Deutscher Bundestag Drucksache 18/118 18. Wahlperiode 02.12.2013 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Stephan Kühn (Dresden), Dr. Valerie Wilms, Harald Ebner, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 18/50 – Autobahnvignette und Pkw-Maut als Varianten der Verkehrsinfrastrukturfinanzierung Vo r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Eine Pkw-Maut allein für im Ausland zugelassene Pkws kann es nicht geben. Die Europäische Kommission hat dies am 1. November 2013 noch einmal unmissverständlich klargemacht. Diese Klarstellung kam, nachdem die Antwort auf eine Anfrage des grünen Europaabgeordneten Michael Cramer zunächst so interpretiert worden war, als gäbe es grünes Licht aus Brüssel für eine Pkw-Maut für alle mit einseitiger Kompensation nur für gebietsansässige Autofahrende, also solche, deren Fahrzeug in Deutschland zugelassen wurde. Unabhängig von der Frage einer Kompensation ist eine Pkw-Vignette ein falsches Instrument der Nutzerfinanzierung. Denn eine Vignette wäre eine Art „Flatrate fürs Rasen“, bei der ein Rentner mit einem spritsparenden Kleinwagen , der nur wenig fährt, genauso hoch belastet würde wie ein Geschäftsreisender , der mit einer hochmotorisierten, schweren Limousine jedes Jahr 50 000 Kilometer auf der Autobahn unterwegs ist. Diese Personengruppen bei der Erhebung einer Nutzungsgebühr für das Autobahnnetz gleich zu behandeln, wäre sozial ungerecht und ökologisch kontraproduktiv. Es ist bisher unklar, welche Pkw-Maut-Modelle mit welchen Einnahmen und welchen Möglichkeiten der Kompensation bisher innerhalb der Bundesregierung diskutiert wurden. Zu dieser Aufklärung dienen die folgenden Fragen. Vo r b e m e r k u n g d e r B u n d e s r e g i e r u n g Die Pkw-Maut (Vignette) war nicht Bestandteil des Koalitionsvertrages zwischen CDU, CSU und FDP in der 17. Legislaturperiode. Innerhalb der BundesDie Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung vom 28. November 2013 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. regierung abgestimmte Konzepte bzw. Unterlagen liegen deshalb nicht vor. Drucksache 18/118 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 1. Wie schätzt die Bundesregierung das Verhältnis von zusätzlich (nach Berücksichtigung etwaiger Kfz-Steuerreduktionen bei im Inland zugelassenen Fahrzeugen etc.) zu erzielenden Einnahmen bei Einführung einer PkwMaut (Vignette) zu den anfallenden Ausgaben bzw. Kosten für das Erhebungssystem (Tolling und Enforcement sowie weitere Bürokratiekosten etc.) und ggf. weiteren erforderlichen Ausgaben/anfallenden Kosten (z. B. im Kontext der Reduktion von Kfz-Steuerzahlungen oder Ähnliches) ein? a) In welchem Umfang (Tiefe der Analyse, Anzahl der untersuchten Varianten etc.) und in welchem Zeitraum sind dazu Berechnungen von wem durchgeführt worden? b) Welche Annahmen liegen den Untersuchungen in wesentlichen Punkten zugrunde (z. B. Tarifvarianten, Reduktionsoptionen für Kfz-Steuer, Technik und Erhebungskostenbestandteile bei der Mauterhebung)? c) Sind diese Berechnungen veröffentlicht worden? Wenn dies nicht der Fall ist, warum ist dies nicht erfolgt, und bis wann soll dies nachgeholt werden? Es wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 2 verwiesen. 2. Inwieweit hält das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) an seinen Berechnungen fest, die am 17. April 2011 von der „BILD Zeitung“ veröffentlicht wurden, wonach eine e-Vignette auf Bundesautobahnen und Bundesstraßen mit Preisen von 100 Euro (ein Jahr), 30 Euro (zwei Monate) und 10 Euro (zehn Tage) für Pkw und Lkw zwischen 2,8 und 12 Tonnen zulässigem Gesamtgewicht insgesamt 4,17 Mrd. Euro bringen würde, wobei auf im Ausland zugelassene Fahrzeuge bei einem angenommenen Anteil von 8 Prozent insgesamt 308,97 Mio. Euro entfallen würden? a) Durch wen wurden diese Berechnungen vorgenommen? b) Welche externe Unterstützung wurde zur Berechnung dieser Zahlen herangezogen ? c) Welche Anteile von Jahresvignetten/2-Monatsvignetten/10-Tagesvignetten wurden dabei im Inland bzw. im Ausland zugelassenen Pkw unterstellt ? d) Welche zusammenfassenden Aussagen enthält der Vermerk, der diese Berechnungen zusammenfasst? e) Wann wurde der Bundesminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung , Dr. Peter Ramsauer, über diese Zahlen unterrichtet, der die Berechnung gegenüber der „BILD Zeitung“ vom 17. April 2011 mit der Bemerkung rechtfertigte: „In meinem Hause gibt es keine Denkverbote. Wo kämen wir denn hin, wenn wir den Fachleuten untersagen, sich mit allen Aspekten der Infrastrukturfinanzierung auseinanderzusetzen?“ Das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) hat auf Arbeitsebene ohne externe Unterstützung Einnahmeprognosen möglicher Varianten einer Pkw-Maut (Vignette) überschlägig geschätzt und ist dabei modellhaft von verschiedenen Annahmen in Bezug auf das Nachfrageverhalten der Nutzer ausgegangen. Der erwähnte Artikel in der „BILD Zeitung“ vom 17. April 2011 stellt nur eine dieser Schätzungen dar. Eine zusammenfassende Bewertung dieser Berechnungen liegt nicht vor. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/118 3. Wurde im BMVBS oder einer nachgeordneten Behörde des BMVBS oder im Bundesministerium der Finanzen (BMF) ein Vermerk zur AGES-Studie vom März 2013 erstellt? Wenn ja, a) zu welchen Aussagen kommt dieser Vermerk hinsichtlich der Plausibilität der Annahmen dieser Studie, b) zu welchen Aussagen kommt dieser Vermerk hinsichtlich der Plausibilität der darin genannten Summen für Bruttoeinnahmen von 900 Mio. Euro von im Ausland zugelassenen Pkw bzw. 1,05 Mrd. Euro unter Hinzurechnung von anderen Fahrzeugklassen, c) wie wird die Differenz zu den eigenen Berechnungen aus dem Jahr 2011 erklärt, d) von welchen Personen in der Leitungsebene der betroffenen Bundesministerien wurde dieser Vermerk wann mitgezeichnet? Ein interner Vermerk zu dieser Studie wurde vom BMVBS erstellt, im Bundesministerium der Finanzen (BMF) wurde kein Vermerk erstellt. 4. Inwieweit hat die Bundesregierung Kenntnis von einem Gutachten im Auftrag des ADAC e. V., wonach eine Vignette in Höhe von 10/30/100 Euro für zehn Tage/zwei Monate/ein Jahr für im Ausland zugelassene Pkw gerade einmal Einnahmen in Höhe von 262 Mio. Euro bringen würde, bei vom ADAC e. V. geschätzten Erhebungskosten in Höhe von 300 Mio. Euro, und welche Schlussfolgerungen und Konsequenzen zieht sie aus diesem Gutachten ? Der Bundesregierung ist die genannte Studie bekannt. Schlussfolgerungen hieraus konnten nicht gezogen worden. 5. Stimmt die Bundesregierung zu, dass im Hinblick auf die Beurteilung einer auf Mittelerhebung bzw. Einnahmeerzielung ausgerichteten Pkw-Maut (Vignette) zum einen eine Abschätzung von zu erwartenden Einnahmen und zu erwartenden Ausgaben für das Erhebungssystem im Rahmen einer einzelwirtschaftlichen Wirtschaftlichkeitsuntersuchung gemäß § 7 der Bundeshaushaltsordnung (BHO) durchzuführen ist? Wenn nein, warum nicht? 6. Stimmt die Bundesregierung zu, dass im Hinblick auf die Beurteilung einer Pkw-Maut (Vignette) – auch wenn diese auf Einnahmeerzielung ausgerichtet ist – gemäß § 7 BHO auch eine Berücksichtigung der gesamtwirtschaftlichen Effekte (also einschließlich Befolgungs- und Entrichtungskosten bei den Verkehrsteilnehmern) erforderlich ist? Wenn nein, warum nicht? Die Fragen 5 und 6 werden wegen ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Ja. Drucksache 18/118 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 7. Welche Schlussfolgerungen und Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus dem allgemeinen Diskriminierungsverbot nach Artikel 18 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) für die Pläne zur Pkw-Maut, die auch die mittelbare Diskriminierung insofern verbieten kann, dass die Ungleichbehandlung nicht unmittelbar an die Staatsangehörigkeit geknüpft ist, sondern auf Kriterien, die typischerweise und regelmäßig zur Schlechterstellung aufgrund der Staatsangehörigkeit führen? 8. Welche Schlussfolgerungen und Konsequenzen zieht die Bundesregierung für die Pläne zur Pkw-Maut vor dem Hintergrund, dass der Europäische Gerichtshof (EuGH) bereits im Jahr 1992 die Einführung einer Straßennutzungsgebühr als Vignette für schwere Lkws in Deutschland bei gleichzeitiger Absenkung der deutschen Kraftfahrzeugsteuer als unzulässige Diskriminierung ausländischer Transportunternehmen auf Grundlage von Artikel 92 AEUV bewertet hatte, weil das Gesetz bewirke, dass die Lage der Verkehrsunternehmen der anderen Mitgliedstaaten im Vergleich zu inländischen Verkehrsunternehmen in einem für erstere ungünstigen Sinne verändert werde (EuGH vom 19. Mai 1992 – C-195/90)? Die Fragen 7 und 8 werden wegen ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Eine künftige Pkw-Maut (Vignette) muss europarechtskonform ausgestaltet werden. 9. Wieso wurde der Europäischen Kommission bisher kein Kompensationsmodell für deutsche Autofahrer zur Prüfung vorgelegt, obwohl der Bundesverkehrsminister, Dr. Peter Ramsauer, in einem Interview mit der „ADAC-Motorwelt“ vom September 2011 auf die Frage „Welche Steuern bzw. Abgaben wollen sie im Gegenzug senken und in welchem Umfang? Wie wollen Sie dies mit dem geltenden Europarecht vereinbaren?“, antwortete : „[…] Inwieweit Spielräume für die Kompensation deutscher Autofahrer möglich sind, ist zu erörtern. Dazu gibt es europarechtliche Fragen, die man sauber klären muss.“? Eine Pkw-Maut (Vignette) war nicht Bestandteil des Koalitionsvertrages der letzten (17.) Legislaturperiode, so dass es kein innerhalb der Bundesregierung abgestimmtes Konzept für eine mögliche Kompensation deutscher Autofahrer gibt, das der Europäischen Kommission hätte vorgelegt werden können. 10. Welche Vermerke wurden seit dem Jahr 2009 im BMVBS, BMF oder im Bundesministerium der Justiz (BMJ) erstellt, die die Vereinbarkeit mit dem Europarecht einer Kompensation von Mautzahlungen für im Inland zugelassene Pkws betrachtet haben? a) Welche Vermerke wurden wann angefertigt? b) Welche Kompensationsmodelle werden in diesen Vermerken betrachtet ? c) Welche Einschätzung wird insbesondere hinsichtlich einer zeitgleichen Kfz-Steuerreform getroffen, die erkennbar überwiegend dem Zweck der Kompensation einer Pkw-Maut dienen soll? d) Welche Bedingungen nennen diese Vermerke, damit eine Kompensation nur für inländische Autofahrer als europarechtskonform angesehen werden kann? Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/118 e) Zu welcher abschließenden Bewertung hinsichtlich der Vereinbarkeit mit dem Europarecht kommen diese Vermerke? f) Von welchen Personen in der Leitungsebene der betroffenen Bundesministerien wurden diese Vermerke wann mitgezeichnet? Es wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen. 11. Stimmt die Bundesregierung zu, dass die Einführung einer Pkw-Vignette bei vollständiger Kompensation für Gebietsansässige nach der BHO nur dann zulässig wäre, wenn die Einnahmen die Erhebungskosten übersteigen ? Ja. 12. Wie hoch schätzt die Bundesregierung, jenseits der vom Bund zu tragenden Ausgaben bzw. Kosten, die weiteren Kosten ein, die bei einer gesamtwirtschaftlichen Beurteilung einer Pkw-Maut (Vignette) zu berücksichtigen sind (also vor allem Befolgungs- und Entrichtungskosten bei den Verkehrsteilnehmern )? 13. In welchem Umfang (Tiefe der Analyse, Anzahl der untersuchten Varianten etc.) und in welchem Zeitraum sind dazu von der Bundesregierung beauftragte Berechnungen von wem durchgeführt worden? 14. Welche Annahmen liegen den Untersuchungen in wesentlichen Punkten zugrunde (z. B. Technik der Mauterhebung und Zahlungsvarianten)? Sind diese Berechnungen veröffentlicht worden, und wenn dies nicht der Fall ist, warum ist dies bisher nicht erfolgt? Die Fragen 12 bis 14 werden wegen ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Die Bundesregierung hat hierzu keine Berechnungen vorgenommen. 15. Stimmt die Bundesregierung zu, dass diese Kosten von der Bundesregierung auch deshalb kalkuliert werden müssen, um sie im Rahmen eines Gesetzgebungsverfahrens im Falle der Einführung einer Pkw-Maut als (Folge-)Kosten für Wirtschaft, Bürger und Verwaltung auszuweisen und dem Nationalen Normenkontrollrat zur Stellungnahme vorzulegen? Wenn nein, warum nicht? Ja. 16. Wie hoch schätzt die Bundesregierung die Verkehrsverdrängungseffekte ein, die bei Einführung einer Pkw-Maut (Vignette) nur auf den Bundesautobahnen bzw. nur auf den Bundesfernstraßen anfallen dürften? a) In welchem Umfang (Tiefe der Analyse, Anzahl der untersuchten Varianten etc.) und in welchem Zeitraum sind dazu Berechnungen von wem durchgeführt worden? b) Welche Annahmen liegen den Untersuchungen in wesentlichen Punkten zugrunde (z. B. Technik der Mauterhebung und Zahlungsvarianten)? Drucksache 18/118 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode c) Sind diese Berechnungen veröffentlicht worden, und wenn dies nicht der Fall ist, warum ist dies nicht erfolgt, und bis wann soll es nachgeholt werden? d) Sind für die Berechnung der oben erwähnten Effekte einer Pkw-Maut (Vignette) Beratungsunternehmen eingebunden worden? e) Wenn ja, welche Vertragsbeziehungen zwischen Bundesministerien und (Beratungs-)Unternehmen bestehen bzw. bestanden dazu, und wann wurden diese Aufträge mit welcher Laufzeit vergeben? f) Auf welche Weise ist die Vergabe erfolgt (z. B. per Ausschreibung oder per Direktvergabe)? Der Bundesregierung liegen keine Untersuchungen zu Verkehrsverdrängungseffekten bei Einführung einer Pkw-Maut (Vignette) vor. 17. Ist es richtig, dass die Bundesregierung nicht davon ausgeht, dass bei im Inland zugelassenen Fahrzeugen mit der Zahlung der Kfz-Steuer in europarechtskonformer Weise „automatisch“ eine Pkw-Vignette zugesendet werden kann? 18. Ist es richtig, dass die Bundesregierung davon ausgeht, dass eine PkwMauteinführung allenfalls dann für inländische Verkehrsteilnehmer hinsichtlich der Ausgaben möglicherweise neutral gestaltet werden kann, wenn es eine Absenkung der Kfz-Steuer bei im Inland zugelassenen Fahrzeugen in der Höhe der Erhebung einer Pkw-Maut erfolgt? 19. Ist das Verständnis richtig, dass es in diesem Fall möglich ist, dass Verkehrsteilnehmer , die von der generellen Kfz-Steuersenkung profitieren, aber keine Vignette kaufen, tendenziell monetär entlastet werden? 20. Wenn eine Kfz-Steuerreform zur Kompensation einer Vignette denkbar ist, soll dann Fahrzeughaltern, die weniger Kfz-Steuer zahlen, als eine Jahresvignette kostet (Elektroautos zahlen z. B. für zehn Jahre keine Kfz-Steuer), die Differenz ausgezahlt werden? 21. Inwieweit kann bei einer Kompensation über die Kfz-Steuer sichergestellt werden, dass Schwerbehinderte (vor allem mobilitätseingeschränkte), die heute teilweise oder vollständig von der Kfz-Steuer befreit sind, keine Mehrbelastung durch die Einführung einer Pkw-Vignette erfahren? Die Fragen 17 bis 21 werden wegen ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Es wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen. 22. Welche Schätzungen liegen der Bundesregierung über die Kosten für die Auszahlung von Gutschriften (Ermittlung von Kontoverbindungen, Überweisungsvorgängen , Bankgebühren) vor, und inwieweit sollen die Länder, die die Kfz-Steuer für den Bund einziehen, für den Mehraufwand finanziell entschädigt werden? Die Landesfinanzbehörden üben nach dem Finanzverwaltungsgesetz lediglich für den Übergangszeitraum vom 1. Juli 2009 bis spätestens 30. Juni 2014 die Verwaltung der Kraftfahrzeugsteuer für den Bund aus. Im Verlaufe des ersten Halbjahres 2014 wird sie schrittweise von den Zollbehörden übernommen. Im Übrigen wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/118 23. Wie soll im Rahmen einer solchen Reform mit dem Umstand umgegangen werden, dass es eine mindestens dreistellige Zahl von unterschiedlichen Kfz-Steuersätzen gibt, die von den Variablen Antriebsart, Hubraum und Schadstoffklasse (bis 30. Juni 2009) bzw. CO2 (seit 1. Juli 2009) abhängen ? 24. Ist vor diesem Hintergrund die vollständige Kompensation einer Vignette für jeden Kfz-Steuerzahler technisch überhaupt umsetzbar, und wenn ja, wie? Die Fragen 23 und 24 werden wegen ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Für inländische Pkw mit Erstzulassung bis 30. Juni 2009 gelten nach dem Kraftfahrzeugsteuergesetz 17 verschiedene Steuersätze, darunter zehn nach der Art des Hubkolbenmotors und nach Schadstoffemissionen gestaffelte sowie drei im Tarif für reine Elektro-Pkw. Für danach erstmals zugelassene Pkw gelten sieben verschiedene Steuersätze, darunter zwei hubraum- und einer CO2-bezogen. Im Übrigen wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen. 25. Wie soll im Rahmen einer Kompensation insbesondere mit dem Umstand umgegangen werden, dass der Dieselsteuersatz pro 100 cm3 seit dem 1. September 2009 mit 9,50 Euro fast fünfmal so hoch liegt, wie der Steuersatz für Benziner mit 2 Euro? Seit dem 1. Juli 2009 betragen die Steuersätze für den hubraumbezogenen Teil der Kraftfahrzeugsteuer für Pkw mit Selbstzündungsmotor (Diesel- und Vielstoffmotoren ) 9,50 Euro und mit Fremdzündungsmotor (Otto- und Wankelmotoren ) 2 Euro jeweils je angefangene 100 cm3. Im Übrigen wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen. 26. Welche Modellüberlegungen zu einer Kfz-Steuerreform als Kompensation für die Einführung einer Vignette wurden bislang vom BMVBS angestellt , und inwieweit wurde das BMF in diese Überlegungen miteinbezogen ? Es wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen. 27. Inwieweit wurde geprüft, ob die Prämisse der Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel, dass kein gebietsansässiger Autofahrer zusätzlich belastet werden darf, rechtstechnisch umsetzbar ist? 28. Inwieweit soll sichergestellt werden, dass eine Kfz-Steuerreform, die der Kompensation einer Pkw-Vignette dient, nicht zu Mindereinnahmen führt, wenn sie auch Pkw-Halter begünstigen würde, die keine (Jahres-)Vignette kaufen würden? 29. Inwieweit wurde oder wird im Rahmen dieser Überlegungen geprüft, den Energiesteuersatz für Diesel auf das Niveau von Benzinern anzuheben, um den Kfz-Steuersatz für Diesel auf das Niveau von Benzinern abzusenken? 30. In welchem Umfang erwartet die Bundesregierung negative Auswirkungen einer ggf. im Rahmen der Kfz-Steuer durchzuführenden finanziellen Kompensation von Vignettenzahlungen auf den Erfolg der umweltorientierten Reform der Kfz-Steuer aus dem Jahr 2009 bzw. auf das Erreichen der damit verbundenen Lenkungsziele? Drucksache 18/118 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 31. Wie viele unterschiedliche Gebührenhöhen für eine Jahresvignette in Abhängigkeit von fahrzeugspezifischen Faktoren („Öko-Rabatt“ nach CO2- Ausstoß) sind vorstellbar, und inwieweit müssten diese Rabatte jeweils auch für Vignetten mit anderen Zeiträumen (zehn Tage/zwei Monate) angeboten werden? 32. Welche Szenarien im Hinblick auf die Höhe der Befolgungskosten haben unterschiedliche Gebührenhöhen (mit oder ohne Öko-Rabatt) für den gleichen Zeitraum, und inwieweit ist sichergestellt, dass Fahrzeugpapiere von gebietsfremden Fahrern alle notwendigen Informationen aufweisen, um die Wahl der richtigen Vignette kontrollieren zu können? 33. Falls keine Kompensation über eine Kfz-Steuerreform geplant ist oder eine solche Möglichkeit durch EU-Recht ausgeschlossen ist, welche anderen Möglichkeiten einer vollständigen Kompensation aller gebietsansässigen Fahrzeughalter sind denkbar, und wie werden sie von der Bundesregierung bewertet? Die Fragen 27 bis 33 werden wegen ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Es wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen. 34. Als wie problematisch stuft die Bundesregierung in diesem Kontext die Gefahr ein, dass Verkehrsteilnehmer keine Vignette kaufen und anstelle von Autobahnen bzw. Bundesfernstraßen das untergeordnete Straßennetz nutzen und damit dort zu erhöhten verkehrlichen und ökologischen Problemen sowie Gefahren für die Verkehrssicherheit führen? 35. Welchen Kenntnisstand bezüglich derartiger Effekte und Probleme besitzt die Bundesregierung, und auf was für Studien bzw. Analysen basiert dieser Kenntnisstand? Die Fragen 34 und 35 werden wegen ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Es wird auf die Antwort zu Frage 16 verwiesen. 36. Ist es richtig, dass Überlegungen und Aussagen zur Verkehrsverdrängung bei Einführung einer Pkw-Vignette in der im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie (BMWi) im Jahr 2008 vom Institut für angewandte Verkehrs- und Tourismusforschung e. V. (IVT) durchgeführten Studie „Untersuchung von Möglichkeiten zur Reduzierung von Tanktourismus“ enthalten sind? Die Studie hatte drei Zielstellungen: 1. Ermittlung des Ausmaßes des Tanktourismus, insbesondere in den deutschen Grenzregionen; 2. Untersuchung, inwieweit sich das Ausmaß des Tanktourismus durch eine Senkung der Steuern auf Mineralöl verringern ließe und welcher fiskalische Gesamteffekt mit unterschiedlich starken Steuersenkungen damit verbunden wäre; 3. Abschätzung, ob sich Einnahmeausfälle des Staates durch eine Autobahnvignette kompensieren ließen. Im Rahmen der dritten Zielstellung war auch zu prüfen, ob und in welchen Um- fang mit Änderungen des Fahrverhaltens zu rechnen wäre. Dazu gehörte auch Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 9 – Drucksache 18/118 die Frage, ob Verkehrsteilnehmer evtl. auf nachgeordnete Straßen ausweichen würden. a) Ist es richtig, dass demnach die verkehrlichen Wirkungen einer PkwMauterhebung auf den Bundesautobahnen bzw. Bundesfernstraßen keineswegs als unproblematisch anzusehen sind, da nicht unerhebliche Verdrängungswirkungen für möglich gehalten werden? Im Vordergrund der Studie standen die fiskalischen Wirkungen denkbarer Maßnahmen zur Verringerung von Tanktourismus. Die Betrachtung der verkehrlichen Wirkungen war nicht primärer Gegenstand der Studie. Eine Wertung im Sinne der Fragestellung wurde nicht abgegeben. b) Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus den Erkenntnissen der genannten Studie? Die Bundesregierung hat keine Konsequenzen aus der Studie gezogen. c) Ist es richtig, dass diese Studie immer noch nicht veröffentlicht worden ist? Wenn ja, warum wurden die Ergebnisse der Studie noch nicht veröffentlicht ? Ja. Die Bezugsgrößen der Studie sind inzwischen nicht mehr auf dem aktuellen Stand, so dass die Aussagen zu den Ergebnissen keine Gültigkeit mehr haben. d) Ist es richtig, dass diese Studie auf Anfragen nach dem Informationsfreiheitsgesetz von der Bundesregierung herausgegeben worden ist? Ja (es gab eine Anfrage). e) Ist es richtig, dass dieses Recht von den anfragenden Bürgern im Rahmen von Klageverfahren gegenüber der Bundesregierung durchgesetzt werden musste? Es gab ein Klageverfahren, in dem allerdings Form- und Fristfragen im Vordergrund standen. Dieses wurde durch eine außergerichtliche Einigung beendet. f) Ist es geplant, diese Studie kurzfristig zu veröffentlichen, und wenn ja, zu welchem Termin? Nein. 37. Kann von der Bundesregierung zugesichert werden, dass die Erkenntnisse aus aktuell laufenden Untersuchungen (durch Bundesministerien selber, durch nachgeordnete Behörden und/oder Gutachter) sämtlichen Fraktionen und Abgeordneten zeitgleich zur Verfügung gestellt werden? Wenn nein, warum kann die Bundesregierung dies nicht zusichern? Es wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen. Drucksache 18/118 – 10 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 38. Welche Studien sind im Auftrag der Bundesregierung (Bundesministerien und nachgeordnete Behörden) in denen verschiedene Mautlösungen untersucht worden sind, seit dem Jahr 1998 durchgeführt worden? 39. Welche dieser Studien sind veröffentlicht worden (bitte angeben, ob diese aktuell online abrufbar sind oder auf welchem Bezugsweg eine Einsichtnahme möglich ist)? 40. In welchen dieser Studien sind die Fragen des Einnahmeerzielungspotenzials von Pkw-Mautlösungen, Erhebungs- und Befolgungskosten sowie der zu erwartenden Verkehrsverdrängung betrachtet worden? Die Fragen 38 bis 40 werden wegen ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . 41. Inwieweit hat das Bundesverkehrsministerium Berechnungen anstellen lassen oder plant Berechnungen, welche finanziellen Auswirkungen die Einführung einer Maut in den bisher mautfreien Nachbarstaaten Dänemark, Niederlande, Belgien, Luxemburg und Polen (gesamtes Autobahn- bzw. Schnellstraßennetz) in der Summe für deutsche Kfz-Halter hätte, und wenn nein, warum nicht? Ob und wie Nachbarstaaten auf eine mögliche Einführung einer Pkw-Maut (Vignette) in Deutschland reagieren werden, ist Sache der jeweiligen Regierungen und kann vorab auch im Hinblick auf die finanziellen Auswirkungen für deutsche Kfz-Halter nicht beurteilt werden. Das BMVBS hat daher keine entsprechenden Berechnungen anstellen lassen und plant solche auch nicht. Studie Erschienen Herausgeber veröffentlicht/ online abrufbar Enthält Aussagen zu: Einnahmen/Kosten/ Verkehrsverdrängungen UBA-HintergrundText „Pkw-Maut in Deutschland? Eine umwelt- und verkehrspolitische Bewertung“ April 2010 + Verfasser: Umweltbundesamt (UBA) im Rahmen eigener Forschung als wissenschaftliche Behörde ja/ja ja/ja/ja (teilweise nur in Ansätzen) Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co., Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlagsgesellschaft mbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333