Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 13. Februar 2017 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 18/11158 18. Wahlperiode 14.02.2017 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Martina Renner, Ulla Jelpke, Dr. André Hahn, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 18/11048 – Vorfälle bei bundesdeutschen Finanzbehörden mit Bezug zu sogenannten Reichsbürgern V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Seit mehreren Jahren findet die Ideologie der sogenannten Reichsbürger immer größere Verbreitung. Entsprechend häufen sich auch die Vorfälle. Weit verbreitet unter sogenannten Reichsbürgern ist die Haltung, Steuern zu verweigern. Demgemäß fallen sogenannte Reichsbürger oft den Finanzämtern auf, ohne dass sie Straftaten begehen und so in den Fokus der Behörden geraten würden. In einem Artikel der „Märkischen Oderzeitung“ vom 21. Oktober 2016 äußerte sich Michael Hüllen, Referatsleiter beim Brandenburgischen Landesamt für Verfassungsschutz wie folgt: „Die ersten, die Alarm geschlagen haben, waren Finanzämter. Dort existieren mittlerweile zentrale Stellen, die sich mit Eingaben von ‚Reichsbürgern‘ beschäftigen. Zudem wurden Alarmsysteme an Schreibtischen installiert. Nach meinem Eindruck sind die Behörden in Brandenburg gut aufgestellt, wir haben insgesamt 3000 Mitarbeiter geschult. Natürlich sind auch Polizisten und Staatsanwälte sensibilisiert“ (vgl.: „Reichsbürger lassen ihren Frust über das eigene Scheitern am Staat aus“, MÄRKISCHE ONLINEZEI- TUNG vom 21. Oktober 2016, www.moz.de/artikel-ansicht/dg/0/1/1524457/). 1. In welchen Finanzbehörden der Länder bestehen nach Kenntnis der Bundesregierung Stellen, wie sie in der Vorbemerkung der Fragesteller erwähnt werden? Die Maßnahmen im Einzelnen unterliegen der Organisationshoheit der Länder und sind der Bundesregierung deshalb nicht bekannt. 2. Besteht eine solche Stelle im Bundesministerium der Finanzen? Nein. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/11158 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 3. Existieren nach Kenntnis der Bundesregierung in anderen Behörden, bspw. KFZ-Zulassungsbehörden, Justizbehörden oder Bürger- und Ordnungsämtern ähnliche Stellen, und wenn ja, in welchen? Die Generalzolldirektion im Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Finanzen hat eine koordinierende Stelle „Reichsbürger“ eingerichtet, die sich mit „Reichsbürger-Eingaben“ an die Generalzolldirektion befasst und auch ihren Ortsbehörden (43 Hauptzollämtern und 8 Zollfahndungsämtern) Unterstützung sowie Beratung im Umgang mit „Reichsbürgern“ gewährt. Das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) und die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), beide Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Finanzen, erfassen Eingaben von „Reichsbürgern“ im Justiziariat bzw. der Rechtsabteilung, wo diese auf möglicherweise strafrechtlich relevante Inhalte geprüft werden. Darüber hinaus liegen der Bundesregierung hierzu keine Informationen vor. 4. Wie viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter welcher Behörden wurden in den Ländern nach Kenntnis der Bundesregierung entsprechend geschult (bitte unter Aufschlüsselung nach Ländern, Behörden und unter Nennung der jeweiligen Organisation, die die Schulung durchführte sowie unter Nennung des Datums beantworten)? Auf die Antwort zu Frage 1 wird verwiesen. 5. Wie viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wurden im Bundesministerium der Finanzen geschult? Keine. 6. In welchen Ländern wurden nach Kenntnis der Bundesregierung im Zusammenhang mit „Reichsbürgern“ Alarmsysteme in Behörden, insbesondere an Schreibtischen, installiert, und mit welchen Kosten waren diese Installationen verbunden (bitte unter Nennung der jeweiligen Behörde und unter Aufschlüsselung der Posten je Bundesland beantworten)? Auf die Antwort zu Frage 1 wird verwiesen. 7. Wurden im Bundesministerium der Finanzen entsprechende Alarmsysteme installiert, und mit welchen Kosten waren diese Installationen verbunden? Nein. 8. In wie vielen Fällen verweigerten seit dem Jahr 2012 nach Kenntnis der Bundesregierung Bürgerinnen und Bürger mit Bezug auf die für „Reichsbürger“ typische Ideologie die Abgabe von Steuern (bitte nach Ländern und Jahren aufschlüsseln)? Der Bundesregierung liegen hierzu keine Informationen vor. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/11158 9. In wie vielen Fällen erstatteten nach Kenntnis der Bundesregierung Behörden bzw. deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Anzeige gegen sogenannte Reichsbürger (bitte nach Ländern, Behörden und Jahren aufschlüsseln)? Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) erstattete im Jahr 2015 Strafanzeige gegen einen sogenannten „Reichsbürger“ aus Sachsen-Anhalt. Durch das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) wurden dem Polizeipräsidium Bonn – Abteilung Staatsschutz – in zwei Fällen gesammelte Schreiben aus dem Reichsbürgerkontext zur Prüfung und gegebenenfalls weiteren Veranlassung übermittelt. Im Rahmen der beiden Übermittlungen aus dem Jahr 2016 wurden insgesamt sechs im BZSt eingegangene Schreiben weitergeleitet. Folgende Strafanzeigen gegen in den nachstehenden Bundesländern ansässige „Reichsbürger“ wurden durch die Behörden der Bundeszollverwaltung gestellt: Jahr: 2012 2013 2014 2015 2016 2017* Gesamt: 0 2 1 15 23 19 Bundesländer : -- HE / SL BW BW: 8, HE: 4, NI, RP und SL: Je 1 BW: 3, BY: 6, HE und NRW: Je 2, ST: 4, HH, MV, NI, RP, SH und TH: Je 1 HE: 12, BY: 1, NI, NRW, SN: Je 2 * Bis 5. KW 2017 Folgende Strafanzeigen gegen „Reichsbürger“ wurden durch das Bundesamt für Güterverkehr, Geschäftsbereich des BMVI gestellt: Jahr: 2013 2014 2015 2016 Gesamt: 3 1 1 2 Bundesländer: SN BW * HE / BW * „Reichsbürger“ mit Wohnsitz in der Tschechischen Republik Im Geschäftsbereich des BMJV haben bisher das Bundesamt für Justiz, das Deutsche Patent- und Markenamt, das Bundespatentgericht sowie der Bundesfinanzhof je eine Strafanzeige gegen „Reichsbürger“ erstattet. Darüber hinaus liegen der Bundesregierung keine Informationen vor. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen. 10. Wie viele Quellenmeldungen liegen im Bundesamt für Verfassungsschutz mit Bezug zu „Reichsbürgern“ vor (bitte nach Datum aufschlüsseln)? Dem Bundesamt für Verfassungsschutz liegen Quellenmeldungen zu Personen vor, die sich selbst als „Reichsbürger“ bezeichnen oder Berührungspunkte zur sogenannten Reichsbürgerszene haben. Weitergehende Angaben über die vorliegenden Quellenberichte müssen aus Gründen des Staatswohls unterbleiben. Dies folgt aus der Abwägung der verfassungsrechtlich garantierten Informationsrechte des Deutschen Bundestages und seiner Abgeordneten einerseits mit den negativen Folgen für die künftige Arbeitsfähigkeit und Aufgabenerfüllung der Nachrichtendienste sowie den daraus resultierenden Beeinträchtigungen der Sicherheit der Bundesrepublik und der Gefährdung für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Sicherheitsbehörden sowie Grundrechte Dritter andererseits. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/11158 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Die Verfassungsschutzbehörden sammeln im Rahmen ihres gesetzlichen Auftrags Informationen und werten sie aus. Weder diese Informationen selbst noch Angaben über eventuelle nachrichtendienstliche Aktivitäten zum Gewinnen solcher Informationen sind ihrem Wesen nach veröffentlichungsfähig. Mit einer Antwort der Bundesregierung auf diese Kleine Anfrage – auch durch eine Offenlegung unter VS-Einstufung, die in der Geheimschutzstelle des Deutschen Bundestages einsehbar wäre – entstünde die Gefahr, dass Fähigkeiten, Methoden und Informationsquellen der Verfassungsschutzbehörden bekannt würden und damit die Funktionsfähigkeit der Verfassungsschutzbehörden nachhaltig beeinträchtigt wäre. Im Hinblick auf den Verfassungsgrundsatz der wehrhaften Demokratie hält die Bundesregierung Information der angefragten Art für so sensibel, dass selbst ein geringfügiges Risiko des Bekanntwerdens unter keinen Umständen hingenommen werden kann. Darüber hinaus ließen sich aus der Bekanntgabe solcher Informationen unter Umständen Rückschlüsse auf den Einsatz von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Nachrichten-dienste an bestimmten Orten ziehen. Da sich Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die als V-Leute eingesetzt werden, regelmäßig in einem extremistischen und gewaltbereiten Umfeld bewegen, könnte die Preisgabe von eventuellen Einzelheiten ihrer Einsätze und die damit verbundene Möglichkeit einer Aufdeckung ihrer Identität dazu führen, dass das Grundrecht auf Leben und körperliche Unversehrtheit der betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gefährdet wäre. Aufgrund der Hochrangigkeit dieser Rechtsgüter, der möglichen Irreversibilität und der erhöhten Wahrscheinlichkeit ihrer Beeinträchtigung muss jede noch so geringe Möglichkeit des Bekanntwerdens zu Fragen des Einsatzes von V-Leuten ausgeschlossen werden. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333