Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft vom 3. Januar 2017 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 18/10791 18. Wahlperiode 04.01.2017 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Birgit Menz, Eva Bulling-Schröter, Caren Lay, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 18/10767 – Tierschutz im Pferdesport V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Gemäß § 3 Nummer 1 des Tierschutzgesetzes ist es verboten, einem Tier außer in Notfällen Leistungen abzuverlangen, denen es wegen seines Zustandes offensichtlich nicht gewachsen ist oder die seine Kräfte übersteigen. Jedes Jahr kommt es auf deutschen Pferderennbahnen und Parcours zu zahlreichen Unfällen. Dabei erleiden Menschen und Pferde immer wieder schwere und teils irreparable Verletzungen, die zumeist für die Tiere tödlich enden. Während die Veranstalterinnen und Veranstalter stets von vereinzelten „Unfällen“ sprechen , steht aufgrund der Häufigkeit der Unfallart sowie der Rahmenbedingungen für viele Tierschützerinnen und Tierschützer fest, dass es sich um eine systematische Überforderung der Pferde handelt, um im Kampf um die Preisgelder mitzuhalten. Erst vor kurzer Zeit fanden bei Pferderennen in Leipzig und Krefeld insgesamt drei Tiere den Tod. Mit schweren Beinfrakturen als Folge verheerender Stürze, blieb den zuständigen Veterinärinnen und Veterinären vor Ort nichts anderes übrig, als die Tiere einzuschläfern, wie die Artikel mit der Überschrift „Drama im Scheibenholz – 4 000 Besucher trotzen Hitze beim Familienrenntag “ vom 28. August 2016 sowie „Bestürzung über den Tod zweier Pferde“ vom 13. September 2016 belegen (www.lvz.de & www.rp-online.de). Bei jedem Rennen wird versucht, das Höchstmaß an Leistung aus dem Tier herauszuholen . Als Hilfsmittel kommen dabei unterschiedlichste Methoden zum Einsatz. Eine Art „Gebiss“ im Maul der Tiere beispielsweise bewirkt durch das Anziehen der Zügel, das Tier zu höheren Leistungen zu treiben (vgl. www.feinehilfen.com/reiten-mit-gebiss-sinnvoll-oder-tierquaelerei/commentpage -3/). Als ein weiteres Hilfsmittel stellt bei diversen Pferdesportveranstaltungen die Peitsche eine legitime Unterstützung dar. Rennverbände erlauben je nach Turnierart bis zu fünf Peitschenschläge, obwohl das Schlagen eines Tieres laut Tierschutzgesetz verboten ist. Weitere teils verbotene, aber dennoch benutzte Hilfsmittel sind Ohrenstöpsel, die auf der Zielgeraden herausgezogen werden, um dem Pferd mit der Lärmkulisse einen „Panikschub“ zu verpassen (vgl. www.taz.de/Wattrennen-an-der-Nordsee/!5337231;m/). Auch der Einsatz von sogenannten Zungenbändern ist gestattet. Damit wird verhindert, dass die panischen Tiere ihre Zunge verschlucken oder drauf beißen. Oftmals werden Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/10791 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode auch viel zu junge Tiere eingesetzt, bei denen Gelenke und Sehnen noch zu fragil und nicht gänzlich ausgebildet sind. Insbesondere bei der Vielseitigkeit (vormals Military) aber auch bei anderen Rennen, kommt es immer wieder zu Rissen der Hauptschlagader wobei das Pferd in der Folge innerlich verblutet (vgl. www.taz.de/!5317379/). Ebenso steht die Rollkur (Hyperflexion/LDR-Methode ) in Verdacht den Tieren körperlichen Schaden zuzufügen. Um das Tier besser kontrollieren zu können, wird der Kopf der Pferde stark nach unten auf die Brust festgezogen. Das Blickfeld des Pferdes ist dabei stark eingeschränkt. Für das Pferd als Fluchttier bedeutet dies puren Stress. Darüber hinaus gilt diese Haltung als äußerst unangenehm und schmerzhaft und kann zu irreparablen körperlichen Schäden führen (vgl. www.tierschutz.hessen.de/nutztiere /tierschutz-im-pferdesport). Nach § 3 Nummer 5 des Tierschutzgesetzes ist es jedoch verboten, ein Tier auszubilden oder zu trainieren, sofern damit erhebliche Schmerzen, Leiden oder Schäden für das Tier verbunden sind. Auch der nicht erlaubte Einsatz leistungssteigernder Medikamente spielt im Pferdesport eine nicht zu vernachlässigende Rolle. Laut Tierschutzgesetz ist auch die Anwendung von Dopingmitteln an einem Tier bei sportlichen Wettkämpfen und ähnlichen Veranstaltungen verboten. Darüber hinaus ist es untersagt einem Tier, an dem Eingriffe und Behandlungen vorgenommen worden sind, die einen leistungsmindernden körperlichen Zustand verdecken, Leistungen abzuverlangen, denen es wegen seines körperlichen Zustandes nicht gewachsen ist (§ 3 Tierschutzgesetz). 1. Wie hoch ist nach Kenntnis der Bundesregierung die jährliche Anzahl der professionellen Pferdeturnierveranstaltungen in Deutschland, die einen gewerblichen Charakter mit Zuschauern und Preisgeld aufweisen (bitte um Auflistung nach Pferdesportart im Zeitraum der vergangenen fünf Jahre)? Zu dieser Frage liegen der Bundesregierung keine Informationen vor. 2. Liegen der Bundesregierung Informationen vor, wie viele Pferde bei Pferdesportveranstaltungen in Deutschland in den letzten fünf Jahren gestorben sind (bitte nach Turnierart: Galopprennen/Trabrennen/Vielseitigkeit/Springreiten /Distanzreiten auflisten)? Wenn nein, warum nicht? Zu dieser Frage liegen der Bundesregierung keine Informationen vor. Eine amtliche Statistik zur Todesursache von Pferden oder zu Todesfällen von Pferden im Rahmen von Pferdesportveranstaltungen wird nicht geführt. 3. Liegen der Bundesregierung Informationen über die Anzahl der in den letzten fünf Jahren bei Pferdesportveranstaltungen in Deutschland gestorbenen Menschen vor (bitte nach Turnierart: Galopprennen/Trabrennen/Vielseitigkeit /Springreiten/Distanzreiten und Datum inklusive Name der Rennbahn auflisten)? Wenn nein, warum nicht? Zu dieser Frage liegen der Bundesregierung keine Informationen vor. Todesursachen werden in Deutschland auf Basis der Todesursachenstatistik nach der sogenannten ICD-10 Klassifikation, der internationalen statistischen Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme, erfasst. Danach ist zwar bekannt, dass im Jahr 2014 in Deutschland rund 11 600 Personen durch Stürze starben. Eine weitere Untergliederung (im Haushalt, im Sport etc.) ist auf dieser Basis jedoch nicht möglich. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/10791 4. Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung aus dem Einsatz von Peitschen, Zungenbändern sowie die Benutzung sogenannter „scharfer“ Gebisse beim Pferdesport obwohl es laut § 1 des Tierschutzgesetzes verboten ist, einem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden und Schäden zuzufügen, wobei mehrere Hilfsmittel zur Leistungssteigerung im Pferdesport jedoch genau das zu verursachen scheinen? Nach § 3 Nummer 1b des Tierschutzgesetzes ist es verboten, an einem Tier im Training oder bei sportlichen Wettkämpfen oder ähnlichen Veranstaltungen Maßnahmen , die mit erheblichen Schmerzen, Leiden oder Schäden verbunden sind und die die Leistungsfähigkeit von Tieren beeinflussen können, anzuwenden. Für die Durchführung des Gesetzes, einschließlich der Überwachung der Einhaltung der Anforderungen des Gesetzes, sind die Behörden der Länder zuständig. Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) gibt Gutachten und Leitlinien heraus, die zwar nicht rechtsverbindlich sind, aber Tierhaltern, Behörden und Gerichten als Orientierung bei der Auslegung der Regelung des Tierschutzgesetzes dienen. Im Bereich der Pferdehaltung und -nutzung sind die „Leitlinien für den Tierschutz im Pferdesport“ und die „Leitlinien zur Beurteilung von Pferdehaltungen unter Tierschutzgesichtspunkten“ hervorzuheben. Nach Abschnitt I Nummer 2 Buchstabe a der „Leitlinien für den Tierschutz im Pferdesport“ sind die Hilfen zu minimieren, das heißt der Zweck soll mit der jeweils geringstmöglichen Intensität an Einwirkungen erreicht werden. Hilfen dürfen zudem im Grundsatz keine Schmerzen verursachen. Nach Abschnitt III Nummer 1 Buchstabe c der Leitlinien können erhebliche Schmerzen oder Schäden entstehen, wenn ein Pferd häufig oder länger anhaltend durch Hilfszügel oder Zügelhilfen in Spannung versetzt oder zu stark beigezäumt wird (s. a. Frage 5). Ein derartiger Gebrauch von Führungshilfen ist nach den Leitlinien tierschutzwidrig. Im Hinblick auf die Zäumung wird in Abschnitt III Nummer 1 Buchstabe b der Leitlinien festgestellt, dass zu scharfe, nicht passende, abgenutzte oder fehlerhaft eingeschnallte Gebisse zu erheblichen Schmerzen und Schäden führen können. Weiterhin wird festgestellt, dass auch die Verwendung von gebisslosen Zäumungen (beispielsweise mechanisches Hackamore) bei unsachgemäßer Verschnallung und Anwendung Schmerzen und Schäden verursachen kann. 5. Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung aus der im Pferdesport angewandten Praxis der Rollkur (Hyperflexion/LDR-Methode) gemäß Vereinbarkeit mit dem Tierschutzgesetz sowie den Leitlinien für Pferdesport des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL)? Entstehen bei einem Pferd durch eine Hyperflexion des Halses erhebliche Schmerzen, Leiden oder Schäden, so ist dies nicht mit § 3 Nummer 1b des Tierschutzgesetzes vereinbar. Der Grad, die Dauer und die Stärke der Hyperflexion mit den resultierenden gesundheitlichen Folgen für das Pferd sind im konkreten Einzelfall zu prüfen. Ob im jeweiligen Einzelfall ein Verstoß gegen das Tierschutzgesetz vorliegt, haben die für den Vollzug des Gesetzes zuständigen Behörden der Länder zu beurteilen. Zur Vereinbarkeit der so genannten „Rollkur“ (Hyperflexion des Halses) mit den „Leitlinien für den Tierschutz im Pferdesport“ des BMEL wird auf die Antwort zu Frage 4 verwiesen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/10791 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 6. Sind Maßnahmen durch die Bundesregierung geplant, um die Rollkur zukünftig zu untersagen? Wenn ja, welche? Wenn nein, warum nicht? Die Bunderegierung plant keine weiteren gesetzlichen Regelungen zum Tierschutz im Pferdesport. Mit den Vorschriften des Tierschutzgesetzes steht den für den Vollzug des Tierschutzrechts zuständigen Landesbehörden ein ausreichendes Instrumentarium zur Verfügung, um den Tierschutz im Pferdesport, auch im Hinblick auf die „Rollkur“, zu gewährleisten. 7. Sind seitens der Bundesregierung Maßnahmen geplant, die zu einem besseren Schutz der Pferde im Rahmen von Sportveranstaltungen führen? Wenn ja, welche? Wenn nein, warum nicht? Auf die Antworten zu den Fragen 6 und 8 wird verwiesen. 8. Ist vor dem Hintergrund, dass die aktuellen Leitlinien für Tierschutz im Pferdesport des BMEL von 1992 stammen, eine Erneuerung der Leitlinien vorgesehen ? Wenn ja, was sollen diese beinhalten und für wann ist dies geplant? Wenn nein, warum nicht? Das BMEL gibt neben den „Leitlinien für den Tierschutz im Pferdesport“ eine Reihe weiterer Gutachten oder Leitlinien zum Tierschutz heraus. Grundsätzlich wird angestrebt, diese regelmäßig entsprechend dem aktuellen Wissensstand zu überarbeiten. Zuletzt wurde das „Gutachten über Mindestanforderungen an die Haltung von Säugetieren“ 2014 in einer überarbeiteten Fassung herausgegeben. Aktuell arbeitet das BMEL an der Überarbeitung weiterer sechs Gutachten, zu deren Überarbeitung der Deutsche Bundestag die Bundesregierung mit der Entschließung vom 7. Juli 2016 auf Grundlage der Drucksachen 18/8707 und 18/8940 aufgefordert hat. Grundsätzlich wird auch eine Überarbeitung der „Leitlinien für den Tierschutz im Pferdesport“ angestrebt. Eine konkrete Planung der Inhalte und des zeitlichen Ablaufes ist noch nicht absehbar. 9. Liegen der Bundesregierung Daten über die Anzahl der Fälle von Doping und Medikamentenmissbrauch im deutschen Pferdesport der vergangenen fünf Jahre vor (bitte nach Turnierart: Galopprennen/Trabrennen/Vielseitigkeit /Springreiten/Distanzreiten und Datum inklusive Art des Dopings auflisten )? Wenn nein, warum nicht? Der Bundesregierung sind die Jahresberichte der Stiftung Nationale Anti Doping Agentur Deutschland (NADA) und die darin veröffentlichten Daten bekannt. Weitere Daten liegen der Bundesregierung nicht vor. Der Vollzug der einschlägigen Rechtsvorschriften obliegt den zuständigen Behörden der Länder. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/10791 10. Wie viele Fälle des Medikamentenmissbrauchs bzw. Dopings wurden in den letzten fünf Jahren durch Pferdesportorganisationen zur Anzeige gebracht (bitte Häufigkeit nach Pferdesportart auflisten)? Für den Vollzug der Regelungen des Arzneimittelgesetzes und des Tierschutzgesetzes sind die Behörden der Länder zuständig. Verdachtsfälle auf Verstöße werden den dortigen Behörden zur Kenntnis gebracht. Der Bundesregierung liegen hierüber keine Informationen vor. 11. Gibt es seitens der Bundesregierung Pläne, das Tierschutzgesetz um eine verpflichtende Dopingkontrolle bei Pferdesportveranstaltungen zu erweitern ? Wenn ja, wann, und in welcher Form? Wenn nein, warum nicht? Die Bundesregierung plant keine Erweiterung des Tierschutzgesetzes um verpflichtende Dopingkontrollen bei Pferdesportveranstaltungen. Gemäß § 3 Nummer 1b des Tierschutzgesetzes ist es verboten, an einem Tier bei sportlichen Wettkämpfen oder ähnlichen Veranstaltung Dopingmittel anzuwenden. Der Vollzug des Tierschutzgesetzes obliegt den zuständigen Behörden der Länder. Diese legen fest, welche Kontrollen sie für erforderlich und angemessen halten, um die Einhaltung der Anforderungen sicherzustellen. 12. Wer führt die Dopingkontrollen bei nationalen und internationalen Pferdesportveranstaltungen in Deutschland vorab und während des Turniers durch? 13. Gibt es eine neutrale Stelle oder Aufsichtsbehörde, die für die Einhaltung der Dopingkontrollen im Pferdesport zuständig ist bzw. überwacht? Wenn ja, welche? Wenn nein, warum nicht? Die Fragen 12 und 13 werden wegen des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Es wird auf die Antwort zu Frage 11 verwiesen. Daneben führt die NADA Medikationskontrollen bei Pferden durch (s. www. nada.de/de/doping-kontroll-system/medikationskontrollen-bei-pferden/). Die Ausgestaltungen des Anti-Doping-Regimes und die Auskunft hierüber obliegen dem jeweiligen Sportfachverband. 14. Wie begründet die Bundesregierung die Regelung, dass Doping bei Tieren laut § 18 Absatz 1 Nummer 4 des Tierschutzgesetzes lediglich als Ordnungswidrigkeit geahndet wird, während Doping beim Menschen einen Straftatbestand erfüllt, und gibt es Pläne, die eine dahingehende Änderung des Tierschutzgesetzes vorsehen? Wenn ja, welche? Nach § 17 Nummer 1 oder 2 des Tierschutzgesetzes wird mit einer Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft, wer ein Wirbeltier ohne vernünftigen Grund tötet, einem Wirbeltier aus Rohheit erhebliche Schmerzen oder Leiden zufügt oder einem Wirbeltier länger anhaltende oder sich wiederholende erhebliche Schmerzen oder Leiden zufügt. Sofern diese Voraussetzungen im konkreten Fall erfüllt sind, können Dopingfälle auch als Straftat verfolgt werden. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333