Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Gesundheit vom 9. Februar 2017 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 18/11121 18. Wahlperiode 10.02.2017 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Kathrin Vogler, Birgit Wöllert, Sabine Zimmermann (Zwickau), weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 18/11021 – Langfristige Sicherung der HIV-Stiftung V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Der Fortbestand der Stiftung Humanitäre Hilfe für durch Blutprodukte HIVinfizierte Person steht immer wieder zur Disposition. Das verursacht bei den Überlebenden des Bluter-Skandals in den 1980er-Jahren immer wieder Sorge um ihre weitere materielle Existenz. Aufgrund einer für die Betroffenen schon im Jahr 2013 absehbaren existenziell bedrohlichen Situation gab das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) der Stiftung den Auftrag, eine Studie zur Lebenssituation betroffener Leistungsempfängerinnen und Leistungsempfänger zu erstellen. Diese Studie wurde daraufhin von der Prognos AG Berlin durchgeführt (www.prognos.com/ publikationen/alle-publikationen/425/show/4e0cc579665557403c361f514c09c a7a/). In einem Anschreiben an die Betroffenen, das dem Fragebogen der Studie beilag (das Schreiben liegt den Fragestellenden vor), wurden bei den Geschädigten große Hoffnungen geweckt, unter anderem mit einem expliziten Verweis auf die Regelung für Contergan-Geschädigte. Der hohe Rücklauf (479 von 554 Fragebögen , was einer Rücklaufquote von 86 Prozent entspricht) ist auf das große Vertrauen in die Absichten der Befragung zurückzuführen und gewährleistet gleichzeitig eine hohe Validität der Studie. Die Ergebnisse der Studie wurden dem Stiftungsrat am 19. Mai 2014 vorgestellt . Stiftungsrat und Stiftungsvorstand kamen zu dem Schluss, dass „die durch die Studie eingetretene Erwartungshaltung der Opfer auf eine lebenslange Leistung der Stiftung nicht enttäuscht werden“ darf und „rechtzeitig vor dem Ende der Zahlungsfähigkeit der Stiftung – im Jahr 2016 – eine dauerhaft gesicherte Finanzierung der Stiftung“ erforderlich sei (vgl. Pressemitteilung der Stiftung vom 21. Mai 2014). Mitglieder des Stiftungsrates waren der damalige gesundheitspolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion und heutige Parlamentarische Staatssekretär beim Bundesminister der Finanzen, Jens Spahn, sowie die damalige Abgeordnete der SPD-Fraktion im Gesundheitsausschuss des Deutschen Bundestages, Bärbel Bas. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/11121 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Etwa 190 bis 250 Mio. Euro wären nach dieser Studie als einmaliger Zuschuss Anfang 2017 zur Stiftung notwendig, um sämtliche zukünftigen Ansprüche zuzüglich eines jährlichen Inflationsausgleichs von 2 Prozent abdecken zu können. Die Studienteilnehmerinnen und -teilnehmer wurden nicht über die Ergebnisse informiert, sie wurden nicht einmal per Schreiben darüber in Kenntnis gesetzt, dass die Studie abgeschlossen sei. Aktuell reichen die finanziellen Mittel nach Angaben der Bundesregierung noch bis März 2018 (vgl. Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE. vom 27. September 2016 auf Bundestagsdrucksache 18/9776). Zusätzlich sind im Bundeshaushalt im Vorgriff für das Jahr 2018, also den Beginn der kommenden Wahlperiode, 2 Mio. Euro veranschlagt worden. Diese Summe reicht bei über 8 Mio. Euro jährlichem Finanzbedarf der Stiftung etwa drei Monate zur Deckung der Aufgaben, wird aber der Forderung von Stiftungsrat und Stiftungsvorstand nach einer dauerhaften Sicherung der Finanzierung der Stiftung sowie nach einer Garantie einer lebenslangen Leistung bei Weitem nicht gerecht. Auf der Internetseite des BMG sind die Studie und deren Ergebnisse auf der von der Bundesregierung angegebenen Stelle (vgl. Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE., Bundestagsdrucksache 18/9776) nicht mehr nachzulesen, obwohl es das BMG selbst war, das den Auftrag für diese Studie an die Stiftung erteilt hatte. Seit Beginn der Zahlungen der Stiftung 1995 gab es keinerlei Inflationsausgleich , obwohl seitdem die ausgezahlten Summen etwa ein Viertel ihres Wertes verloren haben. An AIDS erkrankte Menschen erhalten 1 533,88 Euro, HIV- Infizierte erhalten 766,94 Euro und die Kinder verstorbener Betroffener erhalten 511,29 Euro im Monat. V o r b e me r k u n g d e r B u n d e s r e g i e r u n g Die Prognos-Studie wurde von der Stiftung Humanitäre Hilfe für durch Blutprodukte HIV-Infizierte Personen in Auftrag gegeben. Die Bundesregierung hat lediglich die finanziellen Mittel hierzu zur Verfügung gestellt. Die Bundesregierung verfolgt mit Nachdruck das Ziel, die Stiftung fortzuführen. Das Bundesministerium für Gesundheit, die Stiftung, das Deutsche Rote Kreuz und die Industrie haben vereinbart, die Gespräche über die Fortführung der Stiftung fortzusetzen. Die Länder haben das Thema in die Gesundheitsministerkonferenz eingebracht. Im Bundeshaushalt sind für das Jahr 2017 als Zuschuss zur Unterstützung der durch Blutprodukte HIV-infizierten Personen 2 Mio. Euro eingestellt. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/11121 1. Wie viele der Geschädigten bestreiten nach den Ergebnissen der Prognos- Studie aus den Zahlungen der Stiftung „Humanitäre Hilfe für durch Blutprodukte HIV-infizierte Personen“ ihren täglichen Lebensunterhalt? 2. Welche Beeinträchtigungen des täglichen Lebens belasten die Betroffenen gemäß der Prognos-Studie (bitte auch jeweils den Anteil an den Betroffenen angeben)? 3. Welche Einschränkungen beim eigenen Erzielen von Einkommen haben die Betroffenen gemäß der Prognos-Studie (bitte auch jeweils den Anteil an den Betroffenen angeben)? 4. Welche privat zu tragenden Kosten für Leistungen zur Erhaltung der eigenen Gesundheit haben Betroffene monatlich gemäß der Prognos-Studie? Die Fragen 1 bis 4 werden gemeinsam beantwortet. Die Prognos-Studie, die von der Stiftung in Auftrag gegeben worden ist, kann über die Stiftung bezogen werden. Sie ist im Übrigen unter dem Link www. bundesgesundheitsministerium.de/index.php?id=575 abrufbar. Zudem wird auf die Antwort zu Frage 15 verwiesen. 5. Wie bewertet die Bundesregierung insgesamt die soziale Lage der Betroffenen , und in welchem Maß ist die Infektion durch Blutprodukte ursächlich dafür? Die soziale Lage der Betroffenen ist in der Prognos-Studie ausführlich wiedergegeben . 1995 ist die Stiftung gegründet worden. Entsprechend § 1 des HIV-Hilfegesetzes ist Zweck des Gesetzes, aus humanitären und sozialen Gründen an Personen , die durch Blutprodukte unmittelbar oder mittelbar mit dem HIV-Virus infiziert oder infolge davon an AIDS erkrankt sind, und an deren unterhaltsberechtigte Angehörige finanzielle Hilfe zu leisten. 6. Ist es Ziel der Bundesregierung, statt immer neuer Finanzierungsverhandlungen und damit einhergehender Unsicherheiten für alle Beteiligten die Stiftungsarbeit dauerhaft finanziell zu sichern, so wie es in der Prognos-Studie empfohlen und auch von Stiftungsvorstand und Stiftungsrat unter Beteiligung des heutigen Parlamentarischen Staatssekretärs beim Bundesminister der Finanzen, Jens Spahn, im Jahr 2014 gefordert wurde? 7. Wäre die Bundesregierung bereit, den dafür notwendigen Finanzierungsanteil des Bundes auf einen Schlag bereitzustellen, so wie dies auch bei der Conterganstiftung für behinderte Menschen geschehen ist? Welche Position vertritt der Vorsitzende des Stiftungsrates der Stiftung Humanitäre Hilfe für durch Blutprodukte HIV-infizierte Personen als Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Finanzen aktuell? Die Fragen 6 und 7 werden wegen des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Die Benennung von Jens Spahn als Mitglied des Stiftungsrates erfolgte aus seinem Mandat als Bundestagsabgeordneter und vor seiner Ernennung zum Parlamentarischen Staatssekretär beim Bundesminister der Finanzen. Da er diese Aufgabe im Auftrag des Deutschen Bundestags wahrnimmt, kann die Bundesregierung keine Aussage zu seiner Position als Stiftungsratsmitglied treffen. Das Amt von Jens Spahn als Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Finanzen ist hiervon zu trennen. Im Übrigen wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/11121 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 8. Wie hoch wäre der Anteil des Bundes, wenn man die von Prognos genannten 190 bis 250 Mio. Euro Gesamtbedarf und eine unveränderte Verteilung auf Bund, Länder, Pharmaindustrie und Deutsches Rotes Kreuz e. V. (DRK) zugrunde legt? 9. Wie hoch wären die Anteile der anderen Finanzgeber? Die Fragen 8 und 9 werden wegen des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Der derzeitige Verteilungsschlüssel ergibt sich aus dem HIV-Hilfegesetz. 10. Welcher Finanzgeber hat in Verhandlungen bisher signalisiert, dass er nicht zur Tragung der notwendigen Kosten mit demselben Verteilungsschlüssel wie in der Vergangenheit bereit ist? Welchen Anteil sind die einzelnen Finanzgeber bereit zu übernehmen? 11. Für wie lange haben sich die einzelnen Finanzgeber bereit erklärt, den durch sie zu tragenden Anteil zu übernehmen? Die Fragen 10 und 11 werden wegen des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Keine der beteiligten Parteien hat signalisiert, nicht mehr zur Tragung der Kosten beitragen zu wollen. Die Gespräche zur weiteren Finanzierung dauern an. Im Übrigen wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen. 12. Was hat die Pharmaindustrie bislang zugesagt, und welche Maßnahmen bestehen aus Sicht der Bundesregierung, um die Bereitschaft der Industrie, die für eine lebenslange Zahlung erforderlichen Gelder mitzutragen? Welche erwägt sie? Pharmazeutische Unternehmen haben für das Jahr 2018 2 Mio. Euro zugesagt. Gespräche über eine weitere Beteiligung nach 2018 wurden vereinbart. 13. Verstehen die Fragesteller die Bundesregierung richtig, wenn sie aufgrund der Vorbemerkung auf Bundestagsdrucksache 18/9776 davon ausgehen, dass der Pharmaindustrie seitens der Bundesregierung oder anderer Verhandlungspartner bereits zweimal zugesichert wurde, dass sie keine weiteren Zahlungen mehr wird leisten müssen? Für keinen der Beteiligten besteht eine rechtliche Verpflichtung, sich weiterhin an der Finanzierung der Stiftung zu beteiligen. Das HIV-Hilfegesetz sieht dafür keine Pflicht vor. Vor diesem Hintergrund ist den pharmazeutischen Unternehmen sowohl bei den Zustiftungen des Jahres 2002 als auch des Jahres 2010 zugesichert worden, dass kein Engagement über die damaligen Leistungen hinaus mehr erwartet wird. 14. Weshalb wird, wie ebenfalls in dieser Vorbemerkung ausgeführt, lediglich ein weiterer Finanzierungszeitraum von zehn Jahren angestrebt und nicht die Tragung aller auch darüber hinausgehenden notwendigen Ausgaben? Wegen des Sachzusammenhangs wird auf die Antwort zu Frage 20 verwiesen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/11121 15. Weshalb ist unter dem auf Bundestagsdrucksache 18/9776 in der Antwort zu Frage 7 angegebenen Link zu der Prognos-Studie des BMG (www.bmg.bund.de/themen/praevention/gesundheitsgefahren/studie-zurlebenssituation -durch-blutprodukte-hiv-infizierter-personen.html) lediglich ein „Seite nicht gefunden“-Fehler zu finden? Wurde die Prognos-Studie aus dem Web-Angebot des BMG entfernt, und wenn ja, wann, und weshalb? Der Link zur Prognos-Studie ist nicht von der Webseite des BMG entfernt worden . Er ist zu finden unter: www.bundesgesundheitsministerium.de/index.php? id=575. 16. Welche Schlussfolgerungen hat die Bundesregierung aus der Prognos-Studie gezogen, wo sind diese dokumentiert, und welche Handlungen sind seit dem Erscheinen im Jahr 2014 erfolgt? Die Bundesregierung hat mit allen Beteiligten Gespräche über eine Weiterfinanzierung der Stiftung über das Jahr 2017 hinaus geführt. 17. Kann die Bundesregierung angeben, warum den Betroffenen mit dem Anschreiben zur Teilnahme an der Studie große Hoffnungen gemacht wurden, wenn die Bundesregierung keine Änderungen an der Höhe der Entschädigungszahlungen plant (vgl. Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE. auf Bundestagsdrucksache 18/9776)? Die Bundesregierung kann in dem Schreiben zur Teilnahme an der durch die Stiftung in Auftrag gegebenen Studie nicht erkennen, dass den Betroffenen entsprechende Hoffnungen auf eine Erhöhung der Entschädigungszahlungen gemacht worden wären. 18. Weshalb wurden die Teilnehmerinnen und Teilnehmer an der Studie nicht über deren Ergebnisse oder den Abschluss informiert? Die Stiftung hat die Teilnehmer an der Studie im Februar 2014 über den Abschuss der Studie informiert und sich für die Teilnahme bedankt. 19. Schließt sich die Bundesregierung der Auffassung des Stiftungsrats-Mitglieds Bärbel Bas an, wonach ein Inflationsausgleich ab 1995 in voller Höhe stattfinden solle (vgl. GESELLSCHAFTSPOLITISCHE KOMMENTARE Nr. 11–12/16, S. 1 f.)? Die Bundesregierung kann sich der Auffassung nicht anschließen. 20. Plant die Bundesregierung, das HIV-Hilfegesetz in § 14 dahingehend zu ändern , dass die Regelung entfällt, wonach die Stiftung aufgehoben wird, wenn „die Mittel für die finanzielle Hilfe erschöpft sind“? Wenn nein, weshalb nicht? Die Bundesregierung strebt an, die Finanzierung für die nächsten zehn Jahre anteilig über Bund, Länder, Unternehmen der Pharmaindustrie und DRK sicher zu stellen. Die Bereitstellung entsprechender Finanzmittel des Bundes obliegt dem Gesetzgeber im Rahmen der Haushaltsplanung. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333