Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums des Innern vom 7. Dezember 2016 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 18/10604 18. Wahlperiode 09.12.2016 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Andrej Hunko, Annette Groth, Inge Höger, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 18/10430 – Neuausrichtung der Polizeiorganisation Interpol im Projekt „INTERPOL 2020“ V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Mit „INTERPOL 2020“ verfolgt die internationale Polizeiorganisation eine Neuausrichtung ihrer Tätigkeiten. Das Projekt wurde im Januar 2015 vom neuen Generalsekretär und früheren Vizepräsidenten des Bundeskriminalamtes (BKA), Jürgen Stock, angestoßen (Plenarprotokoll 18/172). Zu den Zielen von „INTERPOL 2020“ gehört, die Organisation und ihre Aufgaben, Prioritäten und Strukturen „umfassend zu überprüfen und gegebenenfalls notwendige Veränderungen anzustoßen“. Das Projekt begann mit einer organisationsinternen Überprüfung im Generalsekretariat von Interpol. Im Jahr 2016 folgte die Einbindung der 190 Mitgliedsländer in einem Konsultationsprozess, der sich in die drei Themenbereiche „Verwaltung, insbesondere Finanzierung und Organisation“, „Partnerschaften und Netzwerkbildung“ und „Entwicklung neuer Dienste und technischer Lösungen“ gliederte. Erste Empfehlungen sollten der Generalversammlung von Interpol im November 2016 vorgelegt werden. Auch das BKA hat sich anlässlich der 44. Europäischen Regionalkonferenz von Interpol in Prag zu den Themen bzw. diesbezüglich aufgeworfenen Fragen mündlich sowie in einer Stellungnahme auch schriftlich positioniert. Zu den beschlossenen Neuerungen gehört die Einrichtung eines Postens als Präsident , der den Generalsekretär ergänzen soll. Die Generalversammlung wählte den chinesischen Minister für Sicherheit und Ordnung, Meng Hongwei, in das Amt (Pressemitteilung Interpol vom 10. November 2016). Dies sorgt unter Bürger - und Menschenrechtsorganisationen für Kritik und die Besorgnis (New York Times vom 10. November 2016), da China zu den Ländern gehöre, die Interpol (etwa über die als „Rotecken“ verteilten internationalen Fahndungsersuchen ) zur politischen Verfolgung von Oppositionellen nutzten. Die Polizeiorganisation darf jedoch laut Artikel 3 der Interpol-Statuten nicht in Fällen politischer Natur tätig werden, das Gleiche gilt für militärische, „rassische” oder religiöse Verfolgung. Interpol gibt hierzu in Einzelfällen selbst entsprechende Hinweise. Von den im Jahr 2014 über den Interpol-Kanal im BKA eingegangenen 12 632 Ersuchen zur Festnahme oder Aufenthaltsermittlung hat Interpol beispielsweise in 70 Fällen einen Artikel-3-Verstoß mitgeteilt (Schriftliche Frage 36 des Abgeordneten Andrej Hunko auf Bundestagsdrucksache 18/5536). Frühere Zahlen sind nicht bekannt, da Artikel-3-Verstöße laut dem Bundesministerium des Innern erst seit dem Jahr 2013 statistisch erfasst würden. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/10604 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Auf Basis des Berichts einer Arbeitsgruppe, die alle Phasen der Datenverarbeitung bei Interpol untersuchte, hat die Generalversammlung hierzu eine Resolution beschlossen (Pressemitteilung Interpol vom 9. November 2016). Unter anderem sollen die Mechanismen zur Supervision gestärkt werden. Die Kontrollkommission CCF erhält ein neues Statut und soll Interpol zu Vorhaben oder Regularien bezüglich der Verarbeitung von Personendaten beraten. Eine neue Stelle entscheidet in einem festgelegten Zeitrahmen über Anfragen zu Auskunftsersuchen oder Akteneinsicht sowie die Korrektur oder Löschung gespeicherter Daten. Jedoch sind die Kriterien entsprechender Entscheidungen nicht bekannt. Im Fokus von „INTERPOL 2020“ steht außerdem der Informationsaustausch durch die Festigung der Organisation als „Informationsdrehscheibe“ der internationalen Polizeikooperation durch qualitativ hochwertigen Datenaustausch, polizeiliche Ausbildungsangebote sowie die Entwicklung „praktische[r] Tools“ (Pressemitteilung des Bundesministeriums für Inneres der Republik Österreich vom 24. Mai 2016). Hierzu gehört die „systematische Sammlung und Speicherung “ biometrischer Daten (Pressemitteilung Interpol vom 9. November 2016). Lediglich 10 Prozent der Datensätze zu 9 000 „ausländischen Kämpfern“ enthielten Interpol zufolge beispielsweise Fingerabdrücke und/oder DNA-Daten. Auch Gesichtsbilder seien kaum in hoher Auflösung verfügbar. Dass diese nicht zur Gesichtserkennung genutzt werden könnten, bezeichnet der frühere BKA- Vizepräsident Jürgen Stock als „Schwachstelle“. Möglichkeiten zur Nutzung von Interpol-Diensten bestünden etwa in der Einbindung eines „Ereignis-Reaktionsteams “ („Incident Response Team“) zur Suche bzw. Identifizierung Verdächtiger mit Hilfe biometrischer Indikatoren. Laut Interpol hätten die Teams beispielsweise in Gefängnissen Personen aufgespürt, die in Verbindung mit terroristischen Anschlägen gestanden haben sollen. Schließlich soll auch das „I- Checkit“-Programm zur Abfrage der Interpol-Datenbank gestohlener oder als vermisst gemeldeter Ausweisdokumente durch Reiseanbieter auf die Schifffahrtsindustrie ausgeweitet werden. Dies hatte der deutsche Generalsekretär bei der Generalversammlung im letzten Jahr als weitere „strategische Partnerschaften mit dem Privatsektor“ angekündigt (Pressemitteilung Interpol vom 5. November 2015). Die nächste Interpol-Generalversammlung soll im November 2017 in Peking stattfinden, im Jahr 2018 folgt Uganda. 1. Welche internen oder externen Arbeitsgruppen oder Institutionen haben nach Kenntnis der Bundesregierung die Aufgaben, Prioritäten und Strukturen der Polizeiorganisation im Rahmen des Projekts „INTERPOL 2020“ „umfassend “ überprüft (Plenarprotokoll 18/172, Anlage 16)? Die Aufgaben, Prioritäten und Strukturen der Organisation wurden in einem ersten Schritt durch das Interpol-Generalsekretariat (IPSG) evaluiert. Hierzu wurden im Jahr 2015 im IPSG interne Arbeitsgruppen gebildet. Der konkrete Prüfauftrag für die jeweilige Arbeitsgruppe ist der Bundesregierung nicht bekannt. Im Jahr 2016 hat das IPSG als nächsten Schritt die Konsultationen mit den Interpol -Mitgliedsländern zum Strategieentwicklungsprozess Interpol 2020 aufgenommen . Diese Beratungen wurden sowohl bilateral mit einzelnen Nationalen Zentralbüros (NZB) als auch im Rahmen der verschiedenen Regionalkonferenzen von Interpol durchgeführt. Eine Übersicht zu sämtlichen in diesen Prozess involvierten internen und externen Arbeitsgruppen und Institutionen liegt der Bundesregierung nicht vor. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/10604 2. Welche Vorschläge zu „notwendige[n] Veränderungen“ haben nach Kenntnis der Bundesregierung die Arbeitsgruppen oder Institutionen diesbezüglich gemacht (Plenarprotokoll 18/172, Anlage 16)? Das IPSG legte der 85. Interpol-Generalversammlung vom 7. bis 10. November 2016 ein Dokument mit insgesamt 24 Empfehlungen vor, die auf den Vorschlägen der Arbeitsgruppen und Institutionen basieren. Es handelt sich im Wesentlichen um folgende Optimierungsvorschläge: 1. Themencluster „Entwicklung neuer Dienste und technischer Lösungen“: Verbesserung der Effektivität des I-24/7-Kommunikationssystems und der Datenbanken Erhöhung der Interoperabilität mit nationalen Systemen Evaluierung der existierenden und geplanten Datenbanken. 2. Themencluster „Verwaltung, insbesondere Finanzierung und Organisation“: Anpassung des Finanzmanagements der Organisation zugunsten einer nachhaltigen Verwaltung Erschließung alternativer Finanzierungsquellen zur Entlastung der Beitragszahler und zur Wachstumsfinanzierung des IPSG Reform und Stärkung der Rechtsgrundlagen. 3. Themencluster “Partnerschaften und Netzwerkbildung”: Überprüfung der existierenden strategischen Partnerschaften im Hinblick auf ihren operativen Mehrwert Etablierung weiterer Partnerschaften mit neuen regionalen polizeilichen Einrichtungen Formulierung von Qualitätsstandards für Regionalbüros und Entwicklung von Kriterien für die Eröffnung weiterer Niederlassungen. Die 85. Interpol-Generalversammlung stimmte der Umsetzung der Empfehlungen zu. 3. Welchen Inhalt hatten die vom BKA anlässlich der 44. Europäischen Regionalkonferenz von Interpol in Prag mündlich sowie anschließend in einer Stellungnahme auch schriftlich vorgetragenen Vorschläge bzw. Positionen hinsichtlich des Projekts „INTERPOL 2020“? Die Vorschläge des Bundeskriminalamtes (BKA) in Bezug auf den Strategieentwicklungsprozess Interpol 2020 wurden dem IPSG am 19. September 2016 übersandt und enthielten insbesondere Empfehlungen für eine nachhaltige Interpol-Finanzierung bei Reduzierung finanzieller Zuwendungen aus der Privatwirtschaft, eine Verbesserung der Auslastung des Interpol Global Complex for Innovation, weitere Maßnahmen zur Haushaltsstabilisierung, die Optimierung der Schutz- und Prüfmechanismen im Zusammenhang mit den Interpol-Fahndungsinstrumenten, eine Novellierung der Richtlinien für die Zusammenarbeit zwischen dem IPSG und den NZB, Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/10604 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode einen veränderten Tagungsrhythmus der Regionalkonferenzen und Sitzungen der Leiter der NZB, eine Reform der Zusammensetzung und der geografischen Präsenz innerhalb des Exekutivausschusses, eine Konsolidierung der verschiedenen Datenbanken im IPSG und deren Standardisierung vor allem in qualitativer Hinsicht, die Entwicklung einer internationalen Informationssystemstrategie und Systemarchitektur , eine Kooperation mit regionalen Plattformen und den Ausbau der Kooperation mit Europol auf Basis der bestehenden Zusammenarbeitsvereinbarung. 4. Welche einzelnen Empfehlungen haben nach Kenntnis der Bundesregierung die Arbeitsgruppen oder Institutionen der Generalversammlung von Interpol im November 2016 vorgelegt? Auf die Antwort zu Frage 2 wird verwiesen. 5. Was ist der Bundesregierung über daraus hervorgegangene einzelne Maßnahmen oder Pläne des Projekts „INTERPOL 2020“ in den Bereichen „Verwaltung , insbesondere Finanzierung und Organisation“, „Partnerschaften und Netzwerkbildung“ und „Entwicklung neuer Dienste und technischer Lösungen “ bekannt? Für die Umsetzung der Empfehlungen, die von der 85. Interpol-Generalversammlung zum Strategieentwicklungsprozess Interpol 2020 beschlossen wurden, hat das IPSG einen ersten Rahmenplan entworfen. Demnach sollen in den Jahren 2017 bis 2020 die notwendigen Vorbereitungen für die Implementierung sämtlicher Empfehlungen aus dem Strategieentwicklungsprozess getroffen und abgeschlossen werden. Das IPSG beabsichtigt, das Vorgehen weiter zu konkretisieren und einen konsolidierten Umsetzungsplan anlässlich der 86. Interpol-Generalversammlung (25. bis 29. September 2017 in Peking/China) vorzustellen. 6. Aus welchen Beweggründen entschloss sich nach Kenntnis der Bundesregierung die Generalversammlung zur Einrichtung eines neuen Präsidenten, und wie grenzt sich dessen Arbeit zum Generalsekretär ab? Die Einrichtung eines neuen Präsidentenpostens wurde nicht beschlossen. Die 85. Interpol-Generalversammlung wählte lediglich den Nachfolger der amtierenden und im November 2016 regulär ausscheidenden Präsidentin von Interpol. Der Präsident von Interpol ist Vorsitzender des Exekutivausschusses. Er leitet insbesondere die Generalversammlung und den Exekutivausschuss und soll sicherstellen , dass die Aktivitäten von Interpol mit den Entscheidungen der Generalversammlung des Exekutivausschusses konform gehen. Der Generalsekretär von Interpol leitet dagegen das Generalsekretariat und versieht das Tagesgeschäft der internationalen Polizeizusammenarbeit mit der Umsetzung der Entscheidungen der Generalversammlung und des Exekutivausschusses. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/10604 7. Wie hat sich die Bundesregierung zur Wahl des chinesischen Ministers für Sicherheit und Ordnung, Meng Hongwei, in das Amt verhalten, und wie hat das BKA hierzu gestimmt? Die Bundesregierung äußert sich grundsätzlich nicht zu ihrem Wahlverhalten in internationalen Organisationen. 8. Was ist der Bundesregierung zu den Vorwürfen oder Tatsachen bekannt, inwiefern bzw. in welchem Umfang China und Uganda in der Vergangenheit die Interpol-Fahndungen zur politischen Verfolgung von Oppositionellen nutzten? Die Bundesregierung ist zu der Thematik der Verfolgung von Oppositionellen über Interpol-Fahndungen sensibilisiert. Bislang hat das IPSG zu keinem Interpol -Fahndungsersuchen aus China oder Uganda einen Verstoß gegen Artikel 3 der Statuten von Interpol mitgeteilt. Unabhängig davon wird jedes im BKA eingehende ausländische Interpol-Fahndungsersuchen vor der nationalen Umsetzung in Deutschland gemäß § 15 BKA-Gesetz geprüft. 9. Zu wie vielen im Jahr 2015 über den Interpol-Kanal im BKA eingegangenen Ersuchen zur Festnahme oder Aufenthaltsermittlung hat Interpol einen Artikel -3-Verstoß mitgeteilt? Im Jahr 2015 wurden im BKA insgesamt 72 Verstöße gegen Artikel 3 der Statuten von Interpol statistisch erfasst, die im Zusammenhang mit den im BKA über den Interpol-Kanal eingegangenen Ersuchen um Festnahme oder Aufenthaltsermittlung stehen. 10. Bei wie vielen der im Jahr 2015 über den Interpol-Kanal im BKA eingegangenen Ersuchen zur Festnahme oder Aufenthaltsermittlung haben das BKA oder das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz selbst einen Artikel-3-Verstoß gefunden? Ein Verstoß gegen Artikel 3 der Statuten von Interpol wird ausschließlich durch das IPSG festgestellt und nicht durch die NZB. Gleichwohl wird jedes im BKA eingehende ausländische Interpol-Fahndungsersuchen vor der nationalen Umsetzung in Deutschland gemäß § 15 BKA-Gesetz geprüft. Das Ergebnis dieser Prüfung wird nicht statistisch erfasst. Das BKA informiert das IPSG in Einzelfällen auch über Anhaltspunkte für einen Verstoß gegen Artikel 3 der Statuten von Interpol . Hierüber wird ebenfalls keine Statistik geführt. 11. Wie hat das BKA zu den Anträgen der palästinensischen sowie der kosovarischen Regierungen für eine Interpol-Mitgliedschaft gestimmt, und wie begründet sie ihre Entscheidung (Reuters vom 8. November 2016)? Die 85. Interpol-Generalversammlung stimmte nicht über die Mitgliedsanträge der palästinensischen sowie der kosovarischen Regierungen ab. Beschlossen wurde im Rahmen dieser Versammlung die Bestellung eines Gutachters, der bis Sommer 2017 die Voraussetzungen für eine Mitgliedschaft bei Interpol konkretisieren soll. Auf Basis des Gutachtens soll die 86. Interpol-Generalversammlung über die Anträge auf Mitgliedschaft abstimmen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/10604 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 12. Was ist der Bundesregierung über Inhalte eines neuen Statuts der Interpol- Kontrollkommission CCF bekannt? Das im Rahmen der 85. Interpol-Generalversammlung verabschiedete neue Statut der Commission for the Control of Interpol’s Files (CCF) basiert auf einer Initiative des IPSG und der CCF zur Verbesserung der Effizienz und Effektivität der CCF. Die wesentlichen Änderungen gegenüber dem bisherigen Statut stellen sich wie folgt dar: Einführung einer Kammer-Spezialisierung (für die Bearbeitung von Beschwerden und für die Beratung und Überwachung des IPSG im Zusammenhang mit der internen Datenverarbeitung) Erhöhung der Anzahl der nebenamtlichen CCF-Mitglieder von fünf auf sieben Personelle Stärkung des Sekretariats der CCF Weisungsunabhängige Aufgabenwahrnehmung Treffen verbindlicher Entscheidungen in Bezug auf das IPSG, z. B. Löschung von Informationen in den Datenbanken. Das neue Statut soll zum 11. März 2017 in Kraft treten. 13. Bei welcher Stelle können nach Kenntnis der Bundesregierung zukünftig Anfragen zu Auskunftsersuchen bzw. Akteneinsicht sowie zur Korrektur oder Löschung gespeicherter Daten eingereicht werden, bzw. welche Stelle bearbeitet diese Anträge? Die CCF ist als unabhängiges Gremium für die Prüfung von Individualbeschwerden zur Korrektur oder Löschung gespeicherter Daten und für die Prüfung von Anträgen auf Akteneinsicht zuständig. Petenten können ihr Ersuchen direkt an diese Stelle adressieren. a) Nach welchen Kriterien werden die Entscheidungen zu den Anträgen getroffen ? Die Entscheidungen der CCF werden auf der Grundlage der Interpol-Statuten und weiterer Rechtstexte der Organisation, insbesondere der Interpol Rules on the Processing of Data (RPD) und der Rules on the Control of Information and Access to Interpol’s Files (RCI) bzw. künftig des Statuts der CCF getroffen. b) Gegenüber welcher bei Interpol angesiedelten Stelle können die Antragsstellerinnen und Antragssteller die Bescheide anfechten? Ein Widerspruch gegen eine Entscheidung wird ebenfalls durch die CCF geprüft. Ein Ersuchen einer erneuten Prüfung durch den Petenten kann allerdings nur dann gestellt werden, wenn neue Informationen geltend gemacht werden. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/10604 14. Auf welche Weise soll Interpol nach Kenntnis der Bundesregierung zur Informationsdrehscheibe der internationalen Polizeikooperation ausgebaut werden, und welche „praktische[n] Tools“ werden hierzu entwickelt (Pressemitteilung des österreichischen Bundesministeriums für Inneres vom 24. Mai 2016)? Der von der 85. Interpol-Generalversammlung verabschiedete Rahmenplan zur Umsetzung der Empfehlungen zum Strategieentwicklungsprozess Interpol 2020 sieht u. a. vor, dass das IPSG die Interoperabilität und Vernetzung der eigenen Datenbanken mit den entsprechenden Systemen der NZB fördert und Maßnahmen zur Unterstützung der nationalen Behörden bei der Analyse und beim Austausch von polizeilich relevanten Daten entwickelt. Dies soll dazu beitragen, das IPSG verstärkt in den internationalen polizeilichen Informationsverbund einzubeziehen . Das IPSG erstellt zu diesen Empfehlungen im nächsten Schritt einen detaillierten Umsetzungsplan. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 5 verwiesen . 15. Wie viele der Datensätze zu 9 000 „ausländischen Kämpfern“ wurden vom BKA angeliefert, und wie viele dieser Datensätze enthalten a) Fingerabdrücke, b) DNA-Daten, c) (hochauflösende) Gesichtsbilder? Die Datensätze zu 9 000 sog. ausländischen Kämpfern sind im IPSG in der Datenbank zu Foreign Terrorist Fighters (FTF) gespeichert. Das BKA hat keine Daten zu dieser Personengruppe an das IPSG zwecks Einstellung in die Datenbank übermittelt. Auf die Datenbank haben die Interpol-Mitgliedsländer keinen Zugriff . Die Bundesregierung hat daher keine Kenntnis von dem Inhalt der Datensätze . 16. Was ist der Bundesregierung darüber bekannt, inwiefern die Gesichtsbilder bei Interpol von der Organisation selbst und von den Behörden der Mitgliedstaaten der Europäischen Union mit Verfahren zur Gesichtserkennung verarbeitet werden können, und welche Technik wird hierfür benutzt? Im Jahr 2015 ersuchte das IPSG die Interpol-Mitgliedsländer um eine Rückmeldung , ob Lichtbilder, die in der Interpol Criminal Information System (ICIS) gespeichert sind, in die Gesichtserkennungsdatenbank des IPSG überführt und zur Gesichtserkennung genutzt werden dürfen. Die Beteiligung Deutschlands an diesem Verfahren befindet sich derzeit noch in der fachlichen und datenschutzrechtlichen Prüfung. Die Lichtbilder in der IPSG-Gesichtserkennungsdatenbank können nur von den entsprechenden IPSG-Organisationseinheiten auf Basis eines Ersuchens eines Interpol-Mitgliedslandes recherchiert werden. Die Interpol-Mitgliedsländer haben auf diese Datenbank bzw. auf das Gesichtserkennungssystem keinen Zugriff. Das IPSG verwendet die Systemtechnik „MorphoFace Investigate “ der Firma Safran Identity and Security. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/10604 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 17. Welche Pläne zur Verbesserung der Verfahren zur Gesichtserkennung sind der Bundesregierung bekannt? Nach Kenntnis der Bundesregierung befindet sich das IPSG im Prozess der Implementierung des Gesichtserkennungssystems in die interne IT-Architektur. Das IPSG führt eine Qualitätsanalyse durch, um nur die Bilder in die Gesichtserkennungsdatenbank aufzunehmen, die für eine Recherche mit dem Gesichtserkennungssystem geeignet sind und eine erfolgversprechende Auswertung zulassen. 18. Was ist der Bundesregierung über die Zusammensetzung und Tätigkeiten von „Ereignis-Reaktionsteams“ („Incident Response Teams“) bekannt? Ein Incident Response Team (IRT) kann insbesondere im Krisen- bzw. Schadensfall gebildet und auf Anforderung eines Interpol-Mitgliedslandes vom IPSG entsandt werden, um die multilaterale Zusammenarbeit zu fördern und vor Ort einen Zugang zu den Interpol-Datenbanken ermöglichen. Die Zusammensetzung des IRT ist abhängig vom zugrunde liegenden Ereignis. 19. Mithilfe welcher (biometriebasierten) Technologien übernehmen diese „Ereignis -Reaktionsteams“ die Suche bzw. Identifizierung Verdächtiger? Die IRT nutzen zur Identifikation von Verdächtigen ausschließlich Abgleiche mit der Fingerabdruckdatenbank des IPSG. 20. Was ist der Bundesregierung über Pläne und Projekte Interpols bekannt, die Kooperation mit Frontex und Europol zur Bekämpfung von „Migrantenschmuggel “ weiter auszubauen (Ratsdokument 14546/16)? Das IPSG und Europol streben bei der Bekämpfung der organisierten Schleusungskriminalität eine engere Kooperation an. Hierzu fanden im Oktober 2015 und Februar 2016 zwei Veranstaltungen unter dem Titel „Interpol and Europol Operational Forum on Countering Migrant Smuggling Networks“ statt. Im Rahmen dieser Tagungen sollte insbesondere die Zusammenarbeit mit Herkunfts-, Transit und Zielstaaten illegaler Migration verbessert werden. Im Ergebnis wurden Handlungsempfehlungen zur Bekämpfung der Schleuserstrukturen sowie ein gemeinsamer Bericht erarbeitet, der eine bessere Übersicht zu den kriminellen Netzwerken bei der Schleusung von Migranten bietet. Darüber hinaus wird eine Verbesserung der Bekämpfung der Schleusungskriminalität durch eine engere Kooperation auf EU-Ebene im Rahmen von EMPACT (European Multidisciplinary Platforms against Criminal Threats) verfolgt. Im laufenden Kalenderjahr sind in drei der in diesem Kontext geplanten Bekämpfungsmaßnahmen Europol, Frontex und das IPSG gemeinsam eingebunden. Die deutsche Federführung im EMPACT-Projekt Illegale Migration hat die Bundespolizei übernommen. 21. Was ist der Bundesregierung darüber bekannt, auf welche Weise der Beschluss der Interpol-Generalversammlung unter Leitung des früheren Vizepräsidenten des Bundeskriminalamtes (BKA) umgesetzt werden soll, das „I-Checkit“-Programm auf die Schifffahrtsindustrie auszuweiten? Das IPSG kann entsprechend des Beschlusses der 85. Interpol-Generalversammlung zum I-Checkit-Projekt weitere Verträge mit interessierten Firmen aus dem Schifffahrtssektor abschließen. Deutschland beteiligt sich nicht an dem Projekt und hat seine Daten hierfür gesperrt. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 9 – Drucksache 18/10604 a) Welche weiteren Unternehmen außer der Carnival Corporation (Pressemitteilung der Carnival Corporation vom 8. Juli 2016) sollen nach derzeitigem Stand eingebunden werden? Der Bundesregierung liegen keine Informationen vor, welche weiteren Unternehmen aus der Schifffahrtsindustrie eingebunden werden sollen. b) Welche bei Europol hinterlegten Daten sollen von der Schifffahrtsindustrie zum Abgleich von Passagierdaten genutzt werden? Nach Kenntnis der Bundesregierung ist kein Abgleich mit bei Europol hinterlegten Daten geplant. c) Über welche Netzwerke sollen entsprechende Abfragen vorgenommen werden, und wie sind diese gegen Missbrauch gesichert? Die Abfragen im Rahmen von I-Checkit erfolgen technisch über das sichere und verschlüsselte Informations- und Kommunikationsnetzwerk von Interpol („I 24/7“), an das die Mehrzahl der NZB angeschlossen ist. 22. Welche weiteren Pläne Interpols zum Aufbau „strategische[r] Partnerschaften mit dem Privatsektor“ (Plenarprotokoll 18/172) sind der Bundesregierung bekannt? Eine der anlässlich der 85. Interpol-Generalversammlung verabschiedeten Empfehlungen zum Strategieentwicklungsprozess Interpol 2020 sieht die Überprüfung sämtlicher existierender strategischer Partnerschaften im Hinblick auf ihren operativen Mehrwert vor. Dies soll für das IPSG die Grundlage für den Aufbau strategischer Partnerschaften auch mit dem Privatsektor bilden. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333