Deutscher Bundestag Drucksache 18/1112 18. Wahlperiode 09.04.2014 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Volker Beck (Köln), Dr. Franziska Brantner, Britta Haßelmann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 18/907 – Zuwanderung von Menschen aus Bulgarien und Rumänien nach Deutschland Vo r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Seit Beginn dieses Jahres genießen auch die Bürgerinnen und Bürger aus Rumänien und Bulgarien innerhalb der Europäischen Union (EU) die volle Arbeitnehmerfreizügigkeit sowie die Niederlassungsfreiheit in allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union. Viele nutzten die neu gewonnene Freizügigkeit . Im Jahr 2012 zog es ca. 75 000 Personen aus Rumänien und Bulgarien nach Deutschland (Migrationsbericht der Bundesregierung 2012, Berlin 2014). Die Mehrzahl nimmt hier eine Erwerbstätigkeit auf; einige erhalten staatliche Unterstützungsleistungen. Obwohl die Anzahl der wegen Sozialleistungen ins Land kommenden Personen relativ gering ist, sind die Auswirkungen aufgrund der Konzentration der Zuwanderung auf wenige Großstädte wie Duisburg, Essen , Mannheim, Hannover und Berlin deutlich spürbar. Einige dieser Städte klagen über erhebliche Mehrkosten. Der Deutsche Städte- und Gemeindebund e. V. (DStGB) und der Deutsche Städtetag (DST) fordern deshalb schon länger, dass der Bund stärker tätig werde (erstmals wurde diese Forderung der Bundesregierung vom DST vorgebracht , siehe auch den Gastbeitrag des Hauptgeschäftsführers des DStGB in der Neuen Osnabrücker Zeitung vom 28. Februar 2013). Für eine Entlastung der Städte stehen auch EU-Mittel zur Verfügung. Integrationsmaßnahmen sind einer der Förderschwerpunkte des Europäischen Sozialfonds (ESF). Benachteiligte Gruppen sollen besser sozial eingegliedert und ihr Zugang zum Arbeitsmarkt erleichtert werden. Rund 14 Prozent der insgesamt etwa 75 Mrd. Euro der aktuellen Förderperiode können zu diesem Zweck verwendet werden. Gelder des ESF bedürfen jedoch in den betroffenen Staaten der Europäischen Union der Kofinanzierung. An ihre Auszahlung sind umfangreiche Bedingungen geknüpft (Monitoring und Evaluation). Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums des Innern vom 7. April 2014 übermittelt . Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Die Europäische Kommission hat einen praktischen Leitfaden zur Feststellung des gewöhnlichen Aufenthaltsorts veröffentlicht. Dieser soll den Mitgliedstaaten bei der Anwendung der EU-Vorschriften über die Koordinierung der sozialen Sicherheit helfen und zwar im Hinblick auf diejenigen Unionsbürger, die in einen anderen Mitgliedstaat umgezogen sind. Der neue Leitfaden schafft Klarheit bei der Feststellung des gewöhnlichen Aufenthaltsorts in der EU und Drucksache 18/1112 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode wird die praktische Umsetzung durch die mitgliedstaatlichen Behörden vereinfachen . Der in Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten erstellte Leitfaden erläutert die unterschiedlichen Konzepte des „gewöhnlichen Aufenthalts“ und des „vorübergehenden Aufenthalts“ bzw. „Aufenthalts“. Diese im EU-Recht festgelegten Definitionen (Verordnung (EG) Nr. 883/2004, zuletzt geändert durch die Verordnung (EU) Nr. 465/2012) müssen bei der Frage zugrunde gelegt werden, welcher Mitgliedstaat für Leistungen der sozialen Sicherheit für Bürgerinnen und -Bürger der Europäischen Union zuständig ist, die von einem Mitgliedstaat in einen anderen ziehen. Nach EU-Recht kann es nur einen Ort des gewöhnlichen Aufenthalts und somit nur einen Mitgliedstaat geben, der für wohnsitzgebundene Leistungen der sozialen Sicherheit zuständig ist. Beschäftigte und selbständig Erwerbstätige haben in dem Land Anspruch auf Leistungen der sozialen Sicherheit, in dem sie arbeiten. Nicht erwerbstätige Personen (z. B. Rentner, Studierende) sind in dem Mitgliedstaat ihres gewöhnlichen Aufenthalts anspruchsberechtigt. In dem Leitfaden wird auf die spezifischen Kriterien hingewiesen, die bei der Bestimmung des gewöhnlichen Aufenthalts berücksichtigt werden müssen, wie z. B. familiäre Verhältnisse und familiäre Bindungen, die Dauer und Kontinuität des Aufenthalts im Hoheitsgebiet des betreffenden Mitgliedstaats, Art und Merkmale der Erwerbstätigkeit (insbesondere der Ort, an dem eine solche Tätigkeit in der Regel ausgeübt wird, die Dauerhaftigkeit der Tätigkeit und die Dauer des Arbeitsvertrags), die Ausübung einer nicht bezahlten Tätigkeit, im Falle von Studierenden ihre Einkommensquelle , Wohnsituation, insbesondere deren dauerhafter Charakter, der Mitgliedstaat, der als der steuerliche Wohnsitz der Person gilt, Gründe für den Wohnortwechsel oder der Wille der Person, wie er sich aus sämtlichen Umständen erkennen lässt, belegt durch tatsachengestützte Nachweise. 1. Ist es aus Sicht der Bundesregierung sachgerecht, im Zusammenhang mit der Einwanderung von Bulgarinnen und Bulgaren sowie Rumäninnen und Rumänen von „Armutszuwanderung“ und von einem „Missbrauch der deutschen Sozialsysteme“ zu sprechen? Die Zuwanderung aus anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU) hat in den vergangenen Jahren dank des für Unionsbürger geltenden Freizügigkeitsrechts kontinuierlich zugenommen. Das Freizügigkeitsrecht ist eine der tragenden Grundfreiheiten und einer der sichtbarsten Vorzüge der Europäischen Union für ihre Bürger. Deutschland profitiert von der Freizügigkeit. Der weit überwiegende Teil der Zuwanderer aus den EU-Mitgliedstaaten erfüllt die Voraussetzungen für die Ausübung des europäischen Freizügigkeitsrechts und trägt zu Wohlstand und Entwicklung bei. Gerade für ein Land wie Deutschland, das vor großen demografischen Herausforderungen steht, kann die Zuwanderung von jungen, qualifizierten Fachkräften einen wichtigen und willkommenen Beitrag zur Sicherung des Wohlstands und zur Stabilisierung unserer Sozialsysteme leisten. Gegenüber den in der Frage genannten Staaten konnte für das Jahr 2012 ein Wanderungsgewinn von 74 742 Personen verzeichnet werden, mit dem auch ein Anstieg der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten einherging. Zuwanderung, ob aus Drittstaaten oder aus EU-Mitgliedstaaten, ist ein komplexes und vielschichtiges Phänomen, dem man mit einer wie in der Frage angesprochenen generellen und pauschalen Qualifizierung nicht gerecht würde. Mit der Zuwanderung aus anderen EU-Mitgliedstaaten können auch negative Begleiterscheinungen für Kommunen und die Zuwanderer selbst verbunden sein. Betroffene Städte und Gemeinden in Deutschland berichten im Hinblick auf einzelne Zuwanderergruppen mit besonderem Integrationsbedarf (u. a. aus den in der Frage genannten Staaten) von zum Teil unhaltbaren Wohnverhältnissen und ausbeuterischer Beschäftigung, von Kindern, die nicht zur Schule gehen und Problemen bei der Gesundheitsversorgung und der Sicherung des sozialen Friedens ebenso wie von Fällen betrügerischer oder missbräuchlicher In- Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/1112 anspruchnahme des Freizügigkeitsrechts. Der Staatssekretärsausschuss zu Rechtsfragen und Herausforderungen bei der Inanspruchnahme der sozialen Sicherungssysteme durch Angehörige der EU-Mitgliedstaaten hat sich in seinem Zwischenbericht vom 26. März 2014 eingehend mit dieser Thematik beschäftigt . 2. Wie viele Fälle von „Sozialbetrug“ wurden bislang in Bezug auf diese Personengruppe festgestellt, und welche Rückmeldungen aus den Kommunen gibt es seit Jahresbeginn hinsichtlich der Zuwanderung von rumänischen und bulgarischen Bürgerinnen und Bürgern? Die Bundesagentur für Arbeit (BA) hat mitgeteilt, dass sie im Jahr 2013 insgesamt im Bereich der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) 55 431 Verdachtsfälle an die Staatsanwaltschaft oder die Behörden der Zollverwaltung abgegeben hat. Über die Zahl der von den zugelassenen Trägern abgegebenen Verdachtsfälle liegen der Bundesregierung keine Informationen vor. Im gleichen Zeitraum hat die BA im Bereich der Arbeitsförderung nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) 32 929 Verdachtsfälle an die Staatsanwaltschaft oder die Behörden der Zollverwaltung abgegeben. Es ist in beiden Rechtskreisen nicht möglich, nach der Nationalität der Tatverdächtigen zu differenzieren. Die BA erhält keine Kenntnis über den Abschluss des Verfahrens. Die Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS) ist nur dann für Fälle des Sozialleistungsmissbrauchs zuständig, wenn Leistungen nach dem SGB II oder SGB III im Zusammenhang mit der Erbringung von Dienst- oder Werkleistungen zu Unrecht bezogen werden oder wurden (§ 2 Absatz 1 Nummer 2 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz , § 405 Absatz 1 Nummer 3 SGB III, § 64 Absatz 2 Nummer 2b SGB II). Eine Aufschlüsselung der von der FKS bearbeiteten Fälle nach Nationalitäten ist nicht möglich, da die statistischen Auswertungen der FKS dies nicht vorsehen. Auf der Grundlage der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) können für diesen Deliktsbereich keine bundesweiten Aussagen gemacht werden, da die Daten der FKS dazu nicht in die PKS einfließen. In der PKS werden – mit Blick auf die oben dargestellte grundsätzliche Zuständigkeit der FKS – lediglich die wenigen Fälle des Sozialleistungsbetruges abgebildet, die der Polizei bekannt werden. Für das Jahr 2012 sind in der PKS zum Betrug zum Nachteil von Sozialversicherungen und Sozialversicherungsträgern (Schlüsselnummer 517700) neun bulgarische und 14 rumänische Tatverdächtige sowie zum (sonstigen) Sozialleistungsbetrug (soweit nicht unter Schlüssel 5177 zu erfassen; Schlüsselnummer 517800) 29 bulgarische und 60 rumänische Tatverdächtige erfasst. Die Daten der PKS für das Jahr 2013 werden am 4. Juni 2014 bekannt gegeben. Dabei ist erneut darauf hinzuweisen, dass auf der Grundlage der Daten aus der PKS keine belastbaren Aussagen zu diesem Deliktsbereich möglich sind. Der Staatssekretärsausschuss hat sich intensiv mit der Situation in den Kommunen befasst, die in besonderer Weise durch einen verstärkten Zuzug aus anderen EU-Mitgliedstaaten betroffen sind, u. a. im Rahmen einer Anhörung am 20. Februar 2014 mit Vertretern betroffener Kommunen und der kommunalen Spitzenverbände . Zusammenfassend weisen die Berichte der Kommunalvertreter in dieser Anhörung auf einen weiterhin deutlich ansteigenden Zuzug aus Rumänien und Bulgarien insbesondere in Großstädte hin: So berichtete Duisburg über einen Drucksache 18/1112 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Zuzug von aktuell 600 Personen pro Monat aus diesen Staaten. In Berlin hat sich demnach die Zahl rumänischer und bulgarischer Staatsangehöriger seit Ende 2010 auf rund 30 000 Personen verdoppelt. 3. Aus welchen Gründen hält die Bundesregierung es für angemessen, für zwei inhaltliche Fragestellungen („Zu klären ist, welchen Anspruch auf welche Sozialleistungen Zuwanderer in Deutschland haben. Auch benötigen die Kommunen für die Integration ärmerer Zuwanderer möglicherweise Unterstützung, weil sie dies allein nicht leisten können.“, vergleiche www.bundesregierung.de/Content/DE/Artikel/2014/01/2014-01-08-stsausschuss -zuwanderung-eingesetzt.html) einen Staatssekretärsausschuss zur Zuwanderung unter Beteiligung von elf Bundesministerien einzurichten? 4. Beabsichtigt die Bundesregierung, künftig bei Fragestellungen ähnlicher Komplexität regelmäßig einen Staatssekretärsausschuss einzurichten? Die Fragen 3 und 4 werden gemeinsam beantwortet. Die Themen, mit denen sich der Staatssekretärsausschuss befasst, betreffen die Zuständigkeit mehrerer Ressorts. Nach Auffassung der Bundesregierung sind die zuständigen Staatssekretäre der betroffenen Ressorts die geeignete Ebene, um dieses komplexe Thema umfassend zu diskutieren und mögliche Empfehlungen an die Bundesregierung zu richten. Aussagen darüber, ob auch künftig bei ähnlich komplexen Fragestellungen ein entsprechendes Gremium gebildet wird, können jeweils nur zeitnah und themenspezifisch getroffen werden und sind daher zum jetzigen Zeitpunkt nicht möglich. 5. Ist es zutreffend, dass innerhalb des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz , Bau und Reaktorsicherheit eine weitere „Unterarbeitsgruppe mit Vertretern von Ländern und Kommunen“ zum Thema Zuwanderung und Freizügigkeit in Europa eingerichtet worden ist (vgl. Der Westen vom 27. Januar 2014)? Und wenn ja, welche Aufgabe hat diese Unterarbeitsgruppe, und in welchem Verhältnis steht diese zu der bereits bestehenden Staatssekretärsrunde innerhalb der Bundesregierung? Die Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB) hatte zu Beginn des Jahres die Oberbürgermeister mehrerer größerer Städte zu einem Gespräch eingeladen, um mit ihnen Unterstützungsmöglichkeiten im Rahmen des Städtebauförderungsprogramms „Soziale Stadt“ zu erörtern . An dem Treffen nahmen neben den Kommunen auch Vertreter einiger Bundesländer , die Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration sowie Vertreter der Bundesministerien für Arbeit und Soziales und des Innern teil. Die eingeladenen Oberbürgermeister hatten in einem gemeinsamen Brief auf die Schwierigkeiten ihrer Städte mit den Folgen der verstärkten Zuwanderung hingewiesen. Zur Konkretisierung des möglichen Beitrags des Bund-Länder-Programms „Soziale Stadt“ wurde im Ergebnis des Gesprächs eine Arbeitsgruppe aus Vertretern von Bund, Ländern und Kommunen eingerichtet . Ziel ist es abzustimmen, wie die Maßnahmen ausnahmsweise beschleunigt werden können. Die Ergebnisse aller Aktivitäten des BMUB fließen in den Beitrag des BMUB zum Staatssekretärsausschuss „Herausforderungen bei der Inanspruchnahme der sozialen Sicherungssysteme durch Angehörige der EU-Mitgliedstaaten“ ein. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/1112 6. In wie vielen Fällen sind nach Kenntnis der Bundesregierung von den vor deutschen Gerichten verhandelten Fällen, in denen es um den Ausschluss von Unionsbürgerinnen und Unionsbürgern von Arbeitslosengeld II (ALG II) gemäß § 7 Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 und 2 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch (SGB II) geht, Staatsbürgerinnen und Staatsbürger aus den Staaten betroffen, die ab dem Jahr 2004 der EU beigetreten sind? 7. Wie viele der vor deutschen Gerichten verhandelten Fälle, in denen es um den Ausschluss von Unionsbürgern von ALG II gemäß § 7 Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 und 2 SGB II geht, sind nach Kenntnis der Bundesregierung auf den von der Bundesregierung eingelegten Vorbehalt zum Europäischen Fürsorgeübereinkommen zurückzuführen? Die Fragen 6 und 7 werden gemeinsam beantwortet. Derzeit befassen sich mehrere Gerichte mit der EU-rechtlichen Zulässigkeit der im SGB II vorgesehenen Leistungsausschlüsse für Ausländer. Dabei handelt es sich stets um unterschiedliche Sachverhalte und es sind Unionsbürger aus Staaten der EU betroffen, die sowohl vor als auch nach dem Jahr 2004 der EU beigetreten sind. Eine Statistik nach Nationalitäten wird nicht geführt. 8. Konnte die Bundesregierung inzwischen mithilfe der Leitlinien der Europäischen Kommission klären „welchen Anspruch auf welche Sozialleistungen Zuwanderer in Deutschland haben“? Weicht die Rechtsauffassung der Bundesregierung von der in den Leitlinien geäußerten Rechtsauffassung der Europäischen Kommission ab? Der von den Fragestellern angesprochene praktische Leitfaden zur Anwendung der VO 883/2004 (Praktischer Leitfaden zum anwendbaren Recht in der EU, EWR und der Schweiz), den die Europäische Kommission in ihrer Mitteilung über die Freizügigkeit der EU-Bürger und ihrer Familien vom 25. November 2013 (KOM[2013] 837 final) nennt, enthält unter anderem Aussagen zur Frage des gewöhnlichen Aufenthaltes im Sinne der Verordnung. Die Ausführungen zum gewöhnlichen Aufenthalt beziehen sich ausschließlich auf die Frage, welches Recht Anwendung findet. Der Leitfaden hat damit keine Auswirkungen auf die leistungsrechtliche Seite, insbesondere die Frage, ob ein Unionsbürger nach dem anwendbaren nationalen Recht Anspruch auf Leistungen der sozialen Sicherheit hat. Der praktische Leitfaden führt aus, dass in Bezug auf den Anspruch auf eine Leistung eine nationale Definition des Begriffs „Wohnort“ andere, weniger oder weitere Kriterien, als für die Feststellung des anwendbaren Rechts notwendig sind, beinhalten kann. Diese Kriterien müssen im Einklang mit dem EU-Recht stehen. 9. Ist die Bundesregierung der Meinung, dass für nicht arbeitsuchende Zuwanderinnen und Zuwanderer aus den Mitgliedstaaten der Europäischen Union in Deutschland ein voller gesetzlicher Anspruch auf Krankenversicherung besteht? Wenn nein, warum nicht? 10. Wer sonst sollte nach Auffassung der Bundesregierung anfallende Gesundheitskosten übernehmen? Die Fragen 9 und 10 werden gemeinsam beantwortet. Nach § 4 des Gesetzes über die allgemeine Freizügigkeit von Unionsbürgern (FreizügG/EU) sind nicht erwerbstätige, nicht arbeitsuchende Unionsbürger in Deutschland nur freizügigkeitsberechtigt, wenn sie über einen ausreichenden Drucksache 18/1112 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Krankenversicherungsschutz verfügen. Anfallende Gesundheitskosten sind daher über diesen ausreichenden Krankenversicherungsschutz abzudecken. Der Krankenversicherungsschutz kann beispielsweise durch eine Krankenversicherung im Herkunftsland oder über eine private Krankenversicherung sichergestellt werden. Entsprechend nimmt § 5 Absatz 11 Satz 2 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) Angehörige eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union von der Versicherungspflicht in der GKV nach § 5 Absatz 1 Nummer 13 SGB V (sogenannte nachrangige Versicherungspflicht) aus, wenn die Voraussetzung für die Wohnortnahme in Deutschland die Existenz eines Krankenversicherungsschutzes nach § 4 FreizügG/EU ist. Besteht im Ausnahmefall weder eine Absicherung im Krankheitsfall über das Heimatland noch in Deutschland und können sich Unionsbürgerinnen und Unionsbürger nicht aus eigener Kraft oder durch vorrangig Leistungsverpflichtete helfen, kommen gegebenenfalls subsidiär Sozialleistungsansprüche in Betracht . Der Leistungsumfang richtet sich dabei nach § 23 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII). Zumindest kann jeder hilfebedürftige Ausländer oder jede hilfebedürftige Ausländerin die unabweisbaren Hilfen im Sinne des § 23 Absatz 3 Satz 2 SGB XII erhalten. Das gilt auch in Fällen des § 23 Absatz 3 Satz 1 SGB XII. Die Kosten der Hilfen zur Gesundheit nach dem SGB XII tragen die Träger der Sozialhilfe. 11. Welches Volumen umfassten die ESF-Bundesprogramme, die für die Zielgruppe Einwanderinnen und Einwanderer bzw. Menschen mit Migrationshintergrund eingerichtet wurden? Im ESF-Bundesprogramm (Europäischer Sozialfonds) sind keine Budgetlinien für die Zielgruppe der Einwanderinnen und Einwanderer bzw. Menschen mit Migrationshintergrund festgelegt. Die festgelegten Mittelvolumen umfassen die Mittelzuteilung an bestimmte Programme. Eine zielgruppenspezifische Auswertung ist somit nur ex-post möglich. Bis zum Jahresende 2013 wurden im ESF-Bundesprogramm in der Förderperiode 2007 bis 2013 rund 420 Mio. Euro ESF-Mittel für die genannte Zielgruppe verausgabt. 12. Konnten an diesen Bundesprogrammen auch freizügigkeitsberechtigte Unionsbürgerinnen und Unionsbürger partizipieren? Wenn ja, in welchem Ausmaß haben freizügigkeitsberechtigte Unionsbürgerinnen und Unionsbürger derartige ESF-Förderprogramme in Anspruch genommen? Wenn nein, warum nicht? Freizügigkeitsberechtigte Unionsbürgerinnen und Unionsbürger haben grundsätzlich Zugang zu ESF-Programmen, wenn sie ihren Wohnsitz in Deutschland haben und die jeweiligen Fördervoraussetzungen erfüllen. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 11 verwiesen. 13. In welchem Ausmaß wurden die Fördergelder der Bundesprogramme tatsächlich abgerufen? Deutschland, also die Summe aller ESF-Programme des Bundes und der Bundesländer , weist nach der Darstellungsmethode der Europäischen Kommission (Stand 24. Februar 2014) eine Erstattungsquote von 67,95 Prozent bezogen auf die Gesamtmittelzuweisung auf und liegt damit deutlich über der EU-Durch- Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/1112 schnittsquote von 59,32 Prozent. Auf Ebene des Bundes-ESF sind bereits 93 Prozent ESF-Mittel in konkreten Projekten rechtlich verpflichtend gebunden und die restlichen 7 Prozent vollständig verplant. Für das ESF-Bundesprogramm wird von einer plangemäßen Umsetzung und damit vollständigen Ausschöpfung der ESF-Mittel bis zum Ende des Finanzierungszeitraums (31. Dezember 2015) ausgegangen. 14. Haben die Bundesländer nach Kenntnis der Bundesregierung ihrerseits ESF-Länderprogramme für die Zielgruppe Einwanderinnen und Einwanderer bzw. Menschen mit Migrationshintergrund eingerichtet? Wenn ja, welche Bundesländer haben welche Programme eingerichtet (und mit was für einem Mittelvolumen ausgestattet)? Wenn nein, warum nicht? Der Bundesregierung liegen hierzu keine Erkenntnisse vor. 15. Werden die ESF-Programme der jetzigen Förderperiode für die Zielgruppe Einwanderinnen und Einwanderer bzw. Menschen mit Migrationshintergrund auch in der neuen Förderperiode des ESF fortgeführt, und wenn ja, in welcher Form? Vorbehaltlich der Genehmigung des Operationellen Programmes des Bundes sind für die kommende Förderperiode 2014 bis 2020 für die genannte Zielgruppe die nachfolgend dargestellten ESF-Bundesprogramme geplant. Von den ESF-Programmen des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS), die in der Förderperiode 2007 bis 2013 für die Zielgruppe besonders relevant waren, wird das ESF-BAMF-Programm weitergeführt. Außerdem wird es mit der Integrationsrichtlinie Bund ein Nachfolgeprogramm zu „XENOS – Integration und Vielfalt“ und zu „XENOS – Arbeitsmarktliche Unterstützung für Bleibeberechtigte und Flüchtlinge“ geben. Zusätzlich ist ein ESF-Programm zur Qualifizierung von Migrantinnen und Migranten im Kontext des Anerkennungsgesetzes in Planung. Die bisherigen ESF-Programme „Schulverweigerung – Die 2. Chance“ und „Kompetenzagenturen“ des Bundesministeriums für Familie Senioren Frauen und Jugend (BMFSFJ) laufen Mitte des Jahres 2014 aus. Die Kerninstrumente dieser Programme (Case-Management und aufsuchende Arbeit) werden zukünftig in dem neuen ESF-Vorhaben „JUGEND STÄRKEN im Quartier“ gebündelt. Das ESF-Bundesprogramm „Bildung, Wirtschaft, Arbeit im Quartier (BIWAQ)“ des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB) wird fortgeführt. Mit BIWAQ werden in den Gebieten des Städtebauförderprogramms „Soziale Stadt“ – in denen häufig überproportional viele Migrantinnen und Migranten leben und in die oft der Zuzug einkommensarmer Bevölkerungsgruppen erfolgt – wohnortnahe, berufsbezogene Bildungsund Qualifizierungsangebote für über 27-jährige langzeitarbeitslose Menschen und Projekte zur Stärkung der lokalen Ökonomie gefördert. Aus dem Zuständigkeitsbereich des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) wird das Programm JOBSTARTER fortentwickelt und weitergeführt . JOBSTARTER wendet sich im Programmteil KAUSA an junge Menschen mit Migrationshintergrund, um deren Ausbildungsbeteiligung zu verbessern . Angesprochen werden Betriebe, vielfach KMU, die von Personen mit Migrationshintergrund geführt werden. Diese Betriebe werden dabei unterstützt, den Einstieg in die duale Ausbildung zu organisieren und Ausbildungsplätze anzubieten . Der strukturelle Ausbau von KAUSA umfasst regionale KAUSA-Ser- Drucksache 18/1112 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode vicestellen, die spezielle Beratungs- und Netzwerkdienstleistungen rund um das Thema „Ausbildung und Migration“ anbieten. Aktuell werden Servicestellen in sechs Ballungszentren gefördert. 16. Wurden im Hinblick auf die neue Förderperiode Veränderungen vorgenommen , bzw. können noch Veränderungen vorgenommen werden, um die Integrationsangebote z. B. für freizügigkeitsberechtigte Unionsbürgerinnen und Unionsbürger zu effektivieren, und wenn ja, welche? Für die kommende Förderperiode 2014 bis 2020 ist geplant, ausgewählte ESFBundesprogramme noch stärker auf kommunale Integrationsherausforderungen zuzuschneiden und entsprechend finanziell zu stärken. Im Rahmen des Operationellen Programms des Bundes für den ESF sollen mit der „Integrationsrichtlinie Bund“ des BMAS 10 Mio. Euro ESF-Mittel und 10 Mio. Euro nationale Kofinanzierung des BMAS zielgerichtet zur Unterstützung der Integrationsangebote für die genannte Zielgruppe eingesetzt werden. Gleiches gilt für das gemeinsame Programm „JUGEND STÄRKEN im Quartier“ des BMFSFJ und des BMUB (bis zu 28 Mio. Euro ESF-Mittel und bis zu 28 Mio. Euro nationale Kofinanzierung des BMFSFJ) und das Programm „Bildung, Wirtschaft, Arbeit im Quartier (BIWAQ)“ des BMUB (20 Mio. Euro ESF-Mittel und 20 Mio. Euro nationale Kofinanzierung des BMUB), die aus diesen Gründen aufgestockt werden . 17. Hat der Bund sein Operationelles Programm für die neue ESF-Periode fertiggestellt ? Wenn ja, inwiefern wurde dies der Öffentlichkeit zugänglich gemacht? Wenn nein, wieso noch nicht? Aufgrund langwieriger Verhandlungen auf EU-Ebene zu den rechtlichen Rahmenbedingungen der Förderperiode 2014 bis 2020 sind die Verordnungen (EU) Nr. 1303/2013 mit gemeinsamen Bestimmungen zu den Europäischen Strukturund Investitionsfonds (ESI-Fonds) und (EU) Nr. 1304/2013 über den Europäischen Sozialfonds erst am 20. Dezember 2013 in Kraft getreten. Mit Inkrafttreten der Verordnungen begannen die festgelegten Fristen zur Einreichung der Partnerschaftsvereinbarung (PV) und der Operationellen Programme (OP). Die PV, das strategische Rahmendokument zum EinSatz der Mittel des Europäischen Struktur- und Investitionsfonds (ESI-Fonds), wurde am 26. Februar 2014 eingereicht. Die Operationellen Programme sind nach der Einreichung der PV bei der Europäischen Kommission (KOM) innerhalb von drei Monaten, also bis zum 26. Mai 2014, einzureichen (siehe Artikel 26 AbSatz 4 der VO Nr. 1303/ 2013). 18. Welche Bundesländer haben (nach Kenntnis der Bundesregierung) ihrerseits ihre Operationellen Programme für die neue ESF-Periode fertiggestellt ? Nach den in den Verordnungen festgelegten Fristen, siehe hierzu die Antwort zu Frage 17, müssen die deutschen Operationellen Programme bis zum 26. Mai 2014 an die Europäische Kommission übermittelt werden. Nach Kenntnis der Bundesregierung hat bislang kein Bundesland ein Operationelles Programm für die Förderperiode 2014 bis 2020 eingereicht. Bei einigen wenigen Bundesländern steht die Übermittlung aber unmittelbar bevor. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 9 – Drucksache 18/1112 19. Gab es im diesbezüglichen Konsultationsprozess der Bundesregierung Vorschläge (speziell aus der Zivilgesellschaft), die Förderangebote für die Zielgruppe der Einwanderinnen und Einwanderer bzw. der Menschen mit Migrationshintergrund auszuweiten bzw. zu verbessern, und wenn ja, welche Organisation hat diesbezüglich was vorgeschlagen? a) Gab es auch Vorschläge, die speziell freizügigkeitsberechtigte Unionsbürgerinnen und Unionsbürger im Blick hatten, und wenn ja, welche? b) Welche der diesbezüglichen Integrationsvorschläge wurden seitens der Bundesregierung aufgegriffen? Im Rahmen der Onlinekonsultation im Oktober 2012 (anonyme Befragung) wurden für die Zielgruppe der Einwanderinnen und Einwanderer insbesondere Förderangebote in folgenden Bereichen vorgeschlagen: schulische und berufliche Integration von Personen mit Migrationshintergrund, Förderung der deutschen Sprachkenntnisse, Projekte/Modelle für Flüchtlinge und Geduldete sowie Maßnahmen zur Anerkennung von Abschlüssen. In den weiteren Konsultationsverfahren begrüßte u. a. der Deutsche Städtetag, dass Menschen mit Migrationshintergrund eine Hauptzielgruppe der zukünftigen ESF-Förderung des Bundes bilden und forderte, dass die geplanten Maßnahmen auch freizügigkeitsberechtigten Unionsbürger, insbesondere aus Bulgarien und Rumänien, offenstehen. Des Weiteren sollten bei der konkreten Ausgestaltung der einzelnen Förderprogramme die Erfahrungen der besonders von Zuwanderung betroffenen Städte nutzbar gemacht werden. Alle aufgeführten Vorschläge wurden aufgegriffen. 20. Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung aus dem Vorschlag der 90. Arbeits- und Sozialministerkonferenz, „Armutswanderer aus Osteuropa “ als Zielgruppe des ESF auszuweisen? Der Personenkreis „Armutswanderer aus Osteuropa“ ist Bestandteil der ESFZielgruppe der Migranten. Dabei stellen Migranten eine der Hauptzielgruppen des ESF des Bundes in der nächsten Förderperiode 2014 bis 2020 dar, für die eine Vielzahl von spezifischen Fördermaßnahmen vorgehalten werden, um den vielschichtigen Bedarfen angemessen Rechnung zu tragen (siehe hierzu die Antworten zu den Fragen 15 und 16). Auf eine gesonderte Adressierung als eigene Zielgruppe wird bewusst verzichtet, um eine Stigmatisierung der betroffenen Personen zu vermeiden. Außerdem wird die Konzentration auf eine Zielgruppe in einem gesonderten Programm nicht als förderlich für die Integration angesehen. Nach Auffassung der Bundesregierung wird dem Vorschlag der Arbeits - und Sozialministerkonferenz (ASMK) hierdurch angemessen Rechnung getragen. 21. Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung aus dem Vorschlag der 90. Arbeits- und Sozialministerkonferenz, dass der Bund für solche Kommunen den vom ESF geforderten Kofinanzierungsanteil übernehmen solle, die mit der Aufnahme und Integration von Einwanderinnen und Einwanderern besonders betroffen sind – die aber aufgrund allgemeiner kommunaler Haushaltsnotlagen nicht imstande sind, ihren vom ESF geforderten – hälftigen – Kofinanzierungsanteil aufzubringen? Es ist vorgesehen, den ESF-Anteil bei der Finanzierung von Projekten zur Unterstützung der von der Zuwanderung besonders betroffenen Kommunen mit nationalen Mitteln aus den Haushalten der jeweiligen Bundesressorts aufzustocken (siehe die Antwort zu Frage 16). Drucksache 18/1112 – 10 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 22. Wäre es für den Bund bzw. nach Kenntnis der Bundesregierung für die Länder derzeit rechtlich möglich, solchen Kommunen bei der Aufbringung des nationalen Kofinanzierungsanteils zu helfen? Wenn nein, an welchen Voraussetzungen mangelt es? Wenn nein, hält die Bundesregierung Änderungen entsprechender Vorschriften für sachgerecht, um zumindest solchen Kommunen helfen zu können, die sich in einer Haushaltsnotlage befinden? Diese rechtliche Möglichkeit besteht grundsätzlich. Die einzelnen Bundesländer setzen ihre ESF-Programme eigenständig um und sind auch für die Erbringung der Kofinanzierung zuständig. Häufig kann als Kofinanzierung auch der Transferleistungsbezug (z. B. Arbeitslosengeld II) für die Kofinanzierung von ESFLänderprogrammen genutzt werden. In der Förderperiode 2007 bis 2014 sind die ESF-Mittel auf Ebene des Bundes bereits rechtlich verpflichtend gebunden und vollständig verplant (siehe hierzu die Antwort zu Frage 13). Zudem wird auf die Antwort zu Frage 21 verwiesen. 23. Wird es beim künftigen Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds der EU (AMIF) möglich sein, Mittel zur Integrationsförderung von zuziehenden Unionsbürgerinnen und Unionsbürgern bzw. auch von bereits länger hier lebenden Drittstaatsangehörigen zu finanzieren? Wenn nein, warum nicht? Zielgruppe von Integrationsmaßnahmen sind nach dem derzeitigen Entwurf einer Verordnung zur Einrichtung des Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds (AMIF-VO) insbesondere Drittstaatsangehörige, die sich rechtmäßig in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union aufhalten oder gegebenenfalls im Begriff sind, einen rechtmäßigen Wohnsitz in einem Mitgliedstaat zu erlangen. Drittstaatsangehörige , die sich rechtmäßig in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union aufhalten, können unabhängig von der Aufenthaltsdauer gefördert werden. Im Fall von Vorintegrationsmaßnahmen können Projekte mit Mitteln des AMIF gefördert werden, die sich auf Drittstaatsangehörige konzentrieren, die den spezifischen Maßnahmen vor der Ausreise entsprechen und/oder die Bedingungen erfüllen, die nach nationalem Recht festgelegt sind. Unionsbürger können zur Zielgruppe der förderfähigen Integrationsmaßnahmen aus dem AMIF gehören, wenn dies in dem nationalen Programm des jeweiligen Mitgliedstaats vorgesehen ist. Es muss sich in dem Fall um direkte Verwandte von Personen der oben beschriebenen Zielgruppe handeln und für die effektive Durchführung der Maßnahme erforderlich sein. 24. Hat sich die Bundesregierung in den Verhandlungen zum AMIF (wie in ihrer Antwort auf die Kleine Anfrage der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Bundestagsdrucksache 17/7434, Antwort zu Frage 18 angekündigt ) für eine Erweiterung der Zielgruppen eingesetzt, sodass nunmehr auch Unionsbürgerinnen und Unionsbürger in den Genuss von europäischen Integrationsförderungsmittel kommen könnten, und wenn nein, warum nicht? Deutschland hat sich für eine generelle Erweiterung der Zielgruppe auf Unionsbürger im AMIF unter Hinweis auf das gleiche Integrationsbedürfnis von Unionsbürgern und Drittstaatsangehörigen eingesetzt. In den jeweiligen Abstimmungsgremien konnte für diese Position nicht die erforderliche Mehrheit gefunden werden. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 11 – Drucksache 18/1112 25. Hat die Bundesregierung auf die Ankündigung der Europäischen Kommission reagiert, wonach sie bereit sei, deutsche Städte zu unterstützen, in denen sich viele freizügigkeitsberechtigte Unionsbürgerinnen und Unionsbürger auf der Suche nach Arbeit niedergelassen hätten (vgl. Handelsblatt vom 7. Februar 2014)? Wenn ja, in welcher Form, und mit welchen (inhaltlichen und zeitlichen) Zielstellungen? Wenn nein, warum nicht? Die Europäische Kommission stellt mit der ESF-Förderung den einzelnen Mitgliedstaaten Gemeinschaftsmittel zur Verfügung, die diese dann im Rahmen von einzelnen Operationellen Programmen in Abstimmung mit der Europäischen Kommission eigenverantwortlich und unter eigener Schwerpunktsetzung umsetzen . Die Bundesregierung unterstützt diese auch von der Europäischen Kommission gesehenen besonderen Integrationsbedarfe, indem u. a. ausgewählte ESF-Bundesprogramme noch stärker auf kommunale Integrationsherausforderungen zugeschnitten und entsprechend finanziell gestärkt werden (siehe hierzu die Antwort zu Frage 16). 26. Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung aus den Wünschen des DStGB und des DST, dass der Rechtsrahmen für den legalen Aufenthalt von Personen, die nicht auf der Suche nach Arbeit sind oder sich nicht in Arbeitsverhältnissen befinden, präzisiert werden müsste? Der Rechtsrahmen für den Aufenthalt von nichterwerbstätigen Unionsbürgern wird durch das Unionsrecht und im Speziellen durch die EU-Freizügigkeitsrichtlinie 2004/38/EG vorgegeben: Auf der Grundlage von Artikel 6 Absatz 1 dieser Richtlinie hat jede Unionsbürgerin und jeder Unionsbürger ein Aufenthaltsrecht von bis zu drei Monaten in einem anderen Mitgliedstaat, das nicht an weitere Voraussetzungen geknüpft ist. Ein über drei Monate hinausgehendes Aufenthaltsrecht haben nichterwerbstätige Unionsbürger gemäß Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b dieser Richtlinie, wenn sie über ausreichende Existenzmittel und umfassenden Krankenversicherungsschutz verfügen. 27. Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung aus der Anregung des DST, zu prüfen, ob im Melderecht und im Gewerberecht Regelungen aufgenommen werden könnten, die eine anlassbezogene Überprüfung der Voraussetzungen der Freizügigkeit ermöglichen? 28. Wie steht die Bundesregierung zur seit langem bestehenden Forderung von Städten und Gemeinden, dass Behörden zur Überprüfung einer selbständigen Tätigkeit Nachweise verlangen können sollen? Die Fragen 27 und 28 werden gemeinsam beantwortet. Eine Prüfung der Voraussetzungen der Freizügigkeit durch die Meldebehörden ist auf der Basis des Melderechts nicht möglich. Zwar können Unionsbürger und deren Familienangehörige bereits bei der meldebehördlichen Anmeldung Angaben zur ihrer Freizügigkeitsberechtigung auf der Grundlage des § 5 Absatz 2 Satz 2 FreizügG/EU gegenüber der Meldebehörde machen und hierzu Nachweise vorlegen (§ 5a FreizügG/EU). Diese rein ausländerrechtlichen Angaben werden jedoch nicht in den Meldebehörden geprüft, verarbeitet oder genutzt, sondern an die zuständige Ausländerbehörde weitergegeben (§ 5 Absatz 2 Satz 3 und 4 FreizügG/EU). Die Möglichkeit, diese Angaben zusammen mit der meldebehördlichen Anmeldung zu machen, dient einem möglichst unbürokra- Drucksache 18/1112 – 12 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode tischen Verfahren zu Gunsten von Unionsbürgern. Eine Pflicht der betroffenen Person, diese Angaben beim Anmeldeprozess zu machen, besteht überdies nicht. Bei der Gewerbeanmeldung nach § 14 Absatz 1 der Gewerbeordnung (GewO) handelt es sich – als Ausfluss der verfassungsrechtlich garantierten Gewerbefreiheit – um eine reine Anzeigepflicht und nicht um ein Erlaubnisverfahren, bei dem Voraussetzungen für die Aufnahme einer gewerblichen Tätigkeit geprüft werden. Die Einführung von Nachweispflichten würde daher das Gewerbeanzeigeverfahren für alle Gewerbetreibenden erschweren. Für die Bekämpfung von Scheinselbständigkeit und Schwarzarbeit sind die Behörden der Zollverwaltung (FKS) zuständig. Die Bundesregierung wird zur Verbesserung der Bekämpfung der Scheinselbständigkeit eine Änderung des Gewerberechts vorschlagen , die eine Verpflichtung der Gewerbeämter vorsieht, Gewerbeanzeigen auf Anhaltspunkte für Scheinselbständigkeit zu prüfen und diese Verdachtsfälle der Finanzkontrolle Schwarzarbeit zu übermitteln. Dies soll in Abstimmung mit den Ländern im Rahmen eines zustimmungspflichtigen Rechtssetzungsvorhabens geregelt werden. 29. Unterstützt die Bundesregierung die Absicht, Regeln der Ko- und Vorfinanzierung in solchen Fällen weiter zu lockern, in denen Staaten, wie Rumänien und Bulgarien, nur sehr geringe Mittel aus dem ESF abrufen bzw. die nationale Kofinanzierung nicht leisten können? Wenn ja, aus welchen Gründen? Wenn nein, warum nicht? Das Erfordernis der nationalen Kofinanzierung soll u. a. eine hohe Ausgabenqualität sicherstellen, d. h. das Eigeninteresse an einer strategisch-inhaltlichen wie auch umsetzungstechnisch einwandfreien Förderung stimulieren. Diese Ziele unterstützt die Bundesregierung insbesondere im Hinblick auf den Gemeinschaftshaushalt . Ob allein eine Lockerung der Regeln der Ko- und Vorfinanzierung für sich genommen die Umsetzung von gemeinschaftlichen Förderprogrammen wirklich und nachhaltig in Gang zu bringen vermag, ist offen. Es besteht allerdings die Gefahr, dass hierdurch lediglich kurzfristig (statistisch) höhere Absorptionsraten generiert werden, die aber keinen Aufschluss über konkrete Umsetzungsanstrengungen und Umsetzungserfolge geben. 30. Wann und mit welcher Zeitplanung wird die im Koalitionsvertrag angekündigte „ressortübergreifende Strategie ‚Soziale Stadt‘, mit der additiv Fördermittel aus Programmen anderer Ressorts in Gebieten mit erhöhten Integrationsanforderungen“ gebündelt werden sollen, umgesetzt, bis sie vor Ort greift? Die Zwischenergebnisse des Staatssekretärsausschusses „Herausforderungen bei der Inanspruchnahme der sozialen Sicherungssysteme durch Angehörige der EU-Mitgliedstaaten“ zu den Hilfen für besonders betroffene Kommunen sind ein weiterer wichtiger Schritt für ein stärkeres Zusammenwirken der Bundesressorts für eine soziale Quartiersentwicklung. Darauf aufbauend wird die Bundesregierung die Erarbeitung einer ressortübergreifenden Strategie im Jahr 2014 fortsetzen. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 13 – Drucksache 18/1112 31. Wann und wie soll der Vorschlag der Bundesregierung und insbesondere von der Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit , Dr. Barbara Hendricks, die Mittel für das Programm „Soziale Stadt“ aufzustocken und für die Integration der Zugewanderten einzusetzen , ausgestaltet und umgesetzt werden? Die Bundesregierung hat mit dem Haushaltsentwurf 2014 eine Aufstockung des Programms „Soziale Stadt“ von 40 Mio. Euro im Jahr 2013 auf insgesamt 150 Mio. Euro im Jahr 2014 vorgeschlagen. Davon sollen rund 10 Mio. Euro für die von der Zuwanderung besonders betroffenen Kommunen eingesetzt werden. Anträge der Kommunen an die Länder können damit bereits in diesem Jahr gestellt werden. 32. Ist es vorgesehen, das Programm „Soziale Stadt“ diesbezüglich umzugestalten , und wenn ja, wie? Das Programm „Soziale Stadt“ wird im Rahmen der Städtebauförderung als Leitprogramm der sozialen Integration weitergeführt. Darüber hinaus ist im Regierungsentwurf zum Haushalt 2014 neben der Erhöhung der Bundesfinanzhilfen vorgesehen, dass die flexible Umschichtungsmöglichkeit der Städtebauförderung , wie im Koalitionsvertrag vorgesehen, auch wieder für die „Soziale Stadt“ gilt. 33. Welche Informationen zur Verteilung von Zuwanderinnen und Zuwanderern aus Rumänien und Bulgarien auf verschiedene und betroffene Kommunen stehen der Bundesregierung zur Verfügung? Aktuelle Informationen zur räumlichen Verteilung von in Deutschland lebenden Ausländern können aus Daten des Ausländerzentralregisters (AZR) gewonnen werden. Im AZR sind ausländische Personen, die sich nicht nur vorübergehend in Deutschland aufhalten (z. B. im Rahmen einer Besuchsreise), nach dem Zuständigkeitsbereich einer Ausländerbehörde erfasst. Daher können die gewünschten Angaben für eine betroffene Kommune nur dann aus dem AZR ermittelt werden, wenn deren räumliche Zuständigkeit mit der einer Ausländerbehörde übereinstimmt. Bei kleineren Kommunen, z. B. kreisangehörigen Städten , kann das AZR diese Daten somit nicht immer in der gewünschten räumlichen Gliederung liefern. Die Wanderungsstatistik des Statistischen Bundesamtes , die sich auf Zuzugs- und Wegzugsmeldungen der Meldeämter stützt, liefert keine zeitnahen gemeindebezogenen Daten. 34. Nach welchen Maßstäben definiert die Bundesregierung „Schwerpunktkommunen “, die besondere Unterstützung bei der Bewältigung von Mehrkosten infolge der oben beschriebenen Problemlage benötigen? Es werden keine „Schwerpunktkommunen“ definiert. Über die Bedeutung der Zuwanderungszahlen für die Zuweisung von Projektmitteln liegen keine Informationen vor. Das ESF-Bundesprogramm ist bundesweit flächendeckend ausgerichtet und richtet sich nicht an bestimmte Regionen oder Kommunen. Kommunen, die die geforderten Fördervoraussetzungen erfüllen, können jedoch vermehrt Nutzen aus bestimmten Programmen ziehen. Eine Entscheidung bezogen auf konkrete Förderprogramme erfolgt unter Prüfung des einzelnen Projektantrags. Drucksache 18/1112 – 14 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 35. Wie hoch sind – nach Kenntnis der Bundesregierung zum Zeitpunkt der Fragestellung – die Ausgaben solcher Kommunen für die folgenden Leistungen (bitte jeweils nach Kommunen, Bundesländern und Gesamt aufführen ): a) Notfallversorgung im Krankheitsfall und Impfungen, b) Krankentransporte in die Heimatländer, c) Betreuung von zugewanderten Kindern in Kindertagesstätten und Schulen, d) Betreuung durch Sozialarbeiter, Integrationshelfer und Beratungsstellen , e) öffentliche Unterbringung, f) Sprachkurse, g) Kosten für Rückfahrkarten, h) Prostituiertenberatung und -betreuung, i) Methadonsubstitution? Der Bundesregierung liegen hierzu keine Erkenntnisse vor. 36. Welche Ausgaben erbringen diese Kommunen – nach Kenntnis der Bundesregierung zum Zeitpunkt der Fragestellung – für die Integration insbesondere von Zuwanderinnen und Zuwanderern aus Rumänien und Bulgarien als so genannte freiwillige Leistungen, und welche Mittel müssten ihnen zur Verfügung stehen, damit sie Menschen, die zuwandern, wirksam in der Bildungs- und Sozialarbeit unterstützen können? Die Frage bezieht sich auf Ausgaben und Bedarfe der Kommunen im Rahmen ihrer Selbstverwaltung, über die die Bundesregierung keine Kenntnisse hat. 37. Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung aus dem Befund der Bund-Länder-Arbeitsgemeinschaft „Armutszuwanderung aus Osteuropa “ der 90. Arbeits- und Sozialministerkonferenz 2013 vom 27./28. November 2013, wonach der Bund aufgrund seiner Zustimmung zum Beitritt Rumäniens und Bulgariens zur EU eine besondere Verantwortung für die Auswirkungen der Arbeitnehmerfreizügigkeit zu tragen hat? Die Bundesrepublik Deutschland hat die Verträge über den Beitritt Rumäniens und Bulgariens zur EU nach dem in Deutschland verfassungsrechtlich vorgesehenen Verfahren unter Beteiligung des Bundesrates ratifiziert. Die im Grundgesetz geregelte Zuständigkeitsverteilung zwischen Bund und Ländern bleibt davon unberührt. 38. Wie stellt die Bundesregierung in Abstimmung mit den Ländern sicher, dass Nothaushaltskommunen und Kommunen in vergleichbaren Lagen auch die Kofinanzierung für Fördermittel des Europäischen Strukturfonds , des Bundes und der Länder tragen können? Auf die Antwort zu Frage 22 wird verwiesen. Hinsichtlich der Verteilung der Ausgabenverantwortung und der Finanzierungszuständigkeiten zwischen Bund und Ländern (einschließlich Kommunen) geht das Grundgesetz von der Grundregel aus, dass Bund und Länder jeweils die Ausgaben zu finanzieren haben, die sich aus der Wahrnehmung ihrer Aufgaben ergeben (Artikel 104a Absatz 1 GG), Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 15 – Drucksache 18/1112 also jeweils die Gebietskörperschaft, die nach der verfassungsrechtlichen Verteilung der Aufgaben zwischen Bund und Ländern eine Aufgabe wahrzunehmen hat, die sich daraus ergebenden Ausgaben aus ihren Haushaltsmitteln zu finanzieren hat. Dabei sind die Gemeinden und Gemeindeverbände staatsorganisationsrechtlich Teile des Landes, in dem sie liegen. Ihre Aufgaben und Ausgaben werden denen ihres Landes zugerechnet. Die aufgabengerechte Verteilung des Finanzaufkommens zwischen Bund und Ländern bezieht auch die Kommunen – und zwar als Teil der Länder – mit ein (vgl. BVerfGE 86, 148, 215 f.). Auch können Projektträger unbenommen der kommunalen Haushaltslage Fördermittel der Europäischen Strukturfonds beantragen. 39. Welche Unterstützung (Höhe und Art) können finanzschwache Kommunen von der Bundesregierung erwarten, damit niedrigschwellige Integrationsmaßnahmen als Teil der freiwilligen kommunalen Leistungen weiterhin finanziert werden können? Die Bundesregierung stellt ein bundesweites System an Integrationsmaßnahmen wie Integrationskurse, Migrationsberatungsstellen und Integrationsprojekte zur Verfügung. Zudem können über verschiedene Projekte oder Fonds (Soziale Stadt, EHAP, ESF u. a.) Maßnahmen finanziert werden. Eine darüber hinausgehende Unterstützung der Kommunen wird durch den Bund nicht finanziert. 40. Aus welchen fiskalischen und inhaltlichen Gründen lehnt die Bundesregierung eine Erhöhung der Bundesanteile der Kosten zur Unterkunft bzw. die Einrichtung eines Fonds zur Unterstützung betroffener Länder ab, wie es im Abschlussbericht der oben genannten Bund-Länder-Arbeitsgruppe ersichtlich ist? Eine Beteiligung des Bundes an Geldleistungen der Länder bzw. Kommunen in Form von kommunalspezifischen Beteiligungsquoten im Rahmen der Bundesbeteiligung an den Leistungen für Unterkunft und Heizung (BBKdU) ist verfassungsrechtlich nicht möglich. Eine – unter Zurückstellung grundsätzlicher Einwände denkbare – Anhebung einzelner länderspezifischer Beteiligungsquoten, würde die Kooperationsbereitschaft der Länder voraussetzen: es wäre dann Aufgabe der Länder, die Mittel problemadäquat auf die betroffenen Kommunen umzuverteilen. In jedem Fall wäre eine zustimmungsbedürftige gesetzliche Anpassung im SGB II erforderlich , bei der es der Kompromissbereitschaft nicht betroffener Länder bedürfte. Letztlich bestünde auch die Gefahr, dass in einigen Ländern oder Kommunen die Höhe der Bundesbeteiligung an den KdU die 50 Prozent Grenze überschritten wird; dies würde eine Bundesauftragsverwaltung im Bereich der Kosten der Unterkunft auslösen, die von Ländern und Kommunen strikt abgelehnt wird. Finanzbeziehungen zwischen dem Bund und Ländern und Kommunen sind nur nach Maßgabe der verfassungsrechtlichen Bestimmungen vorstellbar. Die Errichtung eines Bundesfonds fällt hiernach nicht unter die Handlungsoptionen des Bundes. Drucksache 18/1112 – 16 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 41. Weshalb lehnt die Bundesregierung es ab, wie es aus dem Abschlussbericht der Bund-Länder-Arbeitsgemeinschaft auf Seite 169 ersichtlich ist, das Programm „JUGEND STÄRKEN plus“ auch für Kinder unterhalb der Sekundarstufe 1 zu öffnen? Das neue ESF-Modellprogramm „JUGEND STÄRKEN im Quartier“ (ursprünglicher Arbeitstitel: JUGEND STÄRKEN plus) richtet sich – wie die bisherigen ESF-Programme der Initiative JUGEND STÄRKEN – an junge Menschen i. S. d. § 13 Achten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VIII), die auf Grund individueller Beeinträchtigungen oder sozialer Benachteiligungen von den gesetzlichen Angeboten der Bildung, Berufsbildung, Grundsicherung und Arbeitsförderung nicht mehr erreicht werden und bei denen der Jugendhilfebedarf im Vordergrund steht. Das Programm bietet diesen jungen Menschen jugendhilfespezifische sozialpädagogische Hilfen, die ihre schulische und berufliche Ausbildung, Eingliederung in die Arbeitswelt und ihre soziale Integration fördern; der Fokus liegt damit am Übergang Schule-Beruf. Die vier Bausteine des Vorhabens sind – unter Einbeziehung der Erkenntnisse der bisherigen ESFProgramme von JUGEND STÄRKEN – auf die Unterstützung dieser Zielgruppe im Alter von 12 bis einschließlich 26 Jahren zugeschnitten. Zudem ist der ESF ein Instrumentarium mit Arbeitsmarktbezug. Eine Öffnung des Programms für Kinder und jüngere Zielgruppen durch die Einbeziehung von Vorschulkindern und damit eine stärker präventive Ausrichtung kann das Modellprogramm – auch unter Berücksichtigung des eingeschränkten Mittelvolumens – nicht leisten und verwässert die Abgrenzung zu den Regelangeboten . 42. Wie steht die Bundesregierung zu der Forderung der Bund-Länder-Arbeitsgemeinschaft , auch Unionsbürgerinnen und Unionsbürgern einen gesetzlichen Teilnahmeanspruch an Integrationskursen zu ermöglichen – vor dem Hintergrund, dass dies die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung seit Jahren bereits fordert (Bundestagsdrucksache 17/10221, S. 133)? Bereits nach derzeitiger Rechtslage können Unionsbürger im Rahmen verfügbarer Kursplätze zu den Integrationskursen zugelassen werden (§ 44 Absatz 4 AufenthG). In der Praxis werden sie ohne nennenswerte Wartezeiten zu den Integrationskursen zugelassen. Im Jahr 2013 stellten die Unionsbürgerinnen und Unionsbürger über 43 Prozent der Teilnehmer an den Integrationskursen. Die Bundesregierung wird entsprechend ihrer im Kabinett beschlossenen Stellungnahme zu dem vom Bundesrat eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Öffnung der Integrationskurse für EU-Bürgerinnen und EU-Bürger, Ausländerinnen und Ausländer mit humanitären, völkerrechtlichen oder politischen Aufenthaltserlaubnissen sowie Flüchtlinge im laufenden Asylverfahren und Geduldete – Bundesratsdrucksache 756/13 – (Beschluss) im weiteren Gesetzgebungsverfahren sorgfältig prüfen, ob die im Gesetzentwurf des Bundesrates enthaltenen Vorschriften zur Schaffung eines Teilnahmeanspruchs für Unionsbürger der Umsetzung der im Koalitionsvertrag vereinbarten Ziele dienen und die dort statuierten Anforderungen erfüllen. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 17 – Drucksache 18/1112 43. Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung aus dem Vorschlag der Arbeits- und Sozialministerkonferenz von November 2013, das Programm „Soziale Stadt“ dahingehend zu öffnen, dass auch außerhalb der eigentlichen Programmgebiete, Projekte gefördert werden können, die sich um die Verbesserung der Lebenssituation von „Armutsmigranten aus Osteuropa“ kümmern? Der Bund erörtert diese Frage mit den Ländern. Aus Sicht der Bundesregierung kann auch ein Projekt außerhalb des Programmgebietes im Einzelfall gefördert werden, wenn aufgrund dessen sachlicher und räumlicher Nähe die Entwicklung des Programmgebiets positiv beeinflusst wird. 44. Wie will die Bundesregierung sicherstellen, dass das Programm „Soziale Stadt“ auch Problemlagen außerhalb definierter Programmgebiete erfasst, wenn bisher die räumliche Abgrenzung eines Fördergebietes eine Voraussetzung zur Inanspruchnahme der Förderung ist? Die Kommunen haben mehrfach betont, dass die Integrationsmaßnahmen vor Ort und im Quartier angeboten werden müssen, um erfolgreich sein zu können. Bei den betroffenen Stadtteilen handelt es sich häufig um Programmgebiete des Städtebauförderungsprogramms „Soziale Stadt“. Deshalb kann das Programm mit seinem quartiersbezogenen und fachübergreifenden Ansatz einen Beitrag zur Unterstützung leisten. Darüber hinaus besteht für die Kommunen die Möglichkeit, bei den Ländern nach deren jeweiligen Förderprinzipien einen Antrag auf Förderung bzw. Aufnahme in das Programm „Soziale Stadt“ zu stellen. Grundlage für neue Maßnahmen sind stets ein integriertes Entwicklungskonzept und die Ausweisung eines Gebiets. 45. Wie wird die Bundesregierung sicherstellen, dass auch Kommunen in Haushaltsnotlage nicht von der Förderung im Rahmen des Programms „Soziale Stadt“ ausgeschlossen sind? Die Bundesregierung prüft derzeit gemeinsam mit den Ländern, ob und ggf. in welchem Umfang Kommunen in Haushaltsnotlage von der Förderung ausgeschlossen sind. 46. Wie möchte die Bundesregierung den Vorschlag der Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit, Dr. Barbara Hendricks, die öffentliche Hand solle Schrottimmobilien aufkaufen, abreißen und die derzeit teilweise dort untergebrachten Zugewanderten in neuen, menschenwürdigen Unterkünften unterbringen (vgl. SZ vom 28. Januar 2014) umsetzen, und welche Mittelanteile sollen dabei aus dem Programm Soziale Stadt, und welche aus welchen anderen Programmen finanziert werden ? Dieser Aspekt ist seitens der Kommunen in dem Gespräch von Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit Dr. Barbara Hendricks mit den Kommunen am 27. Januar 2014 angesprochen worden. Als sog. Schrottimmobilien werden umgangssprachlich Problemimmobilien i. S. v. § 177 Absatz 2 und 3 Satz 1 des Baugesetzbuches (BauGB) bezeichnet. Bei diesen handelt es sich um heruntergekommene, verwahrloste Immobilien, die eine städtebaulich und stadtentwicklungsplanerisch sinnvolle Nutzung des betroffenen Bereichs wesentlich erschweren. Drucksache 18/1112 – 18 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Sie sind aufgrund ihrer negativen Ausstrahlung auf die Umgebung ein ernstes stadtentwicklungspolitisches Problem, das dem Ziel einer qualitätsvollen Stadtentwicklung widerspricht. Den Kommunen stehen zur Beseitigung solcher Problemlagen die Instrumente des besonderen Städtebaurechts des Bundes zur Verfügung; insbesondere die städtebaulichen Gebote nach §§ 175 ff. BauGB (z. B. Instandsetzungs-, Modernisierungs- und Rückbaugebot), die Erhaltungssatzung nach §§ 172 ff. BauGB, städtebauliche Sanierungsmaßnahmen nach §§ 136 ff. BauGB sowie Stadtumbaumaßnahmen nach §§ 171a ff. BauGB. Entsprechend können die Programme der Städtebauförderung, wie z. B. Stadtumbau oder „Soziale Stadt“, im Einzelfall eingesetzt werden. Die Entscheidung über Art und Umfang der Maßnahmen treffen die Länder. Zudem sind Instrumente des Bauordnungsrechts der Länder verfügbar (z. B. Abbruch-/Beseitigungsanordnung, Anordnung von Sicherungsmaßnahmen, von Instandsetzungsmaßnahmen oder weiteren Ordnungsmaßnahmen). 47. Bei welchen sonstigen bestehenden oder weiter zu entwickelnden Förderprogrammen wird die Bundesregierung, wie im Koalitionsvertrag angekündigt , besonders von Armutsmigration betroffenen Kommunen zeitnah die Möglichkeit geben, diese stärker als bisher zu nutzen? Zum ESF siehe die Antworten zu den Fragen 15 und 16. Der Europäische Hilfsfonds für die am stärksten benachteiligten Personen (kurz: EHAP Englisch: FEAD) ist ein neuer EU-Fonds. Ziel ist es, Menschen in Armut oder mit hoher Armutsgefährdung in prekären Lebenslagen zu helfen. Deutschland stehen für den Förderzeitraum 2014 bis 2020 rund 79 Mio. Euro aus dem EHAP zur Verfügung. Deutschland wird mit dem EHAP Projekte im Bereich der sozialen Integration fördern. Zielgruppe sind Personen, die (noch) zu weit vom Arbeitsmarkt entfernt sind, um eine Integration in Arbeit oder Ausbildung anzustreben. Das BMAS stellt für die Förderung der EHAP-Projekte aus seinem eigenen Haushalt voraussichtlich 9,3 Mio. Euro nationale Kofinanzierung zur Verfügung . 48. Wie werden die in den Fragen 46 und 47 genannten Kommunen ausgewählt ? Im Rahmen der Förderprogramme des ESF und EHAP ist keine Vorabfestlegung von Kriterien für besonders betroffene Kommunen vorgesehen. Mögliche Zuwendungsempfänger werden im Wege von Förderrichtlinien der zuständigen Ressorts über Ziele, Gegenstand und Finanzierungsmodalitäten der Förderung informiert. Das Ausmaß der Betroffenheit von Problemen in Folge der Zuwanderung aus EU-Mitgliedstaaten sowie entsprechende Lösungsansätze sind im Rahmen der Förderanträge möglicher Zuwendungsempfänger schlüssig darzulegen. Für die Städtebauförderung und damit auch für das Programm „Soziale Stadt“ gilt, dass die Förderung auf der Grundlage einer jährlich abzuschließenden Verwaltungsvereinbarung (VV) Städtebauförderung erfolgt. Die Verhandlungen zur VV Städtebauförderung 2014 sind noch nicht abgeschlossen. Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co., Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlagsgesellschaft mbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333