Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit vom 17. März 2017 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 18/11591 18. Wahlperiode 21.03.2017 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Ralph Lenkert, Caren Lay, Karin Binder, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 18/11373 – Kenntnisstand zur Stoffbewertung des Kältemittels R1234yf V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Seit dem 1. Januar 2017 dürfen gemäß der EU-Richtlinie 2006/40/EG EU-weit keine neuen Pkw mehr zugelassen werden, deren Klimaanlagen darauf ausgelegt sind, fluorierte Treibhausgase mit einem GWP-Wert (Global Warming Potential, Treibhauswert) über 150 zu enthalten. Obwohl es mittlerweile andere Kältemittel gibt (bspw. CO2), wird das hauptsächlich bisher verwendete 1,1,1,2-Tetrafluorethan (R-134a) bei den meisten Herstellern zunächst aus Kostengründen und technischer Durchführbarkeit durch das Kältemittel 2,3,3,3-Tetrafluorpropen (R1234yf) ersetzt. Das Kältemittel R1234yf ist hochentzündlich und bildet bei Verbrennung erhebliche Mengen Fluorwasserstoff, das bei Kontakt mit Luftfeuchtigkeit oder Löschwasser ätzende Flusssäure. Darüber hinaus konnte nachgewiesen werden, dass bei der Verbrennung auch erhebliche Mengen Carbonyldifluorids entstehen – eine dem Kampfgas Phosgen ähnelnde Substanz , die, in kleinsten Mengen eingeatmet, tödlich wirkt. Zum Schutz der Fahrzeugnutzerinnen und Fahrzeugnutzer sowie zum Schutz von Rettungskräften ist im Rahmen der großflächigen Einführung des Kältemittels eine umfassende Risikobewertung erforderlich. Aufgrund eines Komitologieverfahrens zwischen der Europäischen Kommission und den deutschen Chemikalienbehörden ist eine Stoffbewertung nach der REACH-Chemikalienverordnung jedoch erheblich verzögert worden. Die Umstände, die zu dem Komitologieverfahren geführt haben, worum es in diesem Verfahren konkret ging, wie es um den Abschluss des Verfahrens und um die endgültige Bewertung des Stoffes nach der REACH-Chemikalienverordnung steht, sind trotz mehrfacher Anfragen an die Bundesregierung und deren Ausführungen nach wie vor ungeklärt geblieben bzw. nicht zufriedenstellend präzisiert worden. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/11591 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 1. Wie viele der in der Bundesrepublik Deutschland zugelassenen Kraftfahrzeuge enthalten zum Stichtag 31. Dezember 2016 das Kältemittel R1234yf (bitte nach Bundesland, Anzahl der Fahrzeuge und Typ aufschlüsseln)? Neu zugelassene Fahrzeuge in den Jahren 2014 bis 2016 mit Kältemittel R1234yf1) nach Bundesland und Typ des Fahrzeugs: Bundesland Fahrzeug-Typ Pkw Lkw Sonstige Kfz Gesamt Baden-Württemberg 326.668 1.975 29 328.672 Bayern 460.404 2.600 109 463.113 Berlin 63.843 420 1 64.264 Brandenburg 51.583 554 23 52.160 Bremen 20.453 155 1 20.609 Hamburg 97.266 560 32 97.858 Hessen 261.363 1.412 19 262.794 Mecklenburg-Vorpommern 31.759 339 31 32.129 Niedersachsen 227.022 2.065 63 229.150 Nordrhein-Westfalen 499.423 3.674 51 503.148 Rheinland-Pfalz 104.889 649 4 105.542 Saarland 27.726 115 3 27.844 Sachsen 94.161 1.053 14 95.228 Sachsen-Anhalt 47.105 521 23 47.649 Schleswig-Holstein 64.783 609 102 65.494 Thüringen 52.474 526 18 53.018 Gesamt1) 2.430.922 17.227 523 2.448.672 1) In der Tabelle sind die in den Jahren 2014 bis 2016 neu zugelassenen Fahrzeuge ausgewiesen, die laut ihrer Typgenehmigung ausschließlich mit dem Kältemittel R1234yf befüllt werden dürfen. Darüber hinaus gibt es Fahrzeuge, in deren Typgenehmigungen neben R1234yf optional weitere Kältemittel angegeben werden, einschließlich des bis zum 31. Dezember 2016 noch einsetzbaren alten Kältemittels R134a. Da die Art des Kältemittels typgenehmigungsrechtlich dann nicht für die Fahrzeugversion fest ausgewiesen wird, ist letztlich in der amtlichen Statistik nicht mehr erkennbar , mit welchem Kältemittel diese Fahrzeuge befüllt wurden. Die in der Tabelle angegebenen Zahlen stellen somit die Untergrenze der in Deutschland tatsächlich mit dem neuen Kältemittel R1234yf zugelassenen Fahrzeuge dar. 2. Welche Pkw-Modelle werden nach Kenntnis der Bundesregierung seit dem 1. Januar 2017 als Neuwagen in der Bundesrepublik Deutschland angeboten, die ein anderes Kältemittel als R1234yf nutzen, und welche Kältemittel sind das (bitte nach Pkw-Modell und Kältemittel aufschlüsseln)? Sichere Informationen über die Kältemittelspezifikation von in der Bundesrepublik angebotenen Fahrzeugen liegen nur für diejenigen Fahrzeuge vor, deren Typgenehmigung durch das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) erteilt wurde. Mit dem Kältemittel R744 wurden vom KBA die Modelle S-Klasse (Baumuster 222) sowie E-Klasse (Baumuster 213) der Daimler AG genehmigt. Weiterhin wurden vom KBA für Fahrzeuge aus auslaufenden Serien, die vor dem 1. Januar 2017 hergestellt wurden, unter Anwendung von § 8 Absatz 2 EG-FGV i. V. m. Arti- Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/11591 kel 27 der Richtlinie 2007/46/EG Ausnahmegenehmigungen erteilt, die das Inverkehrbringen von Neuwagen mit dem Kältemittel R134a für eine begrenzte Zeitdauer weiter gestatten. 3. Sind nach Kenntnis der Bundesregierung die weiteren deutschen Informationsforderungen bezüglich der Risikobewertung des Kältemittels im Rahmen des Komitologieverfahrens nach dem 25. September 2015 Diskussionsgegenstand im REACH-Regelungsausschuss bei der Europäischen Kommission gewesen? Wenn ja, mit welchem Ergebnis? Das Thema wurde auf der Sitzung des REACH-Regelungsausschusses am 26. Oktober 2016 erneut diskutiert. Die Kommission erklärte, weitere Informationsnachforderungen nicht für notwendig zu erachten. Diese Position wurde von mehreren Mitgliedstaaten ausdrücklich unterstützt. Die deutsche Auffassung, dass weitere Informationen erforderlich sind, fand in der Sitzung keine aktive Unterstützung. 4. Geht nach Kenntnis der Bundesregierung aus dem Sachverhalt der Antwort zu Frage 2 der Kleinen Anfrage „Kenntnisstand der Einführung des Kältemittels R1234yf“ auf Bundestagsdrucksache 18/8569, nachdem die Europäische Kommission sich nicht verpflichtet sieht, dem REACH-Regelungsausschuss einen weiteren Durchführungsbeschluss zur Nachforderung der weiteren von Deutschland vorgeschlagenen Informationen vorzulegen, hervor , dass die Europäische Kommission das Komitologieverfahren bezüglich der Risikobewertung des Kältemittels als erledigt betrachtet? Die Europäische Kommission hat auf Arbeitsebene signalisiert, dass das Thema erneut im REACH-Regelungsausschuss diskutiert werden soll. 5. Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung aus dem Verlauf und den Ergebnissen des Komitologieverfahrens hinsichtlich der Risikobewertung des Kältemittels R1234yf? Da der Vorgang noch nicht abgeschlossen ist, ist es für Schlussfolgerungen noch zu früh. 6. Sieht die Bundesregierung die Einwände der deutschen Chemikalienbehörden zur Risikobewertung des Kältemittels gemäß der REACH-Chemikalienverordnung , die zu einem Komitologieverfahren bei der Europäischen Kommission führten, als hinreichend geklärt an, und wie begründet die Bundesregierung ihre Haltung? Die Bundesregierung hat im REACH-Regelungsausschuss am 26. Oktober 2016 an ihrer bisherigen Position festgehalten. 7. Welchen konkreten Inhalt hatten die Einwände der deutschen Chemikalienbehörden , die zu dem Komitologieverfahren geführt hatten? Es wird auf die Antwort zu den Fragen 8 bis 10 in der Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Ralph Lenkert, Caren Lay, Karin Binder, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. (Bundestagsdrucksache 18/3793) vom 21. Januar 2015 verwiesen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/11591 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 8. Wie ist nach Kenntnis der Bundesregierung der Stand der Risikobewertung des Kältemittels nach der REACH-Verordnung? Die Risikobewertung ist noch nicht abgeschlossen. 9. Welche Ergebnisse bzw. welche Zwischenergebnisse der Stoffbewertung des Kältemittels R1234yf nach der REACH-Verordnung sind der Bundesregierung bekannt? Es wird auf die Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE. auf Bundestagsdrucksache 18/3793 vom 21. Januar 2015, Antwort zu den Fragen 8 bis 10, verwiesen. 10. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die Menge des bisher freigesetzten Kältemittels R1234yf aus Leckagen an Pkw-Klimaanlagen und Transport- und Lagertanks in die Umwelt? Laut Schätzungen im Zentralen System Emissionen des Umweltbundesamtes lag die Menge des Kältemittels R1234yf, das aus Pkw-Klimaanlagen in die Umwelt gelangte, bis zum 31. Dezember 2015 bei insgesamt 39 Tonnen. Neuere Zahlen sind noch nicht verfügbar. Zum Transport und zur Lagerung für R1234yf werden – wie auch für andere Kältemittel – sehr dichte Gasbehälter verwendet, deren Design und Verschlüsse einschlägigen Behälternormen genügen müssen. Die Behälter sind als technisch dicht zu betrachten, so dass keine nennenswerten Emissionen daraus freigesetzt werden. Stör- oder Unfälle beim Transport von R1234yf sind der Bundesregierung nicht bekannt geworden. 11. Sollte die Bundesregierung keine Kenntnisse über die Menge des freigesetzten Kältemittels R1234yf aus Leckagen haben, plant sie ein diesbezügliches Monitoring? Wie begründet die Bundesregierung ihre Haltung? Es wird auf die Antwort zu Frage 10 verwiesen. 12. Welche Aktivitäten des SAP (Scientific Assessment Panel des Montrealer Protokolls) über langfristige Auswirkungen der TFA-Bildung (Trifluoressigsäure ) aus R1234yf hat die Bundesregierung bislang unterstützt, wie sie in ihrer Antwort zu den Fragen 9 und 10 der Kleinen Anfrage „Einsatz des Kältemittels R1234yf in Klimaanlagen von Pkws“ auf Bundestagsdrucksache 18/5713 ausführte? 13. Welche Aktivitäten bzw. Untersuchungen zu langfristigen Auswirkungen der Freisetzung von TFA durch R1234yf wurden nach Kenntnis der Bundesregierung vom SAP bislang durchgeführt bzw. begonnen? Die Fragen 12 und 13 werden wegen des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Die Bundesregierung hat über die Europäische Union das Thema der Abbauprodukte halogenierter Stoffe mehrfach in die Arbeitsprogramme des Scientific Assessment Panels des Montrealer Protokolls (SAP) eingebracht. In seinem 2014er Bericht schätzt das SAP die Auswirkungen der TFA-Bildung aus R1234yf in den nächsten Dekaden als vernachlässigbar ein. Langfristige Auswirkungen bedürfen nach Einschätzung dieses Gremiums weiterer Untersuchungen. Die Bundesregierung sieht ebenfalls die Notwendigkeit weiterer Untersuchungen und wird sich Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/11591 deshalb im Zusammenhang mit der Erstellung des 2018er SAP-Berichts weiterhin in den Gremien des Montrealer Protokolls für eine Befassung mit der Thematik einsetzen. 14. Sieht die Bundesregierung darüber hinaus weiteren Bedarf einer industrieunabhängigen Erforschung der Folgewirkungen der Freisetzung von Trifluoressigsäure aus R1234yf? Wenn nein, warum nicht? Wie schon in der Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE. auf Bundestagsdrucksache 18/5713 ausgeführt, ist R1234yf nur eine einer Vielzahl der Quellen für Trifluoressigsäure (TFA) in der Umwelt. Daher ist eine Untersuchung der Folgewirkung von TFA, das speziell aus R1234yf stammt, in der Umwelt nicht möglich. TFA wird in der Umwelt nur sehr langsam abgebaut und ist als wassergefährdender Stoff eingestuft. Die Salze der Trifluoressigsäure sind aufgrund ihrer chemischen Eigenschaften bei der Trinkwasseraufbereitung praktisch nicht entfernbar. Die Bundesregierung unterstützt daher das Ziel, Einträge von TFA in Boden und Gewässer zu verringern. Die Bundesregierung verfolgt in verschiedensten Anwendungsgebieten seit 30 Jahren den Ausstieg aus halogenierten Stoffen, was auch den Eintrag von TFA vermindert. Speziell bei der Pkw-Klimatisierung ist mit dem Kältemittel CO2 zukünftig eine Lösung verfügbar, bei der es nicht zur Bildung von TFA kommen kann. Die Daimler AG ist seit Ende des Jahres 2016 erster Anbieter weltweit, Audi und VW haben den Einstieg in diese Lösung ebenfalls angekündigt. 15. Wie und durch wen werden nach Kenntnis der Bundesregierung Verbraucherinnen und Verbraucher beim Kauf eines Fahrzeugs hinreichend und verständlich über die Risiken des Kältemittels R1234yf informiert und über Alternativen aufgeklärt? Weder aus den Typgenehmigungsvorschriften, noch aus dem Produktsicherheitsrecht ergibt sich die Anforderung hinsichtlich einer speziellen Verbraucherinformation . Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333