Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums des Innern vom 13. Januar 2017 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 18/10847 18. Wahlperiode 17.01.2017 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Irene Mihalic, Konstantin von Notz, Luise Amtsberg, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 18/10698 – Fragen zur Sicherheit beim Bundesamt für Verfassungsschutz V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Ab dem 29. November 2016 berichteten viele Medien mit laufend mehr Details, dass Roque M., ein Mitarbeiter des Bundesamts für Verfassungsschutz (BfV), einen Bombenanschlag in der BfV-Zentrale geplant habe und festgenommen wurde (WELT 29. November 2016; Süddeutsche Zeitung 29. November 2016; SPIEGEL ONLINE 30. November 2016, ZEIT ONLINE, 30. November 2016). Der betreffende BfV-Mitarbeiter sei vor seinem Tätigkeitsbeginn im April 2016 erfolgreich einer „erweiterten Sicherheitsüberprüfung mit Sicherheitsermittlungen “ („Ü 3“) gemäß § 10 des Sicherheitsüberprüfungsgesetzes (SÜG) unterzogen worden (DER SPIEGEL 49/2016, 3. Dezember 2016, Seite 57 f.; MDR AKTUELL, 30. November 2016; SPIEGEL ONLINE, 30. November 2016). Vor der Einstellung des Roque M. hatte das BfV im Internet nicht nach etwaiger Erwähnung dieses Bewerbers geschaut (tagesschau.de, 1. Dezember 2016). 1. a) Hatte Roque M. Zugang zu Verschlusssachen-Kommunikation oder -Datenträgern ? b) Wenn ja, zu welchen Dateisystemen und zu wie vielen Verschlusssachen je welcher Geheimhaltungsgrade? Die Fragen 1a und 1b werden gemeinsam beantwortet. Die Bundesregierung ist nach sorgfältiger Abwägung des parlamentarischen Informationsanspruchs des Deutschen Bundestages mit dem Wohl des Bundes (Staatswohl), das durch Bekanntwerden geheimhaltungsbedürftiger Informationen gefährdet werden könnte, zu der Auffassung gelangt, dass eine Beantwortung der Frage in offener Form nicht erfolgen kann. Die erbetenen Auskünfte sind geheimhaltungsbedürftig, weil sie Informationen enthalten, die im Zusammenhang mit der Arbeitsweise und Methodik des BfV stehen. Der Schutz von Einzelheiten betreffend die Arbeitsweise und Methodik des BfV stellt für die Aufgabenerfüllung des BfV einen überragend wichtigen Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/10847 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Grundsatz dar. Er dient der Aufrechterhaltung der Effektivität nachrichtendienstlicher Informationsbeschaffung und damit dem Staatswohl. Bei offener Beantwortung der Frage wäre eine Schwächung des dem BfV zur Verfügung stehenden Aktionsradius zu besorgen. Dies kann für die Interessen der Bundesrepublik Deutschland schädlich sein. Deshalb sind die entsprechenden Informationen als Verschlusssache gemäß der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift des Bundesministeriums des Innern zum materiellen und organisatorischen Schutz von Verschlusssachen (VS-Anweisung – VSA) mit dem Geheimhaltungsgradrad „VS – Vertraulich“ eingestuft. Um gleichwohl dem Aufklärungs- und Informationsrecht der Abgeordneten des Deutschen Bundestages nachzukommen, werden die Antworten auf diese Fragen der Geheimschutzstelle des Deutschen Bundestages zugeleitet.* c) In welchen Arbeitsbereichen und Funktionen war Roque M. seit Beginn seiner Tätigkeit eingesetzt (bitte vollständig auflisten)? M. wurde am 15. April 2016 im BfV eingestellt. Vom 18. April 2016 bis 22. April 2016 hat er zur Vorbereitung auf seine zukünftige Verwendung verschiedene Lehrgänge an der Akademie für Verfassungsschutz absolviert. Anschließend war er bis zu seiner Festnahme am 16. November 2016 als Observant im Bereich islamistischer Terrorismus eingesetzt. 2. Inwiefern war die Sicherheitsüberprüfung von Roque M. bei dessen Festnahme bereits abgeschlossen, und welcher Grad der Überprüfung (Ü1, Ü2 oder Ü3) wurde tatsächlich durchgeführt? a) Wann und mit welchem Ergebnis wurde die Sicherheitsüberprüfung abgeschlossen (bitte auch den entsprechenden Grad angeben)? Die Fragen 2 und 2a werden gemeinsam beantwortet. Die Festnahme des M. erfolgte am 16. November 2016. Für M. wurde am 28. Januar 2016 eine erweiterte Sicherheitsüberprüfung mit Sicherheitsermittlungen (Ü3) gemäß § 10 Sicherheitsüberprüfungsgesetz (SÜG) ohne sicherheitserhebliche Erkenntnisse abgeschlossen. b) Wann wurde Roque M. das Ergebnis der Sicherheitsüberprüfung mitgeteilt ? Die Personalverwaltung des Bundesamts für Verfassungsschutz (BfV) wurde mit Schreiben vom 28. Januar 2016 über das Ergebnis der Sicherheitsüberprüfung informiert. Von dort erfolgte mit Schreiben vom 19. Februar 2016 die Einstellungszusage an M. Über diese hat er mittelbar auch Kenntnis über das Ergebnis der Sicherheitsüberprüfung erlangt. c) Wie war Roque M. bis zum Abschluss der Sicherheitsüberprüfung und seiner förmlichen Ermächtigung beim BfV eingesetzt? Entfällt. * Das Bundesministerium des Innern hat die Antwort als „VS – Vertraulich“ eingestuft. Die Antwort ist im Parlamentssekretariat des Deutschen Bundestages hinterlegt und kann dort nach Maßgabe der Geheimschutzordnung eingesehen werden. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/10847 3. Unter welchen Voraussetzungen darf nach Auffassung der Bundesregierung das BfV im Rahmen eines Einstellungsverfahrens öffentlich zugängliche Quellen (einschließlich des Internets), insbesondere soziale Netzwerke, über einen Bewerber auswerten? Das BfV darf im Rahmen eines Einstellungsverfahrens personenbezogene Daten über einen Bewerber aus allgemein zugänglichen Quellen nach Maßgabe des allgemeinen Datenschutzrechts erheben, verarbeiten und nutzen. Eine Datenerhebung ist danach dann zulässig, wenn eine wirksame Einwilligung des Bewerbers vorliegt, § 4 Absatz 1 Variante 2 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG). Ohne eine solche Einwilligung ist die Datenerhebung nur rechtmäßig, wenn eine Rechtsvorschrift dies erlaubt oder anordnet, § 4 Absatz 1 Variante 1 BDSG. Das BfV kann auf Grundlage von §§ 32 Absatz 1 Satz 1, 12 Absatz 4 BDSG personenbezogene Daten eines Bewerbers aus allgemein zugänglichen Quellen im Internet erheben, verarbeiten und nutzen, wenn die Daten für die Entscheidung über die Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses erforderlich sind, also Feststellungen über die Eignung, Befähigung und Leistung des Bewerbers ermöglichen . Dabei sind allerdings die schutzwürdigen Interessen des Bewerbers zu wahren. Insbesondere ist sicherzustellen, dass er mit den Daten konfrontiert wird und Gelegenheit zur Stellungnahme und zur Korrektur bekommt. 4. a) Recherchierte das BfV im Rahmen des Einstellungsverfahrens bezüglich Roque M. dessen Eignung für eine sicherheitsempfindliche Tätigkeit? Im Rahmen des Einstellungsverfahrens des M. wurde zur Feststellung der Eignung für eine sicherheitsempfindliche Tätigkeit eine erweiterte Sicherheitsüberprüfung mit Sicherheitsermittlungen gemäß § 10 des Gesetzes über die Voraussetzungen und das Verfahren von Sicherheitsüberprüfungen des Bundes (SÜG) durchgeführt. b) Wenn ja, mit welchem Ergebnis? Es sind keine sicherheitserheblichen Erkenntnisse angefallen. c) Welche der im Internet dokumentierten, unter dem Gesichtspunkt etwaiger Erpressbarkeit u. U. sehr sicherheitsrelevanten Details aus dem Vorleben des Roque M. (vgl. etwa DER SPIEGEL, 3. Dezember 2016, Seite 57 f.) erfuhr das BfV dabei? Keine. 5. Wie erfüllte das BfV – insbesondere bei seiner internen und externen Kommunikation seit November 2016 – seine Fürsorgepflicht gegenüber seinem Mitarbeiter Roque M. einschließlich dessen Familie, v. a. gegen öffentliche Vorverurteilung als islamistischer Straftäter? Die Kommunikation des BfV zum Sachverhalt war faktenbasiert und auf das erforderliche Maß beschränkt. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/10847 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 6. a) Ab wann hat das BfV jeweils wie seine Mitarbeiter über den Vorfall informiert ? Nach Eingang des Ersthinweises bei Abteilung 6 des BfV am 9. November 2016 mussten bis zur Festnahme des M. am 16. November 2016 nach und nach Mitarbeiter des für die Klärung des Hinweises zuständigen Bereiches Sicherheitsangelegenheiten des BfV sowie zur Vorbereitung personalrechtlicher Konsequenzen auch die Personalverwaltung des BfV über den Sachverhalt informiert werden. Darüber hinaus mussten einzelne Unterstützungskräfte der Abteilung 3 des BfV in die Ermittlungen eingebunden und der Sicherungsdienst des BfV sensibilisiert werden. In die Ermittlungen sowie zur Vorbereitung Exekutivmaßnahmen mussten auch einzelne Vorgesetzte des M. einbezogen werden. Diese wurden jedoch nicht über den Hintergrund der Maßnahmen in Kenntnis gesetzt. b) Inwiefern thematisierte das BfV den Vorfall amtsintern, etwa durch eine Mitarbeiterinformation? Amtsintern wurde die Mitarbeiterschaft des BfV nach der Festnahme des M. mit einem Mitarbeiterbrief des Herrn Präsidenten des BfV vom 16. November 2016 erstmals über den Vorfall in allgemeiner Form informiert. Am 30. November 2016 wurde eine Videobotschaft des Herrn Präsidenten an die Mitarbeiterschaft des BfV zu dem Sachverhalt im Intranet des BfV veröffentlicht. Eine Mitarbeiterinformation des Geheimschutzbeauftragten des BfV zum weiteren Sachstand erfolgte am 5. Dezember 2016. Darüber hinaus wurde der Fall auf den beiden ordentlichen Personalversammlungen des BfV am 7. Dezember 2016 am Standort Berlin und am 8. Dezember 2016 am Standort Köln angesprochen. c) Machte das BfV dabei weitere Angaben über die Identität und zur Person des Roque M.? Wenn ja, welche Angaben je warum? In dem Mitarbeiterbrief und der Videobotschaft des Herrn Präsidenten des BfV sowie in der Mitarbeiterinfo des Geheimschutzbeauftragten des BfV wird M. nicht namentlich genannt. Auf den beiden ordentlichen Personalversammlungen des BfV wurde der vollständige Name des M. seitens des Herrn Präsidenten des BfV genannt. Die Identität des M. war zu diesem Zeitpunkt bereits der Presse zu entnehmen. 7. a) Welche Informationen liegen der Bundesregierung darüber vor, wie, wann und durch wen Identität und Vorleben des Roque M. sowie z. T. dessen Aussagen aus Vernehmungen teils in wörtlicher Rede der Presse bekannt geworden sind? Hierzu liegen der Bundesregierung keine Informationen vor. b) Welche disziplinaren und strafrechtlichen Ermittlungen wegen des Verdachts einer Verletzung von Dienstgeheimnissen hat die Bundesregierung deswegen gegen BfV-Mitarbeiter einzuleiten veranlasst? Keine. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/10847 c) Falls bisher noch keine, warum unterließ die Bundesregierung dies? Der Bundesregierung liegen bis heute keine Anhaltspunkte dafür vor, dass Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter des BfV diesbezügliche Dienstgeheimnisse verletzt haben. 8. Seit wann war der andere BfV-Mitarbeiter, mit dem Roque M. laut Medien über Islamismus gechattet haben soll, unter verdeckter Identität in entsprechenden Internet-Foren tätig? Mit Verweis auf das laufende Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Düsseldorf gegen M. erfolgt seitens der Bundesregierung zu dieser Frage keine Stellungnahme . 9. a) Wann „Mitte November“ (lt. DER Spiegel, 3. Dezember 2016) hat das BfV Roque M. von seinen Dienstgeschäften entbunden und den Fall der Staatsanwaltschaft vorgelegt? Am 14. November 2016 wurde der Fall der Staatsanwaltschaft Düsseldorf übergeben . Am 16. November 2016 wurde M. nach seiner Festnahme und einer ersten polizeilichen Vernehmung außerordentlich gekündigt. Seit Bekanntwerden des Sachverhaltes am 9. November 2016 bis zur Festnahme befand sich M. im regulären Dienstausgleich und hat an keinem Observationseinsatz mehr teilgenommen . b) Hat die Bundesregierung das Parlamentarische Kontrollgremium des Deutschen Bundestages von diesem (zweifellos:) „Vorgang von besonderer Bedeutung“ im Sinne des § 4 Absatz 1 des Kontrollgremiumgesetzes (PKGrG) pflichtgemäß unverzüglich unterrichtet oder aber – ggf. warum – erst wegen bzw. nach den ersten Medien-Veröffentlichungen darüber am 29. November 2016? Eine mündliche Unterrichtung des Vorsitzenden des Parlamentarischen Kontrollgremiums (PKGr) über das Bekanntwerden eines Innentäters erfolgte am 14. November 2016 sowie ergänzend am 23. November 2016 durch die Amtsleitung des BfV. Im Rahmen der ersten auf die Festnahme folgenden Sitzung des PKGr am 30. November 2016 wurden alle anwesenden Mitglieder des PKGr über den Sachverhalt unterrichtet. 10. Inwiefern plant die Bundesregierung nun a) die Praxis der Personalauswahl, Sicherheitsüberprüfungen und Einstellungen beim BfV zu verändern, Die Einstellungspraxis und die Personalauswahl im BfV unterliegen strengen Qualitätsmaßstäben und einer ständigen Kontrolle zur Prozessoptimierung. Derzeit werden insbesondere die einzelnen Komponenten der Personalauswahl intensiv überprüft. Die Durchführung der Sicherheitsüberprüfungen ist im SÜG geregelt. Die in § 12 SÜG aufgeführten Maßnahmen werden durch das BfV ausgeschöpft. Das Bundeskabinett hat am 21. Dezember 2016 die Novelle des SÜG beschlossen . Darin ist zur Verbesserung der Überprüfungsqualität bei Bewerberinnen und Bewerbern sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Nachrichtendienste, der einem Nachrichtendienst vergleichbaren Behörden sowie im Geschäftsbereich Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/10847 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode des Bundesministeriums der Verteidigung (BMVg) unter anderem die Verpflichtung vorgesehen, in der Sicherheitserklärung die Adressen eigener Internetseiten und Mitgliedschaften in sozialen Netzwerken anzugeben, sowie die Befugnis, die öffentlich sichtbaren Teile hiervon einzusehen. Darüber hinaus wird das BfV auf Bitte des Bundesministeriums des Innern künftig zu eigenen Bewerberinnen und Bewerbern mit deren Einwilligung eine allgemeine Internetrecherche im Rahmen der Sicherheitsüberprüfungen durchführen. b) den Anwendungsbereich des Sicherheitsüberprüfungsgesetzes zu erweitern , insbesondere aa) über den Bereich des personellen Geheim- und Sabotageschutz hinaus , bb) auf (ggf. welche) weitere sicherheitsempfindliche Tätigkeiten, und cc) deren bisherige Definition in § 1 SÜG auf weitere Tätigkeiten zu erstrecken , etwa jegliche Tätigkeit in Sicherheitsbehörden wie Bundespolizei und Bundeskriminalamt? Die Bundesregierung plant derzeit keine entsprechende Erweiterung des Anwendungsbereiches des SÜG. Das Bundeskabinett hat am 21. Dezember 2016 die Novelle des SÜG beschlossen. Etwaige Erweiterungen dessen Anwendungsbereiches im weiteren Gesetzgebungsverfahren bleiben abzuwarten. Im Übrigen weist die Bundesregierung darauf hin, dass die Aufarbeitung des Falles M. noch nicht abgeschlossen und somit noch keine Aussage möglich ist, ob und gegebenenfalls welcher gesetzgeberischer Handlungsbedarf sich daraus ergibt. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333