Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 30. November 2016 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 18/10538 18. Wahlperiode 01.12.2016 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Axel Troost, Klaus Ernst, Dr. Diether Dehm, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 18/10334 – Schuldenerleichterungen für Griechenland V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Griechenland hat in den vergangen Jahren in historisch einmaligem Ausmaß seinen Staatshaushalt beschnitten. Das Haushaltsdefizit von 15 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) im Jahre 2009 wurde auf inzwischen 3 Prozent gesenkt . Parallel ist durch die Kürzungsmaßnahmen das Bruttoinlandsprodukt um 26 Prozent gefallen und die Arbeitslosigkeit auf derzeit 25 Prozent, die Jugendarbeitslosigkeit auf 50 Prozent gestiegen (Eurostat bzw. European Parliament, Economic Governance Support Unit: „Greece’s financial assistance programme (September 2016)“, 29. September 2016). Das Durchschnittseinkommen ist um 35 Prozent gefallen, das staatliche Gesundheitssystem kollabiert und die Armutsquote ist auf 36 Prozent gestiegen (Eurostat). Trotz oder gerade wegen dieser Kürzungspolitik gelten die griechischen Staatsschulden nach Einschätzung verschiedener Akteure als dauerhaft nicht tragfähig . Der Internationale Währungsfonds (IWF) hat aus diesem Grund seine Beteiligung am dritten Finanzhilfeprogramm bis auf Weiteres abgelehnt. Die Eurogruppe erklärte sich im Juli 2015 bereit, nach dem Abschluss der ersten Programmüberprüfung Maßnahmen zur Schuldenerleichterung zu erwägen und damit die Voraussetzung für eine Beteiligung des IWF zu schaffen. Am 24./25. Mai 2016 hat die Eurogruppe einige Vorfestlegungen zu Schuldenerleichterungen getroffen und anschließend eine Erklärung veröffentlicht. Der IWF hat im Anschluss daran seine Position klargestellt. Demzufolge bestehen nach wie vor Vorbehalte gegen seine Programmbeteiligung (IMF: Transcript of a Conference Call on Greece, 25. Mai 2016, www.imf.org/ external/np/tr/2016/tr052516.htm). Diese Position dürfte nach wie vor Bestand haben. Die Beteiligung des IWF am dritten Finanzhilfeprogramm ist demnach nach wie vor nicht gesichert. Aus Sicht des IWF fehlt zum einen die Quantifizierung der von der Eurogruppe in Aussicht gestellten Schuldenerleichterungen. Zudem wird der IWF die Schuldentragfähigkeit nach seinen eigenen Maßstäben bewerten. Wie in seiner vorläufigen Schuldentragfähigkeitsanalyse vom 23. Mai 2016 dargelegt, hält der IWF den von der Eurogruppe unterstellten mittelfristigen Primärüberschuss von 3,5 Prozent des BIP aufgrund der seiner Ansicht nach schwachen politischen Institutionen in Griechenland und der über Jahrzehnte wohl zweistelligen Arbeitslosenrate für „höchst unwahrscheinlich“. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/10538 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Selbst ein plausibleres Primärüberschuss-Ziel von 1,5 Prozent des BIP wäre aus Sicht des IWF noch ambitioniert. Um einen Abbau des Schuldenbergs zu erlauben , hält der IWF zudem bis zum Jahr 2040 einen Bruttofinanzbedarf des griechischen Staats von unter 10 Prozent des BIP für geboten. Dagegen geht die Eurogruppe von einem vertretbaren Bruttofinanzbedarf von mittelfristig bis zu 15 Prozent und langfristig bis zu 20 Prozent des BIP aus. Unter diesen Umständen erscheint es rätselhaft, wie das weitere Engagement des IWF sichergestellt werden soll, welches die Bundesregierung „für unabdingbar erachtet“ (Bundestagsdrucksache 18/5780, S. 2). 1. Hält die Bundesregierung weiter daran fest, den IWF am dritten Finanzhilfeprogramm für Griechenland zu beteiligen? Entsprechend ihrer Erklärung vom 14. August 2015 erachtet die Eurogruppe die Beteiligung des Internationalen Währungsfonds (IWF) für unabdingbar. Die Bundesregierung ist Teil der Eurogruppe. 2. Gehört zu der Beteiligung des IWF aus Sicht der Bundesregierung auch ein finanzieller Beitrag? Entsprechend ihrer Erklärung vom 14. August 2015 geht die Eurogruppe davon aus, dass die Beteiligung des IWF den Finanzierungsrahmen des Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) voraussichtlich entsprechend verringern wird. Auch die Erklärung der Eurogruppe vom 25. Mai 2016 spricht von einem IWF- Arrangement finanzieller Natur. 3. Strebt die Bundesregierung eine entsprechende Entscheidung des IWF bis spätestens Anfang des Jahres 2017 an, und ist sie bereit, dafür die notwendigen Voraussetzungen zu schaffen? Die Bundesregierung hält sich an die Vereinbarungen vom 24. Mai 2016. Bei der Zusammenkunft der Eurogruppe am 24. Mai 2016 hat der IWF seine Bereitschaft erklärt, seinem Direktorium die Teilnahme am Programm vor Ende 2016 auf der Basis der Ergebnisse einer Schuldentragfähigkeitsanalyse und der Bewertung möglicher, in der Erklärung vom 25. Mai bereits genannter Schuldenmaßnahmen zu empfehlen. Eine Grundlage für die Teilnahmeentscheidung des IWF ist die Vereinbarung einer gemeinsamen Konditionalität für das Anpassungsprogramm durch Griechenland, den IWF und die europäischen Institutionen, wie von der Eurogruppe in ihrer Erklärung am 14. August 2015 dargelegt. Die Bundesregierung setzt sich für die zügige Vereinbarung dieser gemeinsamen Konditionalität ein. 4. Welche Folgen hätte es für das laufende Programm, wenn der IWF keine Entscheidung über eine Beteiligung mit eigenen Mitteln treffen würde? 5. Welche Folgen hätte es für das laufende Programm, wenn sich der IWF gegen eine Beteiligung mit eigenen Mitteln entscheiden würde? Die Fragen 4 und 5 werden im Zusammenhang beantwortet. Die Bundesregierung geht weiterhin davon aus, dass sich der IWF am Programm beteiligt. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/10538 6. Sieht die Bundesregierung einen Zusammenhang zwischen dem Zeitpunkt der Entscheidung über weitere Schuldenerleichterungen und bestimmten Wahlen in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union? Ein solcher Zusammenhang wird seitens der Bundesregierung nicht gesehen. Der Zeitplan ergibt sich aus den Beschlüssen der Staats- und Regierungschefs des Euroraums sowie der Eurogruppe. 7. Welche konkreten Schritte hat die Bundesregierung seit der Sitzung der Eurogruppe vom 25. Mai 2016 unternommen, um die Beteiligung des IWF am laufenden Finanzhilfeprogramm sicherzustellen? Die Bundesregierung setzt sich für die zügige Vereinbarung der gemeinsamen Konditionalität ein, ohne die es kein konsistentes Vorgehen zwischen dem IWF und den europäischen Institutionen geben kann. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 3 verwiesen. 8. Welche Gespräche im Zusammenhang mit Finanzhilfen für Griechenland hat die Bundesregierung seit Anfang Juni 2015 mit Vertretern des IWF geführt (bitte mit Angabe des Datums, der jeweils höchstrangigen Gesprächsteilnehmer auf Seiten der Bundesregierung bzw. des IWF und der Gesprächsthemen )? 9. Welche dieser Gespräche standen auch im Zusammenhang mit der Tragfähigkeit der griechischen Staatsschulden und/oder Schuldenerleichterungen? Die Fragen 8 und 9 werden im Zusammenhang beantwortet. Bei den regelmäßigen Sitzungen der Eurogruppe und der Eurogruppenarbeitsgruppe nehmen bei den Beratungen des Anpassungsprogramms für Griechenland im Regelfall Vertreter des IWF teil. Der IWF wird hier in der Regel auf Ebene des Abteilungsleiters Europa vertreten. Über diese Beratungen hat die Bundesregierung laufend im Rahmen der Vor- und Nachberichterstattung über die Sitzungen der Eurogruppe berichtet. Gedankenaustausche zu verschiedensten Themen finden daneben laufend insbesondere am Rande oder während europäischer und internationaler Veranstaltungen (beispielsweise jüngst die IWF-Jahrestagung) statt. Bei solchen Gesprächen wird regelmäßig nicht erfasst, welche Teilnehmer welcher Delegationen welche Gespräche mit welchen Themen geführt haben. Die Nachhaltigkeit der griechischen Staatsfinanzen ist eines der Ziele des Anpassungsprogramms . Bei den Gesprächen über das Anpassungsprogramm wird regelmäßig darüber gesprochen. 10. Ist an die Bundesregierung vom IWF der Wunsch nach einer weiteren Quantifizierung der von der Eurogruppe in Aussicht gestellten Schuldenerleichterungen herangetragen worden, und wie hat die Bundesregierung hierauf reagiert ? 11. Hat die Bundesregierung sich mit einzelnen, mehreren oder allen Staaten der Eurogruppe seit dem 25. Mai 2016 über die Quantifizierung der in der Erklärung der Eurogruppe vom 25. Mai 2016 in Aussicht gestellten Schuldenerleichterungen verständigt? Wenn ja, wann und in welcher Form, mit welchem Ziel und welchem Ergebnis fand eine solche Verständigung statt? Die Fragen 10 und 11 werden im Zusammenhang beantwortet. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/10538 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Die Position der Bundesregierung ist die Verständigung bei der Eurogruppe am 24. Mai 2016 auf ein dreistufiges Konzept in Bezug auf schuldenbezogene Maßnahmen . Der ESM arbeitet derzeit an der Umsetzung der kurzfristigen Maßnahmen . Mittelfristig soll und kann erst nach der vollständigen Umsetzung des Programms im Jahr 2018 entschieden werden, ob und inwieweit weitere Maßnahmen notwendig sind, weil erst dann zuverlässiger der weitere Bruttofinanzbedarf Griechenlands eingeschätzt werden kann. Im Übrigen wird auf die Antwort zu den Fragen 8 und 9 verwiesen. 12. Ist der IWF aus Sicht der Bundesregierung dazu mandatiert, einen Primärüberschuss von 3,5 Prozent des BIP für höchst unwahrscheinlich zu betrachten und eine Schuldentragfähigkeitsanalyse auf der nach seinen Maßstäben noch vertretbaren Annahme von maximal 1,5 Prozent des BIP durchzuführen ? 13. Ist der IWF aus Sicht der Bundesregierung dazu mandatiert, eine Schuldentragfähigkeitsanalyse auf der nach seinen Maßstäben noch vertretbaren Annahme eines Bruttofinanzbedarf des griechischen Staates von maximal 10 Prozent des BIP bis zum Jahr 2040 durchzuführen? Die Fragen 12 und 13 werden im Zusammenhang beantwortet. Der IWF führt seine Schuldentragfähigkeitsanalyse nach seinen Regularien durch. Bei seinen zugrunde zu legenden Annahmen berücksichtigt er die vereinbarte Programmkonditionalität und deren glaubwürdige Umsetzung. Der IWF kennt die Beispiele europäischer Länder mit einem Primärüberschuss von 3,5 Prozent. 14. Hält die Bundesregierung es für möglich, den IWF am Programm zu beteiligen , auch wenn dessen Schuldentragfähigkeitsanalyse einen mittelfristigen Primärüberschuss von maximal 1,5 Prozent des BIP unterstellt und trotzdem ihrerseits an der Vorgabe eines mittelfristigen Primärüberschusses des griechischen Staatshaushalts von 3,5 Prozent des BIP festzuhalten? Die Eurogruppe hat in ihrer Erklärung vom 14. August 2015 dargelegt, dass sie eine gemeinsame Programmkonditionalität des IWF und des ESM erwartet. 15. Hält die Bundesregierung an der Monetarisierung griechischen Staatsvermögens in Höhe von 50 Mrd. Euro fest, obwohl statt der ursprünglich bereitgestellten 25 Mrd. Euro für die Rekapitalisierung griechischer Banken wesentlich weniger dafür benötigt wurde und entsprechend mit deutlich geringeren Erlösen aus dem Verkauf von Bankbeteiligungen zu rechnen ist? Im Einklang mit den Vereinbarungen der Staats- und Regierungschefs und der Eurogruppe vom 12. Juli und 14. August 2015 ist es die Aufgabe des griechischen Privatisierungsfonds, durch die Privatisierung werthaltiger Vermögenswerte oder andere Wege der Monetarisierung über die Laufzeit der ESM-Kredite 50 Mrd. Euro zu erzielen. Sowohl die Erlöse aus dem Verkauf von Bank-Anteilen und anderen Kapitalisierungs-instrumenten als auch die Erlöse aus der Privatisierung der Kern-Vermögenswerte durch den Teilfonds TAIPED des Privatisierungsfonds werden zur Schuldenreduzierung verwendet. Die weiteren Erlöse werden im Einklang mit den Erklärungen der Staats- und Regierungschefs und der Eurogruppe zur Reduzierung der Schuldenquote Griechenlands und für Investitionen genutzt. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/10538 16. Mit welchen Erlösen aus der Monetarisierung griechischen Staatsvermögens rechnet die Bundesregierung im Zeitraum 2015 bis 2030? Wie viele dieser Erlöse stammen aus Privatisierungen, und wie viele aus der sonstigen Bewirtschaftung von Staatsvermögen? Griechenland hat im Jahr 2015 lt. Überprüfungsbericht Privatisierungserlöse von rund 0,4 Mrd. Euro erzielt. Im nach der ersten Überprüfung des ESM-Programms angepassten Memorandum of Understanding (MoU) betragen die Ziele für die Privatisierungserlöse (ohne Bankbeteiligungen) im Jahr 2016 2,5 Mrd. Euro, im Jahr 2017 2,2 Mrd. Euro und im Jahr 2018 1,1 Mrd. Euro. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 15 verwiesen. 17. Wie erklärt die Bundesregierung sich die Diskrepanz zwischen ihren Erwartungen zu Privatisierungserlösen und der Schuldentragfähigkeitsanalyse des IWF vom 23. Mai 2016, die mit Privatisierungserlösen von 5 Mrd. Euro im Zeitraum von 2015 bis 2030 operiert? Die Erwartungen der Bundesregierung entsprechen den getroffenen Vereinbarungen . Wie in der Antwort zu Frage 16 dargestellt, belaufen sich die im angepassten MoU vereinbarten Ziele allein für den Zeitraum 2016 bis 2018 in der Summe auf 5,8 Mrd. Euro. 18. Auf welchem Weg hat die Bundesregierung versucht, auf den IWF wegen dessen Annahmen für die Schuldentragfähigkeitsanalyse einzuwirken? Welche rechtlichen Möglichkeiten stehen der Bundesregierung hierfür zur Verfügung? Der IWF nimmt an den Beratungen der Eurogruppe und der Vorbereitungsgremien zum Anpassungsprogramm für Griechenland teil. Dadurch gibt es einen kontinuierlichen Meinungsaustausch. Im Übrigen entscheidet der IWF nach seinen Regularien. 19. Plant die Bundesregierung, den Deutschen Bundestag bis Ende des Jahres 2016 hinsichtlich einer erwartbaren wesentlichen Änderung des dritten Finanzhilfeprogramms zu konsultieren? Oder schließt die Bundesregierung einen entsprechenden Konsultationsbedarf bis Ende des Jahres 2017 aus? Die Bundesregierung wird den Deutschen Bundestag entsprechend den gesetzlichen Regelungen des ESMFinG beteiligen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333