Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung vom 28. März 2017 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 18/11795 18. Wahlperiode 30.03.2017 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Niema Movassat, Heike Hänsel, Jan van Aken, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 18/11512 – Die Kopplung von Entwicklungszusammenarbeit und Abschiebungen im Fall der Maghreb-Staaten V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Seit dem terroristischen Anschlag auf den Berliner Weihnachtsmarkt am Breitscheidplatz , ist eine politische Debatte um die Kürzung von Entwicklungsgeldern für Staaten entbrannt, die aus Sicht der Bundesregierung bei Abschiebungen nicht ausreichend kooperieren. Eine einheitliche Position hat die Bundesregierung nach Kenntnis der Fragesteller nicht. Der Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Gerd Müller lehnt solche Sanktionen beispielsweise ab. Aber unter anderem der Bundesminister der Justiz und für Verbraucherschutz Heiko Maas und der Bundesaußenminister Sigmar Gabriel wollen die sogenannten Maghreb-Staaten notfalls finanziell zwingen, Abschiebekandidaten zurückzunehmen. „Den Entzug von Fördergeldern sollten wir nicht ausschließen“, wenn Länder wie Tunesien, Marokko oder Algerien die Zusammenarbeit ablehnen, erklärte Maas. „Wer nicht kooperiert, kann nicht auf Entwicklungshilfe hoffen“, sagte auch Vizekanzler Gabriel. (vgl. www.taz.de/ !5370724/) Auch Dirk Messner, der Direktor des Deutschen Instituts für Entwicklung (DIE), hält solche Kürzungen durchaus für legitim, da Tunesien kein Bürgerkriegsland sei und die Bundesregierung daher Kooperation erwarten könne. Dirk Messner betonte, Sanktionen müssen aber tatsächlich die Regierung und nicht die arme Bevölkerung treffen. Als einziges Beispiel hierfür nannte er eine Kürzung der Exportförderung (www.welt.de/politik/deutschland/article160738 205/Stopp-von-Entwicklungshilfe-waere-kontraproduktiv.html). Bernhard Trautner vom DIE hält dem jedoch entgegen, dass Hilfskürzungen bei den diskutierten Ländern nichts bringen und womöglich auf Deutschland zurückfallen . Deutschland fördere dort vor allem den Ausbau erneuerbarer Energien , Infrastrukturprojekte und Berufsausbildung (www.migazin.de/2017/01/ 25/hilfs-kuerzungen-fuer-maghreb-staaten-bringen-nichts/). Der Experte warnt davor, mit solch falschen Signalen neue Fluchtgründe zu schaffen. Das Deutsche Institut für Entwicklung widmet sich der Frage, welchen Beitrag Entwicklungspolitik leisten kann, um Flucht vorzubeugen. Nach seiner Selbstbeschreibung (www.die-gdi.de/ueber-das-die/) gehört es zu den führenden Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/11795 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Think Tanks zu Fragen globaler Entwicklung und internationaler Kooperation und berät Ministerien, Regierungen und internationale Organisationen und bezieht dabei Stellung zu aktuellen politischen Themen. Das Institut ist in öffentlicher Hand, denn die Gesellschafter – die Bundesrepublik Deutschland (75 Prozent ) und das Land Nordrhein-Westfalen (25 Prozent) – berufen das Kuratorium des DIE. 1. Inwiefern gibt es innerhalb der Bundesregierung mittlerweile eine einheitliche Position zu der Frage, ob Staaten, die in den Augen der Bundesregierung zu wenig bei Rückführungen kooperieren, Entwicklungshilfegelder gestrichen werden sollen? Wenn ja, wie ist diese? Wenn nein, bis wann gedenkt die Bundesregierung, eine solche zu entwickeln ? Die Bundesregierung setzt sich gegenüber Herkunftsländern für die Umsetzung bestehender Rückübernahmeverpflichtungen und -vereinbarungen ein. Ziel ist es, unter Einbeziehung aller Politikbereiche Anreize für eine bessere Zusammenarbeit bei der Rückübernahme zu schaffen. Staaten mit niedriger Kooperationsbereitschaft , bei denen sich die Rückführung schwierig gestaltet, wird zudem deutlich gemacht, dass eine gute Zusammenarbeit einhergehen kann mit staatlichen Förderungen in anderen Bereichen. Die Bundesregierung prüft in jedem Einzelfall, welche Maßnahmen gegenüber Staaten, die in Fragen der Rückführung nicht kooperieren, zielführend und angemessen sind. Vereinbartes Ziel ist es, im Rahmen eines umfassenden migrationspolitischen Ansatzes Anreize für eine bessere Zusammenarbeit für die Rückübernahme zu schaffen. So werden mit den Mitteln der Entwicklungszusammenarbeit unter anderem Projekte finanziert, die vor Ort Bleibeperspektiven schaffen. 2. Gibt es bereits konkrete Pläne hinsichtlich solcher Streichungen von Seiten der Bundesregierung? a) Wurden bereits konkrete Länder und Summen benannt? Wenn ja, welche? b) Wird dies auch für Länder angedacht, die nicht zu den sogenannten Maghreb-Staaten zählen? Wenn ja, welche? Nein, es gibt keine Pläne zu solchen Streichungen. 3. Inwiefern hat das Deutsche Institut für Entwicklung (DIE) die Bundesregierung in Fragen von Abschiebungen bzw. Rückführungen beraten? Wenn ja, wann und wozu genau? Was waren die Positionen des DIE? Das DIE hat die Bundesregierung in Fragen von Abschiebungen bzw. Rückführungen nicht beraten. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/11795 4. Inwiefern hat das DIE die Bundesregierung in Fragen der Kopplung von Rückführung und Entwicklungszusammenarbeit beraten? a) Wenn ja, was war die Position des DIE? b) Welche Risiken und Gefahren sah das DIE bei einer solchen Kopplung? c) Welche Risiken sieht die Bundesregierung bei einer solchen Kopplung? Das DIE hat die Bundesregierung in Fragen der Kopplung von Rückführung und Entwicklungszusammenarbeit nicht beraten. 5. Inwiefern spiegeln nach Kenntnis der Bundesregierung die vom Direktor des DIE Dirk Messner in der Vorbemerkung der Fragesteller zitierten Aussagen die wissenschaftliche Position des DIE wieder? a) Teilt die Bundesregierung die Einschätzung von Dirk Messner? Auf die Antwort zu Frage 1 wird verwiesen. b) Auf welchen Annahmen basiert diese Einschätzung? Hat das DIE der Bundesregierung hierzu wissenschaftliche Untersuchungen , Studien oder Publikationen vorgelegt? Wenn ja, welche? Das DIE hat der Bundesregierung zu der Einschätzung von Prof. Dr. Messner keine wissenschaftlichen Untersuchungen, Studien oder Publikationen vorgelegt. Auf welchen Annahmen die Einschätzung des unabhängigen Wissenschaftlers basieren, ist der Bundesregierung nicht bekannt. c) Hat das DIE deutlich gemacht, welche Maßnahmen seiner Ansicht nach dazu geeignet sind ausschließlich die Regierung und nicht die Bevölkerung zu treffen? Welche sind das? Auf die Antwort zu Frage 5b wird verwiesen. Entsprechend hat das DIE sich gegenüber der Bundesregierung nicht geäußert, welche Maßnahmen dazu geeignet sind, ausschließlich die jeweilige Regierung zu treffen. d) Hat das DIE sich dazu geäußert, wie sichergestellt werden soll, dass die lokale Bevölkerung nicht darunter leidet? Auf die Antwort zu Frage 5b wird verwiesen. Entsprechend hat das DIE sich gegenüber der Bundesregierung nicht geäußert, wie sichergestellt werden soll, dass die lokale Bevölkerung nicht unter Maßnahmen leidet. 6. Ist die Bundesregierung der Auffassung, dass die Kürzung von Entwicklungshilfe nicht dazu führen darf, dass Teile der Bevölkerung darunter leiden ? a) Welche Sanktionsmaßnahmen kommen für die Bundesregierung in Frage? b) Wie will die Bundesregierung sicherstellen, dass Kürzungen der Entwicklungszusammenarbeit nicht die Bevölkerung negativ treffen? Auf die Antwort zu Frage 2 wird verwiesen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/11795 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 7. Wie bewertet die Bundesregierung die Aussage des DIE, eine „mittel- bis langfristige Finanzierungszusage für die Aufnahmegemeinden und -länder“ (www.die-gdi.de/uploads/media/AuS_14.2015.pdf, S.3) aus entwicklungspolitischer Perspektive wichtig sei? a) Teilt die Bundesregierung diese Forderung? Die Bundesregierung teilt die Auffassung, dass eine „mittel- bis langfristige Finanzierungszusage für die Aufnahmegemeinden und -länder“ aus entwicklungspolitischer Perspektive wichtig ist. b) Widerspricht die Forderung nach einer Kürzung der Entwicklungsgelder aus Sicht der Bundesregierung einer solchen mittel- bis langfristigen Planungssicherheit ? Wenn nein, wieso nicht? Auf die Antwort zu Frage 2 wird verwiesen. 8. Trifft aus Sicht der Bundesregierung die von Bernd Trautner beschriebene Feststellung (www.migazin.de/2017/01/25/hilfs-kuerzungen-fuer-maghrebstaaten -bringen-nichts/), in den Ländern Marokko, Tunesien und Algerien würden hauptsächlich Projekte zum Ausbau der erneuerbaren Energie, Infrastrukturprojekte und Berufsausbildung finanziert werden, zu? a) Welche weiteren Bereiche werden finanziert? In Marokko werden hauptsächlich Projekte in den Bereichen Energie (Energieeffizienz , regenerative Energien), Trinkwasser, Wassermanagement, Abwasser/ Abfallentsorgung und nachhaltige Wirtschaftsentwicklung finanziert. In Algerien werden Projekte im Bereich Umweltpolitik/nachhaltige Nutzung natürlicher Ressourcen finanziert. In Tunesien liegen die Schwerpunkte der Unterstützung auf der Entwicklung der benachteiligten Regionen und Beschäftigungsförderung. Dazu gehören der Ausbau der erneuerbaren Energien, Infrastrukturvorhaben zur Verbesserung der ländlichen Infrastruktur und berufliche Qualifizierung sowie Existenzgründungsförderung. b) Sollen nach Meinung der Bundesregierung einer oder mehrere dieser Bereiche von der Kürzung der Entwicklungsgelder ausgenommen sein? Wenn ja, warum? Wenn nein, warum nicht? Auf die Antwort zu Frage 2 wird verwiesen. c) Inwiefern spielt die Zusage der Bundesregierung, Länder des Südens beim Klimaschutz zu unterstützen, hierfür eine Rolle? Auf die Antwort zu Frage 2 wird verwiesen. d) Welche Bereiche dürfen nach Ansicht der Bundesregierung von der Kürzung der Gelder betroffen sein? Warum? Auf die Antwort zu Frage 2 wird verwiesen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/11795 9. Wie bewertet die Bundesregierung die von Bernd Trautner skizzierte Gefahr (www.migazin.de/2017/01/25/hilfs-kuerzungen-fuer-maghreb-staatenbringen -nichts/), dass junge Männer sich nach der Abschiebung sich aufgrund des „Stigmas als Gescheiterte“ zunehmend radikalisieren, auch ohne vorher in Kontakt mit dem salafistischen Milieu gewesen zu sein? Wie geht die Bundesregierung hiermit um? Der Bundesregierung liegen hierzu keine Erkenntnisse vor. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. 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