Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums des Innern vom 26. Januar 2017 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 18/11027 18. Wahlperiode 27.01.2017 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Irene Mihalic, Konstantin von Notz, Britta Haßelmann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 18/10812 – Der Anschlag auf einen Berliner Weihnachtsmarkt am 19. Dezember 2016 und der Fall Anis Amri – Verantwortung und etwaige Fehler der Sicherheitsbehörden V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Am 19. Dezember 2016 starben elf Besucher des Weihnachtsmarktes auf dem Berliner Breitscheidplatz durch einen terroristischen Anschlag. Ein Lastwagen war durch die Menge gerast und riss viele Menschen mit sich. Mehr als 50 Menschen wurden teils schwer verletzt. Ermordet wurde auch der polnische Lastwagenfahrer , der leblos im Führerhaus aufgefunden wurde und dessen Körper laut Medienberichten einen Kopfschuss aufwies. Haupttatverdächtiger ist der 24-jährige Tunesier Anis Amri, der zunächst fliehen konnte, jedoch in der Nacht auf den 23. Dezember 2016 von der italienischen Polizei bei einer Routinekontrolle erschossen wurde, nachdem er selbst auf die Polizisten geschossen hatte. In den Medien wurde seitdem vielschichtig über den Fall berichtet. Unter anderem darüber, dass sich Anis Amri schon seit vielen Monaten auf dem Radar der Sicherheitsbehörden befunden hätte und er mehrfach Thema im Gemeinsamen Terrorismusabwehrzentrum (GTAZ) gewesen sei. Trotzdem konnte er den furchtbaren Anschlag am 19. Dezember 2016 begehen. Die Bundesregierung bleibt auch mehrere Wochen nach dem Anschlag trotz wiederholter Zusicherungen eine vollständige Aufklärung und Information des Parlaments und der Öffentlichkeit schuldig. Eine solche ist jedoch unabdingbar, denn es folgen aus dem Anschlag erneut wichtige Fragen zur Sicherheitsarchitektur in Deutschland und zur Verantwortung insbesondere auch von Bundesbehörden für mögliche Fehler bei der Behandlung des Falles Anis Amri und bezüglich der im Vorfeld der Tat zu Tage getretenen sicherheitspolitischen Defizite . Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/11027 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode V o r b e me r k u n g d e r B u n d e s r e g i e r u n g Vertreter der Bundesregierung haben den Anschlag mehrfach und unisono als unmenschlichen Akt verurteilt und Opfern und Hinterbliebenen ihr Mitgefühl ausgedrückt . Auf Bitten der Bundeskanzlerin haben der Bundesminister des Innern und der Bundesminister der Justiz und für Verbraucherschutz das Behördenhandeln in kürzester Zeit auf Basis der bislang vorliegenden Erkenntnisse möglichst umfassend aufbereitet. Dies betraf das Handeln der Sicherheitsbehörden gleichermaßen wie auch das Handeln der Ausländerbehörden. Die sich daraus ergebende Chronologie wurde, zur Herstellung größtmöglicher Transparenz, an die Mitglieder des Innen-, des Rechtsausschusses und des Parlamentarischen Kontrollgremiums des Deutschen Bundestages sowie der Öffentlichkeit über das Internet zur Verfügung gestellt. Zuvor wurden die Obleute der Fraktionen und die Abgeordneten der zuständigen Fachausschüsse unterrichtet. Am 18. Januar 2017 wurden die Ergebnisse durch den Bundesminister des Innern und dem Bundesminister der Justiz und für Verbraucherschutz im Innen- und Rechtsausschuss vorgestellt. Einer weiteren Behandlung in den Ausschüssen des Deutschen Bundestages hat sich die Bundesregierung zu keinem Zeitpunkt verschlossen, diese im Gegenteil ausdrücklich angeboten. Die Aufklärung konnte nur in Zusammenarbeit mit den zuständigen Landesbehörden gelingen, da die Zuständigkeiten für diesen Gefährdungssachverhalt wie auch für die ausländerrechtlichen Fragestellungen zu jedem Zeitpunkt bei den Ländern lagen. Die Beantwortung der Fragen 1j und 6e kann aus Gründen des Staatswohls nicht offen erfolgen. Arbeitsmethoden und Vorgehensweisen der Nachrichtendienste des Bundes sind im Hinblick auf die künftige Erfüllung des gesetzlichen Auftrags aus § 1 Absatz 2 des Gesetzes über den Bundesnachrichtendienst (BNDG) besonders schutzwürdig. Eine Veröffentlichung von Einzelheiten solcher Erkenntnisse würde zu einer erheblichen Schwächung der dem Bundesnachrichtendienst (BND) zur Verfügung stehenden Möglichkeiten zur Informationsgewinnung führen . Dies würde für die Auftragserfüllung des BND erhebliche Nachteile zur Folge haben. Sie kann für die Interessen der Bundesrepublik Deutschland schädlich sein. Diese Informationen werden daher gemäß § 3 Nummer 4 VSA als „Verschlusssache – Vertraulich“ eingestuft und bei der Geheimschutzstelle des Deutschen Bundestages zur Einsichtnahme hinterlegt.* 1. Zu den Erkenntnissen zur Person Anis Amri: a) In welchem Bundesland wurde nach Erkenntnissen der Bundesregierung wann und durch welche Behörde erstmals die Einstufung Anis Amris als sogenannter Gefährder vorgenommen? Wurde nach Erkenntnissen der Bundesregierung in der Folgezeit diese Einstufung wann von welcher Behörde aufgehoben, wann wieder aufgenommen , und bis wann blieb sie bestehen? Die Einstufung von AMRI als „Gefährder“ erfolgte erstmalig in Nordrhein-Westfalen (NW) durch das Landeskriminalamt (LKA) NW am 17. Februar 2016. * Das Bundesministerium des Innern hat Teile der Antwort als „VS – Vertraulich“ eingestuft. Die Antwort ist in der Geheimschutzstelle des Deutschen Bundestages hinterlegt und kann dort nach Maßgabe der Geheimschutzordnung eingesehen werden. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/11027 Im weiteren Verlauf erfolgte die Ein- bzw. Ausstufung wie folgt: 10. März 2016 Wechsel des Lebensmittelpunktes von AMRI nach Berlin (BE) mit mehreren Aufenthaltsorten, ohne dass es zu einer melderechtlichen Anmeldung des AMRI in Berlin kam. Ausstufung von AMRI als Gefährder in NW durch das LKA NW und Übergabe der Zuständigkeit zur Gefährderbearbeitung am 11. März 2016 an BE. Durch das LKA BE erfolgte eine Einstufung des Anis AMRI als Gefährder in BE aufgrund der Erkenntnisse aus NW. 6. Mai 2016 Das LKA BE stufte AMRI als Gefährder in BE wegen einer Wohnsitzanmeldung in NW aus. 10. Mai 2016 Das LKA NW stufte AMRI aufgrund einer erneuten Anmeldung in NW am 10. Mai 2016 wieder als Gefährder ein. Die Einstufung als Gefährder blieb in NW bis zum Tod von AMRI bestehen. b) In welche Gefährderkategorie wurde Anis Amri eingeordnet? Wurde diese Einordnung in Laufe der Führung Anis Amris als Gefährder geändert, und wenn ja, wie? Die Kategorie „Gefährder“ weist keine weitere Untergliederung auf. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 1a verwiesen. c) Welche anderen Sicherheitsbehörden einschließlich des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) wurden wann davon jeweils unterrichtet ? Über die jeweiligen Ein- und Ausstufungen von AMRI als Gefährder wurde durch die zuständigen Behörden – das LKA NW und LKA BE – jeweils in der „AG Tägliche Lagebesprechung“ im GTAZ, in der sämtliche GTAZ-Teilnehmer vertreten sind, berichtet. Es wurden mithin alle maßgeblichen Behörden einschließlich des BAMF unterrichtet. d) Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung zu Kontakten Anis Amris zum sogenannten Islamischen Staat? Der Bundesregierung liegen folgende Erkenntnisse vor: 19. November 2015 Im Rahmen eines durch das LKA NW geführten Ermittlungsverfahrens der Bundesanwaltschaft (Ermittlungskommission Ventum – EK Ventum) wurde gegenüber einer in diesem Verfahren eingesetzten Vertrauensperson (VP) bekannt, dass ein zu diesem Zeitpunkt noch nicht identifizierter „Anis“ geäußert haben soll, dass er „hier“ (gemeint war offenbar „Deutschland“) etwas „machen“ wolle. Die EK Ventum führt ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Unterstützung der terroristischen Vereinigung im Ausland „Islamischer Staat im Irak und Großsyrien“ (IS/ISIG) und des Verdachts der Werbung um Mitglieder oder Unterstützer für den sog. Islamischen Staat (IS) gemäß §§ 129b, 129a des Strafgesetzbuches (StGB). Dieses Verfahren richtete sich jedoch nicht gegen AMRI. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/11027 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 5. Februar 2016 Ein Ergebnis der Sitzung der AG "Operativer Informationsaustausch" im Gemeinsamen Terrorismusabwehrzentrum (GTAZ) war unter anderem, dass das Erfordernis einer INPOL-Fahndungsausschreibung zur Person AMRI erkannt und mit folgendem Fahndungstext festgelegt wurde: „Person ist dem islamistischen Spektrum zuzuordnen, mutmaßlich Bezug zum IS, intensive Kontrolle der Person, mitgeführter Gegenstände und Begleiter, Feststellung der Reiseroute.“ 14. Oktober 2016 Das Bundeskriminalamt (BKA) steuerte an diesem Tag zusammengefasste Erkenntnismitteilungen und Erkenntnisanfragen Marokkos zu AMRI an das LKA NW, von dort wurde das LKA BE beteiligt: Marokko teilt u. a. mit: AMRI sei Anhänger des sog. IS und hoffe, sich dem sog. IS in Syrien/Irak oder Libyen anschließen zu können; er führe ein Projekt aus (keine weiteren Informationen), will über die Details aber nicht sprechen. Er bezeichne sein Gastland (Deutschland) als Land des Unglaubens, das Erpressungen gegen die Brüder führt. 26. Oktober 2016 Das BKA steuerte eine ergänzende Mitteilung Marokkos zu AMRI an das LKA NW, von dort wurde das LKA BE beteiligt: AMRI soll auch eine Rufnummer nutzen und sich illegal in Berlin aufhalten. Er soll in Deutschland in Kontakt mit weiteren IS-Sympathisanten stehen, darunter ein russischer Staatsangehöriger (der von den deutschen Behörden nach Russland zurückgeschoben worden sein soll) und ein marokkanischer Staatsangehöriger (soll verheiratet sein, sein Pass soll sichergestellt worden sein und er soll das Land nicht verlassen dürfen). AMRI soll in Berlin mit einem weiteren marokkanischen Staatsangehörigen zusammen wohnen. Dessen Eltern sollen IS-Anhänger sein und väterliche Cousins sollen IS-Mitglieder in Syrien/Irak und Libyen sein. Zu seinen Kontaktpersonen wurden ebenfalls Lichtbilder übersandt. e) Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung zu Kontakten Anis Amris zu extremistischen Kreisen in Deutschland? Ein „Anis“ galt als Kontaktperson im Rahmen der beim LKA NW in anderer Sache geführten EK Ventum. Im Rahmen der Befassung mit AMRI wurde deutlich, dass dieser sich in islamistischen Kreisen bewegte und für radikale Ansichten und Ansinnen empfänglich gewesen sein dürfte. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 1d verwiesen. f) Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung zu Meldungen, Anis Amri sei für das sogenannte Abu-Walaa-Netzwerk als Nachrichtenüberbringer tätig gewesen und habe in deren Räumlichkeiten in Dortmund sogar eine Zeit lang gewohnt (SZ, WDR, NDR 28. Dezember 2016)? Bezüge zu dem Personenkreis um Abu-Walaa waren den Bundessicherheitsbehörden bekannt, sie waren auch mitausschlaggebend für seine Einstufung als Gefährder . Details können mit Rücksicht auf das gegen die Beteiligten laufende Ermittlungsverfahren nicht mitgeteilt werden. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/11027 g) Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über Meldungen, dass Anis Amri bereits 2015 mehrfach gegenüber einer Vertrauensperson des Landeskriminalamtes Nordrhein-Westfalen davon gesprochen haben soll, dass er Anschläge begehen wolle (SZ, WDR, NDR 28. Dezember 2016)? Die Äußerungen des AMRI gegenüber der Vertrauensperson waren dem BKA bekannt und wurden in eingestufter Form (VS-Vertraulich) durch das LKA NW berichtet. Sie waren Gegenstand einer Besprechung mit dem Generalbundesanwalt (GBA) und flossen überdies fortwährend in die Gefährdungsbewertung des von der VP mitgeteilten Gefährdungssachverhaltes ein. h) Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über Meldungen, dass sich Anis Amri einer Vielzahl von Identitäten bediente, sich „über das normale Maß hinaus“ konspirativ verhielt und regelmäßig den Schlafplatz wechselte (SZ, WDR, NDR 28. Dezember 2016)? Im Rahmen der polizeilichen Befassung mit AMRI wurde deutlich, dass dieser sich in islamistischen Kreisen bewegte und für radikale Ansichten und Ansinnen empfänglich gewesen sein dürfte. Es bestanden jedoch auch Erkenntnisse über allgemeinkriminelle Handlungen des AMRI. i) Wann wurde Anis Amri durch welche Behörden in Deutschland wie observiert (bitte nach Zeitraum, Behörde und Art der Überwachungsmaßnahme aufschlüsseln)? Was war der Anlass für die Observation, und wurden noch weitere Überwachungsmaßnahmen durchgeführt, wie z. B. eine Telekommunikationsüberwachung ? Wann wurde Anis Amri letztmalig in Deutschland observiert? Der Bundesregierung liegen keine Detailerkenntnisse im Sinne der Anfrage vor, da diese in die Zuständigkeit der Länder fallen. Der Bundesregierung ist bekannt, dass AMRI im Rahmen der polizeilichen Maßnahmen durch das LKA BE im Zeitraum 4. April bis 21. September 2016 anlassbezogen observiert wurde. Gleichzeitig fand eine Telekommunikationsüberwachung statt. Darüber hinaus wurde u. a. ein Einsatz mittels „IMSI-Catchers“ durchgeführt, um bis dato unbekannte Kommunikationsmittel zu erkennen. j) Wurde Anis Amri nach der Beendigung der im Rahmen von Ermittlungen der Generalstaatsanwaltschaft (GStA) Berlin erfolgten Überwachungsmaßnahmen im September 2016 (Pressemitteilung GStA Berlin 23. Dezember 2016) nach Erkenntnissen der Bundesregierung in der Folgezeit weiter durch welche Behörde überwacht oder beobachtet? Wurde er nach Ende der strafverfahrensrechtlichen Überwachung weiterhin als Gefährder eingestuft bzw. geführt, und bestand nach Erkenntnissen der Bundesregierung nach September 2016 Anlass für eine Überwachung im Rahmen präventiv-polizeirechtlicher Gefahrenabwehr, und wenn nein, warum nicht? Zu weiteren polizeilichen Überwachungsmaßnahmen des AMRI nach Beendigung der genannten Maßnahmen liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor. AMRI war bis zu seinem Tod als Gefährder eingestuft. Die Beurteilung, ob Anlass zu weiterer Überwachung bestanden hätte, lag in der Zuständigkeit des jeweiligen Landes. Hinsichtlich Maßnahmen des Bundesamts für Verfassungs- Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/11027 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode schutz (BfV) wird auf die Antwort zu Frage 5 verwiesen. Hinsichtlich Maßnahmen des BND wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen, diese Antwort ergeht eingestuft.* k) Wo war Anis Amri wann und aus welchem Grund in Deutschland in Haft? Der Bundesregierung liegen hierzu folgende Erkenntnisse vor: Aufgrund eines Fahndungshinweises des LKA NW zu einer möglichen Ausreise des AMRI von Berlin über München nach Zürich stellten Beamte des Bundespolizeireviers Friedrichshafen AMRI am 30. Juli 2016 in einem „Flixbus“ fest. AMRI führte kein gültiges Reisedokument, jedoch zwei verfälschte ITA-ID-Karten mit sich. Die Feststellung führte zu einer Gewahrsamnahme und der Untersagung der Ausreise. Der Sachverhalt wurde an die zuständige Landespolizeibehörde abgegeben. Über die Staatsanwaltschaft (StA) Ravensburg wurde eine richterliche Anordnung zur Freiheitsentziehung eingeholt (Haftantrag zur Vorbereitung der Abschiebung ). Der Beschluss war bis zum Folgetag (1. August 2016, 18 Uhr) befristet . Eine Abschiebung war aufgrund der Beschaffung notwendiger Unterlagen nicht möglich. Nach Kenntnis der Bundesregierung soll eine Abschiebung durch die zuständige Ausländerbehörde Kleve aufgrund der Beschaffung notwendiger Unterlagen (u. a. Reisedokumente) nicht möglich gewesen sein. AMRI wurde am 1. August 2016 aus der Haft entlassen mit der Maßgabe, sich in Kleve anzumelden. l) Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über Pressemeldungen (z. B. SPIEGEL ONLINE 24. Dezember 2016), dass Anis Amri am 30. Juli 2016 in einem Fernbus auf dem Weg ins Ausland von einer Kontrolle aufgegriffen wurde, dabei festgestellt wurde, dass er ausreisepflichtig war, darauf kurzeitig in Haft kam (bitte Haftgrund angeben, soweit bekannt) und sodann auf wessen Veranlassung warum entlassen wurde, obwohl Anis Amri als Gefährder observiert wurde und ein Verfahren gegen ihn bei der Generalstaatsanwaltschaft Berlin anhängig war? Auf die Antwort zu Frage 1k wird verwiesen. m) Welche Sicherheitsbehörde hat nach Erkenntnissen der Bundesregierung laut Pressemeldungen im August 2016 die Ausländerbehörde veranlasst, eine Duldungsbescheinigung für Anis Amri auszustellen, um die Überwachung nicht zu stören und Anis Amri in Sicherheit zu wiegen (Bild 30. Dezember 2017, SPIEGEL ONLINE 30. Dezember 2016)? Nach Kenntnis der Bundesregierung ist die Duldungsbescheinigung nicht auf Betreiben einer Sicherheitsbehörde erfolgt. Es handelte sich um einen ausländerrechtlichen Vorgang. Eine Duldung wird einem ausreisepflichtigen Ausländer erteilt , wenn der Abschiebung tatsächliche oder rechtliche Hindernisse entgegenstehen . Dies war zum Zeitpunkt der Ausstellung der Duldung nach jetzigem Kenntnisstand wegen fehlender Reisedokumente der Fall gewesen. * Das Bundesministerium des Innern hat Teile der Antwort als „VS – Vertraulich“ eingestuft. Die Antwort ist in der Geheimschutzstelle des Deutschen Bundestages hinterlegt und kann dort nach Maßgabe der Geheimschutzordnung eingesehen werden. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/11027 n) Wann haben welche deutschen Sicherheitsbehörden wie Kenntnis davon erhalten, dass Anis Amri bereits in Tunesien zu einer Freiheitsstrafe verurteilt worden war u. a. wegen Diebstahls eines LKW? Den Bundessicherheitsbehörden lagen bis zum Tattag keine Erkenntnisse darüber vor, dass AMRI bereits in Tunesien zu einer Freiheitsstrafe verurteilt wurde. o) Wann haben welche deutschen Sicherheitsbehörden wie erfahren, dass Anis Amri in Italien zu einer vierjährigen Freiheitsstrafe wegen Gewaltdelikten wie Brandstiftung, Körperverletzung u. a. verurteilt worden war, die Strafe verbüßt hat und während des Verbüßens und dann erneut nach Haftentlassung wegen Körperverletzung in Erscheinung getreten war und nach Tunesien abgeschoben werden sollte, was aber an der Aufnahmebereitschaft des Landes scheiterte? Die italienischen Behörden berichteten im April und Mai 2016 zu AMRI, dass dieser im Januar 2013 zu einer vierjährigen Haftstrafe wegen Sachbeschädigung mit Brand, Körperverletzung, Gewaltanwendung und Diebstahl verurteilt wurde, in der Haft als gewalttätig (u. a. gegen christliche Mithäftlinge und Vollzugsbeschäftigte ) aufgefallen ist, im Mai 2015 aus der Haft entlassen wurde, im Juni 2015 als Beschuldigter wegen einer vorsätzlichen Körperverletzung aufgetreten sei. p) Wie viele Fälle von Nutzung eines Aliasnamens/von Identitäten (bisher bekannt 14, SPIEGEL ONLINE 5. Januar 2017) und wie viele Verdachtsfälle von Sozialbetrug durch Anis Amri waren welchen deutschen Sicherheitsbehörden wann bekannt, und welche strafrechtlichen Verfolgungsmaßnahmen wurden daraufhin wann von deutschen Behörden mit welchem Ergebnis veranlasst? Der Person AMRI können in den polizeilichen und ausländerrechtlichen Datenbanken verschiedene Personalien zugeordnet werden. In den polizeilichen Informationssystemen wurde AMRI unter acht Aliaspersonalien erfasst. Dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) wurden im Rahmen einer Sicherheitsabfrage , die im Rahmen der asylverfahrensrechtlichen Behandlung automatisch gestellt werden, am 29. April 2016 (Tag nach der Asylantragstellung) Aliaspersonalien übermittelt. Der Datenbestand des BAMF weist ebenfalls acht Aliaspersonalien , insgesamt neun Personalien, aus. Der Datenbestand ist allerdings nicht deckungsgleich. Die Unterschiede sind unter anderem durch unterschiedliche Transkriptionen bei der Übersetzung aus dem Arabischen zu erklären. Dem BKA gelang es im Rahmen eines geführten Ermittlungsverfahrens gegen andere Beschuldigte im Januar 2016 zu belegen, dass zwischen einem dort bekannt gewordenen „Anis“ und dem Täter des Breitscheidplatzes Personenidentität besteht. In der Folge wurde diese Erkenntnis den Landeskriminalämtern Nordrhein -Westfalen und Berlin mitgeteilt. Im Nachgang wurde im polizeilichen Informationssystem begonnen, die verschiedenen Aliaspersonalien der nunmehr bekannten Führungspersonalie des AMRI zuzuordnen. Den Bundesbehörden lag am 25. Oktober 2016 erstmals eine amtliche Bestätigung der Personalien durch tunesische Behörden von AMRI vor. Hierbei handelte es sich um die Mitteilung der tunesischen Behörden, welche im Rahmen des Informationsaustausches am 24. Oktober 2016 eingeholt werden konnte. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/11027 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Der Bundesregierung liegen keine Detailkenntnisse vor, wann welche (Landes-) Behörde genau Kenntnis von der Identität des AMRI erhalten hat. Nach Kenntnis der Bundesregierung hat die Staatsanwaltschaft Duisburg ab dem 4. August 2015 verschiedene Verfahren wegen gewerbsmäßigen Betrugs gegen AMRI geführt, da er unter verschiedenen Personalien Leistungen in den Städten Rüthen, Dinslaken, Emmerich und Oberhausen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz bezogen und sich dadurch eine nicht nur vorübergehende Einnahmequelle verschafft hat, die der Finanzierung seines Lebensunterhaltes diente. Die Verfahren wurden gemäß § 154b StPO vorläufig eingestellt. Die allgemeinkriminellen Straftaten des AMRI liegen in der Zuständigkeit der Landesbehörden, die Bundesregierung kann hierzu keine abschließende Aussage treffen. q) Wann wurden welche deutschen Sicherheitsbehörden vom marokkanischen Geheimdienst im September bzw. Oktober 2016 wie häufig darüber informiert, dass Anis Amri u. a. Anschläge plane, was wurde daraufhin wann mit welchem Ergebnis veranlasst, einerseits, um bei den marokkanischen Partnern Näheres über die behaupteten Pläne Anis Amris in Erfahrung zu bringen, und andererseits nunmehr unverzüglich in Deutschland die dringend gebotenen Sicherheitsvorkehrungen zu treffen? Durch die marokkanischen Behörden wurden dem BKA insgesamt vier Schreiben (19. September 2016, 11. Oktober 2016, 13. Oktober 2016, 17. Oktober 2016) übermittelt. Die zu AMRI wesentlichen Inhalte der Schreiben wurden durch das BKA am 14. Oktober 2016 und am 26. Oktober 2016 an das LKA NW weitergeleitet. Das BfV selbst wurde vom marokkanischen Nachrichtendienst nicht informiert. Dem BfV wurde ein Schreiben des marokkanischen Dienstes durch das LKA NW am 26. Oktober 2016 zugeleitet. Die Informationen wurden durch die zuständigen Polizeibehörden geprüft und dahingehend bewertet, dass „keine über den bisherigen Erkenntnisstand hinausgehenden Informationen enthalten“ seien. Hier ist festzustellen, dass es sich bei den Meldungen des marokkanischen Nachrichtendienstes um Erkenntnisanfragen und nicht, wie vielfach verbreitet, um Warnungen handelte. Hinweise auf ein konkretes Vorhaben des AMRI fanden sich in diesen Übermittlungen nicht. Im Rahmen einer Sitzung der AG „Operativer Informationsaustausch“ im GTAZ am 2. November 2016 wurde u. a. festgehalten , dass „das BfV beim marokkanischen Nachrichtendienst die übermittelten Erkenntnisse auf deren Aktualität prüft und das Ergebnis den Teilnehmern mitteilt “. Nach Abwägung des Informationsinteresses im GTAZ wurde zur Validierung der Information zunächst eine Erkenntnisanfrage an einen anderen Nachrichtendienst gestellt. Dies geschah nicht zuletzt, weil die Mitteilungen nach einer gemeinsamen Bewertung der Sicherheitsbehörden für eine weitergehende Gefährdungsbewertung nicht geeignet waren. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 9 – Drucksache 18/11027 2. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über die laut Presseberichten dem Anschlag vorausgehenden anderweitigen Anschlagspläne Anis Amris (Süddeutsche Zeitung 3. Januar 2017): a) als Selbstmordattentäter einen Anschlag zu verüben, b) mittels Rohrbomben einen Anschlag zu verüben, Die Fragen 2a und 2b werden gemeinsam beantwortet. Der Bundesregierung liegen keinerlei Erkenntnisse vor, dass AMRI konkret geäußert habe, dass er als Selbstmordattentäter oder mittels Rohrbomben einen Anschlag verüben wollte. Der Bunderegierung liegen lediglich folgende Erkenntnisse vor: 19. November 2015 Im Rahmen eines durch das LKA NW geführten Ermittlungsverfahrens der Bundesanwaltschaft (EK Ventum) wurde gegenüber einer in diesem Verfahren eingesetzten VP bekannt, dass ein noch nicht identifizierter „Anis“ äußerte, dass er „hier“ (gemeint war offenbar „Deutschland“) etwas „machen“ wolle. 25. November 2015/3. Dezember 2015 Im Rahmen des durch das LKA NW geführten Ermittlungsverfahrens (EK Ventum ) wurde am 24. November 2015 bekannt, dass „Anis“ gegenüber der VP behauptet habe, er könne „problemlos eine Kalaschnikow in Napoli besorgen“. „Anis“ mache den Eindruck, dass er „unbedingt für seinen Glauben kämpfen“ wolle. Am 3. Dezember 2015 erklärte die VP, dass „Anis“ in Paris Kalaschnikows kaufen wolle, um damit Anschläge in Deutschland zu begehen. 18. Dezember 2015 Eine Auswertung des im Zuge der Nachrichtenmittler-TKÜ gegen den bislang nicht identifizierten „Anis“ in der EK Ventum erhobenen Internetverkehrs führte zu der Feststellung, dass dieser sich am 14. Dezember 2015 für chemische Formeln interessierte, die zur Herstellung von Sprengmitteln genutzt werden können. 29. Dezember 2015 Erkenntnisse aus TKÜ-Auswertung zur noch nicht sicher identifizierten Person „Anis“: Hinweis auf Durchführung eines geplanten Eigentumsdeliktes. Nach Bewertung des LKA NW könnte die Beute zur Finanzierung von terroristischen Aktivitäten genutzt werden. 26. Januar 2016 Eingang eines Behördenzeugnisses des BfV (Hinweis auf mögliches Eigentumsdelikt in Berlin zur Erlangung von Geldmitteln zur Vorbereitung eines Anschlages mit Schnellfeuergewehren durch AMRI). 26. Februar 2016 Durch eine in der EK Ventum eingesetzte VP wird bekannt, dass AMRI „Tötungen von Ungläubigen“ ausdrücklich gutheißt. 14. Oktober 2016 Steuerung von zusammengefassten Mitteilungen Marokkos an das BKA vom 19. September, 11. Oktober und 13. Oktober 2016 zu AMRI an das LKA NW: Marokko teilt u. a. mit: AMRI sei Anhänger des sog. IS und hoffe sich dem sog. IS in Syrien/Irak oder Libyen anschließen zu können; er führe ein Projekt aus Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/11027 – 10 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode (keine weiteren Informationen), will über die Details aber nicht sprechen. Er bezeichne sein Gastland (Deutschland) als Land des Unglaubens, das Erpressungen gegen die Brüder führt. c) mittels Waffen, z. B. aus französischen Islamistenkreisen, einen Anschlag zu verüben? Auf die Antwort zu Frage 2b wird verwiesen. 3. Zu den Erkenntnissen zu der von Anis Amri benutzten Waffe: a) Was ist der Bundesregierung über die von Anis Amri in Berlin gegen den Lastwagenfahrer wie auch anschließend in Italien gegen die Polizisten benutzte Waffe bekannt? b) Um welches Modell handelt es sich? c) Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über die Beschaffung der Waffe durch Anis Amri? Die Fragen 3a bis 3c werden gemeinsam beantwortet. Nach den bisherigen Erkenntnissen ist die Waffe, mit der der polnische LKW- Fahrer in BE kurz vor dem Attentat erschossen wurde, identisch mit derjenigen, die von den italienischen Polizeibehörden am 23. Dezember 2016 in Mailand bei AMRI sichergestellt wurde. Bei dieser Waffe handelt es sich um eine Pistole der Firma Erma, Kal. .22lr. Die Frage, wie AMRI in den Besitz der Waffe gekommen ist, ist Gegenstand der weiteren Ermittlungen. Weitere Auskünfte müssen im Hinblick auf die noch laufenden Ermittlungen unterbleiben . Trotz ihrer grundsätzlichen verfassungsrechtlichen Pflicht, Informationsansprüche des Deutschen Bundestages zu erfüllen, tritt hier nach sorgfältiger Abwägung der betroffenen Belange im Einzelfall das Informationsinteresse des Parlaments hinter das berechtigte Geheimhaltungsinteresse zurück. Eine Auskunft zu Erkenntnissen aus dem Ermittlungsverfahren würde konkret weitergehende Ermittlungsmaßnahmen erschweren oder gar vereiteln, weshalb aus dem Prinzip der Rechtsstaatlichkeit folgt, dass das betroffene Interesse der Allgemeinheit an der Gewährleistung einer funktionstüchtigen Strafrechtspflege und Strafverfolgung (vgl. dazu BVerfGE 51, 324 343 f.) hier Vorrang vor dem Informationsinteresse hat. 4. Zur Behandlung des Falles Anis Amri im GTAZ: a) Wann war Anis Amri erstmals und mit welchem Ergebnis Gegenstand des GTAZ? Was war der Anlass für die Befassung im GTAZ, und wer (welche Behörde , welches Land) brachte Anis Amri auf die Tagesordnung des GTAZ? Erstmalig wurde die Person AMRI am 4. Februar 2016 im Rahmen einer Sitzung der AG „Operativer Informationsaustausch“ im GTAZ thematisiert. Als Einlader fungierte das BKA. Die Teilnehmer waren neben dem BKA, der Bundesnachrichtendienst (BND), das BfV, der Generalbundesanwalt (GBA), die BPOL, die Landeskriminalämter (LKÄ) NW und BE sowie die Landesämter für Verfassungsschutz (LfV) NW und BE. Anlass war ein durch das LKA NW mitgeteilter Gefährdungsvorgang zur Person AMRI. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 11 – Drucksache 18/11027 Im Ergebnis wurde festgehalten: Nach aktueller Erkenntnislage wird der Eintritt eines schädigenden Ereignisses in der Zukunft mit 7/8 bewertet (Anm.: „gefährdendes Ereignis ist eher auszuschließen “). Das LKA NW und LKA BE führen die bisherigen Maßnahmen in eigener Zuständigkeit fort. Bei Vorliegen neuer relevanter Erkenntnisse wird insbesondere das LKA NW diese an die beteiligten Behörden übermitteln. Das BfV übermittelt das Behördenzeugnis zur Kenntnis an den GBA. b) Was wurde wann und mit welchem Ergebnis zu seiner Person im GTAZ besprochen, bei dem Anis Amri laut Presseberichten insgesamt siebenmal Gegenstand von Beratungen des GTAZ (z. B. SZ, WDR, NDR 28. Dezember 2016) war (bitte nach Datum aufschlüsseln)? Was war jeweils der Anlass für die Befassung im GTAZ, und wer (welche Behörde, welches Land) brachte Anis Amri jeweils auf die Tagesordnung des GTAZ? Die Person AMRI wurde seit Februar 2016 in verschiedenen Zusammenhängen thematisiert. Die oben genannte Anzahl von „sieben“ dürfte sich auf die Anzahl der Sitzungen in der AG „Operativer Informationsaustausch“ im GTAZ beziehen. Hierzu ist vorab festzustellen, dass der Grund für die Befassung des AMRI im Rahmen der AG „Operativer Informationsaustausch“ der unter Antwort zu Frage 4a thematisierte Gefährdungsvorgang war. 1. Sitzung der AG „Operativer Informationsaustausch“ im GTAZ am 4. Februar 2016 Einlader: BKA, Teilnehmer: BKA, BND, BfV, GBA, BPOL, LKA/LfV BE, NW Als Ergebnis wurde festgehalten: Nach aktueller Erkenntnislage wird der Eintritt eines schädigenden Ereignisses in der Zukunft mit 7/8 bewertet (Anm.: „gefährdendes Ereignis ist eher auszuschließen “). Das LKA NW und LKA BE führen die bisherigen Maßnahmen in eigener Zuständigkeit fort. Bei Vorliegen neuer relevanter Erkenntnisse wird insbesondere das LKA NW diese an die beteiligten Behörden übermitteln. Das BfV übermittelt das Behördenzeugnis zur Kenntnis an den GBA. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/11027 – 12 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 2. Sitzung der AG „Operativer Informationsaustausch“ im GTAZ am 17. Februar 2016 Einlader: LKA NW, Teilnehmer: BKA, BND, BfV, GBA, BPOL, LKA/LfV BE, NW Als Ergebnis wurde festgehalten: Der Sachverhalt ist ernst zu nehmen und bedarf weiterer Abklärung. Die Zuständigkeit verbleibt bis auf weiteres beim LKA NW. BKA fertigt auf Grundlage der nun vorliegenden Erkenntnisse eine Gefährdungsbewertung und leitet sie den beteiligten Behörden zu. LKA NW setzt die bisherigen Maßnahmen fort und fertigt zu den neu vorliegenden Erkenntnissen eine Schriftlage für die beteiligten Behörden. LKA NW prüft die Zusammenführung der vorliegenden Erkenntnisse zu den verschiedenen ausländerrechtlichen Anmeldungen der Person, auch vor dem Hintergrund einer strafrechtlichen Relevanz zur Geldbeschaffung mit dem Ziel aufenthaltsbeendende Maßnahmen zu ermöglichen. LKA BE prüft nach Vorliegen der Erkenntnisse des LKA NW und einer örtlichen Verlagerung des Aufenthaltsortes der Person die Aufnahme von Maßnahmen in Abstimmung mit LKA NW. BKA nimmt zur Erkenntnisverdichtung Kontakt mit den italienischen und tunesischen Behörden auf. Sofern dem BND Erkenntnisse zu den genannten Rufnummern bzw. Chatpartnern vorliegen, werden diese an die beteiligten Behörden übermittelt. 3. Sitzung der AG „Operativer Informationsaustausch“ im GTAZ am 19. Februar 2016 Einlader: BKA, Teilnehmer: BKA, BND, BfV, GBA, BPOL, BAMF, GBA, LKA/LfV BE, NW Als Ergebnis wurde festgehalten: Die Teilnehmer halten an der bisherigen Bewertung des Sachverhaltes fest. Die Zuständigkeit zur Gefahrenabwehr liegt aktuell bei LKA BE. LKA NW wird zur Erkenntnisverdichtung, Lokalisierung des AMRI und Aufklärung des Sachverhaltes LKA BE mit den vorliegenden Erkenntnissen unterstützen. LKA BE und LKA NW halten bilateral Rücksprache und koordinieren die weitere Vorgehensweise und die angesprochenen Maßnahmen. BKA wird in Amtshilfe eine Sicherung der Inhalte des sichergestellten Mobilfunkgerätes vornehmen und diese zur Auswertung an LKA BE und LKA NW übermitteln. LKA BE übermittelt die vorliegenden Lichtbilder aus der ED-Behandlung an BKA, BfV und LfV BE. BKA wird mit den Lichtbildern GES-Abgleich vornehmen . BND erhebt, ob zu den beiden libyschen Rufnummern Erkenntnisse vorliegen und prüft weitere Maßnahmen in eigener Zuständigkeit. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 13 – Drucksache 18/11027 4. Sitzung der AG „Operativer Informationsaustausch“ im GTAZ am 26. Februar 2016 Einlader: BKA, Teilnehmer: BKA, BND, BfV, BPOL, BAMF, GBA, LKA/LfV BE, NW Als Ergebnis wurde festgehalten: Die Teilnehmer halten an der bisherigen gemeinsamen Bewertung des Sachverhaltes fest. Durch die seit dem Aufenthalt in Berlin gewonnenen Erkenntnisse haben sich bislang keine gefährdungserhöhenden Aspekte ergeben. Gleichwohl teilen die Teilnehmer die Ansicht, dass der Sachverhalt weiterhin dringender Aufklärung bedarf. LKA BE setzt die aufgenommenen Maßnahmen in eigener Zuständigkeit fort. LKA NW wird mit eigenen Maßnahmen LKA BE unterstützen. GBA prüft die zeitnahe Übermittlung vorliegender Erkenntnisse zur Person an LKA BE und die zuständige Generalstaatsanwaltschaft, um die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens ggf. zu ermöglichen. BKA hat die Sicherung der Daten auf dem Mobiltelefon in Amtshilfe vorgenommen und bereits eine Kopie an LKA BE übermittelt. Eine Steuerung an LKA NW wurde bereits veranlasst. Bezüglich der zeitnahen Auswertung dieser Daten halten LKA BE und LKA NW bilateral Rücksprache. BAMF und LKA NW halten bilateral Rücksprache hinsichtlich der weiteren ausländerrechtlichen Abklärungen zur Person AMRI. 5. Sitzung der AG „Operativer Informationsaustausch“ im GTAZ am 13. April 2016 Einlader: LKA BE, Teilnehmer: BKA, BND, BfV, GBA, BPOL, BAMF, LKA/LfV BE, NW Als Ergebnis wurde festgehalten: Die Teilnehmer halten an der bisherigen gemeinsamen Bewertung des Sachverhaltes fest. Eine unmittelbare Gefährdung wird zum aktuellen Zeitpunkt nicht gesehen, gleichwohl ist eine enge Begleitung des Sachverhaltes auch weiterhin dringend angezeigt. LKA BE setzt die Maßnahmen im genannten Strafverfahren in Absprache mit der Generalstaatsanwaltschaft fort. LKA BE, LKA NW und BAMF halten bezüglich der weiteren unmittelbaren Vorgehensweise bilateral Rücksprache. LKA NW und LKA BE prüfen die Zusammenführung und Ergänzung/Aktualisierung der verschiedenen Datenbestände zur Person. LKA NW prüft in Abstimmung mit dem LKA BE bzw. der GenStA Berlin die zeitnahe Vorlage der verdichteten Erkenntnisse zu den verschiedenen ausländerrechtlichen Aufenthalten und Anmeldungen des AMRI bei einer zuständigen Staatsanwaltschaft. Ziel soll in diesem Zusammenhang die Prüfung der Einleitung eines Strafverfahrens wegen gewerbsmäßigem Betruges und fortgesetzter mittelbarer Falschbeurkundung sein, um in diesem Verfahren ggf. eigenständige prozessuale Maßnahmen ergreifen zu können. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/11027 – 14 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Sobald Erkenntnisse von den genannten Partnerdiensten beim BKA eingehen, werden diese zeitnah an die Teilnehmer der Sitzung übermittelt. 6. Sitzung der AG „Operativer Informationsaustausch“ im GTAZ am 15. Juni 2016 Einlader: LKA BE, Teilnehmer: BKA, BND, BfV, GBA, BPOL, BAMF, LKA/LfV BE, NW Als Ergebnis wurde festgehalten: Nach den vorliegenden Erkenntnissen kommen die Teilnehmer überein, dass derzeit keine konkrete Gefährdungskomponente erkennbar ist. Weiterhin wird von den Teilnehmern festgehalten, dass die Zielrichtung der weiteren ausländerrechtlichen Bearbeitung die Sicherung der zukünftigen Abschiebung sein sollte. BAMF setzt die genannten ausländerrechtlichen Schritte in eigener Zuständigkeit fort. LKA BE setzt die bisherigen Maßnahmen in eigener Zuständigkeit fort, kann aber Operativmaßnahmen im bisherigen Umfang nicht mehr gewährleisten. LKA BE hält Rücksprache mit der Generalstaatsanwaltschaft und steuert vorliegende Erkenntnisse an LKA NW. LKA NW hält Rücksprache mit der Ausländerbehörde Kleve, um einen möglichen Abschiebeprozess in die Wege zu leiten. Sofern BKA Erkenntnisse bezüglich der Staatsangehörigkeit des AMRI generieren kann, werden die Teilnehmer hierüber informiert. 7. Sitzung der AG „Operativer Informationsaustausch“ im GTAZ am 2. November 2016 Einlader: LKA NW, Teilnehmer: BKA, BND, BfV, GBA, BPOL, LKA/LfV BE, NW Als Ergebnis wurde festgehalten: Zwischen den Teilnehmern besteht Einigkeit, dass auf Grundlage der vorliegenden Erkenntnisse kein konkreter Gefährdungssachverhalt erkennbar ist. Die teilnehmenden Behörden führen Maßnahmen im Rahmen der jeweils eigenen Zuständigkeit fort. BfV überprüft beim marokkanischen Partnerdienst die übermittelten Erkenntnisse auf deren Aktualität und teilt das Ergebnis den Teilnehmern mit. LKA NW veranlasst in Abstimmung mit der zuständigen Ausländerbehörde die Beschaffung der erforderlichen Ausweisdokumente, um den Abschiebeprozess weiter zu forcieren. LKA BE prüft bei Vorlage der entsprechenden Abschiebeverfügung Maßnahmen zur Umsetzung in eigener Zuständigkeit. Die teilnehmenden Behörden werden gebeten, soweit möglich, aktuell vorliegende Erkenntnisse an die Teilnehmer der Sitzung zu steuern, um eine einheitliche Erkenntnislage zu gewährleisten und mögliche Ermittlungsansätze zu generieren . Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 15 – Drucksache 18/11027 c) Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über Pressemeldungen, dass Vertreter aus Nordrhein-Westfalen im GTAZ noch im November 2016 darauf gedrungen haben sollen, Anis Amri weiter im Auge zu behalten (DER SPIEGEL 1/2017)? Der Bundesregierung liegen keine Erkenntnisse im Sinne der Anfrage vor. d) Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über Pressemeldungen, dass im GTAZ am 2. November 2016 der Schluss gezogen worden sei, dass der Verdacht, Anis Amri plane einen Anschlag, sich nicht verdichtet habe und seine Aktivitäten „keinen konkreten Gefährdungssachverhalt“ erkennen ließen (FAS 25. Dezember 2016), und welche Behörde(n) hatte(n) im GTAZ Zweifel an der Gerichtsverwertbarkeit von Erkenntnissen zu Anis Amri? Die Frage der Gerichtsverwertbarkeit hat keinerlei Bedeutung bezüglich der Glaubhaftigkeit der Erkenntnisse, sie ist lediglich Ausfluss des Ursprungs der Erkenntnisse . Die Frage bezieht sich auf die Sitzung der AG „Operativer Informationsaustausch “ im GTAZ vom 2. November 2016. Die Bewertung: „Zwischen den Teilnehmern besteht Einigkeit, dass auf Grundlage der vorliegenden Erkenntnisse kein konkreter Gefährdungssachverhalt erkennbar ist.“ wurde anhand der vorliegenden Erkenntnisse von den für die Gefahrenabwehr zuständigen Behörden einvernehmlich getroffen. e) Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über Pressemeldungen, dass das Personenprofil von Anis Amri letztmalig am 14. Dezember 2016 aktualisiert worden sein soll, wobei auch zwei Berliner Adressen als Aufenthalt von Anis Amri angegeben worden sein sollen (DER SPIEGEL 1/2017)? Die Aktualisierung des Personagramms von AMRI am 14. Dezember 2016 ist der Bundesregierung bekannt. Gegenstand der Aktualisierung war, dass AMRI aus Emmerich amtlich abgemeldet wurde. f) Welche Konsequenzen zog die Bundesregierung aus diesen Informationen ? Aus der Aktualisierung des Personagramms resultierte kein Handlungsbedarf. g) Wie bewertet die Bundesregierung in diesem Zusammenhang Pressemeldungen (z. B. SPIEGEL ONLINE 24. Dezember 2016), dass Anis Amri am 30. Juli 2016 versucht haben soll, ins Ausland auszureisen? Ende Juli 2016 versuchte AMRI, Deutschland in Richtung Italien und möglicherweise weiter nach Tunesien zu verlassen. Der Grund hierfür war nach damaliger Bewertung eine körperliche Auseinandersetzung mit einer konkurrierenden Gruppe aus dem Drogenmilieu. Aufgrund eines Hinweises der deutschen Sicherheitsbehörden wurde AMRI durch die Bundespolizei in Grenznähe festgestellt und die Ausreise untersagt. Im Übrigen wird auch die Antwort zu Frage 1k verwiesen . Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/11027 – 16 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode h) Wurden in die Einordnung Anis Amris als Gefährder Meldungen ausländischer Dienste einbezogen? Die Einstufung von AMRI als Gefährder erfolgte am 17. Februar 2016 auf Grundlage der Informationen, die von deutschen Sicherheitsbehörden gewonnen werden konnten. i) Wann wurde das GTAZ mit laut Pressemeldungen bei deutschen Sicherheitsbehörden eingegangenen Informationen des marokkanischen Geheimdienstes zur Gefährlichkeit Anis Amris befasst mit welchen Ergebnissen zur Fahndung nach Anis Amri und zur Wiederaufnahme der Observation Anis Amris bzw. zu dessen Festsetzung? Die Informationen aus Marokko waren Gegenstand der Sitzung der AG „Operativer Informationsaustausch“ im GTAZ am 2. November 2016. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 4b verwiesen. j) Wurden über die sogenannten Info-Boards zur Person Anis Amri im GTAZ Protokolle der Besprechungen geführt? In derartigen Besprechungen findet eine Protokollierung nur in Bezug auf die Ergebnisse (Bewertung und vereinbarte Maßnahmen) statt. Diese sind in der Antwort zu Frage 4b wiedergegeben. k) Wer ist für die Fixierung der Ergebnisse von Besprechungen im GTAZ oder seinen Untergremien zuständig und politisch verantwortlich? Die Geschäftsführung der einzelnen Arbeitsgruppen des GTAZ ist zwischen den teilnehmenden (Bundes-)Behörden aufgeteilt. Für die AG „Operativer Informationsaustausch “ im GTAZ liegt diese beim BKA, das zu den Sitzungen Ergebnisprotokolle wie in der Antwort zu Frage 4b wiedergegeben erstellt. Es handelt es sich beim GTAZ um eine Plattform für die Behördenkooperation für Zwecke des Informationsaustauschs und der Abstimmung behördlicher Maßnahmen im Rahmen der geltenden Rechtslage. Die Errichtung des GTZA hat die bestehenden Befugnisse, Weisungsstränge und Verantwortlichkeiten in keiner Weise verändert. Die Verantwortung für die eingebrachten Informationen/Beiträge und die auf dieser Grundlage getroffenen Bewertungen/Entscheidungen liegen in der Hand jeweils eigenständig handelnden Behörden/Behördenvertreter. 5. Zu den Erkenntnissen des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV): a) Welche Erkenntnisse hatte das BfV wann zu Anis Amri? Dem BfV wurde AMRI am 20. Januar 2016 durch einen ersten Gefährdungshinweis des LKA NW über das LfV NW bekannt. Aus diesem Hinweis ergaben sich Rückschlüsse auf Herkunft, Namen, Aliaspersonalien, nicht näher spezifizierte Kontakte im In- und Ausland sowie auf ein mögliches Eigentumsdelikt in Berlin zur Erlangung von Geldmitteln zur Vorbereitung eines Anschlags mit Schnellfeuergewehren durch AMRI. Februar 2016 Die BPOL unterrichtete das BfV über eine Fahndungsausschreibung zur Kontrolle des AMRI. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 17 – Drucksache 18/11027 17. Februar 2016 Dem BfV wurde die Einstufung des AMRI zum Gefährder durch das LKA NW bekannt. 18. Februar 2016 Dem BfV wurde bekannt, dass AMRI sich laut Erkenntnissen aus einer TKÜ der Polizeibehörden für chemische Formeln interessiere, die zur Herstellung von Sprengmitteln genutzt werden können. 19. Februar 2016 In einer Sitzung der AG „Operativer Informationsaustausch“ im GTAZ wurde das BfV darüber unterrichtet, dass ein Mobilfunktelefon des AMRI in Berlin sichergestellt wurde. 22. Februar 2016 Das BfV erhielt Lichtbildmaterial zu AMRI von den zuständigen Polizeibehörden . 26. Februar 2016 In einer Sitzung der AG „Operativer Informationsaustausch“ im GTAZ wurde das BfV über die seit dem Aufenthalt des AMRI in Berlin gewonnenen Erkenntnisse informiert. 29. Februar 2016 Das BKA teilte dem BfV mit, dass AMRI am 18. Februar 2016 durch Kräfte der Polizei in Berlin nach Ankunft mit einem Reisebus in Berlin kontrolliert und einer erkennungsdienstlichen Behandlung zugeführt wurde. Außerdem wurde mitgeteilt , dass ein Mobiltelefon sichergestellt wurde. 14. März 2016 In der Sitzung AG „Tägliche Lagebesprechung“ im GTAZ wurde mitgeteilt, dass AMRI in NW als Gefährder ausgestuft und in Berlin als Gefährder eingestuft wird. 23. März 2016 Das BKA übermittelte dem BfV erste Erkenntnisse, die im Rahmen der Asservatenauswertung des o. g. Mobiltelefons durch LKA NW bekannt geworden waren. April 2016 Das BfV wurde durch Mitteilung der Polizeibehörden bekannt, dass sich AMRI seit Ende März 2016 zumindest zeitweise wieder in NW aufhielt. Im selben Monat übermittelte das LfV NI eine Quelleninformation des LKA NW, wonach AMRI (in der Vergangenheit) mindestens einmal den „Deutschsprachigen Islamkreis Hildesheim e. V.“ (DIK) besucht haben soll. 10. Mai 2016 In der Sitzung AG „Tägliche Lagebesprechung“ im GTAZ wurde mitgeteilt, dass AMRI in NW als Gefährder eingestuft wird. 13. Juni 2016 Durch Übermittlung eines Observationsberichts des LKA BE wurden weitere Kontaktpersonen des AMRI in Berlin bekannt. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/11027 – 18 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 29. Juni 2016 Das LKA NW teilte dem BfV mit, dass AMRI im Besitz einer von der Stadt Oberhausen ausgestellten, bis zum 28. Juli 2016 befristeten, Aufenthaltsgestattung ist. Zudem wurde ein weiterer Alias des AMRI bekannt, unter dem er im April 2016 einen Asylantrag stellte, der am 30. Mai 2016 abgelehnt wurde. AMRI halte sich zudem seit Mai 2016 in Berlin auf. Eine aktuelle Meldeadresse wurde nicht bekannt. Anfang Juli 2016 Dem BfV wurde aus Aufkommen des LKA BE bekannt, dass AMRI als Besucher der „Fussilet-Moschee“ in Berlin festgestellt werden konnte. 20. Juli 2016 Das BAMF übermittelte dem BfV die Asylakte des AMRI. Darin enthalten waren u. a. Informationen über seine früheren Aliaspersonalien. 1. August 2016 Die Bundespolizei übermittelte den auch an weitere Sicherheitsbehörden gesteuerten Fahndungstreffer auf eine Ausschreibung der Bundespolizei im Grenzfahndungsbestand , wonach AMRI durch das Bundespolizeirevier Friedrichshafen in einem Reisebus festgestellt worden war. Im Rahmen einer Ausreiseuntersagung wurde er in Gewahrsam genommen. Dabei wurden bei ihm gefälschte italienische Ausweise festgestellt. Am 3. August 2016 teilte das LKA NW dem BfV mit, dass AMRI am 1. August 2016 wieder aus dem Gewahrsam entlassen wurde. 6. August 2016 Das LKA NW übermittelte u. a. an das BfV einen Hinweis des BAMF, wonach sich ein tunesischer IS-Kämpfer in Berlin aufhalten soll. Dabei könnte es sich um AMRI gehandelt haben. 24. August 2016 Das LKA Berlin teilte u. a. dem BfV mit dass sich AMRI zumindest am 12. August 2016 in NW aufhielt. 26. Oktober 2016 Das LKA NW übersandte u. a. an das BfV eine Meldung der marokkanischen Behörden. b) Welche Maßnahmen wurden seitens des BfV wann und insgesamt wie lange in Bezug auf Anis Amri veranlasst? Im Rahmen der gesetzlichen Aufgabenerfüllung des BfV wurde die Person AMRI seit Bekanntwerden Anfang 2016 durch das BfV bearbeitet, Erkenntnisse zu AMRI be- und ausgewertet sowie im Rahmen des GTAZ erörtert. c) Wurde Anis Amri vom BfV überwacht, und wenn ja, wann und mit welchen Mitteln? AMRI wurde nicht vom BfV mit nachrichtendienstlichen Mitteln überwacht. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 19 – Drucksache 18/11027 d) Wann wurden die Polizeien erstmals vom BfV über die Person Anis Amri informiert? Auf die Antwort zu Frage 5a wird verwiesen. e) Befasste sich das BfV auch nach der im September 2016 erfolgten Beendigung der von der GStA Berlin veranlassten Überwachungsmaßnahmen mit dem Fall Anis Amri, und wenn ja, wie? Das BfV stand auch nach Beendigung der Überwachungsmaßnahmen in einem Austausch über den Fall AMRI mit den zuständigen Sicherheitsbehörden, so beispielsweise in der Sitzung der AG „Operativer Informationsaustausch“ im GTAZ am 2. November 2016. f) Wurden im Umfeld Anis Amris in welchem Zeitraum V-Leute des BfV eingesetzt? Im Umfeld des AMRI wurden keine V-Leute des BfV eingesetzt. g) Kann die Bundesregierung ausschließen, dass Anis Amri je selbst als V-Person oder sonstiger Informant des BfV geführt wurde? Ja. 6. Zu den Erkenntnissen des Bundesnachrichtendienstes (BND): a) Welche Erkenntnisse hatte der BND wann zu Anis Amri? b) Erhielt der BND, wie Pressemeldungen zu entnehmen war, Hinweise von ausländischen Nachrichtendiensten, z. B. aus Marokko, zur Person Anis Amri (Süddeutsche Zeitung 4. Januar 2017)? Wenn ja, welche Hinweise gingen wann beim BND ein? Die Fragen 6a und 6b werden aufgrund ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet. Durch die marokkanischen Behörden wurden dem BND insgesamt vier Schreiben (19. September 2016, 11. Oktober 2016, 13. Oktober 2016, 17. Oktober .2016) übermittelt. Die Informationen enthielten Angaben darüber, dass AMRI Anhänger des sogenannten IS sei und hoffe, sich diesem in Syrien/Irak oder Libyen anschließen zu können. AMRI führte ein Projekt aus, hierzu wurden allerdings keine weiteren Angaben gemacht. AMRI bezeichnete sein Gastland (Deutschland ) als Land des Unglaubens, das Erpressungen gegen die Brüder führe. AMRI soll zudem eine Rufnummer nutzen und sich illegal in Berlin aufhalten. Er soll in Deutschland in Kontakt mit weiteren IS-Sympathisanten stehen, darunter ein russischer Staatsangehöriger, der von den deutschen Behörden nach Russland zurückgeschoben worden sein soll und ein marokkanischer Staatsangehöriger, der verheiratet, dessen Pass sichergestellt worden sein soll und das Land nicht verlassen dürfe. AMRI soll in Berlin mit einem weiteren marokkanischen Staatsangehörigen zusammen wohnen. Dessen Eltern sollen IS-Anhänger sein und väterliche Cousins sollen IS-Mitglieder in Syrien/Irak und Libyen sein. Zu den Kontaktpersonen wurden ebenfalls Lichtbilder übersandt. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/11027 – 20 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode c) Wie wurden diese Hinweise bewertet und wann an andere Sicherheitsbehörden , insbesondere die Polizeien, weitergegeben? Eine gesonderte Weitergabe der Hinweise an die Polizeibehörden durch den BND war in diesem Fall nicht erforderlich, da die Hinweise durch den marokkanischen Dienst parallel auch an das BKA übermittelt worden waren. Die Hinweise waren Gegenstand einer Bewertung der deutschen Sicherheitsbehörden im GTAZ. Nach einer gemeinsamen Bewertung waren die Schreiben der marokkanischen Sicherheitsbehörden für eine weitergehende Gefährdungsbewertung über die bereits bei den Sicherheitsbehörden vorliegenden Erkenntnisse hinaus nicht geeignet . d) Wann wurden die Polizeien erstmals vom BND über die Person Anis Amri informiert? Der BND wurde erstmals am 4. Februar 2016 mit Schreiben des BKA mit AMRI befasst. e) Befasste sich der BND auch nach der im September 2016 erfolgten Beendigung der von der GStA Berlin veranlassten Überwachungsmaßnahmen mit dem Fall Anis Amri, und wenn ja, wie? Auf die Antwort zu Frage 1j wird verwiesen. f) Kann die Bundesregierung ausschließen, dass Anis Amri je selbst als V- Person oder sonstiger Informant des BND geführt wurde? Ja. 7. Zu den Erkenntnissen des BAMF: a) Welche Erkenntnisse hatte das BAMF wann zu Anis Amri? Die dem BAMF vorliegenden Erkenntnisse zu AMRI entsprechen im Wesentlichen denen, die im GTAZ kommuniziert wurden sowie auf den automatisch erfolgenden Datenabgleichen mit den Sicherheitsbehörden und auf Mitteilungen der Ausländerbehörden. Daher wird in diesem Zusammenhang auf die Antwort zu den Fragen 1c, 1p, 4b, 5a und 8a verwiesen. b) Welche räumlichen Beschränkungen des Aufenthalts, Wohnsitzauflagen und Meldepflichten wurden Anis Amri nach Kenntnis des BAMF und anderen zuständigen Behörden ggf. wann und auf welcher Rechtsgrundlage auferlegt? AMRI war im Vorfeld seiner Asylantragstellung bereits kommunal zugewiesen. In diesem Zusammenhang wurde durch die zuständige Ausländerbehörde (ABH) eine Bescheinigung über die Meldung als Asylsuchender (BÜMA), deren Gültigkeitszeitraum sich bis zur Asylantragstellung belief, ausgestellt. Diese verschiedenen BÜMA enthielten verschiedene Hinweise auf die zuständige Aufnahmeeinrichtung und teils darauf, dass die Wohnsitznahme nur in Oberhausen erlaubt sei. Mit der Asylantragstellung am 28. April 2016 wurde eine Aufenthaltsgestattung ausgestellt, worin vermerkt war, dass die Wohnsitznahme nur in Oberhausen gestattet und der Aufenthalt auf Nordrhein-Westfalen beschränkt sei. Rechtsgrundlage von Aufenthaltsbeschränkungen während des laufenden Asylverfahrens sind die §§ 56 ff. Asylgesetz. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 21 – Drucksache 18/11027 c) War der nach Pressemeldungen (z. B. Tagesschau 3. Januar 2017) durch Italien erfolgte Eintrag in das Schengener Informationssystem SIS zu Anis Amri und dessen Verurteilung sowie Haft in Italien dem BAMF und anderen zuständigen Behörden in Deutschland bekannt? Wenn ja, wann und welche Konsequenzen wurden daraus gezogen? Wenn nein, warum nicht? Ein Zugriff des BAMF auf den Datenbestand des Schengener Informations-System (SIS) besteht nicht. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 7a verwiesen. Am 23. Dezember 2015 stellte das BKA an Italien zu Anis AMRI und SIS-Ausschreibung der ITA-Behörden eine Anfrage, nachdem AMRI als eine von der zuvor als „Anis“ genannten Person verwendete Personalie festgestellt wurde. 8. Zu den Erkenntnissen des Bundeskriminalamtes (BKA): a) Welche Erkenntnisse hatte das BKA wann zu Anis Amri? Im Folgenden werden nur solche Erkenntnisse chronologisch aufgeführt, welche durch das BKA erhoben wurden. Darüber hinaus wurde das BKA an Erkenntnissen der Bundesländer NW und BE beteiligt. Hierzu wird auf die vorangegangenen Antworten verwiesen. 26. November 2015 Im Rahmen eines durch das BKA geführten Ermittlungsverfahrens (EV) Eisbär wird eine Person „Anis“ als „Kontaktperson einer Kontaktperson“ mit Bezügen nach NW und BE bekannt. Am 26. und 27. November 2015 werden entsprechende Erkenntnismitteilungen und -anfragen an NW und BE gestellt. 3./10. Dezember 2015 Steuerung von freigegebenen Aktenteilen aus dem BKA-EV Eisbär mit u. a. TKÜ-Protokollen über „Anis“ zur Verwendung in einem § 89a-Ermittlungsverfahren der Generalstaatsanwalt (GenStA) BE an LKA BE. Hierbei handelt es sich um ein Ermittlungsverfahren (EV) gegen BEN AMMAR, welches im November 2015 eingeleitet und am 26. Juni 2016 eingestellt wurde. Steuerung eines weiteren TKÜ-Protokolls über „Anis“ an LKA BE zur Verwendung in dem oben genannten § 89a-EV und LKA NW für präventivpolizeiliche Zwecke. 16. Dezember 2015 Arbeitsbesprechung des LKA NW mit BKA in Berlin im Rahmen des durch das BKA geführten EV Eisbär, in dem auch ein AMRI als „Kontaktperson einer Kontaktperson “ eine Rolle spielte. In diesem Zusammenhang erfolgte die Übergabe der Ergebnisse von Recherchen in Sozialen Medien und im Internet zu „Anis“ an das BKA zur dortigen Nutzung bei der Erstellung eines Gesamtvermerks zur Person „Anis“. 22. Dezember 2015 Erstellung eines Gesamtvermerks im Rahmen des BKA-EV Eisbär zu einer Person „Anis aus Dortmund und Kontaktpersonen in Berlin“, welcher an das LKA NW und BE übermittelt wurde. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/11027 – 22 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 23. Dezember 2015 Anfrage an Italien zu Anis AMRI und SIS-Ausschreibung der ITA-Behörden, nachdem AMRI als eine von der zuvor als „Anis“ genannten Person verwendete Personalie festgestellt wurde. 29. Dezember 2015 Steuerung von Informationen zu Anis AMRI mit Hinweis auf italienische SIS- Ausschreibung und Hinweis auf Personenidentität mit „Anis AMIR“, der durch die StA Freiburg zur Aufenthaltsermittlung ausgeschrieben ist, an LKA NW. 11. Januar 2016 Ersuchen im Rahmen des EV Eisbär an GBA um Freigabe des Vermerks zur Identifizierung des Anis AMRI für LKA NW und BE (Zustimmung des GBA erfolgte am selben Tag, Ausgang der Erkenntnisse am 19. Februar 2016). 4. Februar 2016 Steuerung eines am 26. Januar durch das BfV bzw. am 3. Februar 2016 durch das LKA NW mitgeteilten Gefährdungsvorgangs (VP-Informationen zu Beschaffung von Schnellfeuergewehren durch AMRI) einschließlich Erkenntnisverdichtung und Bewertung an BfV, BND, GBA, BPOL, LKA BE, LKA NW. Bezüglich des von der VP genannten Anschlagsgeschehens bewertet das BKA die Eintrittswahrscheinlichkeit mit 7/8 (gefährdendes Ereignis ist eher auszuschließen). 18. Februar 2016 Anfrage in Tunesien zu Person und Telekommunikationsmitteln des AMRI. Zudem wurde eine Aktualisierung zum Schreiben vom 4. Februar 2016 einschließlich Erkenntnisverdichtung und Bewertung an BfV, BND, GBA, BPOL, LKA BE, LKA NW gesteuert. Aufgrund der Erkenntnislage zur Person AMRI wurde nunmehr der Eintritt eines schädigenden Ereignisses als eher unwahrscheinlich (5/8) bewertet. 19. Februar 2016 Zusammenstellung von Erkenntnissen zu AMRI und Steuerung an LKA BE im Rahmen des BKA-EV Eisbär. 23. Februar 2016 Besprechung auf Einladung des GBA in anderer Sache zum Hintergrund der VP. Nach Bewertung des BKA berichtet die VP zwar zutreffend zu relevanten Personengeflechten , jedoch bestehen erhebliche Zweifel an der Belastbarkeit der Aussagen bezüglich eines von AMRI geplanten Attentates mittels Schnellfeuergewehren . 29. Februar 2016 Steuerung einer erneuten Aktualisierung zum Schreiben vom 4. Februar 2016 einschließlich Erkenntnisverdichtung und Bewertung an BfV, BND, GBA, BPOL, LKA BE, LKA NW. Nach wie vor wird der Eintritt eines schädigenden Ereignisses im Sinne des Ursprungshinweises auf den Versuch der Beschaffung von Schusswaffen durch AMRI als eher unwahrscheinlich (5/8) bewertet. 4. März 2016 Erneute Anfrage des BKA in Italien zur Person und Hintergrund des AMRI. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 23 – Drucksache 18/11027 6. April 2016 Nach entsprechendem Eingang aus Italien erfolgt eine Übermittlung der gewonnenen Erkenntnisse an LKA NW und LKA BE: AMRI wurde aus der Justizvollzugsanstalt (JVA) „Ucciardone“ in Palermo entlassen , nachdem er vier Jahre eine durch das Gericht in Catania auferlegte Haftstrafe wegen Sachbeschädigung mit Brand, Körperverletzung, Gewaltanwendung und Diebstahl (Straftaten wurden in Belpasso-Catania am 23. Oktober 2011 begangen ) abgebüßt hatte. Es wird darauf hingewiesen, dass sich AMRI während der Haft im Gefängnis in Agrigent als gewalttätig zeigte. Im Jahr 2015 teilte die Gefängnisverwaltung mit, dass er im Gefängnis Revolten und Proteste organisiert habe und aggressives Verhalten und Drohgebärden gegenüber anderen Häftlingen christlicher Religion an den Tag gelegt habe. 6. Mai 2016 Mitteilung an LKA BE und LKA NW zu den Bemühungen des BKA, in Tunesien Erkenntnisse zu erheben, sowie zu weiteren Mitteilungen aus Italien: Die Verdachtslage zur Person AMRI wurde im Rahmen einer Dienstreise des BKA in Tunis besprochen; dabei wurde auch ed-Material zu AMRI übergeben. Schnelle Kooperation wurde zugesagt. Aus Italien: Am 17. Juni 2015 wurde AMRI aus dem Aufnahmelager entlassen, da die Anerkennung seitens der tunesischen Behörden nicht fristgerecht innerhalb von 30 Tagen nach Eintritt ins Aufnahmelager eingetroffen war. 19./20. Juli 2016 Der Fall wird aufgrund des laufenden Asylverfahrens in der 78. Sitzung der AG „Status“ im GTAZ (Federführung BAMF) besprochen. 30. August 2016 Auf Anfrage Tunesiens wurde den dortigen Behörden (erneut) ed-Material zu AMRI zur Verfügung gestellt. Das BKA hatte seit der Anfrage vom 18. Februar 2016 mehrfach eine Antwort angemahnt. 26. September 2016 Nach einem entsprechenden Informationseingang werden Erkenntnisse aus Tunesien zu den Telekommunikationsmitteln des AMRI an das LKA NW übermittelt . Durch das LKA NW wurden die durch das BKA übermittelten Erkenntnisse dem LKA BE sowie der Kriminalinspektion Staatsschutz (KI ST) Krefeld weitergeleitet . Zudem wurde mitgeteilt, dass man in Tunis derzeit noch die Person anhand des übermittelten erkennungsdienstlichen Materials zuordnen müsse und zeitnah mit einem Ergebnis zu rechnen sei. 14. Oktober 2016 Steuerung von zusammengefassten Mitteilungen Marokkos an das BKA vom 19. September, 11. Oktober und 13. Oktober 2016 zu AMRI an das LKA NW: Marokko teilt u. a. mit: AMRI sei Anhänger des sog. IS und hoffe, sich dem sog. IS in Syrien/Irak oder Libyen anschließen zu können; er führe ein Projekt aus (keine weiteren Informationen), will über die Details aber nicht sprechen. Er bezeichne sein Gastland (Deutschland) als Land des Unglaubens, das Erpressungen gegen die Brüder führt. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/11027 – 24 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 24. Oktober 2016 Mitteilung an LKA NW, LKA NI und LKA BE zur Anerkennung des AMRI als tunesischer Staatsbürger und Steuerung eines gerichtsverwertbaren Vermerks des BKA: Der Leiter IP Tunis erklärte gegenüber dem BKA-Verbindungsbeamten, dass das übergebene ed-Material dem tunesischen Staatsbürger AMRI zuzuordnen ist und teilte die Passdaten mit. 26. Oktober 2016 Steuerung einer ergänzenden Mitteilung Marokkos zu AMRI an das LKA NW: AMRI soll auch eine Rufnummer nutzen und sich illegal in Berlin aufhalten. Er soll in Deutschland in Kontakt mit weiteren IS-Sympathisanten stehen, darunter ein russischer Staatsangehöriger (der von den deutschen Behörden nach Russland zurückgeschoben worden sein soll) und ein marokkanischer Staatsangehöriger (soll verheiratet sein, sein Pass soll sichergestellt worden sein und er soll das Land nicht verlassen dürfen). AMRI soll in Berlin mit einem weiteren marokkanischen Staatsangehörigen zusammen wohnen. Dessen Eltern sollen IS-Anhänger sein und väterliche Cousins sollen IS-Mitglieder in Syrien/Irak und Libyen sein. Zu seinen Kontaktpersonen wurden ebenfalls Lichtbilder übersandt. b) Führt das BKA die Gefährderliste, wer hat darauf Zugriff, und welche Behörden werden jeweils über Aufnahme von Personen in die Liste und Veränderung der Einträge informiert? Das BKA erfasst im Rahmen seiner Zentralstellenfunktion die Gefährder bundesweit in einer Zentraldatei. Die Ein- und Ausstufung von Gefährdern obliegt den zuständigen Landespolizeibehörden . Die entsprechenden Daten werden dem BKA durch die Polizeibehörden der Länder übermittelt und durch das BKA in die Datei überführt. Das BKA ist verantwortlich für die Pflege und Bereitstellung der Datei. Zugriff haben Mitarbeiter der Zentralstellenreferate. Ein Auszug aus der Zentraldatei wird einmal im Monat an die Landeskriminalämter , das Zollkriminalamt, die Bundespolizei zur Prüfung und ggf. Ergänzung, sowie an den Generalbundesanwalt und das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge zur Kenntnisnahme übermittelt. c) Wann wurde Anis Amri auf die Gefährderliste des BKA gesetzt und wann dort ggf. wieder gestrichen? AMRI wurde nach der Einstufung als Gefährder durch das LKA NW im Februar 2016 in der Zentraldatei gespeichert. Nach dessen Tod im Dezember 2016 wurde sein Datensatz gelöscht. d) Trifft es zu (vgl. Süddeutsche Zeitung 4. Januar 2017), dass ein Verbindungsbeamter des BKA in Rabat vom marokkanischen Geheimdienst Informationen zu Anis Amri erhielt, wann war das, wie hat das BKA diese bewertet und was veranlasst? Der Verbindungsbeamte des BKA in Rabat (BKA-VB Rabat) erhielt am 20. September 2016 Kenntnis von einem Schreiben der DGST (Direction Générale de la Surveillance du Territoire) vom 19. September 2016, welches er ebenso wie in Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 25 – Drucksache 18/11027 der Folge eingehende Schreiben der DGST vom 11. Oktober 2016, 13. Oktober 2016 und 17. Oktober 2016 übermittelte. Aufgrund der Schreiben wurde durch das BKA wie folgt verfahren: 14. Oktober 2016 Steuerung von zusammengefassten Mitteilungen Marokkos an das BKA vom 19. September, 11. Oktober und 13. Oktober 2016 zu AMRI an das LKA NW: Marokko teilt u. a. mit: AMRI sei Anhänger des sog. IS und hoffe sich dem sog. IS in Syrien/Irak oder Libyen anschließen zu können; er führe ein Projekt aus (keine weiteren Informationen), will über die Details aber nicht sprechen. Er bezeichne sein Gastland (Deutschland) als Land des Unglaubens, das Erpressungen gegen die Brüder führt. 26. Oktober 2016 Steuerung einer ergänzenden Mitteilung Marokkos zu AMRI an das LKA NW: AMRI soll auch eine Rufnummer nutzen und sich illegal in Berlin aufhalten. Er soll in Deutschland in Kontakt mit weiteren IS-Sympathisanten stehen, darunter ein russischer Staatsangehöriger (der von den deutschen Behörden nach Russland zurückgeschoben worden sein soll) und ein marokkanischer Staatsangehöriger (soll verheiratet sein, sein Pass soll sichergestellt worden sein und er soll das Land nicht verlassen dürfen). AMRI soll in Berlin mit einem weiteren marokkanischen Staatsangehörigen zusammen wohnen. Dessen Eltern sollen IS-Anhänger sein und väterliche Cousins sollen IS-Mitglieder in Syrien/Irak und Libyen sein. Zu seinen Kontaktpersonen wurden ebenfalls Lichtbilder übersandt. Darüber hinaus waren die besagten Informationen aus Marokko Gegenstand der Sitzung der AG „Operativer Informationsaustausch“ im GTAZ am 2. November 2016. Auf die Antworten zu den Fragen 4b und 4i wird verwiesen. e) Kann die Bundesregierung ausschließen, dass Anis Amri je selbst als V-Person oder sonstiger Informant des BKA geführt wurde? Ja. 9. Zu den laufenden Ermittlungen des Generalbundesanwalts (GBA): a) Seit wann war der GBA mit welchen Informationen mit dem Fall Anis Amri befasst, und was hat er veranlasst, bevor er die Ermittlungen zum Berliner Anschlag im Dezember 2016 übernahm? b) Welche Erkenntnisse hat der GBA zu Netzwerken Anis Amris in Deutschland und im Ausland? Die Fragen 9a und 9b werden aufgrund des Sachzusammenhanges zusammenhängend beantwortet. AMRI war seit Februar 2016 im Hinblick auf mögliche Anschlagspläne Gegenstand einer Anfangsverdachtsprüfung beim Generalbundesanwalt. Grundlage der Prüfung waren im Wesentlichen Erkenntnisse, die auf Hinweisen des LKA NW aus einem beim Generalbundesanwalt geführten Ermittlungsverfahren gegen andere Beschuldigte wegen Verdachts der Unterstützung der ausländischen terroristischen Vereinigung „IS“ und des Werbens um Mitglieder oder Unterstützer für diese Vereinigung beruhten. Die Prüfung hat ergeben, dass aufgrund der Erkenntnislage keine zureichenden tatsächlichen Anhaltspunkte für eine in die Ver- Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/11027 – 26 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode folgungszuständigkeit des Generalbundesanwalts fallende Straftat des AMRI bestanden . Entsprechend der gesetzlich vorgeschriebenen und im Grundgesetz verankerten Aufgabenverteilung zwischen Bundes- und Landesjustiz hat der Generalbundesanwalt die Erkenntnisse im März 2016 an die Generalstaatsanwaltschaft Berlin zur Prüfung der dortigen Einleitung eines Ermittlungsverfahrens wegen des Verdachts der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat (§ 89a StGB) übermittelt. In einem weiteren Ermittlungsverfahren des Generalbundesanwalts beim Bundesgerichtshof gegen andere Beschuldigte wegen des Verdachts der Gründung einer terroristischen Vereinigung und anderer Straftaten fiel AMRI im Rahmen von strafprozessualen Überwachungsmaßnahmen gegen eine Kontaktperson eines der dort Beschuldigten als dessen Kontaktperson auf. In diesem Ermittlungsverfahren ergaben sich keine Hinweise auf mögliche Anschlagspläne des AMRI. Die oben dargestellten Hinweise auf mögliche Anschlagspläne wie auch mögliche Kontakte und Verbindungen AMRIs in Deutschland und im Ausland sind Gegenstand der laufenden Ermittlungen. Weitere Auskünfte müssen im Hinblick auf die noch laufenden Ermittlungen unterbleiben. Trotz ihrer grundsätzlichen verfassungsrechtlichen Pflicht, Informationsansprüche des Deutschen Bundestages zu erfüllen, tritt hier nach sorgfältiger Abwägung der betroffenen Belange im Einzelfall das Informationsinteresse des Parlaments hinter das berechtigte Geheimhaltungsinteresse zurück. Eine Auskunft zu Erkenntnissen aus dem Ermittlungsverfahren würde konkret weitergehende Ermittlungsmaßnahmen erschweren oder gar vereiteln, weshalb aus dem Prinzip der Rechtsstaatlichkeit folgt, dass das betroffene Interesse der Allgemeinheit an der Gewährleistung einer funktionstüchtigen Strafrechtspflege und Strafverfolgung (vgl. dazu BVerfGE 51, 324 343 f.) hier Vorrang vor dem Informationsinteresse hat. 10. Zum sogenannten Gefährder-Begriff: a) Wie definiert die Bundesregierung aktuell den Begriff des Gefährders? Hat sich an dieser Definition seit dem Beschluss der IMK-AG Kripo vom März 2014 etwas geändert, und wenn ja, was, und welche Differenzierungen gibt es? Der Begriff des „Gefährders“ ist seit März 2014 unverändert und wird wie folgt definiert: „Gefährder ist eine Person, zu der bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen , dass sie politisch motivierte Straftaten von erheblicher Bedeutung, insbesondere solche im Sinne des § 100a der Strafprozessordnung (StPO), begehen wird.“ Eine weitere Differenzierung gibt es nicht. b) Sind die Gefährder-Definitionen von Polizei und Verfassungsschutz deckungsgleich , und wenn nicht, wie unterscheiden sie sich? Bei dem Begriff des „Gefährders“ handelt es sich um eine rein polizeiliche, bundeseinheitliche Begrifflichkeit/Definition, eine Entsprechung im Bereich des Verfassungsschutzes gibt es nicht. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 27 – Drucksache 18/11027 c) Welche Gefährder-Kategorien im Bereich Islamismus werden aktuell auf Bundesebene angewandt? Aktuell wird ausschließlich die in der Antwort zu Frage 10a genannte Gefährderdefinition angewandt. Es besteht keine weitere Untergliederung. d) Anhand welcher Kriterien werden dabei einzelne Fälle in die jeweiligen Kategorien eingeordnet? Auf die Antwort zu Frage 10c wird verwiesen. e) Wie viele in Deutschland befindliche und wie viele Gefährder insgesamt im Bereich extremistischer Islamismus sind der Bundesregierung aktuell bekannt (bitte mit Aufgliederung der Zahlen in die Gefährderkategorien)? Wie viele davon werden jeweils als sogenannte Top-Gefährder von der Bundesregierung geführt? Wie bereits erläutert, gibt es keine weitere Differenzierung der Gefährderdefinition . Insofern gibt es die Kategorie „Top-Gefährder“ nicht im Sprachgebrauch der deutschen Polizeibehörden. Aktuell führt das BKA in der oben beschriebenen Zentraldatei 552 Personen als Gefährder. Davon befinden sich derzeit 277 in Deutschland. Diese Angaben unterliegen täglichen Schwankungen. f) Wie viel Prozent dieser aktuell bekannten Gefährder haben die deutsche Staatsbürgerschaft? Wie viel Prozent dieser aktuell bekannten Gefährder haben nicht die deutsche Staatsbürgerschaft, und welchen Aufenthaltsstatus haben diese Personen in Deutschland (bitte nach Status aufschlüsseln)? Die Staatsangehörigkeiten der eingestuften Gefährder gliedern sich grob nach Dritteln. Ein Drittel hat nur die deutsche Staatsangehörigkeit, ein Drittel verfügt auch über eine deutsche Staatsangehörigkeit und ein weiteres Drittel hat keine deutsche Staatsangehörigkeit. Von den Gefährdern ohne deutsche Staatsangehörigkeit oder Freizügigkeitsberechtigung sind die Asylanträge von etwas mehr als 60 Gefährdern abgelehnt. Weitergehende Analysen waren in der Kürze der Zeit nicht möglich, zumal die konkrete ausländerrechtliche Bearbeitung (Aufenthaltsstatus ) in der Verantwortlichkeit lokaler Ausländerbehörden liegt. g) Gibt es eine für alle zuständigen Stellen einsehbare Gefährder-Datei, z. B. beim BKA im Rahmen seiner Zentralstellen- oder seiner Terrorismusbekämpfungsfunktion ? Auf die Antwort zu Frage 8b wird verwiesen. h) Wie wird die Überwachung von Gefährdern zwischen den Polizeien und dem BfV koordiniert? Die Maßnahmen im Rahmen des Gefährderprogramms erfolgen auf Grundlage des polizeilichen Gefahrenabwehrrechts und obliegen den zuständigen Sicherheitsbehörden der Bundesländer. Sie sind an die jeweiligen Landespolizeigesetze und die dementsprechenden rechtlichen und tatsächlichen Voraussetzungen gebunden . Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/11027 – 28 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Eingriffsmaßnahmen wie zum Beispiel Observationen bedürfen hierbei in aller Regel konkreter Gefährdungssachverhalte und richterlicher Beschlüsse. Soweit ein Gefährder Gegenstand eines Ermittlungsverfahrens ist, entscheidet die zuständige Staatsanwaltschaft und ggf. ein Gericht über Eingriffsmaßnahmen. Soweit erforderlich, werden Maßnahmen zu Gefährdern im Bereich des islamistischen Terrorismus von der zuständigen Polizeibehörde mit dem jeweiligen LfV, und dem BfV im Rahmen der GTAZ-Kooperation besprochen und eine federführende Koordination bzw. Verantwortlichkeit festgelegt. i) Findet die Übergabe im GTAZ statt, oder gibt es ein anderweitiges formalisiertes Übergabeverfahren? Eine Übergabe von Informationen zwischen den Sicherheitsbehörden findet grundsätzlich im Rahmen der gesetzlich festgelegten Verfahren und Meldewege in Schriftform statt. Das GTAZ unterstützt den Informationsaustausch und die Abstimmung zwischen den betroffenen Behörden als Kommunikationsplattform. j) Wie wird allgemein verhindert, dass eine Person bei der Koordination der Gefährder-Überwachung aus dem Blick der Sicherheitsbehörden geraten kann? Die Umsetzung von Maßnahmen im Rahmen des Gefährderprogramms obliegt den zuständigen Landespolizeibehörden auf Grundlage der rechtlichen und tatsächlichen Möglichkeiten im Einzelfall. Der polizeiliche Informationsaustausch erfolgt über die entsprechenden Meldewege . Die für einen Gefährder federführend zuständige Polizeidienststelle gewährleistet dabei den Informationsfluss zwischen den beteiligten Behörden, auch bei Überwachungsmaßnahmen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333