Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Auswärtigen Amts vom 19. Januar 2017 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 18/10964 18. Wahlperiode 23.01.2017 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Marieluise Beck (Bremen), Annalena Baerbock, Dr. Franziska Brantner, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 18/10690 – Erkenntnisse über den Abschuss von Flug MH17 V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Am 17. Juli 2014 kamen beim Abschuss einer Passagiermaschine von Malaysia Airlines mit der Flugnummer MH17 über der Ostukraine 298 Insassen tragisch ums Leben. Unter den Opfern waren 192 niederländische Staatsangehörige und 80 Kinder. Im Januar 2015 veröffentlichte ein Team aus Reportern der niederländischen Zeitung „Algemeen Dagblad“, des Recherchezentrums „CORRECTIV – Recherchen für die Gesellschaft gemeinnützige GmbH“ und des Magazins „DER SPIEGEL“ die Ergebnisse einer Recherche über den Abschuss von Flug MH17. Das Team griff hierbei auch auf Erkenntnisse des Rechercheverbunds „Bellingcat “ zurück (DER SPIEGEL: Wahrheit in den Trümmern, 10. Januar 2015). Die Reporter konnten anhand von Einträgen und Fotos in sozialen Netzwerken, die u. a. durch Soldaten der 53. russischen Flugabwehrraketenbrigade in Kursk getätigt wurden, den Weg eines mobilen BUK-M1-Luftabwehrsystems in die Ostukraine nachvollziehen. Sie konnten einen möglichen Abschussort einer Boden -Luft-Rakete des Systems in der Nähe der ostukrainischen Stadt Snischne ausfindig machen. Die Reporter befragten Anwohner am möglichen Abschussort . Deren Aussagen stützen die These, dass vermutlich von nahe der Stadt Snischne aus eine Boden-Luft-Rakete abgeschossen wurde. Die mit der Untersuchung der Absturzursache von MH17 beauftragte niederländische Flugunfalluntersuchungsbehörde (sog. Ermittlungskomitee) stellte am 13. Oktober 2015 einen Zwischenbericht über die Absturzursache vor. Das Ermittlungskomitee konnte anhand von Fragmenten eines Raketenkopfes, die in den Körpern von Crewmitgliedern von MH17 gefunden wurden, nachweisen, dass das Flugzeug durch ein BUK-M1-System zum Absturz gebracht worden war. Dank Simulationen konnten die Ermittler den Abschussort der BUK-Rakete auf eine Fläche von 320 Quadratkilometern eingrenzen, die südöstlich des Dorfes Hrabowe nahe Snischne liegt und damals in der Hand der von Russland unterstützten Kräfte war (Süddeutsche Zeitung: Eine Rakete, so viel ist sicher, 14. Oktober 2015; Frankfurter Allgemeine: Rekonstruktion des Unfassbaren, Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/10964 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 14. Oktober 2015). Der vom Reporterteam um „CORRECTIV“ als wahrscheinlicher Abschussort ausfindig gemachte Ort befindet sich innerhalb dieses vom niederländischen Ermittlungskomitee definierten Areals. Am 28. September 2016 präsentierte das Joint Investigation Team (JIT) die ersten Ergebnisse einer strafrechtlichen Untersuchung des Abschusses von Flug MH17. In dem Team arbeiten bis zu 200 Ermittler und Experten aus Australien, Belgien, Malaysia, den Niederlanden und der Ukraine zusammen. Es stellte fest, dass das malaysische Flugzeug von einer Boden-Luft-Rakete abgeschossen worden sei. „Ohne jeden Zweifel“ könnten sowohl der Waffentyp als auch der Abschussort der Rakete ermittelt werden. Es gebe handfeste Belege, dass das Raketensystem BUK M1 (9M) 38 Stunden vor dem Abschuss aus Russland über die Grenze in das Gebiet in der Ostukraine gebracht worden sei, das nicht unter der Kontrolle der ukrainischen Regierung stand. Tags darauf sei es mit einer Rakete weniger wieder nach Russland zurückgekehrt. Es seien rund 100 Personen identifiziert worden, die mutmaßlich eine Rolle beim Abschuss gespielt hätten. Die Frage des Vorsatzes sei bislang nicht geklärt. Zeugen hätten den von bewaffneten Insassen begleiteten Konvoi mit dem Raketensystem gesehen und gefilmt. Das System sei in der Stadt Snischne entladen und auf einem Acker nahe des Orts Perwomajsk abgestellt worden. Zeugen hätten am betreffenden Tag vor Ort das Waffensystem beobachtet und von akustischen und visuellen Eindrücken berichtet, wie sie für den Abschuss einer BUK-Rakete typisch seien (die tageszeitung: Alle Spuren führen nach Russland, 29. September 2016; Frankfurter Allgemeine: Minutiös rekonstruiert, 29. September 2016). Auch die Ergebnisse des JIT bestätigen die Recherchen von „CORRECTIV“. 1. Was ist nach Kenntnis der Bundesregierung der genaue Ermittlungsstand des niederländischen Ermittlungskomitees und des Joint Investigation Teams (JIT)? Zum Ermittlungsstand des Joint Investigation Teams (JIT) und des niederländischen Ermittlungskomitees liegen der Bundesregierung keine über die vom JIT am 28. September 2016 veröffentlichten Ergebnisse hinausgehenden Kenntnisse vor. 2. Bis zu welcher Flughöhe war von der ukrainischen Luftraumüberwachung am Tag des Abschusses von MH17 nach Kenntnis der Bundesregierung der Luftraum über dem Kampfgebiet gesperrt worden? Laut des öffentlichen finalen Berichts des Dutch Safety Boards vom 13. Oktober 2015 war der ukrainische Luftraum am 17. Juli 2014 unterhalb einer Höhe von 32 000 Fuß/9 754 Meter (Flugfläche/FL320) gesperrt. 3. In welcher Höhe flog MH17 nach Kenntnis der Bundesregierung über das Kampfgebiet? Laut dem Bericht des Dutch Safety Boards flog MH17 zum Zeitpunkt des Abschusses auf der Höhe der Flugfläche 330 (33 000 Fuß/10 058 Meter). Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/10964 4. Lagen nach Kenntnis der Bundesregierung ukrainischen Behörden am Unglückstag oder vorher Informationen vor, nach denen von der Anwesenheit eines Boden-Luft-Raketensystems im Donbass hätte ausgegangen werden und eine Sperrung des Luftraums auch in größeren Höhen hätte veranlasst werden müssen? Im oben genannten Bericht wird auf mehrere Abschüsse (beziehungsweise Abschussversuche ) ukrainischer Militärflugzeuge und -hubschrauber seit April 2014 verwiesen. Die im Bericht genannten Flughöhen lagen jedoch innerhalb des gesperrten Flugraums. Der gesperrte Flugraum war erst am 14. Juli 2014 von FL 260 auf FL 320 angehoben worden. Laut den in dem Bericht zitierten Stellungnahmen der ukrainischen Militärbehörden hätten zu diesem Zeitpunkt keine Hinweise auf Gefährdungen der zivilen Luftfahrt vorgelegen. Dies wird mit der Reichweite der in den Separatistengebieten vermuteten Raketensysteme sowie der grundsätzlichen Annahme, dass zivile Flugzeuge nicht Ziel von Angriffen der Separatisten seien, begründet. Die Bundesregierung verfügt über den Bericht des Dutch Safety Boards hinaus über keine eigenen Erkenntnisse. 5. Wie viele und was für Flugzeuge sind vor dem Abschuss von MH17 seit Anfang 2014 über der Ukraine nach Kenntnis der Bundesregierung durch wen abgeschossen worden, und welche Waffen kamen hierbei mutmaßlich zum Einsatz? 2. Mai 2014: Zwei Mi-24 abgeschossen durch Separatisten mit unbekannter Waffe 29. Mai 2014: Eine Mi-8 abgeschossen durch Separatisten mit unbekannter Waffe Juni 2014: Eine AN-30 abgeschossen durch Separatisten mit unbekannter Waffe 14. Juni 2014: Eine IL-76 abgeschossen durch Separatisten mit unbekannter Waffe 24. Juni 2014: Eine Mi-8 abgeschossen durch Separatisten mit unbekannter Waffe 12. Juli 2014: Eine Mi-24 abgeschossen durch Separatisten mit unbekannter Waffe 14. Juli 2014: Eine AN-26 abgeschossen durch Separatisten mit unbekannter Waffe 16. Juli 2014: Eine Su-25 abgeschossen durch Separatisten mit unbekannter Waffe. Bei den aufgeführten Zwischenfällen handelt es sich um bestätigte Abschüsse, die die Flugzeuge völlig zerstörten. Darüber hinaus liegen zu diesem Sachverhalt keine Informationen vor. 6. Ist einer der Flugzeugabschüsse im genannten Zeitraum und Gebiet vor dem Abschuss von MH17 nach Kenntnis der Bundesregierung nicht von den sogenannten Separatisten bzw. russischer Seite für sich reklamiert worden? Der Bundesregierung liegen keine Erkenntnisse vor, dass Flugzeugabschüsse zwischen April und Juli 2014 im ukrainischen Konfliktgebiet von Seiten Russlands oder der von Russland unterstützten separatistischen Kräfte für sich reklamiert worden seien. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/10964 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 7. Wie viele Personen sind nach Kenntnis der Bundesregierung zur Bedienung des BUK-M1-Systems notwendig? Grundsätzlich sind zur Bedienung eines feuerbereiten Startfahrzeuges vier Personen vorgesehen (Kommandant, erster Bediener Zielzuweisung, zweiter Bediener zur Zielverfolgung und Fahrzeugführer). Mit lediglich dem ersten und zweiten Bediener ist ein eingeschränkter Einsatz möglich. 8. Kann die Bundesregierung Darstellungen bestätigen, wonach zur Bedienung des BUK-M1-Systems mindestens eine einjährige Ausbildung von Nöten ist (Neues Deutschland: Reibungshitze hätte alles entflammt, 24. Juli 2014), und wie lange dauert nach Kenntnis der Bundesregierung die Ausbildung der russischen Armee an diesem Waffensystem? Über den zeitlichen Umfang der Ausbildung am Flugabwehrlenkflugkörpersystem BUK-M1 liegen hier keine Erkenntnisse vor. 9. Ist es nach Ansicht der Bundesregierung möglich, dieses Waffensystem auch ohne spezielle Ausbildung, etwa nach einer kurzen Einweisung, zu bedienen und damit ein Flugzeug in einer Reisehöhe und -geschwindigkeit, wie sie bei MH17 vorlag, anzugreifen? An einem etwa vergleichbaren Waffensystem war nach einer grundlegenden theoretischen und praktischen Einweisung (wenige Stunden) die rudimentäre Bedienung des Systems auch ohne fundierte Ausbildung möglich. 10. Ist ein zur Bedienung des BUK-M1-Systems ausgebildetes Team mithilfe der im System vorhandenen Instrumente nach Kenntnis der Bundesregierung in der Lage, ein ziviles Flugzeug von einem militärischen Flugzeug, etwa vom Typ Antonow An-26, zu unterscheiden? Nach Kenntnis der Bundesregierung kann ein zur Bedienung des BUK-M1-System ausgebildetes Team mithilfe der im System vorhandenen Instrumente ein ziviles Flugzeug in entsprechender Flughöhe nicht von einem militärischen Flugzeug etwa vom Typ Antonow An-26 unterscheiden. 11. Welche Streitkräfte verfügen nach Kenntnis der Bundesregierung über Flugabwehrsysteme vom Typ BUK M1 in der Ausführung und Konfiguration, wie es nach Auffassung des niederländischen Ermittlungsteams sowie des JIT beim Abschuss von MH17 zum Einsatz gekommen ist? Nach hiesiger Kenntnis steht das angefragte System den Streitkräften Russlands, der Ukraine, Ägyptens, Syriens, Weißrusslands und Georgiens zur Verfügung. 12. Ist nach Kenntnis der Bundesregierung der vom ukrainischen Geheimdienst im Zusammenhang mit dem Abschuss von MH17 veröffentlichte Mitschnitt eines Telefongesprächs, der den „Separatistenkommandeur“ Igor Besler im Gespräch mit seinem „Koordinator“, Oberst Wasil Geranin, vom russischen Militärgeheimdienst GRU, wiedergeben soll und in dem er vorgeblich sagt: „Wir haben eben ein Flugzeug abgeschossen. Es war die Truppe von ‚Bergmann ‘. Es kam bei Jenkijewo runter“, authentisch (www.kyivpost.com/ article/content/ukraine/separatists-admit-downing-a-civilian-plane-in-tappedconversation -full-transcript-356545.html)? Aus den der Bundesregierung vorliegenden Daten kann eine Authentizitätsprüfung nicht zuverlässig erfolgen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/10964 13. Wann wurde nach Kenntnis der Bundesregierung der Post in dem russischen sozialen Netzwerk „vKontakte“ auf dem Profil mit Namen „Berichte von Igor Iwanowitsch Strelkow“ mit dem Wortlaut „Im Rajon Tores haben wir ein AN-26-Flugzeug abgeschossen. Es liegt irgendwo in der Nähe der ‚Progress ‘-Kohlemine. Wir haben sie gewarnt – fliegt nicht in ‚unserem Himmel ‘. Hier ist ein Videobeweis des letzten ‚Vogelabsturzes‘. Der Vogel fiel auf die Abraumhalde, Wohngebiete sind nicht betroffen. Es wurden keine Zivilisten verletzt […]“ veröffentlicht und wann wieder gelöscht, und sieht die Bundesregierung einen Zusammenhang zwischen der Löschung der Nachricht und der in diesem Zeitraum bekannt gewordenen Nachricht über den Abschuss der zivilen Passagiermaschine MH17 (www.interpretermag. com/ukraine-liveblog-day-150-ukrainian-troops-describe-grad-rocket-attackfrom -russia/#3391)? 14. Was war nach Kenntnis der Bundesregierung der Inhalt der beiden Videos, die vom vKontakte-Profil von Igor Strelkow mit der genannten Nachricht verbreitet und ebenfalls wieder gelöscht wurden? 15. War Igor Besler oder die von ihm befehligte Truppe nach Kenntnis der Bundesregierung dazu oder vergleichbar ausgebildet, ein BUK-M1-System zu bedienen? 16. Verfügt die Bundesregierung über Kenntnisse, ob Angehörige russischer Geheimdienste unter anderem auch an Boden-Luft-Raketensystemen ausgebildet werden? 17. Hat Igor Strelkow, der mit bürgerlichem Namen Igor Girkin heißt, sich den Kampfnamen „Strelkow“ (deutsch: Schütze) gab, sich selbst als russischen Agenten bezeichnete (www.bbc.com/russian/russia/2014/12/141202_strelkov_ girkin_confessions_censored) und der am 24. April 2014 vom damaligen nominellen Führer der sogenannten Volksrepublik Donezk, Dennis Puschilin, offiziell zum Anführer des gesamten Militär- und Sicherheitsbereichs ernannte wurde, nach Kenntnis der Bundesregierung als Kämpfer und Kommandeur im Donbass eigenverantwortlich oder im Auftrag Russlands gehandelt (SZ: Platzhalter des Kreml, 13. Mai 2014, Süddeutsche.de: Der Mann hinter der Schreckensherrschaft, 12. Mai 2014 www.sueddeutsche.de/politik/ 2.220/igor-strelkow-kommandeur-in-der-ostukraine-der-mann-hinter-derschreckensherrschaft -1.19586759)? 18. Hat Igor Besler, der erstmals Bekanntheit durch ein Video erlangte, das am 15. April 2014 international von Medien u. a. im ZDF heute journal gezeigt wurde und in dem er sich einer Polizeieinheit in Gorliwka als russischer Offizier vorstellt und diese auf sein Kommando verpflichtet, und das, obwohl es sich um ein authentisches Video handelte, am Folgetag vom ZDF heute journal infolge von Falschinformationen aus Russland fälschlicherweise dementiert und als Irreführung der Medien dargestellt wurde, nach Kenntnis der Bundesregierung als Kämpfer und Kommandeur im Donbass eigenverantwortlich oder im Auftrag Russlands gehandelt? 19. Wie bewertet die Bundesregierung den Status von Wladimir Antjufejew, der als Mitglied der sowjetischen Sonderpolizeieinheit OMON 1990 bis 1991 an der blutigen Niederschlagung von Unabhängigkeitsprotesten in Riga beteiligt war, 20 Jahre, von 1992 bis 2012, als KGB-Chef und Sicherheitsminister der Moskau-treuen, abtrünnigen moldauischen Provinz Transnistrien fungierte und der im Juli 2014 vom damaligen selbsternannten Chef der sogenannten Donezker Volksrepublik, Alexandr Borodaj, zum „Stellvertretenden Premierminister“ mit Verantwortlichkeit für Sicherheitsbelange ernannt wurde? Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/10964 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode a) Wie war nach Kenntnis der Bundesregierung zur Zeit des Abschusses von MH17 sein Verhältnis zu Igor Girkin (Strelkow)? War dieser an ihn weisungsgebunden? b) Handelte Wladimir Antjufejew in seiner Funktion in Donezk zum Zeitpunkt des Abschusses von MH17 nach Ansicht der Bundesregierung eigenverantwortlich oder im Auftrag einer international anerkannten Regierung , und falls letzteres, welcher Einheit, Organisation oder welchem Geheimdienst kann er zugeordnet werden? Die Fragen 13 bis 19b werden zusammengefasst beantwortet. Hierzu liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor. 20. Liegen der Bundesregierung oder nach Kenntnis der Bundesregierung NATO-Partnern Kenntnisse vor, dass Angehörige der sogenannten „Separatisten “ an Luftabwehrsystemen geschult wurden, und falls ja, zu welchem Zeitpunkt? Nach der Bundesregierung vorliegenden Erkenntnissen wurden Separatisten auf russischem Boden ausgebildet. An welchen konkreten Waffensystemen dies geschah , ist der Bundesregierung nicht bekannt. 21. Welchen Schluss zieht die Bundesregierung aus dem russischen Veto gegen die Einrichtung eines UN-Tribunals zur Untersuchung des Abschusses von Flug MH17, und in welcher Weise setzt sie sich weiterhin dafür ein, dass ein solches Tribunal eingerichtet wird (Frankfurter Allgemeine Zeitung: Kritik an russischem Veto gegen MH17-Tribunal, 31. Juli 2015)? Mit dem Veto gegen die Einrichtung eines VN-Tribunals zur Untersuchung des Abschusses von Flug MH-17 gibt Russland zu verstehen, dass es die Errichtung eines solchen VN-Sondergerichts ablehnt. Am engsten verbunden mit der Entscheidung über ein Gerichtsforum sind die JIT-Staaten, aus denen die meisten der Opfer stammten. Innerhalb dieser Staaten findet derzeit eine Abstimmung darüber statt, ob eine strafrechtliche Verfolgung der Täter vor nationalen Gerichten eines JIT-Staates oder vor einem (möglicherweise noch zu errichtenden) internationalen Gericht stattfinden soll. 22. Haben nach Kenntnis der Bundesregierung Hinterbliebene Klagen gegen Verantwortliche des Abschusses von Flug MH17 eingereicht oder planen dies, und falls ja, um wie viele Klagen handelt es sich, gegen wen richten sich diese, und was ist deren näherer Gegenstand? Der Bundesregierung sind Beschwerden beziehungsweise Klagen von vier deutschen Angehörigen von Opfern des Abschusses von MH-17 vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte bekannt (Ioppa v. Ukraine) und drei weitere Beschwerden (Nr. 73776/14, 973/15, 4407/15 und 4412/15). Die Beschwerden wurden der ukrainischen Regierung am 5. Juli 2016 kommuniziert. Die Beschwerdeführer machen geltend, dass die ukrainischen Behörden es unterlassen haben, die Leben ihrer Angehörigen zu schützen, indem der fragliche Luftraum nicht vollständig geschlossen wurde. Von weiteren anhängigen oder geplanten Klagen Hinterbliebener hat die Bundesregierung keine Kenntnis. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/10964 23. Welche geeigneten rechtlichen Mittel existieren nach Ansicht der Bundesregierung , um den oder die Verantwortlichen für den gewaltsamen Tod der 298 Insassen des abgeschossenen Flugs MH17 zur Verantwortung zu ziehen, und was unternimmt die Bundesregierung, um eine juristische Aufarbeitung zu befördern? Die Ukraine hat die Gerichtsbarkeit des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) auch für Straftaten nach dem 20. Februar 2014 anerkannt. Die Anklagebehörde des IStGH verfolgt die internationalen und nationalen Ermittlungen zum Absturz von MH-17. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 21 verwiesen. 24. Hat die Bundesregierung Kenntnis darüber, ob die Flugzeugabschüsse über der Ukraine seit Beginn des Jahres 2014 Teil einer Strategie von Seiten der sogenannten Separatisten oder der russischen Armee darstellen, die Lufthoheit der Ukraine über dem Kampfgebiet einzuschränken, und falls ja, wäre eine solche Strategie ohne offene Gefährdung des zivilen Luftverkehrs und damit Inkaufnahme ziviler Opfer möglich gewesen? Nach Einschätzung der Bundesregierung kann es Teil der russischen Strategie gewesen sein, die Lufthoheit der Ukraine über den Separatistengebieten einzuschränken , um damit zu verhindern, dass die Ukraine ihre Luftstreitkräfte entscheidend gegen die Separatisten zum Einsatz bringen kann. Der Bundesregierung liegen keine Erkenntnisse dazu vor, inwieweit eine solche Strategie ohne offene Gefährdung des zivilen Luftverkehrs möglich gewesen wäre. 25. Ist es nach Ansicht der Bundesregierung möglich, dass das BUK-M1-System von einem russischen Militärstützpunkt aus in die Ostukraine gebracht werden konnte, ohne dass die zuständigen Vorgesetzten davon erfahren bzw. dies befohlen haben? 26. Hat nach Kenntnis der Bundesregierung die Russische Föderation vor der Lieferung des BUK-M1-Systems in die Ostukraine Vorkehrungen getroffen, dass durch das System keine zivilen Flugpassagiere zu Schaden kommen, etwa dadurch, dass russische Behörden die zuständigen ukrainischen Luftfahrtbehörden über den möglichen Einsatz des BUK-M1-Systems informierten ? Die Fragen 25 und 26 werden gemeinsam beantwortet. Hierzu liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor. 27. War eine Einschränkung der ukrainischen Lufthoheit über dem Kampfgebiet nach Kenntnis der Bundesregierung Teil der Strategie der russischen Armee zur Unterstützung der sogenannten Separatisten, und übt die Ukraine seit dem Abschuss von MH17 noch effektiv die Lufthoheit über ihrem gesamten Staatsterritorium aus, und falls nein, für welchen Teil des Staatsterritoriums ist das nicht der Fall? Nach Einschätzung der Bundesregierung verfügt die Ukraine derzeit nicht über die Lufthoheit über die durch die Separatisten besetzten Gebiete der sogenannten Volksrepubliken Donetsk und Luhansk, sowie der durch Russland annektierten Krim. Zur Frage der Strategie der russischen Armee wird auf die Antwort zu Frage 24 verwiesen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/10964 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 28. Hätten nach Kenntnis der Bundesregierung die sogenannten „Separatisten“ oder die sie mit geeigneten Waffen mit oder ohne entsprechendes Personal Versorgenden oder Waffenhilfe leistende offizielle Streitkräfte wissen müssen , dass über dem Kampfgebiet möglicherweise auch ziviler Flugverkehr stattfindet, oder konnten sie nach bestem Wissen davon ausgehen, dass dies nicht der Fall sei? Da alle Informationen der Internationalen Zivilluftfahrtorganisation (ICAO) über Einschränkung von zivilem Flugverkehr allen beteiligten Nationen zugehen, kann davon ausgegangen werden, dass sowohl der Russischen Föderation wie auch der Ukraine bekannt war, dass der betroffene Luftraum auch durch zivile Luftfahrzeuge genutzt wurde. 29. Verfügt die Bundesregierung über Anhaltspunkte für eine mögliche Desinformationskampagne aus Russland, die direkt nach dem Abschuss von MH17 begonnen wurde und in derem Zuge unterschiedlichste irreführende Thesen über die Absturzursache in die Welt gesetzt wurden mit dem offensichtlichen Ziel, die naheliegenden Thesen zur Absturzursache zu verschleiern und durch Hinzufügen falscher Tatsachenbehauptungen den Eindruck der Ungewissheit über die Faktenlage zu erhöhen und auch die bewiesenen oder evidenten Fakten und Schlussfolgerungen als einen Teil von nur spekulativen Annahmen zu diskreditieren? a) Wie bewertet die Bundesregierung in diesem Zusammenhang die Plausibilität der von russischen Generälen, u. a. Generalleutnant Andrej Kartopolow, aufgestellten These, MH17 sei von einem ukrainischen Kampfflugzeug vom Typ Su-25 abgeschossen worden (Neues Deutschland : Ukrainischer Kampfjet statt Pferdebremse?, 24. Juli 2014; Neues Deutschland: Viele Umwege auf der Suche nach den Mördern, 23. Juli 2014, vgl. Bundestagsdrucksache 18/4299, Antwort zu Frage 17)? Hierzu wird auf die am 28. September 2016 veröffentlichten Ergebnisse des JIT verwiesen. Über weitergehende Erkenntnisse verfügt die Bundesregierung nicht. b) Welche Kenntnis hat die Bundesregierung über den Stand der Ermittlungen russischer Behörden, die die These eines Abschusses von MH17 durch ein ukrainisches Kampfflugzeug vom Typ Su-25 weiter verfolgen und hierfür einen ehemaligen ukrainischen Luftwaffentechniker als Zeugen benannten, der am Unglückstag auf seinem Stützpunkt den Start eines bewaffneten Kampfflugzeugs vom Typ Su-25 und deren spätere Rückkehr ohne Munition beobachtet haben will, wie das staatliche russische Nachrichtenportal „Sputnik“ in seiner deutschsprachig Ausgabe berichtete (Sputnik Deutschland: MH17-Abschuss: Russland nennt den Namen seines Hauptzeugen, 3. Juni 2015, https://de.sputniknews.com/panorama/ 20150603/302605663.html)? c) Wie bewertet die Bundesregierung die Authentizität des Satellitenfotos, das am 14. November 2014 im staatlichen russischen Fernsehsender „Erster Kanal“ als vermeintlicher Beweis für einen Abschuss von MH17 durch eine ukrainische MiG-29 präsentiert wurde und das ein ukrainisches Kampfflugzeug beim Abschuss von MH17 zeigen soll (Telepolis: Ulrich Heyden: Gibt es jetzt ein Foto vom Abschuss der MH-17?, 15. November 2014), das jedoch russische Blogger wenige Stunden später aufgrund von Bildanalysen als Fälschung bezeichneten (welt.de: Russische Blogger enttarnen MH17-Bild als Fälschung, www.welt.de/politik/ausland/ article134373039/Russische-Blogger-enttarnen-MH17-Bild-als-Faelschung. html)? Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 9 – Drucksache 18/10964 d) Kann die Bundesregierung die Behauptung bestätigen, russische Aufklärungsdaten würden für den Absturztag von MH17 belegen, dass das 156. ukrainische Flugabwehr-Raketenregiment in dem Raum um den Absturzort entfaltet gewesen sei, dass zwei ukrainische Kampflugzeuge vom Typ Su-25 als Übungspartner angeflogen seien und deshalb die ukrainische Armee für den Abschuss von MH17 verantwortlich sein könne, wie u. a. das staatliche russische Nachrichtenportal „Sputnik“ in seiner deutschsprachigen Ausgabe behauptete (Neues Deutschland: Ein Monat voller Spekulationen, 18. August 2014, Sputnik Deutschland: Fehler bei Fla-Übung in Ukraine als Ursache des Boeing-Unglücks?, 25. Juli 2014, https://de.sputniknews.com/politik/20140725/269105594/ Fehler-bei-Fla-bung-in-Ukraine-als-Ursache-des-Boeing-Unglcks.html)? e) Wie bewertet die Bundesregierung die Plausibilität der durch den Mitarbeiter des russischen „Bundes-Informationszentrums für Analysen und Sicherheit“, Sergej Sokolow, vorgebrachten Behauptung, der Absturz von MH17 sei durch zwei an Bord der Maschine durch den CIA mithilfe ukrainischer und niederländischer Geheimdienste platzierte Bomben verursacht worden mit dem Ziel, die Sanktionen gegen Russland verschärfen und die NATO-Präsenz in Europa und spezifisch in der Ukraine erhöhen zu können (Stern.de, BBC-Doku: Ukrainischer Jet könnte MH17 abgeschossen haben, www.stern.de/politik/ausland/mh17--bbc-doku-untersucht -mehrere-theorien-6812778.html)? f) Wie bewertet die Bundesregierung die Plausibilität der Darstellungen des BUK-Raketen-Herstellers Almas-Antei, die der russische Rüstungskonzern kurz vor Bekanntgabe der Ergebnisse des niederländischen Ermittlungskomitees am selben Tag auf einer Pressekonferenz in Moskau präsentierte und die dem niederländischen Ermittlungskomitee widersprechen , demzufolge eine Boden-Luft-Rakete von ukrainisch kontrolliertem Gebiet abgeschossen worden sein soll und die verwendete Rakete zu einer Generation gehöre, die 2011 von russischen Streitkräften ausgemustert worden sei, sich aber noch im Arsenal der ukrainischen Armee befinde (Süddeutsche Zeitung: Eine ganz eigene Rekonstruktion, 14. Oktober 2015), und sieht die Bundesregierung einen Zusammenhang zwischen dem Zeitpunkt der Bekanntgabe des russischen Rüstungsherstellers und der Veröffentlichung des niederländischen Ermittlungskomitees? g) Wie bewertete die Bundesregierung die Plausibilität der Darstellungen des russischen Verteidigungsministeriums, das zwei Tage vor Bekanntgabe der Ermittlungsergebnisses des Joint Investigation Teams zwei Radaraufzeichnungen vorlegte, aus denen hervorgehen soll, dass die Rakete nicht vom Gebiet der sogenannten Separatisten abgeschossen worden sei, die außerdem laut Generalmajor Andrei Koban, dem Chef der Radarüberwachung bei den russischen Luftstreitkräften, die Verantwortung der Ukraine für den Abschuss von MH17 belegten und über die die staatliche russische Nachrichtenagentur „RT“ in einer Eilmeldung in ihrem deutschsprachigen Dienst berichtete (https://deutsch.rt.com/international/41180- live-mh-17-briefing-zu/), und sieht die Bundesregierung einen Zusammenhang zwischen dem Zeitpunkt der Bekanntgabe des russischen Verteidigungsministeriums und Berichterstattung staatlicher russischer Medien und der Präsentation des Joint Investigation Teams? Die Fragen 29b bis 29g werden zusammengefasst beantwortet. Hierzu liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor, die eine Bestätigung oder Bewertung im Sinne der Fragestellung zulassen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/10964 – 10 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 30. Sind nach Kenntnis der Bundesregierung die genannten Recherchen von „CORRECTIV“ über das aus Kursk stammende und möglicherweise für den Abschuss genutzte BUK-M1-System in russischen staatlichen oder staatsnahen Medien als seriös bewertet und als glaubhaft aufgegriffen worden, und falls ja, in welchen? Nach Kenntnis der Bundesregierung wurden die genannten Recherchen von „Correctiv“ über das aus Kursk stammende und möglicherweise für den Abschuss genutzte BUK-M1-System in russischen staatlichen oder staatsnahen Medien weder als seriös bewertet noch als glaubhaft aufgegriffen. 31. Sind nach Kenntnis der Bundesregierung die Ergebnisse des niederländischen Ermittlungskomitees zur Absturzursache von MH17 von russischen staatlichen oder staatsnahen Medien als seriös bewertet und als glaubhaft aufgegriffen worden, und falls ja, in welchen? Die Ergebnisse des niederländischen Ermittlungskomitees zur Absturzursache von MH17 aus dem Oktober 2015 fanden breites Echo in den russischen staatlichen und staatsnahen Medien. Sie wurden hier aber allgemein als politisch motiviert und nicht objektiv bewertet. 32. Sind nach Kenntnis der Bundesregierung die vom Leiter der russischen Luftfahrtagentur , Oleg Stortschewoi, geäußerten Vorwürfe gegen den Bericht des niederländischen Ermittlungskomitees zur Absturzursache von MH17, dem laut Stortschewoi die russische Luftfahrtagentur kategorisch widerspreche , weil der niederländische Bericht grundsätzlich falsch sei, der Logik widerspreche , unverhältnismäßig sei und von niederländischer Seite Beweise unterschlagen worden seien (TASS, Russia strongly disagrees with Dutch probe into MH17 crash – aviation agency, 14. Oktober 2015, http://tass.ru/ en/politics/828844, Neue Zürcher Zeitung: Russland fordert neue Untersuchung des MH17-Unglücks, 15. Oktober 2015), gerechtfertigt und durch Fakten belegt, und welche weiteren Reaktionen russischer staatlicher Stellen auf die Ergebnisse des niederländischen Ermittlungskomitees sind der Bundesregierung bekannt? Zu den von Oleg Stortschewoi geäußerten Vorwürfen liegen der Bundesregierung keine weiteren Erkenntnisse vor. Zur Frage weiterer Reaktionen russischer staatlicher Stellen wird auf die Antwort zu Frage 33 verwiesen. 33. Wie sind die Ermittlungsergebnisse des Joint Investigation Teams vom 28. September 2016 nach Kenntnis der Bundesregierung von staatlichen russischen Stellen bewertet worden? Staatliche russische Stellen haben die Ermittlungsergebnisse des JIT zurückgewiesen . Das russische Außenministerium bezeichnete den Zwischenbericht des JIT als „voreingenommen und politisiert“. Die Sprecherin des russischen Außenministeriums , Maria Sacharowa, beklagte, dass Russland von den Ermittlungen ausgeschlossen gewesen sei. Dmitri Peskow, Pressesprecher des russischen Präsidenten , wies die Darstellung der Ermittler zurück. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 11 – Drucksache 18/10964 34. Wie sind die Ermittlungsergebnisse des Joint Investigation Teams vom 28. September 2016 nach Kenntnis der Bundesregierung in staatlichen oder staatsnahen Medien aufgegriffen worden? Die Ermittlungsergebnisse des JIT vom 28. September 2016 wurden in den russischen staatlichen Medien breit aufgegriffen. Die Ermittlungen seien, so der Tenor , nicht objektiv, voreingenommen und politisch motiviert. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333