Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 6. April 2017 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 18/11888 18. Wahlperiode 07.04.2017 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Nicole Maisch, Dr. Gerhard Schick, Renate Künast, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 18/11317 – Entwicklung und Verbraucherschutz beim Crowdfunding in Deutschland nach dem Inkrafttreten des Kleinanlegerschutzgesetzes V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Mit Inkrafttreten des Kleinanlegerschutzgesetzes am 10. Juli 2015 kam es auch zu weitreichenden Änderungen für das Crowdfunding in Deutschland. Dabei wurde für diesen Bereich der grundsätzlich richtigen Intention des Gesetzes gefolgt, Verbraucherinnen und Verbraucher vor Insolvenzen im Bereich des Grauen Kapitalmarkts besser zu schützen. Nach rund eineinhalb Jahren stellt sich die Frage, ob für das Crowdfunding die richtige Balance zwischen Sicherheit und der Förderung innovativer Finanzierungs- und Geschäftsmodelle gefunden wurde. Auf der einen Seite wird geklagt, dass dieser weltweit an Bedeutung gewinnende Anlagebereich an manchen Stellen einer zu starken Regulierung in Deutschland unterworfen ist (siehe www.bundesverband-crowd funding.de/wp-content/uploads/2016/09/20160908_Bundesverband_Crowd funding_KASG_Evaluation.pdf), auf der anderen Seiten sieht beispielsweise der Sachverständigenrat für Verbraucherfragen beim Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz die Ausnahmen, die im Kleinanlegerschutzgesetz für Crowdfunding getroffen wurden, kritisch und fordert, Crowdfunding- Plattformen unter die Aufsicht der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) zu stellen (siehe www.svr-verbraucherfragen.de/wp-content/ uploads/2016/07/Crowdfunding-ordentlich-regeln.pdf). Der Marktwächter Finanzen der Verbraucherzentrale Bundesverband e. V. hat vor betrügerischen Angeboten bzw. Schneeballsystemen in diesem Bereich gewarnt (siehe www. marktwaechter.de/pressemeldung/marktwaechterwarnung-zweifelhafte-geld anlagen-im-internet), wobei es sich hierbei um Unternehmen handelte, die als vermeintliche Crowdfunding-Anbieter agierten, aber außerhalb der Regulierung standen. Der Crowdfunding-Markt in Deutschland entwickelt sich bei Betrachtung der absoluten Zahlen positiv. Im Jahr 2015 waren 249 Mio. Euro in diesen Markt investiert, womit sich Deutschland hinter Großbritannien (4,3 Mrd. Euro) und Frankreich (319 Mio. Euro) auf Platz 3 in Europa befindet. Das Wachstum des Marktes betrug zwischen 2013 und 2014 115 Prozent und zwischen 2014 und Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/11888 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 2015 78 Prozent. Doch bei Betrachtung der Relationen fällt auf, dass der Rückstand zu den beiden genannten anderen europäischen Märkten größer geworden ist, in Großbritannien rund das 17-Fache im Bereich des Crowdfundings eingesammelt wird und bei den Pro-Kopf-Investitionen in diesem Bereich Deutschland im Ranking mit 3,05 Euro pro Person auf Platz 10 zurückfällt (siehe www. jbs.cam.ac.uk/fileadmin/user_upload/research/centres/alternative-finance/ downloads/2016-european-alternative-finance-report-sustaining-momentum. pdf). Diese Zahlen sind auch in dem Zusammenhang zu sehen, dass für einzelne Anlageklassen maximale Investitionssummen festgelegt wurden, um die Anlegerinnen und Anleger vor zu großen Verlusten im Bereich dieser oftmals mit einem hohen Risiko einhergehenden Investitionen zu schützen. V o r b e me r k u n g d e r B u n d e s r e g i e r u n g Die Kleine Anfrage bezieht sich zu einem großen Teil auf die durch das Kleinanlegerschutzgesetz vom 3. Juli 2015 (BGBl. I S. 1114) neu in das Vermögensanlagengesetz (VermAnlG) eingeführten Befreiungsvorschriften (§§ 2a bis 2c VermAnlG) und dabei insbesondere auf die Regelungen zum sog. Crowdinvesting in § 2a VermAnlG. Der Finanzausschuss des Deutschen Bundestages hat in seinem Bericht zum Kleinanlegerschutzgesetz (Bundestagsdrucksache 18/4708) die Bundesregierung aufgefordert, eine Evaluierung dieser Befreiungsvorschriften zu erstellen und dem Finanzausschuss mit einer Stellungnahme zu gegebenenfalls erforderlichen Änderungen zu übermitteln. Dieser Aufforderung ist die Bundesregierung nachgekommen und hat im Laufe des Jahres 2016 die Befreiungsvorschriften evaluiert und hierzu ein Forschungsgutachten zu den Praxiserfahrungen mit den Befreiungsvorschriften und ein weiteres Forschungsgutachten – in Zusammenarbeit mit der Projektgruppe „Wirksam Regieren“ – zum Warnhinweis im Vermögensanlagen-Informationsblatt (VIB) eingeholt. Ebenso wurde ein Konsultationsverfahren bei den betroffenen Verbänden – insbesondere der Crowdinvesting-Branche, der Finanzwirtschaft sowie dem Verbraucherzentrale Bundesverband e. V. (vzbv) – und auch der Gewerbeämter der Länder durchgeführt . Darüber hinaus hat die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) zu den Erfahrungen der Aufsicht mit den betroffenen Vorschriften Stellung genommen. Der auf dieser Grundlage erstellte Evaluierungsbericht wurde von der Bundesregierung am 15. Februar 2017 an den Finanzausschuss übermittelt (Ausschussdrucksache 18(7) – 378). Zur Ergänzung der Antworten auf die o. g. Kleine Anfrage wird auf den Evaluierungsbericht und auf die Ergebnisse der Studie zu den Praxiserfahrungen (abrufbar unter www.bundesfinanzministerium.de/Content/ DE/Standardartikel/Themen/Internationales_Finanzmarkt/Finanzmarktpolitik/ 2017-02-16-Studie.html) verwiesen. 1. Wie schätzt die Bundesregierung die Entwicklung des Crowdfunding-Marktes angesichts der oben beschriebenen absoluten und relativen Entwicklung in Deutschland ein? Warum bleibt aus Sicht der Bundesregierung Deutschland gegenüber einigen anderen europäischen Staaten zurück? Nach der Studie zu den Praxiserfahrungen mit den Befreiungsvorschriften (s. Vorbemerkungen) ist der deutsche Crowdinvesting-Markt in den Jahren von 2011 bis 2015 stark gewachsen. Die durchschnittliche Wachstumsrate lag bei 220 Prozent pro Jahr. Bis zum 1. Juni 2016 wurden über deutsche Crowdinvesting -Portale insgesamt 405 Finanzierungen angeboten, über die ein Volumen von 110 Mio. Euro vermittelt werden konnte. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/11888 Der Bundesregierung liegen keine konkreten Erkenntnisse dazu vor, dass die Entwicklung des Crowdinvesting-Marktes in Deutschland gegenüber anderen europäischen Staaten zurückbliebe. Allgemein dürften unterschiedliche Entwicklungen des Marktes für Crowdinvesting in den europäischen Staaten daraus resultieren , dass sich die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und das Verhalten der Anleger in den einzelnen Ländern unterscheiden. 2. Welche Anlage- und Beteiligungsformen spielen beim Crowdinvesting die wichtigste Rolle (Antwort bitte anhand von Zahlenmaterial unterlegen)? Wie entwickelten sich die Anteile der wichtigsten Anlage- und Beteiligungsformen seit 2011? Aus der Studie zu den Praxiserfahrungen mit den Befreiungsvorschriften (s. Vorbemerkung der Bundesregierung) geht hervor, dass sich die beim Crowdinvesting angebotenen Vermögensanlagen in den letzten Jahren von stillen Beteiligungen hin zu partiarischen Darlehen und Nachrangdarlehen entwickelt haben. Dabei waren partiarische Darlehen die mit Abstand am häufigsten genutzte Vermögensanlage , gefolgt von stillen Beteiligungen und Nachrangdarlehen. Partiarische Darlehen machten mit 64 Mio. Euro und Nachrangdarlehen mit 30 Mio. Euro rund 85 Prozent des Emissionsvolumens im Zeitraum vom 1. August 2011 bis 1. Juni 2016 aus. Über die Entwicklung („Performance“) der angebotenen Anteile liegen der Bundesregierung keine belastbaren Daten vor. 3. Wie ist nach Kenntnis der Bundesregierung die Entwicklung der aktiven Plattformen, auf denen Crowdfunding-Investments getätigt werden können, in den letzten fünf Jahren? Aus der Studie zu den Praxiserfahrungen mit den Befreiungsvorschriften (s. Vorbemerkungen ) ergibt sich, dass bis zum 1. Juni 2016 insgesamt 36 Crowdinvesting -Plattformen am deutschen Markt Finanzierungen vermittelt haben, von denen im Jahr 2015 noch 22 Portale aktiv waren, d. h. sie boten in den vorangegangenen 12 Monaten mindestens eine Finanzierung an. Obwohl seit 2011 viele neue Plattformen gegründet worden sind, konzentrieren sich die erfolgreich finanzierten und volumenstarken Finanzierungen auf nur wenige Portale. Eine Marktkonsolidierung hat in diesem Bereich bisher kaum stattgefunden. 4. Welche Renditen werden nach Kenntnis der Bundesregierung im Durchschnitt mit Anlagen im Bereich Crowdfunding erzielt, bzw. liegen der Bundesregierung diesbezüglich Schätzungen vor, und wie hat sich die Rendite in den letzten Jahren entwickelt (soweit verfügbar, Daten gern auch für einzelne Anlageklassen im Bereich Crowdfunding aufschlüsseln)? Wie stuft die Bundesregierung diese Zahlen im Vergleich zu anderen Anlagen ein? Der Bundesregierung liegen keine umfangreichen Daten zu den Renditen vor, die mit Anlagen im Bereich Crowdfunding durchschnittlich erzielt werden können. Aus den bei der BaFin zu Crowdinvesting-Projekten hinterlegten Vermögensanlagen -Informationsblättern ergibt sich, dass bei diesen Projekten im Durchschnitt Zinsen zwischen 5 und 8 Prozent versprochen werden. Teilweise liegen die Zinssätze auch im zweistelligen Bereich. Die überdurchschnittlichen Renditen, die Anleger mit einer Geldanlage in Crowdinvesting-Projekte erzielen können, korrespondieren nach Ansicht der Bundesregierung mit dem höheren Risiko bei dieser Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/11888 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Anlageform, das bis zum vollständigen Verlust des eingesetzten Vermögens führen kann. 5. Welche Provisionen, Gebühren und anderen Vertriebsanreize erhalten die Plattformbetreiber nach Kenntnis der Bundesregierung im Durchschnitt (falls keine konkreten Durchschnittsdaten vorliegen, bitte Erfahrungswerte wiedergeben)? Welche Maßnahmen gelten, um Provisions- und Vertriebsinteressen gegenüber potentiellen Anlegern deutlich zu machen? Der Bundesregierung liegen insoweit keine Durchschnittsdaten vor. Nach Beobachtungen der Bundesregierung erhoben die Plattformbetreiber im Fall einer erfolgreichen Emission in der Regel eine Gebühr von 5 bis 10 Prozent des jeweiligen Emissionsvolumens. Die mit der Vermögensanlage verbundenen Kosten und Provisionen müssen nach § 13 Absatz 2 Satz 2 Nummer 5 VermAnlG im Vermögensanlagen-Informationsblatt in übersichtlicher und leicht verständlicher Weise aufgeführt werden. Dies verpflichtet jedoch nicht die Internetplattformen, ihre eigenen Provisionen offenzulegen . Aus diesem Grund spricht sich die Bundesregierung im Evaluierungsbericht (s. Vorbemerkungen) für eine erhöhte Kostentransparenz im Vermögensanlagen -Informationsblatt aus und schlägt eine entsprechende Gesetzesänderung vor. 6. Wie hoch sind nach Kenntnis der Bundesregierung die durchschnittlichen Anlagesummen von Anlegerinnen und Anlegern? Wie groß sind die durchschnittlich zu finanzierenden Projekte, welche auf den Plattformen veröffentlicht werden? Nach der Studie zu den Praxiserfahrungen mit den Befreiungsvorschriften (s. Vorbemerkungen) investiert die überwiegende Mehrheit von 86 Prozent der Anleger, die über Crowdinvesting-Portale Emittenten Geldmittel zur Verfügung stellen, weniger als 1 000 Euro in ein Projekt. 13,9 Prozent der Anleger investiert zwischen 1 000 Euro und 10 000 Euro, während 0,1 Prozent der Anleger über 10 000 Euro investiert. Nahezu 80 Prozent aller Emittenten haben über Crowdinvesting -Portale weniger als 500 000 Euro eingesammelt; knapp 2 Prozent sammelten mehr als 2,5 Mio. Euro ein. 7. Sind der Bundesregierung Fälle bekannt, bei denen Unternehmen bei partiarischen Darlehen nicht ihren Versprechungen auf Gewinnbeteiligung nachgekommen sind? Der Bundesregierung sind hierzu keine Fälle bekannt. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/11888 8. Wie hoch sind nach Kenntnis der Bundesregierung die Ausfallraten im Bereich Crowdfunding, und wie haben sich diese in den letzten Jahren entwickelt (soweit verfügbar, Daten gern auch für einzelne Anlageklassen im Bereich Crowdfunding aufschlüsseln)? Wie stuft die Bundesregierung diese Zahlen im Vergleich zu anderen Anlagen ein, und welche weitere Entwicklung der Zahlen erwartet die Bundesregierung , da es sich noch um einen relativ kurzen Beobachtungszeitraum handelt ? Nach der Studie zu den Praxiserfahrungen (s. Vorbemerkungen) kam es bei 13,5 Prozent der über Crowdinvesting-Portale eingeworbenen Finanzierungen zu Ausfällen, also zu einem Fehlschlag der geplanten Unternehmung. Geht man davon aus, dass die Verwertungsrate aufgrund kaum vorhandener Substanzwerte sowie des in vielen Finanzierungsverträgen spezifizierten Rangrücktritts gegen Null tendiert, sind den Anlegerinnen und Anlegern dadurch bislang Verluste in Höhe von rund 6,6 Mio. Euro entstanden. Die Überlebenswahrscheinlichkeit schwarmfinanzierter Unternehmen lag 3 Jahre nach der Unternehmensgründung bei 85 Prozent, wohingegen im Vergleich dazu die Überlebenswahrscheinlichkeit eines deutschen Startup-Unternehmens allgemein nach 3 Jahren bei durchschnittlich 70 Prozent lag. Insgesamt ist damit die Überlebensfähigkeit von Startups, die über Crowdfunding finanziert wurden, höher als bei den übrigen Startups. 9. Welche Anlagepleiten mit welchem Volumen gab es im Bereich dieser Investments in den letzten fünf Jahren (bitte die Entwicklung anhand von Zahlenmaterial aufführen)? Auf die Antwort zu Frage 8 wird verwiesen. Darüber hinausgehende Informationen liegen der Bundesregierung nicht vor. 10. Welche Maßnahmen ergreift die Bundesregierung, um den Crowdfunding- Markt in Deutschland zu unterstützen? Die Bundesregierung hat mit dem Kleinanlegerschutzgesetz die rechtlichen Rahmenbedingungen für eine Entwicklung des Crowdinvesting-Marktes unter Berücksichtigung eines angemessenen Anlegerschutzes geschaffen. In ihrem Evaluierungsbericht (s. Vorbemerkungen) hat die Bundesregierung dazu Stellung genommen , welche weiteren Maßnahmen auf Grundlage der Erkenntnisse des Evaluierungsverfahrens umgesetzt werden könnten und sollten (s. Antwort zu Frage 34). 11. Welche Maßnahmen will die Bundesregierung angesichts der Marktwächterwarnung von Oktober 2016 ergreifen, um Schneeballsysteme, hinter denen sich teils ausländische Briefkastenfirmen verbergen, zu verhindern (siehe www.marktwaechter.de/pressemeldung/marktwaechterwarnungzweifelhafte -geldanlagen-im-internet)? Wie stellt die Bundesregierung sicher, dass von den Verbraucherinnen und Verbrauchern missbräuchlich agierende Anbieter leichter identifiziert werden können? Schutz vor missbräuchlich agierenden Anbietern bieten in repressiver und präventiver Hinsicht das Strafrecht sowie die geltenden Finanzmarktregelungen. Daneben fördert die Bundesregierung die Verbraucheraufklärung. So wird z. B. der Marktwächter Finanzen seit Februar 2015 bis Ende 2017 mit rund 14,0 Mio. Euro gefördert. Ebenso hält die BaFin auf ihrer Internetseite Hinweise bereit, wie sich Anleger vor unseriösen Anlageempfehlungen schützen können, und gibt – bei Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/11888 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode entsprechendem Anlass – auch aktuelle Warnhinweise bezüglich einzelner Anlagen und Wertpapiere heraus. 12. Welche Maßnahmen gelten heute, die sicherstellen, dass die Kapitalaufnahme tatsächlich den anvisierten unternehmerischen Aufgaben zur Verfügung steht und eine missbräuchliche Verwendung für offene Verbindlichkeiten auszuschließen ist? Neben den allgemeinen zivilrechtlichen Regelungen, die in ihrem Regelungsbereich ausreichende Schutzmechanismen vorsehen, besteht bei irreführenden oder unrichtigen Angaben im Vermögensanlagen-Informationsblatt (VIB) eine zusätzliche Haftungsregelung in § 22 VermAnlG. Im Einzelfall kann missbräuchlichem Verhalten auch mit strafrechtlichen Sanktionen begegnet werden. 13. Sieht die Bundesregierung im Bereich des Crowdfundings weitere konkrete Missstände von Seiten der Portalbetreiber oder der Unternehmen, in die investiert werden soll? Wie will sie diese ggf. beheben? Die Bundesregierung liegen keine Erkenntnisse zu konkreten Missständen von Seiten der Portalbetreiber oder der Unternehmen im Bereich des Crowdfundings vor. Im Rahmen der Aufsichtstätigkeit der BaFin stellt sich allerdings bisweilen die Frage, ob bestimmte Plattformen allein deshalb gegründet und betrieben werden , um das eigene Produkt oder das eines verbundenen Unternehmens zu vertreiben . In derartigen Fällen besteht die Gefahr eines Interessenskonflikts. In ihrem Evaluierungsbericht (s. Vorbemerkungen) schlägt die Bundesregierung daher vor, auf potentielle Umgehungsmöglichkeiten und Interessenskonflikte zu reagieren . Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 34 verwiesen. 14. Gibt es nach dem Kenntnisstand der Bundesregierung bestimmte Anlageklassen (Immobilien etc.), in denen gewisse Missstände immer wieder auftreten , und wenn ja, welche sind dies, und welche Maßnahmen beabsichtigt die Bundesregierung dagegen zu ergreifen? Erleichterte Finanzierungen von Immobilien können zu Überbewertungen führen, die auf Immobilienmärkten Auslöser systemischer Finanzkrisen sein können. Vor dem Hintergrund, dass für Immobilienprojekte ausreichend anderweitige Finanzierungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen, könnte aus Sicht der Bundesregierung erwogen werden (s. Evaluierungsbericht gemäß Vorbemerkungen), Immobilienfinanzierungen aus dem Anwendungsbereich des § 2a VermAnlG auszunehmen (s. Antwort zu Frage 34). 15. Wie oft und aus welchen Gründen mussten nach Kenntnis der Bundesregierung die Aufsichtsbehörden im Bereich des Crowdfundings in den letzten Jahren tätig werden? Welche Vermittlerlizenzen hatten die jeweils betroffenen Plattformen? Auf Grundlage des VermAnlG musste die BaFin im Jahr 2016 zehnmal im Bereich des Crowdfundings tätig werden. Bei acht der zehn Fälle wurde die BaFin tätig, weil den Internetplattformen die Erlaubnis nach § 34f Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 der Gewerbeordnung (GewO) fehlte. Bei den restlichen zwei Fällen untersagte die BaFin das öffentliche Angebot, weil die Internetplattformen das erforderliche Vermögensanlagen-Informationsblatt nicht hinterlegt hatten. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/11888 16. Wie kam die Bundesregierung zu der Schwelle von 2,5 Mio. Euro bezüglich der Ausnahmen von der Prospektpflicht für einzelne Beteiligungsformen? Sieht diese die Bundesregierung immer noch als die passende Schwelle an? Die 2,5 Mio. Euro Grenze beruht auf der Empfehlung des Finanzausschusses vom 22. April 2015 (Bundestagsdrucksache 18/4708). Aufgrund dieser wurde die im Entwurf des Kleinanlegerschutzgesetzes (Bundestagsdrucksache 18/3994) in §§ 2a, 2b und 2c VermAnlG-E vorgesehene Schwelle von 1 Mio. Euro auf 2,5 Mio. Euro heraufgesetzt. Die Bundesregierung beobachtet die Aktualität und Wirkungsweise dieses Schwellenwertes. Die empirischen Daten aus der Studie zu den Praxiserfahrungen mit den Befreiungsvorschriften (s. Vorbemerkungen) haben gezeigt, dass der ganz überwiegende Teil der über Crowdinvesting finanzierten Projekte weniger als 500 000 Euro eingesammelt hat, so dass die bestehende Grenze von 2,5 Mio. Euro zunächst keine maßgebliche Beschränkung für die Tätigkeit von Crowdinvesting-Portalen darzustellen scheint. 17. Warum wird in Deutschland der Sonderweg gegangen, dass nur die Ausgabe von Nachrangdarlehen und partiarischen Darlehen ohne Prospektpflicht bis zu einer gewissen Grenze möglich ist? Welche Aspekte rechtfertigen die Sonderstellung dieser beiden Anlageformen ? Durch das Kleinanlegerschutzgesetz wurde die Prospektpflicht auf Nachrangdarlehen und partiarische Darlehen gesetzlich erweitert, um auf verschiedene Ereignisse zu reagieren, durch die das Vertrauen von Anlegern in verschiedene öffentlich angebotene Finanzprodukte des sogenannten „Grauen Kapitalmarkts“ stark beeinträchtigt worden sind (vgl.: Entwurf eines Kleinanlegerschutzgesetzes Bundestagsdrucksache 18/3994). Zugleich sollte aber auch die Finanzierungsform des Crowdinvestments, die vor allem über prospektfreie Nachrangdarlehen und partiarische Darlehen erfolgte, nicht beeinträchtigt werden. Aus diesem Grund wurden Befreiungsvorschriften von der Prospektpflicht für Schwarmfinanzierungen mittels Nachrangdarlehen und partiarischen Darlehen erlassen. Eine eventuelle Erweiterung des Anwendungsbereichs der Befreiungsvorschriften bleibt der Prüfung im Rahmen der durchgeführten Evaluation vorbehalten. 18. Sind der Bundesregierung Fälle bekannt, bei denen Unternehmen die Ausnahmeregelungen von der Prospektpflicht zu ihren Zwecken missbraucht haben und dadurch die Prospektpflicht umgangen haben? Was unternimmt die Bundesregierung dagegen? Der Bundesregierung sind keine Fälle bekannt, in denen die Ausnahmeregelungen von der Prospektpflicht missbraucht wurden. Im Rahmen der Aufsichtstätigkeit der BaFin kommt es jedoch vor, dass Anbieter sich auf eine Ausnahmeregelung des VermAnlG berufen, obwohl diese nicht einschlägig ist. In diesem Fall untersagt die BaFin nach entsprechender Prüfung das öffentliche Angebot dieses Anbieters. Im Evaluierungsbericht (s. Vorbemerkungen) schlägt die Bundesregierung darüber hinaus vor, die Befreiungsvorschrift in § 2a VermAnlG zu ändern, um potentielle Umgehungsmöglichkeiten bezüglich des Gesamtemissionsvolumens eines Emittenten unter Einschaltung mehrerer Anbieter zu adressieren (s. Antwort zu Frage 34). Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/11888 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 19. Welche Handlungsschritte plant die Bundesregierung wegen der EU-Verordnung zu Prospektvorschriften zu unternehmen (www.consilium.europa. eu/de/press/press-releases/2016/12/20-prospectus)? Die Bundesregierung beabsichtigt, die Vorgaben des geänderten EU-Prospektrechts fristgemäß im deutschen Recht zu verankern. 20. Wäre es aus Sicht der Bundesregierung im Sinne des Verbraucherschutzes und der Wirtschaftsförderung begrüßenswert, soweit man Ausnahmen grundsätzlich will, wenn nicht nur die Ausgabe von Nachrangdarlehen und partiarischen Darlehen ohne Prospektpflicht möglich ist, sondern man beispielweise mit einer Investition auch einen Anteil am Eigenkapital erwirbt? Zunächst weist die Bundesregierung darauf hin, dass das bestehende Recht zum Erwerb von Eigenkapital durch Unternehmensbeteiligungen mit dem Recht der Personengesellschaften und dem Recht der Kapitalgesellschaften bereits umfangreiche Möglichkeiten bereithält. Werden in Wertpapieren verbriefte Anlageformen wie Aktien oder Anleihen öffentlich angeboten, sind die europäisch harmonisierten Vorgaben des Prospektrechts, insbesondere des Wertpapierprospektgesetzes (WpPG) zu beachten, die einen hohen Anlegerschutz gewährleisten. Als Grundsatz sollte aus Sicht der Bundesregierung dieser hohe Standard bei dem öffentlichen Angebot von Wertpapieren einheitlich bestehen bleiben. Hinsichtlich der Prospektpflicht bei der Ausgabe von Aktien und Anleihen ist jedoch darauf hinzuweisen, dass das europäische Prospektrecht derzeit novelliert wird und in der Prospekt-Verordnung vorgesehen ist, dass Wertpapiere innerhalb eines Zeitraums von zwölf Monaten künftig bis zu einer Obergrenze von 1 Mio. Euro prospektfrei öffentlich angeboten werden können. Insoweit könnte zu erwägen sein, dieses Ergebnis vorwegzunehmen, so dass Crowdinvesting-Plattformen, demnächst auch Anleihen und Aktien bis zu 1 Mio. Euro prospektfrei anbieten dürften (s. Antwort auf Frage 34). 21. Wie betrachtet die Bundesregierung die Forderung des Bundesverbands Crowdfunding nach der Einführung einer „Aktiengesellschaft Light“? Welche Gründe sprechen aus Sicht der Bundesregierung für ein solches Instrument , und welche dagegen (siehe www.bundesverband-crowdfunding. de/wp-content/uploads/2016/09/20160908_Bundesverband_Crowdfunding_ KASG_Evaluation.pdf)? Die Bundesregierung sieht zurzeit keinen Anlass für die gesetzliche Einführung einer „Aktiengesellschaft light“. Zum einen ist die Aktiengesellschaft auch unter den bestehenden gesetzlichen Rahmenbedingungen schon eine für junge Wachstumsunternehmen attraktive Rechtsform. Denn das Aktienrecht wurde in der Vergangenheit bereits mehrfach geändert, um die regulatorischen Anforderungen bei kleineren Aktiengesellschaften zu reduzieren. Dabei wurden beispielsweise die Möglichkeit der Einpersonengründung einer AG geschaffen und Erleichterungen bei den Vorschriften über die Vorbereitung und den Ablauf der Hauptversammlung eingeführt, die bei nichtbörsennotierten Gesellschaften häufig ohne Mitwirkung eines Notars durchgeführt werden kann und an denen Aktionäre im Wege elektronischer Kommunikation teilnehmen können. Zum anderen dient die kritisierte Satzungsstrenge bei der AG dem Gläubigerschutz und der Reduktion von Transaktionskosten beim Handel der Aktien. Dieses sorgfältig austarierte Maß an Standardisierung dient ebenso der Verbesserung der Verkehrsfähigkeit der Aktien wie die Tatsache, dass ihre Übertragung nicht formgebunden ist, also etwa keinem Beurkundungserfordernis unterliegt. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 9 – Drucksache 18/11888 Viele in der Rechtsform der GmbH oder Unternehmergesellschaft (UG haftungsbeschränkt ) bestehende Startup-Unternehmen verfügen zudem über eine Corporate Governance Struktur, die mit den gesetzlichen Anforderungen des Aktienrechts vergleichbar ist. Der für die Aktiengesellschaft vorgeschriebene Aufsichtsrat wird beispielsweise in ähnlicher Weise auch bei den Startup-Unternehmen eingerichtet, um Investoren entsprechende Einflussnahmemöglichkeiten zu gewähren . 22. Welche Anteilsarten dürfen in anderen europäischen Ländern beim Crowdfunding ohne Prospektpflicht bis zu einer bestimmten Finanzierungsschwelle vertrieben werden? Aus welchen Gründen wird dies jeweils in Deutschland anders gehandhabt? Die zum Teil unterschiedlichen Regelungen zum Crowdfunding in den Mitgliedstaaten sind das Ergebnis unterschiedlicher wirtschaftlicher Rahmenbedingungen in diesen Ländern. Die jeweiligen Regelungssysteme sind in dem Arbeitsdokument der EU-Kommission (SWD(2016) 154 final, S. 34 ff., abrufbar unter: http://ec.europa.eu/transparency/regdoc/rep/10102/2016/EN/10102-2016-154- EN-F1-.PDF) zusammengefasst dargestellt. Das mit dem Kleinanlegeschutzgesetz entwickelte Regelungsregime zum Crowdfunding in Deutschland stellt einen sinnvollen Ausgleich zwischen der Deckung des Finanzierungsbedarfs junger Wachstumsunternehmen und einem effektiven Anlegerschutz dar. 23. Gibt es nach Auffassung der Bundesregierung ein zunehmendes Bestreben ausländischer Portale, auf den deutschen Markt zu drängen (bitte ggf. und soweit möglich mit konkretem Zahlenmaterial belegen)? Liegen die Wachstumsraten größerer, ausländischer Plattformen nach Kenntnis der Bundesregierung über denen ihrer deutschen Konkurrenten, und wenn ja, warum? Laut der Studie zu den Praxiserfahrungen mit den Befreiungsvorschriften (s. Vorbemerkungen ) lässt sich kein zunehmendes Bestreben ausländischer Portale auf den deutschen Markt zu drängen feststellen. Dies unterstützen die Erkenntnisse der BaFin, wonach lediglich in vier Fällen öffentliche Angebote in Deutschland über Plattformen, welche von (deutschen) Tochterunternehmen oder Zweigniederlassungen österreichischer Unternehmen betrieben werden, erfolgten. Zu den angefragten Wachstumsraten liegen der Bundesregierung keine Daten vor. 24. Können nach Auffassung der Bundesregierung Anlagen wegen des deutschen Sonderwegs im europäischen Ausland schlechter vertrieben werden? Wie sieht die Bundesregierung die europäische Regulierungsperspektive, und welche Maßnahmen plant die Bundesregierung auch vor dem Hintergrund der aktuellen Entwicklungen zur so genannten Kapitalmarktunion (www.consilium.europa.eu/en/press/press-releases/2016/12/08-capitalmarkets -union/)? Zum Vertrieb deutscher Vermögensanlagen im Ausland liegen der Bundesregierung keine Daten vor. Wegen der unterschiedlichen Regelungsansätze der einzelnen Mitgliedstaaten im Bereich Crowdfunding lässt sich auch nicht von einem „deutschen Sonderweg“ sprechen, der von einem ansonsten einheitlichen Regelungsansatz in den übrigen Mitgliedstaaten abweichen würde. Klarstellend ist zu- Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/11888 – 10 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode dem darauf hinzuweisen, dass Anlageprodukte, die in Deutschland unter die Voraussetzungen des VermAnlG fallen, aufgrund nationalen Rechts oder einseitigen nationalen Maßnahmen nicht für einen europaweiten Vertrieb zugelassen werden können, da insoweit keine Möglichkeit eines EU-Passes existiert. Die in der Presserklärung des Rates zur Kapitalmarktunion beschriebene Einigung zwischen dem Rat und dem Europäischen Parlament zur neuen europäischen Prospekt-Verordnung wird von der Bundesregierung begrüßt. Die Bundesregierung beabsichtigt, die Vorgaben des geänderten EU-Prospektrechts fristgemäß im deutschen Recht zu verankern (s. Antwort zu Frage 19). 25. Ist es ein Anliegen der Bundesregierung, sich auf europäischer Ebene für eine Art „Europäischen Pass“ im Bereich Crowdfunding einzusetzen, um die Regelungen zu harmonisieren? Welche Anstrengungen unternimmt die Bundesregierung dahingehend, und wie könnte aus Sicht der Bundesregierung eine sinnvolle Regulierungslösung aussehen? Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die Möglichkeit eines Europäischen Passes nur für Bereiche existiert, die europaweit entsprechend harmonisiert sind. Die europäische Prospekt-Verordnung sieht bestimmte Erleichterungen von der allgemeinen Prospektpflicht vor, die gegebenenfalls auch für Crowdfunding genutzt werden können. Derzeit werden auf europäischer Ebene keine konkreten Regelungsvorhaben diskutiert , um im Bereich Crowdinvesting eine stärkere Harmonisierung zu erreichen . Entsprechenden Vorschlägen stünde die Bundesregierung grundsätzlich offen gegenüber. 26. Ist die Bundesregierung der Auffassung, dass die von Plattformanbietern oftmals beworbene, vorgenommene Beurteilung des Risikogehaltes von Anlagen fachgerecht erfolgt, oder gibt es hier Fälle, bei denen Missstände identifiziert wurden (Antwort bitte ausführen)? Wie wird aus Sicht der Bundesregierung sichergestellt, dass die Plattformbetreiber über die entsprechende Fachkenntnis verfügen? Der Bundesregierung sind keine Fälle bekannt, wonach der Risikogehalt von Anlagen von den Plattformanbietern nicht fachgerecht beurteilt wurde. Die meisten Crowdinvesting-Plattformen werden von den Industrie- und Handelskammern bzw. unteren Verwaltungsbehörden der Länder beaufsichtigt, da die Plattformen über eine Erlaubnis nach § 34f Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 GewO verfügen. Diese Stellen sind für die Beurteilung der Geeignetheit (z. B. Vorliegen von Fachkenntnissen bei den Plattformbetreibern) zuständig. Die Fachkenntnisse bei den gebundenen Vermittlern werden von der BaFin insoweit geprüft, als dass das Haftungsdach gemäß § 25e KWG für die fachliche Eignung und die Zuverlässigkeit verantwortlich ist. Dabei beziehen sich diese Fachkenntnisse grundsätzlich auf die Finanzdienstleistung und nicht auf die einzelnen Projekte. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 11 – Drucksache 18/11888 27. Inwiefern haften die Plattformbetreiber für die Qualitätsprüfung der Projekte ? Bestehen aus Sicht der Bundesregierung bei den Plattformbetreibern Interessenskonflikte , da sie möglichst viele Darlehensverträge verwalten wollen, um dafür Provisionen zu erhalten und den Verbraucherinnen und Verbrauchern ein attraktives Portfolio hinsichtlich erwarteter Rendite und Risiko zur Verfügung stellen wollen? Die Plattformbetreiber haften nach allgemeinen zivilrechtlichen Vorschriften. Über mögliche Interessenkonflikte, die daraus resultieren, dass Plattformbetreiber möglichst viele Investments verwalten wollen, hat die Bundesregierung keine Kenntnis. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 13 verwiesen. 28. Sieht es die Bundesregierung insbesondere bei Anlagenvermittlern außerhalb des Kleinanlegerschutzgesetzes als gewährleistet an, dass den Anlegerinnen und Anlegern ausreichende Informationen für eine Investitionsentscheidung vorliegen, beispielsweise hinsichtlich potenzieller Interessenskonflikte , Dienstleistungs- und Produktkosten sowie Zuwendungen (Antwort bitte ausführen)? Liegen der Bundesregierung Erkenntnisse darüber vor, ob Anlegerinnen und Anleger die Risiken bei Crowdfunding richtig einschätzen können, und wenn ja, welche? Für die Vermittlung von Finanzinstrumenten außerhalb des Vermögensanlagengesetzes (z. B. offene Fondsanteile und Anteile an alternativen Investmentfonds nach KAGB) gelten in Bezug auf die Verhaltens- und Offenlegungspflichten der Vermittler nach § 34f Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 und 2 GewO für ihre Vermittlung – auch über Internetseiten – ebenfalls die Vorgaben der Finanzanlagenvermittlungsverordnung (FinVermV). Hierbei handelt es sich allerdings nicht um Crowdfunding oder Crowdinvesting i. S. d. § 2a VermAnlG. Insgesamt gelten für alle Vermittler gem. § 34f Absatz 1 Nummer 1 bis 3 GewO die Regelungen des 4. Abschnitts der FinVermV zur Kundenaufklärung und Exploration. In Bezug auf gebundene Agenten gelten die Explorations- und Aufklärungspflichten des Wertpapierhandelsgesetzes (WpHG). Gem. § 31d WpHG müssen insbesondere Zuwendungen veröffentlicht werden. Dies erfolgt im Vermögensanlagen-Informationsblatt und teilweise auch auf der Homepage der Plattform. Bezüglich Interessenskonflikten und deren Offenlegung gilt insoweit § 31 WpHG. Bei der Investition über eine Schwarmfinanzierungs-Plattform im Sinne von § 2a VermAnlG muss jedem Anleger vor jeder Investition ein Vermögensanlagen-Informationsblatt zur Kenntnis gebracht werden. Dieses hat nach § 13 VermAnlG zahlreiche Informationen zu enthalten, insbesondere auch zu den mit der Anlage verbundenen Risiken. Die Kenntnisnahme dieses Risikohinweises ist vom Anleger zu bestätigen. Die im Rahmen der Evaluierung des Kleinanlegerschutzgesetzes in Auftrag gegebene Studie zum Warnhinweis im Vermögensanlagen-Informationsblatt kommt insoweit zu dem Ergebnis, dass der derzeitige Warnhinweis im Vermögensanlagen-Informationsblatt bei den Anlegern in der Regel die beabsichtigte Wirkung entfaltet. Schließlich wird über die Vorgaben nach § 12 VermAnlG gewährleistet, dass auch bei Werbung für Vermögensanlagen entsprechende Risikohinweise gegeben werden. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/11888 – 12 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 29. Inwiefern sieht die Bundesregierung die Selbstauskunftsverfahren für Anlegerinnen und Anleger auf den Plattformen verbraucherschutzfreundlich umgesetzt ? Das Selbstauskunftsverfahren für Anlegerinnen und Anleger ist in § 16 Fin- VermV umgesetzt. Es sieht zum Zwecke des Verbraucherschutzes u. a. vor, dass der Anlagevermittler Finanzanlagen nur an Anleger empfehlen darf, von denen er die gesetzlich geforderte Selbstauskunft erhalten hat. Inwiefern diese Vorschriften ihr verbraucherschützendes Ziel erreichen, lässt sich aber erst endgültig beurteilen, wenn die nach § 24 Absatz 1 FinVermV vorgesehenen Prüfungsberichte für das Jahr 2016 vorliegen, die bis spätestens 31. Dezember 2017 bei der zuständigen Behörde einzureichen sind. 30. Welche Maßnahmen im Vertrieb gelten heute, um sicherzustellen, dass über dieses Verfahren hinaus nur entsprechend risikobereite Anleger, die diese Risiken auch tragen können, sich für eine solche Investition entscheiden? Im Rahmen des § 34f Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 GewO wird dies über die Regelungen des 4. Abschnitts der FinVermV entsprechend vorgegeben. § 13 Fin- VermV schreibt beispielsweise vor, dass Anleger über Risiken, Kosten, Nebenkosten und Interessenkonflikte vor Abschluss des Geschäftes von dem Gewerbetreibenden aufgeklärt werden müssen. In Bezug auf gebundene Agenten gelten die Explorations- und Aufklärungspflichten des WpHG (s. Antworten zu den Fragen 28 und 29). Für alle Vermögensanlagen, die unter die Befreiungsvorschrift des § 2a VermAnlG für Schwarmfinanzierungen fallen, muss außerdem ein Vermögensanlagen -Informationsblatt nach den Vorgaben des § 13 VermAnlG erstellt werden . Dadurch wird gewährleistet, dass im Vermögensanlagen-Informationsblatt ein Warnhinweis auf das mit dem Erwerb der Vermögensanlage verbundene Risiko enthalten ist. 31. Wie erklärt sich die absolute Investitionsobergrenze von genau 10 000 Euro pro Projekt für Anlegerinnen und Anleger beim Crowdfunding? Ist hier eine Neuregelung zum Beispiel in Form einer einkommens- oder vermögensabhängigen Obergrenze aus Sicht der Bundesregierung denkbar, und wenn ja, wie wäre diese konkret zu gestalten? In § 2a Absatz 3 Nummer 2, 3 VermAnlG wurde als maximale Obergrenze für den Gesamtbetrag der Vermögensanlagen desselben Emittenten, die von einem Anleger erworben werden können, ein Betrag von 10 000 Euro festgelegt, um dem Entstehen von Klumpenrisiken sowohl beim Anleger als auch beim Emittenten vorzubeugen. Aus Sicht der Bundesregierung ist eine Änderung dieser Regelung derzeit nicht angezeigt. 32. Wie wird aus Sicht der Bundesregierung verhindert, dass im Fall einer positiven Entwicklung des Projekts Anlegerinnen und Anleger beispielsweise durch einen so genannten Ankerinvestor leicht aus dem Projekt gedrängt werden können? Es gelten die allgemeinen zivilrechtlichen und gesellschaftsrechtlichen Regelungen , die in ihrem Regelungsbereich ausreichende Schutzmechanismen vorsehen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 13 – Drucksache 18/11888 33. Wie wird aus Sicht der Bundesregierung sichergestellt, dass im Fall einer Anhebung der angestrebten Finanzierungssumme das Investitionsziel nicht verwässert wird und dabei zudem der Zweck des neuen Mittelbedarfs im Verborgenen bleibt? Es gelten die allgemeinen zivilrechtlichen und gesellschaftsrechtlichen Regelungen , die in ihrem Regelungsbereich ausreichende Schutzmechanismen vorsehen. 34. Welche Eindrücke gewinnt die Bundesregierung angesichts der eingegangenen Stellungsnahmen zum Kleinanlegerschutzgesetz für den Bereich Crowdfunding , und welche Schlussfolgerungen zieht sie daraus? Die Stellungnahmen, die im Rahmen des Konsultationsverfahrens zur Evaluation des Kleinanlegerschutzgesetzes eingegangen sind, zeigen aus Sicht der Bundregierung , dass die durch das Kleinanlegerschutzgesetz für den Bereich Crowdfunding getroffenen Regelungen im Wesentlichen einen sachgerechten Kompromiss darstellen zwischen notwendigem Anlegerschutz auf der einen Seite und Erleichterungen für die Finanzierung von jungen Wachstumsunternehmen über Crowdinvesting -Plattformen im Internet auf der anderen Seite. Im Evaluierungsbericht kommt die Bundesregierung unter Berücksichtigung der Erkenntnisse des Konsultationsverfahrens und der beiden Studien, die im Auftrag der Bundesregierung ebenfalls zur Evaluierung des Kleinanlegerschutzgesetzes durchgeführt wurden, zu folgenden Schlussfolgerungen: Konkrete Gesetzesänderung schlägt die Bundesregierung im Evaluierungsbericht vor, um in der Befreiungsvorschrift für Schwarmfinanzierungen (§ 2a VermAnlG) auf potentielle Umgehungsmöglichkeiten und Interessenskonflikte zu reagieren und um die Angaben in VIB zu erweitern und stärker zu standardisieren. Nach Ansicht der Bundesregierung könnte eine Erweiterung des Katalogs von Vermögensanlagen, für welche die Befreiungsvorschriften in Anspruch genommen werden können, auf sämtliche Vermögensanlagen des VermAnlG in Erwägung gezogen werden. Ebenfalls könnte in Erwägung gezogen werden, Ergebnisse aus der Novellierung des EU-Prospektrechts vorwegzunehmen und die Prospektpflicht für Aktien und Anleihen bis zu 1 Mio. Euro abzuschaffen, wenn diese Finanzinstrumente über Crowdinvesting-Plattformen vertrieben werden. Es könnte aus Sicht der Bundesregierung auch erwogen werden, Immobilienfinanzierungen aus dem Anwendungsbereich der Befreiung für Schwarmfinanzierungen auszunehmen, da diese über den eigentlichen Zweck der Befreiungsregelung hinausgehen. Hinsichtlich der Schwellenwerte des VermAnlG in Höhe von 2,5 Mio. Euro für den Gesamtbetrag je Emittenten und von 10 000 Euro für Anlagen einzelner Anleger in Schwarmfinanzierungs-Projekte spricht sich die Bundesregierung dafür aus, diese aufgrund der empirischen Daten aus der Studie zu den Praxiserfahrungen mit den Befreiungsvorschriften (s. Vorbemerkungen) vorerst in der bestehenden Form beizubehalten. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. 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