Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Auswärtigen Amts vom 31. Januar 2017 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 18/11082 18. Wahlperiode 02.02.2017 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Marieluise Beck (Bremen), Annalena Baerbock, Dr. Franziska Brantner, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 18/10718 – Rolle Russlands bei den Kampfhandlungen in der Ostukraine V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Der mit dem Minsker Abkommen vom 12. Februar 2015 („Minsk II“-Abkommen ) vereinbarte Waffenstillstand in der Ostukraine ist weiterhin brüchig. Die Special Monitoring Mission der OSZE (OSZE SMM) berichtet von täglichen Schusswechseln zwischen den von Russland unterstützten bewaffneten Kräften und den ukrainischen Streitkräften an der Kontaktlinie. Dabei kommen auch schwere Waffen zum Einsatz. Die Verhandlungen zur Implementierung des „Minsk II“-Abkommens gestalten sich ausgesprochen zäh. Dabei ist insbesondere die zeitliche Abfolge der im Abkommen zur Umsetzung vereinbarten Punkte strittig. Festzuhalten ist, dass gegenwärtig nicht einmal grundlegende Verabredungen des „Minsk II“-Abkommens , wie die Einhaltung des Waffenstillstands, der Abzug schwerer Waffen und der (uneingeschränkte und vollständige) Zugang für die OSZE-Mission, realisiert sind (FAZ vom 30. November 2016, SZ vom 21. Oktober 2016). Erschwert werden die internationalen Verhandlungen, die vor allem im sogenannten Normandie-Format unter Beteiligung Deutschlands, Frankreichs, der Ukraine und Russlands sowie in der trilateralen Kontaktgruppe durchgeführt werden, dadurch, dass sich Russland bis heute nicht als Konfliktpartei sieht. V o r b e me r k u n g d e r B u n d e s r e g i e r u n g Die Beantwortung der Fragen 1, 4, 5, 13, 18 und 19 kann nicht oder nur teilweise offen erfolgen, da die erbetenen Auskünfte Informationen zu Aufklärungsaktivitäten , Analysemethoden und zur aktuellen Aufgabenerfüllung des Bundesnachrichtendienstes preisgeben. Arbeitsmethoden und Vorgehensweisen des Bundesnachrichtendienstes sind im Hinblick auf die künftige Auftragserfüllung besonders schutzbedürftig, ihre Veröffentlichung ließe Rückschlüsse auf die Fähigkeiten , Methoden und Aufklärungsschwerpunkte zu. Eine Veröffentlichung von Einzelheiten betreffend solche Fähigkeiten würde zu einer wesentlichen Schwächung Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/11082 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode der den Nachrichtendiensten zur Verfügung stehenden Möglichkeiten zur Informationsgewinnung führen. Dies könnte die Effektivität der nachrichtendienstlichen Aufklärung beeinträchtigen, was wiederum für die Interessen der Bundesrepublik Deutschland schädlich sein kann. Deshalb sind die entsprechenden Informationen als Verschlusssache gemäß der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift des Bundesministeriums des Innern zum materiellen und organisatorischen Schutz von Verschlusssachen (VS-Anweisung – VSA) mit dem VS-Grad „VS – Vertraulich “ eingestuft.* 1. Wie hat sich die Einhaltung des Waffenstillstands in der Ostukraine seit Unterzeichnung des „Minsk II“-Abkommens am 12. Februar 2015 insgesamt entwickelt? 2. In welcher Größenordnung kommt es nach den Beobachtungen der OSZE SMM pro Tag zu Verletzungen des Waffenstillstands (im Durchschnitt und mit welchen Spitzenwerten)? 3. Wie hat sich die Zahl der Waffenstillstandsverletzungen im Jahr 2016 entwickelt , und haben wir es gegenwärtig mit einer nachlassenden, gleichbleibenden oder ansteigenden Tendenz zu tun? Fragen 1 bis 3 werden zusammengefasst beantwortet. Das Minsker Maßnahmenpaket von Februar 2015 hat insgesamt zu einer deutlichen Abnahme der Waffenstillstandsverletzungen geführt. Nach Angaben der Sonderbeobachtungsmission der OSZE in der Ukraine (SMM) ist es gleichwohl seit der Unterzeichnung der Implementierungsvereinbarung vom 12. Februar 2015 bislang nicht zur vollständigen Einhaltung der Waffenruhe gekommen. Die Anzahl der seitens der SMM registrierten und gemeldeten Waffenstillstandsverletzungen ist von hoher Volatilität gekennzeichnet. Im Jahr 2016 zählte die Mission durchschnittlich etwa 5 600 Waffenstillstandsverletzungen pro Woche, also etwa 800 pro Tag. Besonders hohe Zahlen registrierte die SMM in der ersten Aprilhälfte 2016 mit rund 9 900 Verletzungen in einer Woche sowie in der ersten Novemberhälfte 2016 mit rund 11 500 Verletzungen in einer Woche. Zu einer temporären Beruhigung der Lage hat die Bekräftigung der Waffenruhe zum Schulanfang am 1. September 2016 und zum Jahreswechsel beigetragen. Eine eindeutige Tendenz ist aus den vorliegenden Zahlen aufgrund der Volatilität nicht ableitbar. Die genauen Zahlen (tageweise) seit September 2015 sind unter www.osce.org/ ukraine-smm öffentlich zugänglich. Für die weitere Beantwortung der Frage wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen. * Das Auswärtige Amt hat Teile der Antwort bzw. die Antworten zu den Fragen 1, 4, 5, 13, 18 und 19 als „VS – Vertraulich“ eingestuft. Die Antwort ist in der Geheimschutzstelle des Deutschen Bundestages hinterlegt und kann dort nach Maßgabe der Geheimschutzordnung eingesehen werden. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/11082 4. Welche Personengruppen, nichtstaatlichen oder staatlichen Strukturen sind generell in Betracht zu ziehen, um die Beteiligung nichtukrainischer Akteure an den Kampfverbänden in den nicht von der ukrainischen Regierung kontrollierten Gebieten zu ermessen (z. B. reguläre russische Streitkräfte, Geheimdienste , Angehörige paramilitärischer oder substaatlicher Sicherheitsstrukturen aus dem Ausland, private Sicherheitsdienste, Söldner usw.)? Nach Kenntnis der Bundesregierung berichten aus den besetzten Gebieten rückkehrende Personen übereinstimmend und unabhängig voneinander von Angehörigen regulärer russischer Einheiten. Eine unabhängige Überprüfung der Aussagen ist der Bundesregierung nicht möglich. Für die weitere Beantwortung der Frage wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen. 5. Wie hat sich die Anzahl der in der Ostukraine befindlichen regulären Angehörigen der russischen Streitkräfte seit Beginn der Kampfhandlungen entwickelt ? Es wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen. 6. Wie hoch ist die der Bundesregierung bekannte Höchstzahl regulärer Angehöriger der russischen Streitkräfte, die sich seit Beginn der Kampfhandlungen in der Ostukraine aufgehalten haben? Hierzu liegen der Bundesregierung keine belastbaren Erkenntnisse vor. 7. Wie hoch ist der gegenwärtige Anteil regulärer Angehöriger der russischen Streitkräfte an den in den nicht von der ukrainischen Regierung kontrollierten Gebieten befindlichen Kampfverbänden? Hierzu liegen der Bundesregierung keine eigenen Erkenntnisse vor. Nach Kenntnis der Bundesregierung variieren die ukrainischen Einschätzungen zur Zahl der regulären Angehörigen der russischen Streitkräfte in den nicht von der ukrainischen Regierung kontrollierten Gebieten befindlichen Kampfverbänden zwischen 3 500 und 5 500. Ihr Anteil wird in der Ukraine in der Regel mit 10 bis 15 Prozent der Gesamtzahl der Kämpfer in den nicht von der ukrainischen Regierung kontrollierten Gebieten geschätzt. 8. Welchen Truppengattungen gehören diese regulären Angehörigen der russischen Streitkräfte an? Hierzu liegen der Bundesregierung keine belastbaren Erkenntnisse vor. 9. Verfügt die Bundesregierung über Informationen bezüglich der Rotation von in den nicht von der ukrainischen Regierung kontrollierten Gebieten anwesenden Angehörigen der regulären russischen Streitkräfte? Hierzu liegen der Bundesregierung keine belastbaren Erkenntnisse vor. 10. Wie ist die russische Rechtslage zur Beteiligung von regulären Militärangehörigen an Kampfhandlungen und außerstaatlichen Kampfverbänden außerhalb ihrer Dienstzeit? Eine konkrete Rechtslage hierzu ist der Bundesregierung nicht bekannt. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/11082 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 11. In welchem Umfang sind gegenwärtig andere am Konfliktgeschehen im weiteren Sinne beteiligte und nicht aus der Ukraine stammende Personen – wie etwa Angehörige russischer Geheimdienst- und Sicherheitsstrukturen oder Angehörige paramilitärischer oder substaatlicher Strukturen (wie z. B. die Kampfverbände des tschetschenischen Präsidenten oder Kampfverbände aus postsowjetischen Konfliktgebieten wie Transnistrien, Abchasien, Südossetien ) – in den nicht von der ukrainischen Regierung kontrollierten Gebieten aktiv? Hierzu liegen der Bundesregierung keine belastbaren Erkenntnisse vor. 12. In welchem Umfang sind seit Jahresbeginn 2016 nicht reguläre Kämpfer über die russische Grenze in die nicht von der ukrainischen Regierung kontrollierten Gebiete eingereist? Hierzu liegen der Bundesregierung keine belastbaren Erkenntnisse vor. 13. Über welche konventionellen Waffensysteme verfügen gegenwärtig die regulären russischen Streitkräfte sowie die irregulären Kampfverbände in den nicht von der ukrainischen Regierung kontrollierten Gebieten – bitte einzeln auflisten nach Stückzahl und Waffensystem: a) Kampfpanzer, b) Artillerie, c) geschützte Truppentransporter, d) mobile Luftabwehrsysteme, e) mobile Systeme für den elektronischen Kampf und zur Störung der Kommunikation ? Es wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen. 14. Wie hoch ist gegenwärtig die Anzahl der den Kampfverbänden in den nicht von der ukrainischen Regierung kontrollierten Gebieten verfügbaren Panzer – soweit bekannt, ggf. auch geschätzt –, und wie groß ist darunter mindestens der Anteil der seit Beginn der Kampfhandlungen aus Russland in die genannten Gebiete gelieferten Panzer? 15. Woher stammen die übrigen Panzer? 16. Wie viele Panzer sind gezählt worden, die seit Unterzeichnung des „Minsk II“-Abkommens aus Russland über die russisch-ukrainische Grenze in die nicht von der ukrainischen Regierung kontrollierten Gebiete gelangt sind? 17. In welchem Umfang wurden seit August 2016 Waffensysteme und sonstige militärisch verwendbare Güter wie Munition, Fahrzeuge, Kraftstoff etc. aus Russland in die nicht von der ukrainischen Regierung kontrollierten Gebiete geliefert? Die Fragen 14 bis 17 werden zusammengefasst beantwortet. Hierzu liegen der Bundesregierung keine belastbaren Erkenntnisse vor. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/11082 18. Welche Bedeutung hat nach Einschätzung der Bundesregierung insgesamt die militärische Unterstützung aus Russland für die Kampffähigkeit der in den nicht von der ukrainischen Regierung kontrollierten Gebieten befindlichen Kampfverbände? 19. Wie ist die Tendenz der militärischen Unterstützung nach Kenntnis der Bundesregierung seitens Russlands seit Inkrafttreten des „Minsk II“-Abkommens ? Für die Beantwortung der Fragen 18 und 19 wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen. 20. In welchem Umfang wurden bislang im Jahr 2016 verwundete oder getötete mutmaßliche Kampfbeteiligte aus den nicht von der ukrainischen Regierung kontrollierten Gebieten nach Russland verbracht? Hierzu liegen der Bundesregierung keine belastbaren Erkenntnisse vor. 21. Welche Gebiete konnten bis heute nicht von der OSZE SMM betreten werden , da der Mission der Zugang verweigert wurde? Die Beobachter der SMM erfahren Zugangsbeschränkungen beispielsweise im Zuge der Beobachtung an der Kontaktlinie, in den Entflechtungszonen, im Bereich der ukrainisch-russischen Staatsgrenze sowie im Bereich gemeldeter Sammelräume für den vereinbarten Abzug von Waffen. Die SMM informiert täglich in ihren öffentlichen Berichten über solche Zugangsbeschränkungen und Einschränkungen ihrer Bewegungsfreiheit, die teilweise nur tage- oder stundenweise bestehen. Im Jahr 2016 zählte die SMM insgesamt mehr als 1 600 Behinderungen , davon zwei Drittel in nicht regierungskontrolliertem Gebiet. Für weitere Einzelheiten wird auf den Bericht der SMM zu Zugangsbeschränkungen vom Juli 2016 verwiesen: www.osce.org/ukraine-smm/261066?download=true. 22. Welche Quellen und technischen Einrichtungen stehen der Bundesregierung zur Verfügung, um sich über den Transport von Kämpfern und/oder militärischer Ausrüstung über die russische Grenze in die nicht von der ukrainischen Regierung kontrollierten Gebiete zu informieren? Der Bundesregierung stehen neben der Berichterstattung verbündeter Nationen, internationaler Organisationen (OSZE) und des Bundesnachrichtendienstes auch die Mittel der weiträumigen Aufklärung zur Verfügung. Der Bundesnachrichtendienst sammelt zur Gewinnung von Erkenntnissen über das Ausland, die von außen - und sicherheitspolitischer Bedeutung für die Bundesrepublik Deutschland sind, die erforderlichen Informationen und wertet sie aus. Diese Tätigkeit richtet sich nach dem BNDG. Der Quellenschutz stellt für die Aufgabenerfüllung einen überragend wichtigen Grundsatz dar. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333