Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Auswärtigen Amts vom 3. März 2017 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 18/11452 18. Wahlperiode 07.03.2017 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Sevim Dağdelen, Annette Groth, Heike Hänsel, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 18/11224 – Lage der Flüchtlinge in Libyen V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Vor dem Sturz des Machthabers Muammar al-Gaddafi im Jahr 2011 war das ölreiche Libyen selbst Ziel arbeitssuchender Migranten aus anderen afrikanischen Staaten. Mit ihrer Intervention zum Sturz von Ghadhafi hätten die Westmächte in Libyen ein Chaos ohnegleichen hinterlassen, das in nichts hinter dem Syriens zurückstehe und eine neue Ordnungsmacht förmlich einlade (www.nzz.ch/international/russlands-ambitionen-am-mittelmeer-wird-libyenein -zweites-syrien-ld.141047). Heute aber drohen willkürliche Festnahmen, Zwangsarbeit, Folter, Entführungen und Vergewaltigungen. Deshalb versuchen Zuwanderer, die vor einigen Jahren womöglich noch in Libyen geblieben wären, über das Meer nach Europa zu kommen. Die gefährliche Überfahrt wird inzwischen als die sicherere Option betrachtet (www.migazin.de/2017/ 02/06/migranten-libyen-dramatische-zustaende-fluechtlinge/). Aktuelle Berichte führen erneut die furchtbaren Zustände in libyschen Haftzentren für Flüchtlinge in Libyen vor Augen. Seit Jahren ist bekannt, dass die Flüchtlinge in diesen Haftzentren nicht nur furchtbaren Lebensbedingungen ausgesetzt sind, sondern auch regelmäßig vom libyschen Wachpersonal erniedrigt , verprügelt, in die Zwangsarbeit verkauft und vergewaltigt werden. Immer wieder kommt es zu Morden an Internierten. Ein am Wochenende in kurzen Passagen bekannt gewordener Bericht der deutschen Botschaft in Niger nennt die Verhältnisse zumindest in privaten Haftzentren „KZ-ähnlich“ (www.welt. de/politik/deutschland/article161611324/Auswaertiges-Amt-kritisiert-KZaehnliche -Verhaeltnisse.html). Trotzdem haben die Staats- und Regierungschefs am 3. Februar 2017 auf dem der Europäische Rat (ER) einen Zehn- Punkte-Plan beschlossen, der ein Schließen der sogenannten zentralen Mittelmeerroute zum Ziel hat. Er sieht insbesondere eine stärkere Zusammenarbeit mit Libyen vor. Das von einem jahrelangen Bürgerkrieg zerrüttete Land ist mit Abstand das wichtigste Transitland für Migranten, die von Afrika aus nach Europa wollen. Bereits im Vorfeld hatte die die maltesische Ratspräsidentschaft einen Entwurf der Gipfelerklärung mit konkreten Maßnahmen zur Begrenzung der irregulären Migration sowie zwei Nonpaper zur externen Dimension der Migration mit dem Schwerpunkt Libyen und der zentralen Mittelmeerroute abgegeben . Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/11452 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Dazu ist eine engere Zusammenarbeit mit der libyschen Küstenwache vorgesehen , die schon jetzt im Rahmen der EU-„Operation Sophia“ (EUNAVFOR MED) trainiert wird – auch von deutschen Soldaten. Die Küstenwache ist dafür berüchtigt, Gewalt gegen Flüchtlinge anzuwenden – zuweilen mit Todesfolge – und auch vor Angriffen auf Schiffe von Hilfsorganisationen nicht zurückzuschrecken (www.german-foreign-policy.com/de/fulltext/59529). Mit dem geplanten Ausbau der Kooperation mit der Küstenwache, ist nicht nur mit einem deutlichen Anstieg der Zahl in libyschen Haftzentren internierter Flüchtlinge zu rechnen, sondern auch die Zahl der Opfer von Folter der furchtbaren Lebensbedingungen , von Folter, Vergewaltigung, Versklavung und Mord (www. welt.de/politik/deutschland/article161611324/Auswaertiges-Amt-kritisiert-KZaehnliche -Verhaeltnisse.html). Die Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel wirbt für ein Flüchtlingsabkommen mit Libyen nach dem Vorbild des Türkei-Paktes (www.tagesschau.de/ausland/ eu-fluechtlinge-145.html). Im Jahr 2016 kamen nach EU-Angaben rund 181 000 Menschen in Booten über das zentrale Mittelmeer nach Europa. 90 Prozent von ihnen legen demnach in Libyen ab. Menschenrechtler warnen vor einem Flüchtlingspakt mit Libyen, weil Flüchtlinge und Migranten dort eingesperrt , misshandelt, ausgebeutet und ermordet werden (www.migazin.de/2017/ 02/06/eu-gipfel-malta-libyen-fluechtlinge/). Hilfsorganisationen üben dagegen scharfe Kritik an den Plänen der EU. Eine Zusammenarbeit mit Libyen, die vor allem der Abwehr von Migranten und Flüchtlingen diene, werfe die europäischen Grundwerte über Bord, kritisierte Oxfam. Die Organisation Pro Asyl und der Paritätische Wohlfahrtsverband sprachen in einem offenen Brief an Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel von einem „Tiefpunkt europäischer Flüchtlingspolitik“ (DPA-Meldung vom 3. Februar 2017). „Der schändliche Deal, den die EU mit Libyen angepeilt hat, wird Zehntausende Menschen in einem von Konflikten zerrissenen Land einsperren, in dem sie ein hohes Risiko von Folter und Ausbeutung haben“, sagte die Brüsseler Direktorin von Amnesty International, Iverna McGowan, dem Evangelischen Pressedienst (epd vom 3. Februar 2017). 1. Inwieweit trifft es nach Kenntnis der Bundesregierung (auch nachrichtendienstlicher ), dass in Libyen mindestens drei Machtzentren bestehen, wonach eine die sogenannte libysche Einheitsregierung unter Premierminister Fajes al Sarradsch in Tripolis ist, eine weitere die eigentlich abgewählte Regierung der Nationalen Rettung sowie der immer weiter an Einfluss gewinnende General Chalifa Haftar und das formal gewählte Parlament im Osten des Landes (www.tagesschau.de/ausland/libyen-fluechtlinge-113.html), und welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung daraus für ihre Kooperation in Libyen? Die Vereinten Nationen haben einen libyschen politischen Dialog vermittelt, der im Dezember 2015 zu dem „Libyschen Politischen Abkommen“ führte, das Grundlage für den Präsidialrat und die libysche Einheitsregierung mit Sitz in Tripolis ist. Die Bundesregierung unterhält Kontakte ausschließlich mit Vertretern dieser Einheitsregierung. Dies entspricht den Vorgaben der Resolution 2259 (2015) des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen, wonach die Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen aufgefordert sind, libysche Parallelinstitutionen, die nicht Teil des „Libyschen Politischen Abkommens“ sind, nicht länger zu unterstützen und den offiziellen Kontakt mit ihnen einzustellen. In Tripolis ist der selbst ernannte ehemalige Premierminister Khalifa Ghweil weiterhin aktiv, unter anderem hat er mehrere Regierungsgebäude besetzt. Im ostlibyschen Beyda agiert im Rahmen der Möglichkeiten weiterhin die ehemalige Regierung von Premierminister Thinni, die General Haftar nahesteht. Auch viele Abgeordnete des libyschen Parlaments in Tobruk stehen General Haftar nahe. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/11452 Dem Parlament kommt auch eine formelle Rolle im Rahmen des „Libyschen Politischen Abkommens“ zu. 2. Inwieweit trifft es nach Kenntnis der Bundesregierung (auch nachrichtendienstlicher ), dass Russland „mit beiden Machtzentren in Libyen“, also mit der Einheitsregierung unter Premierminister Fajes al Sarradsch und General Chalifa Haftar zusammenarbeitet (www.faz.net/aktuell/politik/ausland/ unterstuetzt-putin-general-haftar-in-libyen-14835324-p2.html)? Russland unterhält nach Kenntnis der Bundesregierung Kontakte zur libyschen Einheitsregierung, mit dem Präsidenten des libyschen Parlaments Agila und mit General Haftar. 3. Inwieweit trifft es nach Kenntnis der Bundesregierung (auch nachrichtendienstlicher ), dass Russland und Ägypten ein Treffen zwischen Fajes al Sarradsch und Chalifa Haftar vermittelt haben (www.faz.net/aktuell/politik/ ausland/unterstuetzt-putin-general-haftar-in-libyen-14835324-p2.html)? Der Bundesregierung ist bekannt, dass Ägypten Vermittlungsgespräche mit Premierminister Sarraj, dem Präsidenten des libyschen Parlaments Agila und General Haftar führte. Zu einem gemeinsamen Treffen der drei Personen soll es jüngst aber nicht gekommen sein. 4. Inwiefern ist es nach Kenntnis der Bundesregierung mit dem Unionsrecht vereinbar, Schutzsuchende, die zwischen der italienischen und libyschen Küste durch die an der GSVP-Mission (GSVP: Gemeinsame Sicherheitsund Verteidigungspolitik) EUNAVFOR MED Operation SOPHIA eingesetzten Schiffe (speziell auch der der Bundesmarine) aus Seenot gerettet werden , nach Libyen zurückzuführen, wenn diese Aufgegriffenen ihre Absicht zu verstehen geben, Asyl zu beantragen und Schutz vor Zurückweisung suchen oder wenn diese Absicht aus den Umständen eindeutig zu erkennen ist? Es ist nicht vorgesehen, Personen nach Libyen zurückzuführen, die zwischen der italienischen und libyschen Küste durch Schiffe der Operation EUNAVFOR MED Sophia aus Seenot gerettet werden. 5. Welche rechtlichen und praktischen Voraussetzungen müssen nach Kenntnis der Bundesregierung in Libyen erfüllt sein, um Schutzsuchende ohne inhaltliche Prüfung ihres Schutzgesuchs nach einem Aufgriff auf See nach Libyen zurückschicken zu können (etwa im Rahmen des EU-Konzepts eines ersten Asylstaats bzw. sicheren Drittstaats)? Hierbei kommt es darauf an, wo und von wem die Migranten auf See aufgegriffen werden. Wenn Migranten die Territorialgewässer Libyens verlassen haben und sie nicht von libyschen Schiffen aufgegriffen werden, greifen an Bord von Staatsschiffen gegebenenfalls die völkerrechtlichen Verpflichtungen, wie etwa die Refoulement -Verbote gemäß der Genfer Flüchtlingskonvention, der Anti-Folter- Konvention sowie der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) und das Verbot der Kollektivausweisung nach dem 4. Zusatzprotokoll zur EMRK. Soweit Migranten in Hoheitsgewässern eines Mitgliedstaats der Europäischen Union aufgegriffen werden, gelten zudem die Anforderungen des europäischen Asylrechts. Das Konzept des ersten Asylstaats oder des sicheren Drittstaates im Sinne der EU-Asylverfahrensrichtlinie wird derzeit mit Blick auf Libyen von keinem EU-Mitgliedstaat angewendet. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/11452 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 6. Inwiefern erfordern Rückführungen auch nach Libyen nach Kenntnis der Bundesregierung eine Prüfung des Einzelfalls, und was müssen solche Prüfungen beinhalten, bzw. wie müssen sie ausgestaltet sein, und inwieweit ist dies auf den an der GSVP-Mission EUNAVFOR MED Operation SOPHIA beteiligten Schiffen gewährleistet? 7. Inwieweit ist nach Kenntnis der Bundesregierung eine pauschale Rückführung nach Libyen aller aus Seenot Geretteten ohne jegliche Prüfung nach unionsrechtlichen Maßgaben zulässig? Die Fragen 6 und 7 werden zusammen beantwortet. Es wird auf die Antworten zu den Fragen 4 und 5 verwiesen. 8. Inwieweit sind nach Kenntnis der Bundesregierung die völkerrechtlichen Voraussetzungen für Phase 2b und 3 auch ohne Resolution des UN-Sicherheitsrats für ein Vorgehen gegen sogenannte „Schlepper“ auf fremdem Territorium gegeben? 9. Inwieweit ist nach Kenntnis der Bundesregierung die völkerrechtlichen Voraussetzungen für Phase 2b und 3 gegeben, wenn die „Regierung der nationalen Einheit“ Libyens ihre Zustimmung gibt? Die Fragen 8 und 9 werden zusammen beantwortet. Die völkerrechtlichen Voraussetzungen für die Phasen 2b und 3 der Operation EUNAVFOR MED Sophia, also für ein Vorgehen innerhalb der libyschen Territorialgewässer beziehungsweise auf libyschem Territorium, wären durch eine Zustimmung der libyschen Einheitsregierung erfüllt. Eine solche Zustimmung liegt aber nicht vor. Darüber hinaus wird auf die Antwort der Bundesregierung zu Frage 1 der Kleinen Anfrage der Fraktion DIE LINKE. auf Bundestagsdrucksache 18/11329 vom 22. Februar 2017 verwiesen. 10. Inwieweit trifft es nach Kenntnis der Bundesregierung zu, dass sich zwischen 700 000 und einer Million Migranten in Libyen aufhalten, wobei die meisten aus Ägypten, dem Niger, Sudan, Nigeria, Bangladesch, Syrien und Mali stammen (www.migazin.de/2017/02/06/migranten-libyen-dramatischezustaende -fluechtlinge/)? Diese Schätzungen zur Anzahl von in Libyen aufhältigen Ausländern beruhen auf Zahlen der Internationalen Organisation für Migration (IOM). Sie sind der Bundesregierung bekannt und erscheinen plausibel. Sie umfassen auch solche Ausländer , die in Libyen einer Arbeitstätigkeit nachgehen und keine Weiterwanderung anstreben. 11. Inwieweit trifft es zu, dass die deutsche Botschaft in Nigers Hauptstadt Niamey in einer sogenannten diplomatischen Korrespondenz (intern: „Drahtbericht “) an das Bundeskanzleramt und mehrere Ministerien von „allerschwersten , systematischen Menschenrechtsverletzungen in Libyen“ berichtet hat (www.welt.de/politik/deutschland/article161611324/Auswaertiges- Amt-kritisiert-KZ-aehnliche-Verhaeltnisse.html), und welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung daraus? Es ist Aufgabe der jeweiligen Auslandsvertretungen über die Lage vor Ort, insbesondere auch über die Menschenrechtslage zu berichten. Diese internen und vertraulichen Berichte der Auslandsvertretungen dienen der Unterrichtung und fließen in die Meinungsbildung und Bewertung der jeweiligen Lage vor Ort mit ein. Es wird im Übrigen auf die Antwort zu Frage 15 verwiesen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/11452 12. Wie viele staatliche Gefängnisse der „Einheitsregierung“ gibt es nach Kenntnis der Bundesregierung in Libyen, und welche sind zugleich Haftzentren für Geflüchtete, die dem Department for Combatting Illegal Migration (DCIM), das dem Innenministerium der von der EU protegierten „Einheitsregierung “ untersteht, angegliedert sind (bitte auflisten)? Über die genaue Anzahl staatlicher Gefängnisse in Libyen liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor. 13. Wie viele private Gefängnisse gibt es nach Kenntnis der Bundesregierung in Libyen, und welche sind zugleich Haftzentren für Geflüchtete (bitte auflisten )? Der Bundesregierung liegen keine Erkenntnisse zur Anzahl irregulärer, nicht der libyschen Einheitsregierung unterstehenden Gefängnissen oder sogenannten „detention centers“ vor. 14. Wie viele Haftzentren ausschließlich für Geflüchtete gibt es in Libyen (bitte nach staatlichen der „Einheitsregierung“ und privaten auflisten)? Nach Angaben des dem libyschen Innenministerium unterstellten Department for Combatting Illegal Migration (DCIM, Abteilung zur Bekämpfung Illegaler Migration ) existieren 21 offizielle „detention centers“. Zu den nicht der libyschen Einheitsregierung unterstehenden „detention centers“ wird auf die Antwort zu Frage 13 verwiesen. 15. Inwieweit hat die Bundesregierung Kenntnisse (auch nachrichtendienstliche ), dass die Haftzentren, in denen Flüchtlinge in Libyen über teilweise lange Zeiträume willkürlich festgehalten werden, gewöhnlich stark verschmutzt , schlecht belüftet, oft ohne sanitäre Einrichtungen, zuweilen mit blutverschmierten Wänden und regelmäßig überbelegt sind, so dass die Geflüchteten manchmal nur im Sitzen schlafen können (www.german-foreignpolicy .com/de/fulltext/59529), und welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung daraus? Die in der Frage gemachten Angaben zu den Lebensbedingungen in den „detention centers“ entsprechen dem Kenntnisstand der Bundesregierung. In Absprache mit EU Partnern leistet die Bundesregierung über in Libyen tätige internationale Organisationen wie dem Hohen Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen (UNHCR), dem Internationalen Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) und IOM unter den gegebenen sehr schwierigen Umständen Hilfe. 16. Inwieweit hat die Bundesregierung Kenntnisse (auch nachrichtendienstliche ), dass in vielen Haftzentren die Geflüchteten an Mangelernährung leiden , und welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung daraus? Die Bundesregierung verfügt über entsprechende Erkenntnisse. Die Sicherung der Lebensmittelversorgung in den „detention centers“ ist ein wichtiges Anliegen der Arbeit von IOM, die von der Bundesregierung unterstützt wird. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/11452 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 17. Inwieweit hat die Bundesregierung Kenntnisse (auch nachrichtendienstliche ), dass in vielen Haftzentren in Tripolis die Nahrung nur 35 Prozent der notwendigen Kalorien deckt bzw. zeitweise überhaupt keine Lebensmittel oder lediglich ungenießbares Trinkwasser bereitgestellt werden, und welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung daraus? Der Bundesregierung liegen keine detaillierten Erkenntnisse im Sinne der Fragestellung vor. 18. Welche konkreten Maßnahmen bzw. Projekte (kurz-, mittel- und langfristige sowie prioritäre) einschließlich geplanter finanzieller Mittel sind im Rahmen des Zehn-Punkte-Plans (DPA-Meldung vom 3. Februar 2017) nach Kenntnis der Bundesregierung a) zur zusätzlichen Unterstützung für die libysche Küstenwache bezogen auf Ausbildung und Ausrüstung; b) zur Bündelung aller zur Verfügung stehenden Kräfte, um das Geschäftsmodell der Schleuserbanden zu zerstören; c) zur Unterstützung von lokalen libyschen Gemeinschaften, die Migranten aufnehmen; d) zum Aufbau von sicheren und angemessenen Aufnahmeeinrichtungen in Libyen – zusammen mit dem Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen (UNHCR) und der Internationalen Organisation für Migration (IOM); e) zur Förderung von Projekten, die Migranten dazu bringen sollen, freiwillig in ihre Heimatländer zurückzukehren (IOM); f) zum Ausbau von Informationskampagnen, die über die Gefahren der illegalen Migration aufklären; g) zur Förderung von Projekten, die wieder eine bessere Kontrolle der Grenzen zwischen Libyen und seinen Nachbarländern ermöglichen; h) zur Überwachung möglicher Alternativrouten; i) zur Unterstützung von bilateralen Initiativen, die positive Entwicklungen in Libyen anstoßen sollen; j) zur engeren Zusammenarbeit mit den Nachbarstaaten Libyens – auch mit dem Ziel, nicht schutzbedürftige Menschen dorthin zurückschicken zu können – geplant? Die Unterfragen a) bis j) werden gemeinsam beantwortet. Die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union haben anlässlich des informellen Treffens in Malta am 3. Februar 2017 in ihrer Erklärung zur Außendimension der Migrationspolitik Prioritäten für die künftige europäische und bilaterale Zusammenarbeit mit Libyen definiert. Derzeit plant die maltesische Ratspräsidentschaft gemeinsam mit Mitgliedstaaten und den europäischen Institutionen die Umsetzung auf Basis eines 10-Punkte-Implementierungsplans. Einige der EU-seitig geplanten Projekte sind in der Gemeinsamen Mitteilung von Europäischer Kommission und Hoher Vertreterin „Migration über die zentrale Mittelmeerroute . Ströme steuern, Leben retten“ aufgeführt. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/11452 19. Inwieweit hat die Bundesregierung Kenntnis, bis wann konkret die operative Einsatzfähigkeit des Netzwerkes „Seahorse Mediterranean“ zum vermeintlichen Vorgehen gegen Schleuser und Menschenhändler im Frühjahr 2017 erreicht ist (http://europa.eu/rapid/press-release_IP-17-134_de.pdf)? Hierzu liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor. 20. Inwieweit hat die Bundesregierung Kenntnis, ob die derzeit in Tunis ansässige GSVP-Mission zur Unterstützung des Grenzschutzes (EUBAM Libyen) mit den libyschen Behörden Möglichkeiten für eine neue größere zivile GSVP-Mission sondieren soll, und wenn ja, welche Ausrichtung soll diese haben? Es wird auf die Antwort der Bundesregierung zu Frage 15 der Kleinen Anfrage der Fraktion DIE LINKE. auf Bundestagsdrucksache 18/9965 vom 13. Oktober 2016 verwiesen. 21. In welcher Höhe hat Libyen in den letzten zehn Jahren nach Kenntnis der Bundesregierung im Rahmen der Europäischen Nachbarschaftspolitik von der EU finanzielle Unterstützung aus dem Europäischen Nachbarschaftsinstrument (ENI) erhalten (bitte entsprechend der Jahre die Maßnahmen einschließlich der bereitgestellten finanziellen Mittel auflisten)? Im Rahmen des Europäischen Nachbarschafts- und Partnerschaftsinstrument ENPI (2007 bis 2013) gab es bis 2010 kein Nationales Indikatives Programm (NIP) für Libyen. Im ENPI waren bis 8 Mio. Euro für den Gesundheitssektor (Benghazi Action Plan on HIV/AIDS) und 10 Mio. Euro für Migration eingeplant . Das NIP für 2011 bis 2013 in Höhe von 60 Mio. Euro mit dem Schwerpunkt Bildung und nachhaltige wirtschaftliche und soziale Entwicklung wurde von der libyschen Regierung im Juni 2010 unterzeichnet. Mit dem Beginn der libyschen Krise im Februar 2011 wurden faktisch alle Kooperationsverträge suspendiert. Im Jahr 2011 wurden aus ENPI Mittel in Höhe von elf Mio. Euro umgewidmet für die Schwerpunkte Erziehung, öffentliche Verwaltung und Zivilgesellschaft. Ein revidiertes NIP wurde im August 2012 unterzeichnet. Im Jahr 2012 wurde eine Sondermaßnahme in Höhe von 25 Mio. Euro beschlossen für die Schwerpunkte Berufsausbildung (6,5 Mio. Euro), Gesundheitssystem (8,5 Mio. Euro) und Zivilgesellschaft (10 Mio. Euro). Mit der Umsetzung wurde 2013 begonnen. In dem Jahresaktionsprogramm für 2013 wurden 25 Mio. Euro für die Schwerpunkte Wirtschaftsförderung und Migration (Zusammenarbeit mit International Center for Migration and Policy Development ICMPD, Rotem Kreuz und Rotem Halbmond) bereitgestellt. Im Rahmen des ENI wurde für Libyen ein Strategiepapier (mehrjähriges indikatives Programm für 2014 bis 2015) aufgestellt, das für den Zeitraum 2014 bis 2020 indikative Mittel in Höhe von 126 Mio. Euro bis 154 Mio. Euro bereitstellt und gleichzeitig für die erste Programmperiode 2014 bis 2015 Mittel in Höhe von 36 Mio. Euro bis 44 Mio. Euro festlegte. In dem Strategiepapier ist die Verteilung prozentual nach Schwerpunkten wie folgt festgeschrieben: demokratische Staatsführung 45 Prozent, Jugend und aktive Bürgerschaft 28 Prozent, Gesundheit 16 Prozent, Zivilorganisationen fünf Prozent und für Maßnahmen der technischen Hilfe sechs Prozent. Zur Umsetzung der Planung sind Jahresaktionsprogramme beschlossen worden, die für 2014 8 Mio. Euro (für Zivilgesellschaft, demokratischer Übergang), für 2015 8 Mio. Euro (für Gesundheit) und für 2016 6,4 Mio. Euro (demokratische Staatsführung) vorsehen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/11452 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 22. In welcher Höhe hat Libyen in den letzten zehn Jahren nach Kenntnis der Bundesregierung im Rahmen der Europäischen Nachbarschaftspolitik von der EU finanzielle Unterstützung aus der Nachbarschaftsinvestitionsfazilität (NIF) erhalten (bitte entsprechend der Jahre die Maßnahmen einschließlich der bereitgestellten finanziellen Mittel auflisten)? Es wird auf die Antwort zu Frage 21 verwiesen. Libyen hat aus der NIF keine zusätzliche bilaterale finanzielle Unterstützung erhalten. 23. In welcher Höhe hat Libyen nach Kenntnis der Bundesregierung EU-Mittel aus dem Nothilfe-Treuhandfonds der EU für Afrika (EUTF) erhalten (bitte entsprechend die Maßnahmen einschließlich der bereitgestellten finanziellen Mittel auflisten)? Im Rahmen des EUTF-Nordafrika Fensters wurden bisher zwei Länderprogramme beschlossen: Unterstützung eines Konsortiums von internationalen Nichtregierungsorganisationen unter Leitung des Danish Refugee Councils in Höhe von 6 Mio. Euro, um Schutz und Resilienz von Vertriebenen in Libyen zu stärken („Strengthening protection and resilience of displaced populations in Libya“) Unterstützung von IOM in Höhe von 20 Mio. Euro, als Teil eines IOM-Regionalvorhabens , das 14 Länder entlang der Hauptmigrationsrouten umfasst. Kernelemente sind der Schutz und die Betreuung von Flüchtlingen und Migranten , die Förderung freiwilliger Rückkehr sowie die verstärkte Aufklärung und Kommunikation mit (potenziellen) Migranten. Soweit möglich wird auch die Verbesserung der Lebensbedingungen in „detention centers“ angestrebt. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333