Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales vom 6. März 2017 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 18/11392 18. Wahlperiode 07.03.2017 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Brigitte Pothmer, Beate Müller-Gemmeke, Corinna Rüffer, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 18/11254 – Nichtberücksichtigung älterer Arbeitsuchender in der Arbeitslosenstatistik V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Die gesetzliche Regelung § 53a Absatz 2 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch (SGB II) führt dazu, dass erwerbsfähige Leistungsberechtigte, denen nach Vollendung des 58. Lebensjahrs ein Jahr lang keine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung angeboten wurde, nach diesem Zeitraum offiziell nicht mehr als arbeitslos gelten, obwohl sie nach wie vor nach einer neuen Arbeit suchen. Die Bundesregierung rechtfertigt dieses Vorgehen damit, dass diese Gruppe „zwar nicht erklärtermaßen, aber faktisch der Arbeitsvermittlung nur begrenzt zur Verfügung “ stünde (vgl. Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage zu Frage 4 auf Bundestagsdrucksache 18/5757). 1. Wie viele Personen fielen jeweils in den Jahren von 2012 bis 2016 neu unter die Sonderregelung für Ältere gemäß § 53a Absatz 2 SGB II? In der Arbeitsmarktberichterstattung der Statistik der Bundesagentur für Arbeit gibt es keine Zugangs- und Abgangsstatistik zu Personen, die unter die Regelung des § 53a Absatz 2 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch (SGB II) fallen. Die Größenordnung der Zugänge von Personen unter die Regelung des § 53a Absatz 2 SGB II kann näherungsweise bestimmt werden durch Auszählung der Abgänge von Arbeitslosen im Alter ab 59 Jahre in der Kategorie „Sonderregelungen “. Zu beachten ist hierbei, dass in dieser Kategorie auch Abmeldungen wegen sogenannter Nichtaktivierung nach § 10 SGB II enthalten sind. Im Jahr 2016 beendeten 63 500 Arbeitslose ihre Arbeitslosigkeit durch Abgang in der Abgangskategorie „Sonderregelungen“, die für die Altersgruppe 59 Jahre und älter maßgeblich von der Regelung des § 53a SGB II dominiert sein dürfte. Weitere Angaben können der Tabelle 1 entnommen werden. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/11392 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 2. Wie viele Personen sind jeweils im Jahresdurchschnitt von 2012 bis 2016 unter die Regelung des § 53a Absatz 2 SGB II gefallen? Im Jahresdurchschnitt 2016 gab es 162 600 Personen, die unter die Regelung des § 53a Absatz 2 SGB II gefallen sind. Die Entwicklung der jahresdurchschnittlichen Bestände seit dem Jahr 2012 kann der Tabelle 3 (Antwort zu Frage 9) entnommen werden. 3. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über a) Geschlecht, b) Qualifikation, c) anerkannte Schwerbehinderungen d) und Alter (in den Altersstufen von 59 bis 60, 61 bis 62, 63 bis 64 und ab 65) derjenigen Personen, die im Jahr 2016 unter die Regelung des § 53a Absatz 2 SGB II fielen? Die Daten können der Tabelle 2 entnommen werden. Deutschland Zeitreihe Jahressumme 2012 bis 2016 Abgang an Arbeitslosen ab 59 Jahren in Sonderregelungen 2012 45.685 2013 54.510 2014 56.178 2015 58.274 2016 63.498 Quelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit Jahressummen Tabelle 1: Abgang an Arbeitslosen ab 59 Jahren in der Abgangskategorie "Sonderregelungen" Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/11392 4. Wie viele Ältere, die unter die Regelung des § 53a Absatz 2 SGB II fallen, sind jeweils in den Jahren von 2012 bis 2016 a) insgesamt, b) in Erwerbstätigkeit (bitte nach Beschäftigung am ersten und zweiten Arbeitsmarkt und nach sonstiger Erwerbstätigkeit unterscheiden), c) in sonstige Maßnahmeteilnahmen (ausgenommen Maßnahmen zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung), d) in Nichterwerbstätigkeit (bitte nach Arbeitsunfähigkeit, fehlende Verfügbarkeit bzw. Mitwirkung und sonstige Nichterwerbstätigkeit unterscheiden ), e) wegen § 12a SGB II (sogenannte vorzeitige Altersrente) bzw. f) wegen sonstiger Gründe bzw. keine Angaben abgegangen (bitte wenn möglich nach Geschlecht, Qualifikation und anerkannter Schwerbehinderung differenzieren), und wie lange fallen erwerbsfähige Leistungsberechtigte nach Kenntnis der Bundesregierung durchschnittlich unter die Regelung nach § 53a Absatz 2 SGB II? Der Bundesregierung liegen hierzu keine Erkenntnisse vor, da keine Zugangsund Abgangs- oder Verweildauerstatistiken zu Personen, die unter die Regelung des § 53a Absatz 2 SGB II fallen, geführt werden. Deutschland Jahresdurchschnitt 2016 Sonderregelungen für Ältere (§ 53a Abs. 2 SGB II) Insgesamt 162.554 dav. nach Geschlecht Männlich 81.622 Weiblich 80.932 dar. schw erbehindert 19.927 dar. nach Berufsausbildung Ohne abgeschlossene Berufsausbildung 85.165 Betriebliche/schulische Ausbildung 64.969 Akademische Ausbildung 6.567 Keine Angabe 5.853 dar. nach Alter 59-60 Jahre 43.891 61-62 Jahre 66.512 63-64 Jahre 45.045 65 und älter 6.714 Keine Angabe 392 Quelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit Merkmale Tabelle 2: Bestand an Personen in Regelung § 53a Abs. 2 SGB II nach Merkmalen Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/11392 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 5. Welchen Anspruch auf Beratung, Vermittlung und Förderung haben Personen , die unter die Regelung des § 53a Absatz 2 SGB II fallen, im Vergleich zu erwerbsfähigen Leistungsberechtigten, und werden mit diesen Personen Eingliederungsvereinbarungen nach § 15 SGB II abgeschlossen? Personen, die unter die Regelung des § 53a Absatz 2 SGB II fallen, haben den gleichen Anspruch auf Beratung, Vermittlung und Förderung wie andere erwerbsfähige Leistungsberechtigte. Nach § 3 Absatz 2 Satz 1 SGB II sollen die im jeweiligen Einzelfall notwendigen Eingliederungsleistungen unverzüglich erbracht werden. Dies gilt für erwerbsfähige Leistungsberechtigte aller Altersgruppen . Mit der Überarbeitung dieser Regelung im Neunten Gesetz zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch ‒ Rechtsvereinfachung ‒ sowie zur vorübergehenden Aussetzung der Insolvenzantragspflicht wurden lediglich das bisher in § 15a SGB II gesondert geregelte Sofortangebot mit dem Vermittlungsvorrang für junge Menschen im bisherigen § 3 Absatz 2 SGB II und die Regelung des Absatzes 2a für erwerbsfähige Leistungsberechtigte, die das 58. Lebensjahr vollendet haben, zusammengeführt. Dementsprechend gilt auch § 15 SGB II uneingeschränkt . Danach sollen die Jobcenter mit jeder erwerbsfähigen leistungsberechtigten Person eine Eingliederungsvereinbarung abschließen. 6. Wie hat sich die Aktivierungsquote von Personen, die unter die Regelung des § 53a Absatz 2 SGB II fallen, in den Jahren von 2012 bis 2016 a) insgesamt, b) in Abgrenzung zur Aktivierungsquote für erwerbsfähige Leistungsberechtigte , die zwar 59 Jahre und älter sind, jedoch nicht unter § 53a Absatz 2 SGB II fallen c) sowie im Vergleich zur Aktivierungsquote für alle Arbeitsuchenden entwickelt? Der Bundesregierung liegen hierzu keine Erkenntnisse vor, da Maßnahmeteilnehmende nicht danach unterschieden werden, ob sie unter die Regelung des § 53a Absatz 2 SGB II fallen. 7. Wie oft haben Mitarbeiter des Jobcenters mit a) Arbeitsuchenden, b) Personen, die unter die Regelung nach § 53a Absatz 2 SGB II fallen c) und Arbeitsuchenden, die älter als 59 Jahre alt sind, im jährlichen Durchschnitt Kontakt im Rahmen eines Beratungsgesprächs? Der Bundesregierung liegen hierzu keine Erkenntnisse vor. 8. Sollten der Bundesregierung zu den obigen Fragen keine Erkenntnisse und somit auch keine detaillierte Informationen über den hier relevanten Personenkreis vorliegen – auf welcher Grundlage bewertet die Bundesregierung dann die Wirkung der Regelung nach § 53a Absatz 2 SGB II auf die Betroffenen und ihre Chancen auf eine neue Beschäftigung? Nach geltender Rechtslage stehen für den genannten Personenkreis alle Leistungen zur Eingliederung in Arbeit nach dem SGB II zur Verfügung (vgl. Antwort zu Frage 5). Die Chancen zur Eingliederung in Arbeit richten sich daher nach den Verhältnissen im Einzelfall. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/11392 9. Wie hätte sich die Zahl der Langzeitarbeitslosen in Deutschland seit dem Jahr 2012 entwickelt, wenn anders als in § 53a Absatz 2 SGB II geregelt, erwerbsfähige Leistungsberechtigte, die nach Vollendung des 58. Lebensjahrs mindestens für die Dauer von zwölf Monaten Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende bezogen haben, ohne dass ihnen eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung angeboten wurde, weiterhin als arbeitslos gelten würden (bitte Jahresdaten jeweils für Langzeitarbeitslose und Personen in § 53a Absatz 2 SGB II sowie insgesamt und getrennt nach Rechtskreisen angeben)? Von 2012 bis 2016 hat die jahresdurchschnittliche Zahl der Langzeitarbeitslosen um 5 Prozent abgenommen. Zählt man die Personen, die unter die Regelung des § 53a Absatz 2 SGB II fallen, zu den Langzeitarbeitslosen dazu, hätte sich die Zahl dieser Personen im gleichen Zeitraum um 2 Prozent reduziert. Die Jahresdaten in der gewünschten Differenzierung können der Tabelle 3 entnommen werden . 10. Wie hoch wäre im Dezember 2016 die Zahl der Arbeitsuchenden im Alter von 55 bis unter 65 Jahren im SGB II sowie ihr Anteil an allen Arbeitslosen im SGB II ohne die Regelung nach § 53a SGB II Absatz 2 gewesen, und wie hoch wäre im Dezember 2016 ohne diese Regelung die Arbeitslosenquote bezogen auf alle zivilen Erwerbspersonen der 55 bis unter 65-Jährigen im SGB II gewesen? Im Dezember 2016 gab es im Rechtskreis SGB II in der Altersgruppe 55 bis unter 65 Jahre insgesamt 456 700 Personen, die entweder arbeitslos waren oder unter die Regelung des § 53a Absatz 2 SGB II fielen. Ihr Anteil an allen Arbeitslosen im Rechtskreis des SGB II und Personen in der Regelung des § 53a Absatz 2 SGB II belief sich auf 23,5 Prozent. Die anteilige Arbeitslosenquote für die Altersgruppe 55 bis unter 65 Jahren belief sich im Rechtskreis SGB II auf 3,7 Prozent . Würde man im Zähler und Nenner der Arbeitslosenquote für diese Altersgruppe auch die Personen berücksichtigen, die unter die Regelung des § 53a Absatz 2 SGB II fallen, würde sich die Quote auf 5,5 Prozent erhöhen. Die Angaben sind in der Tabelle 4 enthalten. Tabelle 3: Langzeitarbeitslose und Bestand an Personen in Regelung §53a Abs. 2 SGB II nach Rechtskreisen Deutschland Zeitreihe Jahresdurchschnitt 2012 bis 2016 SGB III SGB II SGB III* SGB II SGB III* SGB II 2012 1.046.635 127.258 919.378 128.407 10 128.397 1.175.042 127.268 1.047.775 2013 1.069.721 129.830 939.891 145.719 4 145.716 1.215.440 129.834 1.085.607 2014 1.076.752 126.155 950.597 161.772 4 161.768 1.238.524 126.159 1.112.365 2015 1.039.281 112.014 927.267 164.990 3 164.987 1.204.271 112.017 1.092.254 2016 993.073 96.566 896.507 162.554 2 162.552 1.155.627 96.568 1.059.059 Quelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit *Falsche Zuordnung des Rechtskreises wegen zeitvezögerter Umstellung des Rechtskreises. Summe Langzeitarbeitslose und Personen in Regelung §53a Abs. 2 SGB II Insgesamt davon Jahresdurchschnitt Bestand an Langzeitarbeitslosen Personen in Regelung §53a Abs. 2 SGB II Insgesamt Insgesamtdavon davon Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/11392 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 11. Plant die Bundesregierung die Änderung bzw. Abschaffung des § 53a SGB II Absatz 2 vor dem Hintergrund des demografischen Wandels und der schrittweisen Erhöhung des Renteneintrittsalters auf 67 Jahre, und wenn nein, wieso nicht? Die Bundesregierung plant derzeit keine Abschaffung des § 53a Absatz 2 SGB II. Deutschland Dezember 2016 Bestand an Arbeitslosen im Rechtskreis SGB II Personen in Regelung §53a Abs. 2 SGB II im Rechtskreis SGB II Summe Arbeitslose im Rechtskreis SGB II und Personen in der Regelung des § 53a Abs. 2 SGB II Anteilige Arbeitslosenquote* Anteilige Arbeitslosenquote mit Personen in Regelung des § 53a Abs. 2 SGB II Insgesamt 1.782.949 160.525 1.943.474 4,0 4,4 55 bis unter 65 Jahre 302.741 153.919 456.660 3,7 5,5 Anteil an Insgesamt 17,0 95,9 23,5 x x *Arbeitslose im Rechtskreis SGB II auf die gesamte Bezugsgröße zur Berechnung der Arbeitslosenquote. Eine Differenzierung der Bezugsgröße nach Rechtskreisen ist nicht möglich. Alter Tabelle 4: Bestand an Arbeitslosen und Personen in Regelung § 53a Abs. 2 SGB II im Rechtskreis SGB II nach Alter Berichtsmonat Dezember 2016 Quelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333