Deutscher Bundestag Drucksache 18/1156 18. Wahlperiode 11.04.2014 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Valerie Wilms, Matthias Gastel, Stephan Kühn (Dresden), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 18/887 – Zukunft von Toll Collect Vo r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Die Firma Toll Collect GmbH ist vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) damit beauftragt, das System zur Einnahme der Lkw-Maut auf deutschen Bundesfernstraßen zu betreiben und die fälligen Gebühren abzurechnen. Der Vertrag läuft bis zum 31. August 2015. Für den Folgezeitraum gibt es die Möglichkeit einer Verlängerung des Vertrages. Daneben bestehen Möglichkeiten zur Übernahme der Toll Collect GmbH durch den Bund (Call Option) oder eine europaweite Neuausschreibung. Derzeit ist die Zukunft der Toll Collect GmbH offen. 1. Inwiefern ist der Bund bei der Call Option an Bedingungen gebunden, und um welche Bedingungen handelt es sich hierbei gegebenenfalls? Der Bund kann die Call Option aus ordnungspolitischen oder anderen wesentlichen Gründen jederzeit ausüben. 2. Inwiefern ist es zutreffend, dass die Call Option für den Bund ab dem 1. September 2014 ohne Angabe von Gründen möglich ist? Dies ist zutreffend. 3. Inwiefern besteht die Möglichkeit, die Call Option innerhalb einer möglichen Verlängerung des Vertrages zu ziehen, und bis zu welchem Zeitpunkt kann die Call Option letztmalig durch den Bund ausgeübt werden? Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur vom 9. April 2014 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Die Call Option muss gemäß dem Maut-Betreibervertrag sechs Monate vor Ende der Vertragslaufzeit ausgeübt werden. Der Rest ist Verhandlungssache. Drucksache 18/1156 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 4. Bis zu welchem Zeitpunkt kann der Bund den Vertrag mit der Toll Collect GmbH verlängern, und was sind die Folgen, wenn der Vertrag zu diesem Zeitpunkt nicht verlängert wird? Bis zwei Monate vor Ablauf der regulären Laufzeit am 31. August 2015 kann der Maut-Betreibervertrag dreimal um jeweils ein Jahr verlängert werden. Erfolgt keine (weitere) Verlängerung, endet der Maut-Betreibervertrag mit dem jeweiligen Vertragsende. 5. Inwiefern kann der Vertrag jeweils dreimal um ein Jahr verlängert werden, oder ist es möglich, den Vertrag auch einmalig um drei Jahre zu verlängern ? Der Betreibervertrag kann auch einmalig um drei Jahre verlängert werden. 6. Welche Alternative sieht die Bundesregierung zur Weiterbeauftragung der Anbieterin Toll Collect GmbH, und wird eine Vergabe durch die öffentliche Hand geprüft? Als Alternative zur Weiterbeauftragung der Toll Collect GmbH im Wege einer Vertragsverlängerung oder Call Option käme eine Neuvergabe des Mauterhebungssystems in Frage. 7. Inwiefern ist die europaweite Neuausschreibung eines Lkw-Maut-Systems auf deutschen Bundesfernstraßen nach Ablauf der Verlängerung, also spätestens am 31. August 2018, erforderlich, wenn der Bund sich nicht für die Call Option entscheidet? In einem derartigen Fall verbliebe die Möglichkeit einer Neuausschreibung. 8. Welcher Zeitraum ist für den Aufbau eines neuen Lkw-Maut-Systems von der europaweiten Neuausschreibung bis zum Betrieb nach Schätzung der Bundesregierung erforderlich, vor dem Hintergrund, dass nach Information der Fragesteller in Frankreich nach der Ausschreibung im Jahr 2009 bis heute kein Betriebsstart für das Lkw-Mautsystem auf Nationalstraßen erfolgte? Das französische Vorhaben wurde aufgrund einer politischen Entscheidung im Jahr 2013 ausgesetzt. 9. Inwiefern ist es zutreffend, dass keine Lkw-Maut mehr erhoben werden kann, wenn der Bund sich nicht spätestens für die Zeit nach dem 31. August 2018 zur Übernahme der Toll Collect GmbH entschließt und gleichzeitig ein möglicher neuer Betreiber noch kein neues Mautsystem aufgebaut hat? Ohne Mautsystem kann keine Maut erhoben werden. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/1156 10. Mit welchen Einnahmeausfällen wäre bei dem in Frage 9 beschriebenen Szenario jährlich zu rechnen? Die hierfür maßgebliche Höhe der Mauteinnahmen für die Zeit nach dem Jahr 2018 hängt von den anlastbaren Kosten in diesem Zeitraum ab. Hierüber kann erst ein neues Wegekostengutachten Auskunft geben. 11. Inwiefern ist die von den Koalitionspartnern beabsichtigte Ausweitung der Lkw-Maut innerhalb des bestehenden Vertrages mit der Toll Collect GmbH möglich, oder sind hierfür Änderungen notwendig? Inwiefern wären die notwendigen Änderungen im Rahmen einer Vertragsverlängerung möglich? Auf Basis des Maut-Betreibervertrages bzw. seiner eventuellen Verlängerung wird die Ausweitung der Lkw-Maut auf rund 1 000 km mindestens vierstreifige Bundesstraßen und auf Lkw ab 7,5 t zGG vorbereitet. 12. Welchen Stand haben die Schiedsverfahren zwischen dem Bund und der Toll Collect GmbH, und bis wann wird erwartet, diese Verfahren abschließen zu können? Beide Schiedsverfahren sind noch nicht beendet. Im Verfahren I (Bund gegen Toll Collect GbR und deren Konsorten Deutsche Telekom AG und Daimler Financial Services AG wegen Schadenersatz und Vertragsstrafen) wird im Mai 2014 die erste mündliche Verhandlung unter dem neuen Vorsitzenden Schiedsrichter stattfinden. Im Verfahren II (Betreibergesellschaft Toll Collect GmbH gegen den Bund wegen Betreibervergütung) wird vor demselben Schiedsgericht die nächste mündliche Verhandlung voraussichtlich im September/Oktober 2014 erfolgen. 13. Welche Voranfragen für die Registrierung und die anschließende Zulassung eines Anbieters für einen europäischen elektronischen Mautdienst (EEMD) liegen dem Bundesamt für Güterverkehr bzw. dem BMVI vor? Bislang hat ein Unternehmen beim Bundesamt für Güterverkehr einen Antrag auf Registrierung als EEMD-Anbieter gestellt. 14. Welche Vor- und gegebenenfalls auch welche Nachteile sind aus Sicht des BMVI mit der Zulassung eines EEMD-Anbieters verbunden? Nach Zulassung eines EEMD-Anbieters in Deutschland und in den anderen Mitgliedstaaten können dessen Nutzer mit nur einem Fahrzeuggerät und auf Grundlage eines Vertrages Maut in ganz Europa entrichten. 15. Welche Prognosen oder hausinternen Schätzungen über den Marktanteil von EEMD-Diensten an der Erfassung und Abrechnung des LkwMautaufkommens in Deutschland liegen dem BMVI für den Zeitraum bis zum Jahr 2030 vor? Derzeit ist nicht abzusehen, ob, und wenn ja, wie viele EEMD-Anbieter sich etablieren werden. Eine seriöse Prognose oder Schätzung des Marktanteils von EEMD-Diensten ist daher derzeit noch nicht möglich. Drucksache 18/1156 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 16. Welche Auswirkungen auf die Entscheidung über eine mögliche europaweite Neuausschreibung eines Mautdienstes hat die Zulassung eines oder mehrerer EEMD-Dienste in Deutschland? Keine. 17. Plant die Bundesregierung eine Darstellung der Mauteinnahmen nach Bundesländern, und wenn nein, warum nicht? Nein. Die Mauteinnahmen dienen neben den konventionellen Haushaltsmitteln insgesamt der Finanzierung der Bundesfernstraßen. Eine länderscharfe Darstellung der Mauteinnahmen ist insoweit für die Bundesregierung nicht von Interesse . Gesamtherstellung: H. 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