Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit vom 19. Dezember 2016 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 18/10740 18. Wahlperiode 21.12.2016 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Peter Meiwald, Nicole Maisch, Steffi Lemke, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 18/10565 – Umweltverschmutzung durch Mikroplastik aus Kosmetika und Reinigungsmitteln V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Einer aktuellen Studie des Verbraucherportals Codecheck AG in Kooperation mit dem Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e. V. (BUND) zufolge findet Mikroplastik nach wie vor breite Anwendung in Körperpflegeprodukten (http://corporate.codecheck.info/wp-content/uploads/2016/10/Codecheck_ Mikroplastik studie_2016.pdf). Im Vergleich der Jahre 2014 und 2016 sei die Anzahl der Produkte, die Mikroplastik enthalten, sogar gestiegen. Laut Studie enthält nach wie vor jedes dritte untersuchte Gesichtspeeling und mehr als jedes zehnte Körperpeeling Polyethylen. Aber auch andere Kunststoffe wie Nylon- 12, Acrylates Copolymer oder Acrylate Crosspolymer würden verwendet. Der BUND verwendet dabei die Mikroplastik-Definition „synthetische Polymere kleiner 5 mm“. Dieser Befund steht in krassem Widerspruch zur freiwilligen Selbstverpflichtung der Hersteller, die im „Kosmetikdialog“ mit dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB) im Oktober 2013 vereinbart wurde (http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/18/071/1807181.pdf). Gegenüber dem ZDF-Magazin „WISO“ erklärte ein Bundesministeriumssprecher nun im Oktober 2016, mit der Industrie sei ein freiwilliger Ausstieg bis 2020 vereinbart worden (https://presseportal.zdf.de/pressemitteilungen/mitteilung/zdfmagazin -wiso-bundesumweltministerium-lehnt-verbot-von-mikroplastik-inkosmetika -ab/ seite/1/). In der Antwort auf die Schriftliche Frage 63 des Abgeordneten Peter Meiwald auf Bundestagsdrucksache 18/7181 gibt die Bundesregierung an, dass produktbezogene Regelungen aufgrund der weitgehenden EU-Harmonisierung produktrechtlicher Vorschriften vordinglich auf europäischer Ebene zu treffen sind, und verweist auf eine Studie im Auftrag der Europäischen Kommission zu Regelungsszenarien (http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/18/071/1807181.pdf). Diese Studie liegt seit Januar 2016 vor (http://ec.europa.eu/environment/marine/ good-environmental-status/descriptor-10/pdf/MSFD%20Measures%20to%20 Combat%20Marine%20Litter.pdf). Sie kommt zum Schluss, dass die Ökodesign -Richtlinie Möglichkeiten für die Regulierung von primärem Mikroplastik aus Kosmetika bietet, sich allerdings ein Mitgliedsland dafür einsetzen müsste, Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/10740 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode dass die zukünftige Vermeidung von Mikroplastikfreisetzung in das nächste Arbeitsprogramm aufgenommen wird. Die Bundesregierung bestreitet in ihrer Antwort auf die Schriftliche Frage 1 des Abgeordneten Peter Meiwald auf Bundestagsdrucksache 18/9729 jedoch die Möglichkeit der Ausweitung des Arbeitsprogramms auf weitere Produkte, die nichts mit Energieeffizienz zu tun haben (www.bmwi.de/BMWi/Redaktion/PDF/P-R/Parlamentarische-Anfragen/ 2016/9-93,property=pdf,bereich=bmwi2012,sprache=de,rwb=true.pdf). Die Studie schätzt, dass sich der Eintrag von primärem Mikroplastik in Europa bis 2020 dank freiwilliger Selbstverpflichtungen halbiert haben könnte, v. a. dank des Ausstiegs vieler Hersteller aus der Verwendung von Mikroplastik in Zahnpasta und Körperpflegeprodukten, die ausgespült werden und nicht auf der Haut verbleiben. An der Nutzung von Mikroplastik in anderen Produktgruppen wie dekorativer Kosmetik, Shampoo oder Deodorants werde sich allerdings wahrscheinlich nichts ändern, so dass 2020 europaweit weiterhin noch rund 4 500 Tonnen pro Jahr in Körperpflegeprodukten eingesetzt würden. Primäres Mikroplastik wird auch in weiteren Alltagsprodukten eingesetzt. So zeichnete die Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit , Babara Hendricks, im Oktober 2016 ein Waschmittel mit dem Blauen Engel aus, weil es kein Mikroplastik enthält (www.bmub.bund.de/presse/ pressemitteilungen/pm/artikel/blauer-engel-fuer-langlebiges-smartphone-undwaschmittel -ohne-mikroplastik/). Ungeachtet des weiterhin bestehenden hohen Forschungsbedarfes bezüglich der Auswirkungen von in die Umwelt freigesetztem Mikroplastik werden die schädlichen Folgen von Mikroplastik auf unsere Ökosysteme immer deutlicher. Laut einer Studie der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg bindet Mikroplastik im Sediment der Elbe, Weser, Trave, der Boddengewässer und der Nord- und Ostsee viel mehr Schad- und Giftstoffe als bisher angenommen (www.haw-hamburg.de/news-online-journal/newsdetails/artikel/schadstoff belastung-durch-plastik-giftcocktails-im-sediment-hoeher-als-erwartet.html). Die Aufnahme von Mikroplastik durch die Tierwelt ist mittlerweile breit untersucht . Selbst in den Mägen von Speisefischen sind hohe Mengen an Mikroplastik gefunden worden (www.awi.de/nc/ueber-uns/service/presse/pressemeldung/ mikroplastikpartikel-in-speisefischen-und-pflanzenfressern.html). Mikroplastik gefährdet das Ökosystem Meer. 1. Wie lauten die konkreten Vereinbarungen mit den Herstellern im Rahmen des Kosmetikdialogs? a) Auf welche Kunststoffe bezieht sich die Vereinbarung? Die Fragen 1 und 1a werden zusammen beantwortet. Die Vereinbarung bezieht sich auf Mikrokunststoffpartikel. Nicht erfasst sind Partikel im Nanobereich und flüssige Kunststoffe, oder solche in Pulverform. b) Welche Definition von Mikroplastik liegt ihr zugrunde? Die dem Kosmetikdialog zugrunde liegende Definition von Mikroplastik ist: Mikroplastik sind Plastikpartikel, die fünf Millimeter und kleiner sind („Microbeads “). Es gibt bisher noch keine internationale und allgemeingültige Definition für Mikroplastik. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/10740 c) Welche Produktgruppen umfasst die Selbstverpflichtung? Der Kosmetikdialog ist ausgerichtet auf kosmetische Mittel; hinsichtlich des Anwendungsbereiches sind hier Zahnpasten sowie rinse-off-cosmetics, also zur Reinigung bestimmte Kosmetika wie z. B. Peelings, Peelingduschgel, Handwaschpasten zu nennen. 2. Sind Zwischenziele festgehalten, die die Hersteller vor dem Jahr 2020 erreichen müssen (wenn ja, bitte aufschlüsseln, welche Ziele bis wann erreicht werden sollen und wie das Fortschrittsmonitoring gewährleistet wird)? Auf die Antwort zu Frage 7 wird verwiesen. 3. Wie ist der aktuelle Stand der Umsetzung (bitte spezifizieren, wie sich die Menge des in Kosmetika und Körperpflegeprodukten eingesetzten Mikroplastiks seit Beginn der Selbstverpflichtung entwickelt hat)? Laut einer aktuellen Umfrage unter den europäischen Kosmetikherstellern durch CosmeticsEurope (CE), dem europäischen Dachverband der Kosmetikindustrie, hat sich die Menge an festen Kunststoffpartikeln in abzuspülenden kosmetischen Produkten zwischen den Jahren 2012 und 2015 um 70 Prozent reduziert (mündliche Auskunft IKW). Zahnpasten sind mikroplastikfrei. Zudem wird auf die Antwort zu Frage 7 zum für Ende 2016 zugesagten Bericht von Cosmetic Europe verwiesen. 4. Welche Unternehmen und Verbände beteiligen sich am Kosmetikdialog? Im Kosmetikdialog engagiert sind seitens der Industrieverbände und Unternehmen : der Industrieverband Körperpflege- und Waschmittel (IKW – als repräsentativer Vertreter von 400 Mitgliedsfirmen, davon 300 Hersteller von kosmetischen Mitteln), PlasticsEurope (Deutschland), Cosmetics Europe, L’Oréal Deutschland GmbH, Azett GmbH & Co. KG, Beiersdorf AG, Physioderm GmbH, Henkel AG & Co. KGaA. 5. Welchen Marktanteil decken die am Kosmetikdialog beteiligten Unternehmen nach Kenntnis der Bundesregierung ab? Die im IKW vertretenen Firmen decken einen Umsatzanteil von über 95 Prozent in Deutschland ab. 6. Wie wird sichergestellt, dass auch importierte Produkte bis 2020 mikroplastikfrei sind? Der Bundesregierung liegen hierzu keine Erkenntnisse vor. 7. Wie wird sichergestellt, dass das Ziel der Meeresstrategierahmenrichtlinie, bis 2020 einen guten Umweltzustand zu erhalten, erreicht wird, wenn die Umsetzung der Selbstverpflichtung erst 2020 überprüft wird und erst dann notfalls andere Maßnahmen überlegt werden, wie es Bundesministeriumssprecher Stephan Haufe in „WISO“ angekündigt hat? Zur angemessenen Bewertung des Beitrags von Mikroplastikeinträgen aus kosmetischen Mitteln zur Belastung von Gewässern ist anzumerken, dass Mikrokunststoffe aus Kosmetika und Körperpflegeprodukten spielen mengenmäßig nur eine untergeordnete Rolle gegenüber anderen Eintragungsquellen spielen. Der Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/10740 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Anteil des durch kosmetische Produkte eingetragenen Mikroplastiks liegt bei 4.1 Prozent der Gesamtmenge (Studie GD Umwelt von 2016). Damit hängt die Erreichung des guten Umweltzustands der deutschen Meere in nur geringem Maße von der Veränderung dieses Eintrags ab. Anknüpfend an den deutschen „Kosmetikdialog“ steht die Kosmetikindustrie auch im Dialog mit den Vertragsstaaten des OSPAR Übereinkommens zum Schutz des Nordostatlantiks, da der Regionale Aktionsplan gegen Meeresmüll für den Nordost-Atlantik einen entsprechenden Maßnahmenvorschlag enthält (Action 47: Engage with all appropriate sectors (manufacturing, retail etc.) to explore the possibility of a voluntary agreement to phase out the use of micro plastics as a component in personal care and cosmetic products. Should a voluntary agreement prove not to be sufficient, prepare a proposal for OSPAR to call on the EU to introduce appropriate measures to achieve a 100% phasing out of micro plastics in personal care and cosmetic products). Cosmetics Europe hat bis Ende 2016 einen (bisher noch nicht vorliegenden) Bericht zugesagt, der die bereits erzielten Reduktionen des Einsatzes von MP in Kosmetika und Körperpflegeprodukten quantifiziert. Diese Information kann genutzt werden, um die Effektivität des freiwilligen Verzichts nachzuweisen. 8. Wie und mit welchem Erfolg hat sich die Bundesregierung auf EU-Ebene dafür eingesetzt, dass der Eintrag von primärem Mikroplastik in die Umwelt reduziert wird? Auf die Antwort zu Frage 7 wird verwiesen. 9. Welche Schlussfolgerungen und Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus der Empfehlung der Studie im Auftrag der Europäischen Kommission, die Freisetzung von Mikroplastik aus Körperpflegeprodukten in das nächste Arbeitsprogramm der Ökodesign-Richtlinie aufzunehmen, und warum hat sich die Bundesregierung nicht dafür eingesetzt? Der Anwendungsbereich der Ökodesign-Richtlinie (2009/125/EG) erfasst ausschließlich energieverbrauchsrelevante Produkte. Das sind nach Artikel 2 Nummer 1 Ökodesign-Richtlinie Gegenstände, deren Nutzung den Energieverbrauch beeinflusst. Damit sind Kosmetikprodukte nicht vom Anwendungsbereich der Ökodesign-Richtlinie erfasst. Die zitierte Studie von Eunomia im Auftrag der Europäischen Kommission verkennt, dass der Anwendungsbereich nicht beliebig auf andere Produkte erweitert werden kann. Insbesondere kann dazu nicht der Arbeitsplan der Kommission genutzt werden, der sich im Rahmen der Ökodesign- Richtlinie bewegen muss. 10. Wie können Verbraucherinnen und Verbraucher erfahren, ob die Produkte, die sie erwerben, mikroplastikfrei sind? 11. Inwiefern setzt sich die Bundesregierung dafür ein, dass auf Produkten transparent gekennzeichnet bzw. angegeben werden muss, wenn diese Mikroplastik enthalten? Die Fragen 10 und 11 werden wegen des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Die Anforderungen im Hinblick auf den Gesundheitsschutz bei kosmetischen Mitteln sind auf Ebene der Europäischen Union in der Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 über kosmetische Mittel (EU-Kosmetik-Verordnung) geregelt. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/10740 Die Regelungen der EU-Kosmetik-Verordnung gelten auch bei der Verwendung von Kunststoffpartikeln in kosmetischen Mitteln. Im Hinblick auf die Kennzeichnung kosmetischer Mittel ist vorgeschrieben, dass alle Bestandteile auf der Verpackung in der Liste der Bestandteile angegeben werden . Bei der Verwendung von Kunststoffpartikeln ist in der Liste der Bestandteile der Name des verwendeten Polymers anzugeben. Bei Verwendung von Nanomaterialien müssen diese ebenfalls in der Liste der Bestandteile aufgeführt werden. Den Namen dieser Bestandteile muss zusätzlich das Wort „Nano“ in Klammern folgen. 12. Welche Kenntnisse liegen der Bundesregierung über das Verbraucherwissen bezüglich des Einsatzes und der Auswirkungen von Mikroplastik sowie dessen Akzeptanz vor? Der Bundesregierung liegen hierzu keine Erkenntnisse vor. 13. Welche Produktgruppen sind nach Kenntnis der Bundesregierung heute auf dem deutschen Markt, die Mikroplastik enthalten und in die Umwelt freisetzen können (bitte spezifizieren)? Der Bundesregierung liegen hierzu keine Erkenntnisse vor. 14. Welche Informationen liegen der Bundesregierung vor, welche Mengen an Mikroplastik aus Wasch- und Reinigungsmitteln ins Abwasser gelangen? Im Rahmen des Gutachtens „Quellen für Mikroplastik mit Relevanz für den Meeresschutz in Deutschland“ im Auftrag des Umweltbundesamtes sowie im Rahmen des Hauptausschuss Detergenzien (HAD) der Fachgruppe „Chemie des Waschens “ der Gesellschaft Deutscher Chemiker (GDCH) wurden mit den zuständigen Fachverbänden, Industrieverband Hygiene und Oberflächenschutz (IHO) und IKW, Gespräche zur Einsatzmenge an Mikroplastik in Wasch- und Reinigungsmitteln geführt. Nach Angaben des IHO werden ca. 10 Tonnen Mikroplastik pro Jahr zur Herstellung von Pflegeemulsionen zur Oberflächenbeschichtung in der gewerblichen Reinigung eingesetzt. Gemäß Auskunft des IKW werden in Waschund Reinigungsmitteln für Privathaushalte Kunststoffpartikel (ca. 50 Tonnen pro Jahr) überwiegend in Reinigungsmitteln für kratzempfindliche Oberflächen eingesetzt . 15. Wie will die Bundesregierung sicherstellen, dass sich der Eintrag von Mikroplastik aus Waschmitteln und Reinigungsmitteln verringert? Die Bundesregierung unterstützt die Verwendung umweltfreundlicher Produkte, z. B. mit dem EU-Ecolabel oder dem Blauen Engel. Im Rahmen der Entwicklung von Kriterien zum Erlangen eines Umweltzeichens wurde im Bereich der Waschund Reinigungsmittel ein Verbot des Einsatzes von Mikroplastik in diesen Produkten etabliert. Seit 2015 wird der Blaue Engel nicht mehr für Wasch- und Reinigungsmittel , die Mikroplastik enthalten, vergeben. Ab 2017 ist die Erteilung des EU-Ecolabels für Wasch- und Reinigungsmittel mit Mikroplastik ausgeschlossen . Diese Maßnahme trägt dazu bei, dass der Eintrag von Mikroplastik aus Wasch- und Reinigungsmitteln verringert werden kann. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/10740 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 16. Soll es einen Dialog mit den Wasch- und Reinigungsmittelherstellern bzw. den Inverkehrbringern von Wasch- und Reinigungsmitteln geben? Das Umweltbundesamt führt bereits einen Dialog mit den zuständigen Fachverbänden IHO und IKW. Dieser Dialog findet im Rahmen des Hauptausschuss Detergenzien (HAD) der Fachgruppe „Chemie des Waschens“ der GDCH sowie in Verbändegesprächen statt. Dort wurde die Thematik „Mikroplastik“ bereits diskutiert (siehe Antwort zu Frage 14). 17. Welche Informationen liegen der Bundesregierung vor über das Umweltverhalten und ggf. die Schädlichkeit von Mikroplastik in nichtfester Form (z. B. in flüssiger oder Pulverform)? Generell hängt die Partikeltoxizität nicht nur von Größe und Beschaffenheit des jeweiligen Partikels, sondern auch von der chemischen Zusammensetzung des Mikroplastiks ab (Polymer, Monomer, Additive, potenzielle adsorbierte Schadstoffe ). Informationen speziell zum Umweltverhalten von Mikroplastik in flüssiger Form liegen uns nicht vor. Es liegen hingegen Studien bezüglich des Verbleibs und der Pathologie von sehr kleinen (pulverartigen) Plastikpartikeln in tierischen und menschlichen Zellen vor (Carthew et al. (2006); Bergin and Witzmann (2013); Mahler et al. (2012); Leslie et al. (2011); Bhattacharya et al. (2010); in Leslie (2014) – Review of Microplastics in Cosmetics). 18. Welche Kosmetikprodukte enthalten nach Kenntnis der Bundesregierung Kunststoffe im Nanobereich (< 1 000 nm)? Gemäß der EU-Kosmetik-Verordnung ist ein Katalog aller Nanomaterialen in Kosmetika vorgesehen. Ein solches Verzeichnis erlaubt eine Identifikation von Nanomaterialien (gemäß der in der Verordnung genannten Definition) in Kosmetika . Die Veröffentlichung durch die Europäische Kommission steht noch aus. 19. Welche Informationen liegen der Bundesregierung vor über die Umweltschädlichkeit von Nanokunststoffen in der Umwelt? Die Umweltschädlichkeit von nanoskaligen Kunststoffen wurde nach Informationen des Umweltbundesamtes bisher fast ausschließlich für nanoskaliges Polystyrol (PS) untersucht. Die Forschung beschränkte sich dabei auf die Untersuchung der Wirkung auf aquatische Organismen. So wurde gezeigt, dass die Partikel von filtrierenden wirbellosen Tieren wie Wasserflöhen und Muscheln aufgenommen werden. Die Ausscheidung des nanoskaligen PS aus diesen Organismen erfolgt in Abhängigkeit der Partikelgröße und der Beobachtungszeit. Ob die Partikel vollständig wieder ausgeschieden werden, konnte in diesen Studien nicht abschließend geklärt werden. In Laboruntersuchungen konnten bei moderaten Testkonzentrationen toxische Wirkungen auf Rädertierchen, Algen und Wasserflöhe festgestellt werden. Diese äußerten sich in Form negativer Auswirkungen auf Wachstum, Lebensdauer, Populationsgröße sowie Beeinträchtigungen in der Fortpflanzung und Anzahl der Nachkommenschaft. Die Aufnahme und Akkumulation wurde ebenso in Fischen untersucht. Danach akkumuliert nanoskaliges PS in Dottersack und Gallenblase von Fischembryonen und konnte in erwachsenen Fischen nach Akkumulation in Kiemen und Darm auch im Gehirn, der Leber und im Blut nachgewiesen werden. Eine Weitergabe von nanoskaligem PS über die Nahrungskette (über Algen und Zooplankton in den Fisch) sowie die Beeinflussung von Fress- und Schwimmverhalten von Fischen ist beschrieben. Die oben stehenden Befunde für nanoskaliges PS resultieren aus Laborexperimenten. Laborergebnisse zur Umweltschädlichkeit von anderen nanoskaligen Kunststoffen Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/10740 oder Ergebnisse aus Freilanduntersuchungen z. B. von ggf. sekundär aus Kunststoffmüll entstehenden nanoskaligen Materialien sind der Bundesregierung nicht bekannt. 20. Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus den Erkenntnissen über die Freisetzung von Mikroplastik aus Wasch- und Reinigungsmitteln, Kosmetika, aber auch Textilien in die Abwässer für die Anforderungen an Kläranlagen? Aktuelle Studien weisen darauf hin, dass mehr als 90 Prozent der in den Abwässern enthaltenen Mikroplastik in den Kläranlagen zurückgehalten werden kann. Soweit Abwässer Kläranlagen passieren, kann die Eintragsmenge von Mikropartikeln in die Ozeane aus kosmetischen Produkten deutlich verringert werden (UBA-Texte 63/2015). Bei den vorliegenden Ergebnissen handelt es sich jedoch um Einzelbefunde, die nicht belastbar sind, da sie Tagesgänge bzw. spezifische Verhältnisse (Trockenwetter-/Regenwetterabfluss), die auf die Befunde einwirken können, nicht berücksichtigen. Erst nach Vorliegen belastbarer Ergebnisse kann über die Notwendigkeit von Anforderungen an Kläranlagen sachgerecht diskutiert werden. Notwendige Grundlage ist eine wissenschaftliche fundierte Probenahme - und Analysenmethode. Das Projekt „Mikroplastik im Wasserkreislauf – Probenahme, Probenbehandlung, Analytik, Vorkommen, Entfernung und Bewertung (MiWa)“ innerhalb der BMBF-Fördermaßnahme „Risikomanagement von neuen Schadstoffen und Krankheitserregern im Wasserkreislauf (RiSKWa) entwickelt ein Methodenset für die chemische und ökotoxikologische Charakterisierung von Kunststoffen im Medium Wasser. Weitere wissenschaftliche Publikationen zur Freisetzung von Mikroplastik aus Wasch- und Reinigungsmitteln, Kosmetika, aber auch Textilien in Abwässer – aber auch zur Qualität behandelter Abwässer – liegen vor und sind der Bundesregierung bekannt. Diese Erkenntnisse reichen allerdings nicht aus, um eine abschließende Einschätzung der Relevanz abgesichert vornehmen zu können, da harmonisierte Untersuchungsverfahren derzeit nicht existieren und die vorhandenen Daten nicht miteinander in Beziehung gesetzt werden können. Dies gilt für Ergebnisse der chemischen Analytik ebenso, wie für biologische Untersuchungsergebnisse . Die Fragestellung Mikroplastik in Abwässern und Emissionen aus Kläranlagen ist u. a. Gegenstand der aktuellen BMBF-Förderbekanntmachung „Plastik in der Umwelt – Quellen, Senken, Lösungsansätze“. Der Projektstart ist für Mitte 2017 geplant. Erste Datenerhebungen zur Belastung des Abwassers mit Mikroplastikpartikeln liegen bereits als Forschungsbericht des Alfred Wegener Institutes vor – u. a. „Mikroplastik in ausgewählten Kläranlagen des Oldenburgisch - Ostfriesischen Wasserverbandes (OOWV) in Niedersachsen“. Innerhalb des Förderschwerpunkts sollen u. a. vorhandene Untersuchungsansätze weiterentwickelt und zur Praxistauglichkeit entwickelt werden. In zwei vorlaufenden vom BMBF geförderten Forschungsverbünden (MiWa (s. o.) sowie OEMP – Optimierte Materialien und Verfahren zur Entfernung von Mikroplastik aus dem Wasserkreislauf in der Förderbekanntmachung MachWas) sind das UBA und die BAM aktiv beteiligt. Ohne harmonisierte Untersuchungsverfahren werden priorisierende Bewertungen von Quellen und Beeinträchtigungsmöglichkeiten betroffener Schutzgüter nicht möglich sein. Die nach der Methodenentwicklung notwendige Methodenharmonisierung findet in den relevanten Normungsgremien von DIN, CEN und ISO statt. Über das Umweltbundesamt und das Deutsche Institut für Normung wird aktuell eine Arbeitsgruppe im ISO TC 61 Plastics unterstützt, die die methodischen Arbeiten im Bereich der Plastikuntersuchungen auf internationaler Ebene vorbereitet. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/10740 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 21. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die Dichte von Mikroplastikteilchen in der Wassersäule in Nord- und Ostsee? Die ersten Untersuchungen in den deutschen Küstengewässern erfolgten im Rahmen des BMBF-Vorhabens MICROPLAST von 2012 bis 2014. Weitere lokale Studien zu Untersuchungen von Mikroplastikteilchen in der Nord- und Ostsee liegen vor (u. a. Derksen et al. 2012, Dubaish & Liebezeit 2013). Die Akkumulation der Mikroplastikteilchen erfolgt vor allem in den Sedimenten. Es wird geschätzt , dass 70 Prozent des Plastiks auf den Meeresboden sinken, 15 Prozent an der Wasseroberfläche schwimmen und 15 Prozent an Strände gespült werden. Die Aufnahme und Akkumulation von Mikroplastikpartikel durch verschiedene Organismen konnte auch in der Nord- und Ostsee nachgewiesen werden. Der Verbleib von Mikroplastikpartikeln in der Meeresumwelt wird unter anderem von ihrer spezifischen Dichte bestimmt. Kunststoffe, die eine höhere Dichte als Wasser aufweisen (>kg/l), sinken und verbleiben im Sediment in relativer Nähe zum Ort der Freisetzung. Plastiksorten mit geringerer Dichte hingegen schwimmen und können mittels Strömungen über große Distanzen verdriftet werden. Aus laufenden Arbeiten innerhalb von OSPAR liegen erste Angaben zur speziellen Dichte von wesentlichen Befunden aus der Meeresumwelt vor. Auf Initiative des BMBF wurde innerhalb der Joint Programming Initiatives (JPIs) das Verbundvorhaben BASEMAN mit zehn europäischen Ländern gestartet , was sich mit der Harmonisierung und Standardisierung der Methoden zur Bilanzierung der Mikroplastikpartikel in Küstengewässern und Meeren auf europäischer Ebene befasst. Basierend auf den Methodenentwicklungen im Rahmen der JPI: Healthy and Productive Seas and Oceans werden zudem im Rahmen der BMBF-Fördermaßnahme „Plastik in der Umwelt“ sowie dem BONUS Call „BALTIC BLUE“ ab 2017 drei Forschungsverbünde gefördert, die sich mit der Untersuchung und Quantifizierung von Mikroplastik in den Flusseinzugsgebieten der Nord- und Ostsee sowie in den Küstengewässern befassen. Dadurch soll eine Bilanzierung und Identifizierung der Eintragspfade für die deutsche Nord- und Ostsee ermöglicht werden. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333