Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums des Innern vom 9. März 2017 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 18/11491 18. Wahlperiode 13.03.2017 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Andrej Hunko, Jan van Aken, Annette Groth, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 18/11309 – Erfassung von Passagierdaten in grenzüberschreitenden Zügen V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Die belgische Regierung will die Erfassung und Verarbeitung von Passagierdaten im grenzüberschreitenden Zugverkehr verpflichtend machen (http://gleft. de/1AR). Die Informationen sollen vor Antritt der Reise mit einschlägigen Datenbanken von Polizei und Geheimdiensten abgeglichen werden. Ein entsprechendes Abkommen haben die Niederlande, Frankreich und Großbritannien am Rande des informellen Ministertreffens Justiz und Inneres in Valletta/Malta am 26. und 27. Januar 2017 unterzeichnet. Demnach sind zuerst die Fernzüge Thalys und Eurostar von der Maßnahme betroffen. Der rechtskonservative belgische Innenminister Jan Jambon hatte die Pläne Anfang des Jahres 2017 angekündigt . Belgien war damals im Gespräch mit den Niederlanden, Frankreich und Deutschland. Die Bundesregierung hat sich dem Vorschlag gegenüber prinzipiell aufgeschlossen gezeigt (http://gleft.de/1AQ), wollte jedoch die Diskussionen auf den Ratstreffen abwarten. In Malta warb Belgien für weitere Unterstützer des Vorhabens. Das Thema stand jedoch nicht auf der offiziellen Tagesordnung , sondern wurde am Rande diskutiert und beschlossen. Laut der Mitteilung des belgischen Innenministers habe sich sein deutscher Amtskollege Dr. Thomas de Maizière (CDU) dem Vorhaben trotz der Vorgespräche nicht angeschlossen . Deutschland könnte dies Jan Jambon zufolge aber zu einem späteren Zeitpunkt nachholen. Sofern die Bundesregierung an dem Verfahren nicht teilnimmt ist fraglich, inwiefern die Thalys-Züge weiter an deutschen Bahnhöfen in Dortmund, Essen, Duisburg, Köln und Aachen verkehren können. 1. Wann und auf welchem Wege wurde die Bundesregierung von der belgischen Regierung über Pläne zur Erfassung und Verarbeitung von Passagierdaten im grenzüberschreitenden Zugverkehr informiert? Der Vertreter Belgiens hatte beim Treffen der International Working Group on Land Transport Security (IWGLTS) am 11. Mai 2016 angekündigt, im Rahmen der Terrorabwehr ein nationales PNR-Gesetz (Passenger Name Record) zur Verarbeitung von Passagierdaten einzubringen, das auch auf den internationalen Verkehr auf dem Wasser, der Schiene und der Straße angewendet werden solle. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/11491 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 2. Wann und auf welchem Wege wurde die Bundesregierung von der belgischen Regierung zur Teilnahme an dem Verfahren angefragt, und wie hat sie darauf reagiert? Eine förmliche Anfrage im Sinne der Fragestellung wurde an die Bundesregierung nicht herangetragen. 3. Welche etwaigen Bedenken wurden der belgischen Regierung hierzu mitgeteilt ? Der Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur Alexander Dobrindt hat am Rande des Verkehrsministerrats am 1. Dezember 2016 gegenüber seinem belgischen Amtskollegen François Bellot unterstrichen, dass in offenen und frei zugänglichen Verkehrsbereichen wie dem Eisenbahnsektor dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit eine große Bedeutung zukommt. 4. Welche weiteren Länder wurden nach Kenntnis der Bundesregierung von der belgischen Regierung zur Teilnahme angefragt? Es wird auf die Antwort zu Frage 9 verwiesen. 5. Auf welche Weise wurde der Vorschlag Belgiens auf dem Ratstreffen der Innenminister in Malta bzw. am Rande des Treffens behandelt? Der Bundesminister des Innern Dr. Thomas de Maizière wurde von dem belgischen Minister der Sicherheit und des Innern Jan Jambon am Rande des informellen Rates der Justiz- und Innenminister am 26./27. Januar 2017 in Valletta kurz über das Thema Erfassung und Speicherung personenbezogener Passagierdaten (PNR) im Schienenverkehr informiert. 6. Aus welchen Erwägungen hat sich der deutsche Bundesminister des Innern, Dr. Thomas de Maizière, dem Vorhaben trotz der Vorgespräche nicht angeschlossen ? Auf die Antwort zu Frage 2 wird verwiesen. 7. Inwiefern und mit welchem Ansinnen befindet sich die Bundesregierung zu dem Vorhaben weiterhin im Gespräch mit der belgischen Regierung? Es wird auf die Antwort zu Frage 3 verwiesen. 8. Sofern der identitätsbezogene Ticketkauf für den Thalys verpflichtend würde, inwiefern könnte der Zug überhaupt an deutschen Bahnhöfen verkehren , ohne dass die dort Zusteigenden auf ihre Identität bzw. Übereinstimmung der Personendaten mit dem Ticket kontrolliert würden? Die konkrete Ausgestaltung und etwaige Auswirkungen des belgischen Gesetzgebungsvorhabens sind der Bundesregierung bislang nicht bekannt. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/11491 9. Was ist der Bundesregierung zu den Teilnehmenden einer Arbeitsgruppe bekannt , in der Belgien bis Ende März 2017 Details zur Umsetzung des Abkommens ausarbeitet? Nach Informationen der Bundesregierung hat Belgien eine Arbeitsgruppe (AG) zur Umsetzung des Rahmengesetzes zur Erfassung und Speicherung personenbezogener Passagierdaten (PNR) im Schienenverkehr mit Frankreich, dem Vereinigten Königreich und den Niederlanden ins Leben gerufen. Belgien plant, das weitere Vorgehen zu PNR auch mit weiteren Nachbarstaaten zu beraten. 10. Inwiefern wurde auch die Bundesregierung hier um Zuarbeit gebeten, und welche Mitteilungen hat sie diesbezüglich mit welchem Inhalt gemacht? Es wird auf die Antwort zu Frage 2 verwiesen. 11. Inwiefern könnte es sich aus Sicht der Bundesregierung bei den Kontrollen an Bahnhöfen in Belgien, Frankreich, den Niederlanden und Großbritannien um versteckte Grenzkontrollen handeln, die nach dem Schengener Grenzkodex ausgeschlossen sind? Die Durchführung von Grenzkontrollen richtet sich nach der Verordnung (EU) 2016/399 (Schengener Grenzkodex). Danach sind – vorbehaltlich einer vorübergehenden Wiedereinführung von Grenzkontrollen an den Binnengrenzen nach Artikel 25 ff. Schengener Grenzkodex – keine Grenzübertrittskontrollen an den Binnengrenzen zulässig. Für Grenzkontrollen im grenzüberschreitenden Eisenbahnverkehr gelten die Bestimmungen des Artikels 19 i. V. m. mit der Ziffer 1.2 des Anhangs VI zum Schengener Grenzkodex. Die Prüfung der Einhaltung dieser Regularien erfolgt im Rahmen des Evaluierungs- und Überwachungsmechanismus für die Überprüfung der Anwendung des Schengen-Besitzstands durch die Europäische Kommission und die Mitgliedstaaten. 12. Was ist der Bundesregierung über die Haltung der Europäischen Kommission zu den neuen Maßnahmen bekannt? Die Europäische Kommission hat nach Kenntnis der Bundesregierung auf die möglichen praktischen Auswirkungen und die Notwendigkeit zur Einhaltung der europäischen Rechtslage aufmerksam gemacht. 13. Inwiefern und mit welcher Fragestellung werden die Maßnahmen nach Kenntnis der Bundesregierung auch in EU-Ratsarbeitsgruppen behandelt? Der Bundesregierung liegen darüber keine Informationen vor. 14. Was ist der Bundesregierung darüber bekannt, nach welchem Fahrplan Belgien die Erhebung von Passagierdaten auch für Fernbusse und Fähren im grenzüberschreitenden Verkehr verpflichtend machen will? Zur eventuell von Belgien geplanten Erhebung von Passagierdaten für Fernbusse und Fähren im grenzüberschreitenden Verkehr liegen der Bundesregierung keine Informationen vor. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 8 verwiesen. 15. Was ist der Bundesregierung über Pläne der österreichischen Regierung bekannt , Daten von Zugreisenden speichern und verarbeiten zu wollen? Der Bundesregierung liegen darüber keine Informationen vor. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/11491 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 16. Mit welcher Begründung hält die Bundesregierung die Verlängerung der Kontrollen an den Binnengrenzen im Schengen-Raum nach Artikel 29 des Schengener Grenzkodex als Rechtsgrundlage für rechtens und verhältnismäßig (tagesschau.de vom 20. Oktober 2016, „Deutschland will weiterhin Grenzkontrollen“)? Die Europäische Kommission hat in ihren Vorschlägen zur Fortsetzung der Binnengrenzkontrollen nach Artikel 29 des Schengener Grenzkodex die Gründe für ein solches Vorgehen dezidiert dargelegt. Auf die jeweiligen Berichtsbögen zur Unterrichtung des Bundestages nach dem Gesetz über die Zusammenarbeit von Bundesregierung und Deutschem Bundestag in Angelegenheiten der Europäischen Union (EUZBBG) wird verwiesen. Nach der jeweiligen Annahme der „Empfehlung zur Verlängerung zeitlich befristeter Kontrollen an den Binnengrenzen unter außergewöhnlichen Umständen, die das Funktionieren des Schengen -Raums insgesamt gefährden“ durch den Rat hat Deutschland die Durchführungsbeschlüsse des Rates umgesetzt. a) Inwiefern könnten die Kontrollen aus Sicht der Bundesregierung nach derzeitiger Gefährdungslage nicht nur mit einem Zustrom von Geflüchteten gerechtfertigt werden, sondern auch mit Terrorismusgefahr? Auch die angespannte Sicherheitslage in Deutschland könnte die Durchführung von Binnengrenzkontrollen in nationaler Souveränität rechtfertigen. b) Was ist der Bundesregierung darüber bekannt, mit welcher Begründung die EU-Mitgliedstaaten Ungarn, Slowenien und die Slowakei gegen den Durchführungsbeschluss des Rates mit einer Empfehlung zur Verlängerung zeitlich befristeter Kontrollen an den Binnengrenzen in Österreich, Deutschland, Dänemark, Schweden und Norwegen gestimmt haben (Ratsdokument 5750/17)? In dem in der Fragestellung erwähnten Ratsdokument (5750/1/17 REV 1 SCH-EVAL 35 FRONT 37 COMIX 70) sind die Erklärungen Griechenlands, Ungarns und Sloweniens zur Beschlussfassung enthalten; die Erklärungen befassen sich jeweils auch mit den Gründen für die beabsichtigte Ablehnung. Darüber hinaus liegen der Bundesregierung dazu keine Informationen vor. c) Aus welchen Gründen wollten sich Bulgarien, Zypern und Polen der Stimme enthalten? Die Gründe sind der Bundesregierung nicht bekannt. d) Inwiefern kann die Bundesregierung die Kritik der Regierung Griechenlands nachvollziehen, die darauf hinweist, dass keine konkreten Erkenntnisse für eine Sekundärmigration aus seinem Hoheitsgebiet in andere Mitgliedstaaten der EU vorliegen und das Land stattdessen alle Grenzkontrollen und -patrouillen an sämtlichen griechischen Grenzübergangsstellen nachweislich verschärft hat? Zu Bewertungen der griechischen Regierung nimmt die Bundesregierung keine Stellung. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/11491 e) Inwiefern kann die Bundesregierung den Einwand Griechenlands nachvollziehen , wonach Asylanträge nicht als relevanter Faktor für die Verlängerung der zeitlich befristeten Kontrollen an den Binnengrenzen herangezogen werden dürfen? Die Kriterien für die Verlängerung der vorübergehenden Kontrollen an den Binnengrenzen ergeben sich aus den einschlägigen Rechtsgrundlagen in der Verordnung (EU) 399/2016 (Schengener Grenzkodex), für das derzeitige Verfahren insbesondere aus Artikel 29 Schengener Grenzkodex. f) Aus welchem Grund verlangt die Europäische Kommission von den fünf Mitgliedstaaten, die Kontrollen an den Binnengrenzen durchführen, über die Zahl der Asylanträge Bericht zu erstatten? Die Berichtspflicht im Sinne der Fragestellung ergibt sich aus dem Verlängerungsbeschluss . 17. In welcher Zahl haben Geflüchtete im Januar 2017 versucht, mit Güterzügen aus Belgien, der Schweiz und Österreich nach Deutschland einzureisen (bitte die Zahlen für die einzelnen Binnengrenzen getrennt ausweisen)? Die Angaben ergeben sich aus nachstehender Tabelle: Januar 2017 Anzahl Feststellungen unerlaubt eingereister Personen in Güterzügen 25 davon an der Grenze zu Belgien 0 davon an der Grenze zu der Schweiz 3 davon an der Grenze zu Österreich 22 18. Wie viele irregulär Einreisende haben die Bundespolizei bzw. die im Auftrag der Bundesregierung mit Grenzkontrollen betrauten Länderpolizeien im Jahr 2016 sowie im Januar 2017 (bitte Zahlen getrennt ausweisen) in grenzüberschreitenden Fernbussen festgestellt? Die Angaben ergeben sich aus nachstehender Tabelle: Feststellungen unerlaubt eingereister Personen in Fernbussen Jahr 2016 5.933 Januar 2017 707 19. Mit welcher Fragestellung und mit welchem Ergebnis haben EU-Ratsarbeitsgruppen nach dem Amoklauf in einem Thalys-Hochgeschwindigkeitszug im Sommer 2015 die Sicherheit im Bahnverkehr thematisiert (http://gleft. de/1AS)? Frankreich hat in der Sitzung der Ratsarbeitsgruppe Terrorismus (TWP) am 9. September 2015 unter dem Tagesordnungspunkt 3 „Jüngste Ereignisse seit der letzten TWP-Sitzung am 14. Juli 2015“ die in Frankreich beschlossenen Maßnahmenverschärfungen nach dem Thalys-Anschlag vom 21. August 2015 dargestellt. Die Sicherheit im Hochgeschwindigkeitsverkehr wurde nach dem Anschlag vom 21. August 2015 in verschiedenen europäischen Gremien thematisiert, u. a. im Rat für Justiz und Inneres sowie im Rat für Verkehr, Telekommunikation und Energie. Dabei waren sich die Mitgliedstaaten einig, dass der Bahnverkehr ein Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/11491 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode offenes, zugängliches und leicht nutzbares Transportsystem bleiben und jedweder Ansatz von Einschränkungen verhältnismäßig sein müsse. 20. Mit welcher Begründung lehnt die Bundesregierung die Einrichtung von Sicherheitsschleusen im grenzüberschreitenden Verkehr von Hochgeschwindigkeitszügen weiterhin ab? Der Bundesregierung liegen derzeit keine Anhaltspunkte dazu vor, dass der grenzüberschreitende Hochgeschwindigkeitsverkehr einer höheren Gefährdung unterliegt als andere Eisenbahnverkehre in Deutschland. Die hoheitlichen Maßnahmen der Bundespolizei und die Maßnahmen der Verkehrsunternehmen beziehen sich insofern auf das gesamte Gebiet der Bahnanlagen der Eisenbahnen des Bundes und auf alle Züge, die hierauf verkehren. Daher sollten alle Maßnahmen in einem angemessenen Verhältnis zwischen dem Nutzungszweck des Verkehrsmittels Eisenbahn, dem Nutzungsverhalten der Reisenden und den erforderlichen Sicherheitsinteressen stehen. Vergleichbare Sicherheitsmaßnahmen wie im Luftverkehr, beispielsweise Personen- und Gepäckkontrollen aller Reisenden, sind daher nicht umsetzbar und Seitens der Bundesregierung derzeit nicht vorgesehen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. 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