Immobilien Großgörschenstraße /Katzlerstraße eine Mieterprivatsierung vorgenommen werden kann, und hat die BImA das Interesse seitens der Mieterinnen und Mieter an einer Mieterprivatisierung geprüft? 6. Falls aus Sicht der BImA eine Mieterprivatisierung nicht in Frage kommt, was sind die Gründe, die eine Mieterprivatisierung bei dieser Liegenschaft ausschließen? Die Fragen 5 und 6 werden wegen ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Die Bundesanstalt hat den gesetzlichen Auftrag, nicht betriebsnotwendige Liegenschaften des Bundes wirtschaftlich zu veräußern. Voraussetzung für eine Mieterprivatisierung ist, dass die Veräußerung aller Einheiten der zum Verkauf stehenden Liegenschaft erkennbar in einem angemessenen Zeitraum möglich sein muss. Angesichts von Anzahl und Struktur der im vorliegenden Fall vorhandenen Mieteinheiten, insbesondere aber auch wegen der zehn Gewerbeeinheiten im Erdgeschoss, ist erfahrungsgemäß davon auszugehen, dass eine vollständige Verwertung aller Mieteinheiten nicht/bzw. nicht innerhalb eines angemessenen Zeitfensters möglich ist und sich dieser Verwertungsweg damit als unwirtschaftlich erweist. 7. Inwieweit plant die BImA, die Mieterinnen und Mieter über das geplante Verkaufsverfahren vorab in Kenntnis zu setzen und sich mit den Vertretern der Mieterinnen und Mietern zu treffen, um gemeinsam deren Interessen zu erörtern? Wenn ja, in welchem zeitlichen Rahmen ist dies angedacht? Die von einem geplanten Verkauf betroffenen Mieterinnen und Mieter der Bundesanstalt werden rechtzeitig vor Beginn eines Verwertungsverfahrens schriftlich darüber informiert, dass ein Verkauf der von ihnen bewohnten oder gewerblich genutzten Liegenschaft vorgesehen ist. Den Betroffenen wird darüber hinaus angeboten, offene Fragen in einem persönlichen Gespräch zu erörtern , um Unsicherheiten auszuräumen. 8. Für welchen Zeitpunkt plant die BImA den Eigentümerwechsel der Immobilien Großgörschenstraße/Katzlerstraße? Der Eigentumswechsel ist für das Jahr 2014 geplant. 9. Wie begründet es die Bundesregierung, dass die BImA die Immobilien Wilhelm-Holthaus-Weg 23, 29, 41 in 48167 Münster (vgl. Exposé unter www.bundesimmobilien.de, abgerufen am 11. März 2014) nicht in einem Bieterverfahren zum Höchstgebot anbietet, sondern für einen ausgewählten Personenkreis (junge Familien) zu einem Festpreis? Dieser Verkaufsfall ist Bestandteil einer Gesamtstrategie zum Verkauf einer großen Anzahl von Konversionsliegenschaften in Münster mit rund 800 Wohneinheiten . Die Immobilie Großgröschenstraße/Katzlerstraße ist keine Konversionsliegenschaft . Drucksache 18/1052 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 10. Unter welchen Bedingungen ist der Verkauf der Immobilien Großgörschenstraße /Katzlerstraße zu einem Festpreis durch die BImA möglich? Maßgebliches Kriterium für die Zulässigkeit eines Direktverkaufs zu dem im Wege eines Verkehrswertgutachtens ermittelten Verkehrswert (voller Wert) ist, dass eine Gebietskörperschaft oder eine von dieser mehrheitlich getragene Gesellschaft eine Liegenschaft zur Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe, zu der sie gesetzlich verpflichtet ist oder die sie auf Grundlage der jeweiligen Kommunalverfassung /Gemeindeverfassung des Landes wahrnimmt, benötigt. Entscheidend ist hierbei der öffentliche Zweck. Vor diesem Hintergrund tritt die Bundesanstalt in Kürze mit der GEWOBAG (mehrheitlich vom Land Berlin getragene Wohnungsbaugesellschaft) in Verhandlungen über den Kaufpreis ein (siehe Antwort zu Frage 2). 11. Unter welchen Bedingungen kann beim Verkauf der Immobilien Großgörschenstraße /Katzlerstraße vom Höchstbieterverfahren abgewichen werden? Die Bundesanstalt hat den gesetzlichen Auftrag, entbehrliche Liegenschaften des Bundes wirtschaftlich zu veräußern. Entsprechend den Regelungen der Bundeshaushaltsordnung (insbesondere § 63 BHO) ist die Bundesanstalt verpflichtet , ihre Liegenschaften zum vollen Wert zu verkaufen. Der Verkauf erfolgt zum Verkehrswert, also zu dem am Markt erzielbaren Preis oder alternativ zu dem mit einem Verkehrswertgutachten ermittelten Verkehrswert. Die Bundesanstalt kann nur dann von diesen haushaltsrechtlichen Vorschriften abweichen, wenn der Haushaltsgesetzgeber entsprechende Ausnahmetatbestände geschaffen hat. 12. Plant die Bundesregierung, die oben genannten Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag umzusetzen, bevor das Verkaufsverfahren der Immobilien Großgörschenstraße/Katzlerstraße abgeschlossen ist? 13. Fließt die Ankündigung aus dem Koalitionsvertrag, Kommunen bei der Schaffung bezahlbaren Wohnraums und einer lebendigen Stadt zu unterstützen , bereits in die Entscheidungen um den Verkauf der Immobilien Großgörschenstraße/Katzlerstraße ein? Die Fragen 12 und 13 werden wegen ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Der Koalitionsvertrag für die 18. Legislaturperiode zwischen CDU, CSU und SPD sieht in Kapitel 4.2. (Lebensqualität in der Stadt und auf dem Land – Liegenschaftspolitik ) vor, dass zukünftig auf der Grundlage eines Haushaltsvermerks Konversionsgrundstücke verbilligt an Kommunen abgegeben werden können. Unabhängig von der konkreten Umsetzung dieses Vorhabens kommt eine verbilligte Abgabe der Liegenschaft Großgörschenstraße/Katzlerstraße aber schon deshalb nicht in Betracht, weil es sich hierbei nicht um eine Konversionsliegenschaft handelt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/1052 14. Wie viele Anfragen wurden bei der BImA seit dem Jahr 2010 im Berliner Stadtgebiet bisher zum Erstzugriffsrecht gestellt, zu welchen Konditionen wurden diese veräußert, und wie viele der Anfragen wurden negativ beantwortet (bitte nach Jahren aufschlüsseln)? Im Berliner Stadtgebiet wurden bislang keine Anfragen zur der im Jahr 2012 vom Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages beschlossenen „Erstzugriffsoption “ gestellt, da es in Berlin keine Konversionsflächen gibt, für die die Voraussetzungen vorliegen würden. 15. Wie viele Anfragen nach für die Unterbringung von Asylsuchenden geeigneten Unterkünften im Berliner Stadtgebiet sind seit dem Jahr 2010 bei der BImA eingegangen (bitte nach Jahren aufschlüsseln)? Eine numerische Beantwortung dieser Frage ist nicht möglich, da die Bundesanstalt diesbezüglich keine Statistiken führt oder vorhält. 16. Wie viele dieser Anfragen konnten positiv beantwortet werden, und falls Anfragen positiv beantwortet werden konnten, um welche Liegenschaften handelt es sich? In folgenden Fällen konnten im Berliner Gebiet Objekte für die Unterbringung von Asylsuchenden zur Verfügung gestellt bzw. bereits bestehende Verträge verlängert und somit positiv beschieden werden: ● Köpenicker Landstraße, bestehender Mietvertrag seit 1992, Vertragsverlän- gerung zum 1. Januar 2014 bis Ende 2018; ● Marienfelder Allee, bestehender Mietvertrag seit 2012, Vertragsverlängerung aktuell in Bearbeitung mit vorgesehener Laufzeit bis Ende 2019; ● Askanierring, bestehender Mietvertrag seit 2012, Verlängerung nunmehr bis Ende 2018; ● Areal „Schmidt-Knobelsdorf-Straße“, derzeit Vertragsverhandlungen zur Vermietung von zwei Objekten zur Unterbringung von Asylsuchenden, Vertragsbeginn ist für April/Mai dieses Jahres mit vorgesehener Laufzeit von fünf Jahren avisiert. 17. Wie viele dieser Anfragen wurden negativ beantwortet? Die Bundesanstalt führt auch diesbezüglich keine Statistiken oder hält entsprechende Auswertungen vor. Das Landesamt für Gesundheit und Soziales Berlin wird über alle zu Zwecken der Unterbringung von Asylsuchenden geeigneten und verfügbaren Objekte der Bundesanstalt durch diese unmittelbar und umgehend informiert. Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co., Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlagsgesellschaft mbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333