Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung vom 12. April 2017 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 18/11977 18. Wahlperiode 18.04.2017 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Uwe Kekeritz, Annalena Baerbock, Marieluise Beck (Bremen), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 18/11820 – Gemeinsame Programmierung deutscher und europäischer Entwicklungszusammenarbeit V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Die Paris-, Accra- und Busan-Konferenzen haben das Thema der Wirksamkeit von Entwicklung ins Zentrum der internationalen Debatte über Entwicklungszusammenarbeit (EZ) gestellt. Die sogenannte Global Partnership for Effective Development Cooperation (GPEDC) führt seit dem Jahr 2012 die Umsetzung der Vereinbarungen von Paris, Accra und Busan fort. Das letzte hochrangige Treffen fand im Dezember 2016 in Nairobi statt. Seit Beginn des Prozesses ist verabredet, dass sich die Geberländer untereinander besser koordinieren und Ressourcen zusammentragen und dass die Eigenverantwortlichkeit der Partnerländer gestärkt wird („Ownership“). Anstelle von Einzelprojekten soll auch die abgestimmte und arbeitsteilige Programmorientierung in den Vordergrund rücken . Gerade für die Europäische Union (EU) und ihre Mitgliedstaaten als zusammengenommen größtem Geber für Entwicklungszusammenarbeit spielt die Abstimmung ihrer EZ-Aktivitäten eine elementare Rolle. Im Ratsbeschluss vom 14. November 2011 (www.consilium.europa.eu/uedocs/cms_data/docs/pressdata/ EN/foraff/126060.pdf) haben sich die EU und ihre Mitgliedstaaten darauf verständigt , auf Länderebene zu einer gemeinsamen Programmierung in der Entwicklungszusammenarbeit (Joint Programming – JP) überzugehen und diesen Beschluss in Busan bekräftigt (www.oecd.org/dac/effectiveness/49650173.pdf). JP wird seitdem schrittweise in den Partnerländern der deutschen und europäischen Entwicklungspolitik eingeführt. Jedoch findet JP weder in allen Partnerländern der EU statt, noch sind alle EU-Mitgliedstaaten in JP-Programmen involviert . In den Ratsschlussfolgerungen von Mai 2016 zu „Stepping up Joint Programming“ (http://data.consilium.europa.eu/doc/document/ST-8831-2016- INIT/en/pdf) ist das Ziel formuliert JP auszuweiten. Laut Informationen des Joint Programming Tracker der Europäischen Kommission (https://europa.eu/capacity4dev/joint-programming/document/jointprogramming -tracker) ist Deutschland im Jahr 2017 in 52 Partnerländern in JP eingebunden. Im Jahr 2016 waren es 47 Länder. Während Deutschland sein Engagement für JP ebenso wie andere Staaten (UK, Belgien, Dänemark) erhöht Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/11977 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode hat, haben andere Staaten das ihrige jedoch zurückgefahren (Frankreich, Italien, Polen, Ungarn). Inwieweit und wo die Bundesregierung konkret plant ihr Engagement für JP auszuweiten bleibt unklar. 1. Welchen Stellenwert nimmt die gemeinsame Programmierung mit anderen EU-Mitgliedstaaten in der deutschen Entwicklungszusammenarbeit ein? Die Bundesregierung begrüßt Joint Programming als ein Mittel zur Umsetzung der internationalen Vereinbarungen zur Arbeitsteilung in der Entwicklungszusammenarbeit (EZ). Es kann die Signifikanz, Sichtbarkeit und Effizienz der europäischen und deutschen EZ steigern und – im Rahmen eines kohärenten gemeinsamen Programmierungsansatzes – das Profil der deutschen EZ schärfen. 2. Wie treibt die Bundesregierung das Thema Joint Programming aktiv voran? Auf Länderebene nimmt Deutschland über die Referentinnen und Referenten für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung an den deutschen Botschaften aktiv an Joint Programming-Prozessen teil. Auf EU-Ebene werden Positionen in relevante Arbeitsgruppen und Politikprozesse eingebracht. 3. Welche Rolle spielte Joint Programming auf dem zweiten hochrangigen Forum der Globalen Partnerschaft für eine wirksame EZ in Nairobi 2016, und wie hat sich die Bundesregierung dort konkret für JP eingesetzt? Die von Deutschland und Uganda geleitete internationale Arbeitsgruppe (Global Partnership Initiative) zu „Managing diversity and reducing fragmentation“ wurde im Vorfeld des zweiten hochrangigen Forums in Nairobi mit der Initiative „EU Joint Programming – Helping to Manage Diversity“ fusioniert, um Synergien besser zu nutzen und Doppelungen zu vermeiden. In dieser neuen Form führte die Initiative in Nairobi ein erfolgreiches Diskussionsforum durch, in dem die Arbeit beider Initiativen gewürdigt und die Basis für ein zukünftig gemeinsames Vorgehen gelegt wurde. 4. Welcher Anteil der deutschen Entwicklungsprojekte je Partnerland sind Teil des JP der EU (bitte nach Partnerländern, Jahren – 2011 bis 2016 – und finanziellem Umfang aufschlüsseln)? Joint Programming dient der Erstellung einer gemeinsamen Strategie der EU und ihrer Mitgliedstaaten. Diese stellt gemeinsame Entwicklungsziele und angestrebte Ergebnisse dar und trifft Vereinbarungen für die sektorale Arbeitsteilung und Schwerpunktsetzung. Die bilaterale Entscheidungshoheit über die Mittelprogrammierung und Implementierung einzelner Maßnahmen in den Schwerpunkten bleibt bestehen. Joint Programming dient damit der strategischen Orientierung der bilateralen EZ, nicht der Programmierung von Einzelmaßnahmen. 5. Welcher monetäre Anteil der deutschen bilateralen Entwicklungsgelder fügt sich in die gemeinsame Programmierung der EU-Mitgliedstaaten im jeweiligen Partnerland ein (bitte nach Partnerländern und Jahren – 2011 bis 2016 – aufschlüsseln)? Auf die Antwort zu Frage 4 wird verwiesen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/11977 6. Gibt es Länder in denen Gelder der deutschen EZ ausschließlich im Rahmen von JP umgesetzt werden? Auf die Antwort zu Frage 4 wird verwiesen. 7. Wie und gemeinsam mit welchen Partnern setzt sich die Bundesregierung auf europäischer Ebene und gegenüber anderen Mitgliedstaaten dafür ein, die gemeinsame Programmierung auszuweiten? Die Entscheidung über den Beginn von Joint Programming-Prozessen wird in den einzelnen Ländern jeweils gemeinsam von Vertretern der EU sowie der Mitgliedstaaten getroffen. Auf EU-Ebene setzt sich das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) unter anderem in der technischen Arbeitsgruppe der EU zu Joint Programming aktiv dafür ein, Joint Programming qualitativ weiterzuentwickeln . Deutschland hat sich zuletzt ebenfalls aktiv in die Ausgestaltung der relevanten Passagen zu Joint Programming im neuen EU-Entwicklungskonsens eingebracht. 8. Wie gestaltet sich hier die Zusammenarbeit zwischen deutschen Institutionen , der Generaldirektion Entwicklung (DG DEVCO) und dem Europäischen Auswärtigen Dienst? Die Zusammenarbeit gestaltet sich offen und konstruktiv. 9. Wurden durch JP von deutscher Seite finanzielle Einsparungen durch verminderte Transferkosten realisiert? Wenn ja, in welcher Höhe? Durch intensive Abstimmungsprozesse steigen anfänglich die Transaktionskosten auf Geberseite. Bessere Geberkoordinierung und -arbeitsteilung sollen aber zugleich Transaktionskosten bei der Partnerregierung senken. Joint Programming dient dabei der strategischen Ausrichtung der europäischen und deutschen EZ; Einsparungen auf Maßnahmenebene lassen sich daher nicht beziffern. 10. Wie steht die Bundesregierung zu dem Prinzip, dass die JP-Federführung vom Partnerland übernommen werden soll? In welchen Ländern mit aktiven JP-Programmen ist dies nicht der Fall? Welcher Akteur hat in diesen Ländern die Federführung inne? Joint Programming passt sich den jeweiligen nationalen Entwicklungsstrategien des Partnerlandes an und berücksichtigt dessen Prioritäten. Dem Partnerland kommt damit eine entscheidende Rolle zu. Die Federführung für den Prozess des Joint Programming hingegen liegt bei der jeweiligen EU-Delegation vor Ort; fallweise kann diese auch von einem EU-Mitgliedstaat übernommen werden. 11. In welchen Partnerländern der deutschen EZ, in denen andere EU-Mitgliedstaaten JP betreiben, partizipiert Deutschland nicht an diesem? Warum (bitte für jedes Partnerland gesondert begründen)? Im Prinzip nimmt Deutschland an allen Joint Programming-Prozessen teil. Ausnahmen bilden Länder, in denen Deutschland nur mit wenigen Vorhaben oder sehr geringen Zusagen auftritt (bspw. Haiti, Dominikanische Republik, Paraguay) Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/11977 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode oder überwiegend über regionale Programme aktiv ist (beispielsweise El Salvador ). 12. In welchen Partnerländern der deutschen EZ ist eine gemeinsame Programmierung mit anderen EU-Mitgliedstaaten vorgesehen? Wann soll diese starten? Joint Programming-Prozesse laufen bereits in den meisten Kooperationsländern der deutschen EZ. In Äthiopien, Kenia und Uganda wird derzeit jeweils der zweite Joint Programming -Zyklus vorbereitet. In Marokko, der Ukraine, Guatemala, Honduras, Nicaragua und Bolivien sollen neue Prozesse im Laufe der Jahre 2017 bzw. 2018 beginnen. In Bangladesch, Myanmar, Nepal, Kirgisistan, Pakistan und den Philippinen gibt es Prozesse zu einer geplanten gemeinsamen Programmierung. In Myanmar soll bis Oktober 2017 eine gemeinsame Strategie erarbeitet werden. Für Bangladesch ist eine gemeinsame Programmierung ab 2021 anvisiert. Für Nepal, Kirgisistan, Pakistan und die Philippinen ist noch kein konkreter Zeitpunkt bekannt . 13. Welche Aufgaben werden im Rahmen der gemeinsamen Programmierung von deutschen staatlichen Institutionen und deutschen Auslandsvertretungen ausgeführt, und welche Aufgaben wurden an Institutionen der EU abgegeben ? Joint Programming sieht keine Übertragung von Aufgaben an Institutionen der EU vor. 14. In welchen Partnerländern der deutschen EZ sind Nicht-EU-Geber in Joint- Programming-Prozesse involviert? Welche? In Marokko, Benin, Ghana, Niger, Armenien, Georgien, Moldawien, El Salvador, Honduras, Bolivien, Afghanistan, Kambodscha, Laos ist zusätzlich die Schweiz beteiligt. In Ruanda sind die Schweiz, Japan, Korea und die USA involviert. In Äthiopien, Palästina und Pakistan beteiligen sich jeweils die Schweiz und Norwegen . In Uganda ist Norwegen der einzige Nicht-EU-Geber, der am Joint Programming teilnimmt. 15. Welche positiven und welche negativen Erfahrungen wurden bisher in Bezug auf die gemeinsame Programmierung von EZ-Aktivitäten gemacht, und welche Schlüsse zieht die Bundesregierung daraus? Die Erfahrungen mit Joint Programming sind sehr divers und stark vom jeweiligen Länderkontext geprägt. Vielfach werden die damit verbundenen Abstimmungsprozesse als aufwändig und bürokratisch empfunden. Transaktionskosten steigen anfänglich an. Bisherige Erfahrungen bestätigen aber auch das Potenzial für eine bessere Koordinierung zwischen EU und Mitgliedstaat (MS) vor Ort, eine erhöhte Sichtbarkeit gegenüber Partnern und anderen Gebern sowie die Nutzung von Synergien und Komplementaritäten bei der Implementierung Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/11977 16. Inwieweit hat nach Kenntnis der Bundesregierung JP zu mehr Politikkohärenz für Entwicklung geführt? Die verbesserte gegenseitige Kenntnis von EU und MS-EZ hilft, Synergien und Komplementaritäten vor Ort zu erkennen und besser zu nutzen. 17. Welchen Stellenwert nehmen Budgethilfen und andere Instrumente programmorientierter Gemeinschaftsfinanzierung in bestehenden JP-Vorhaben ein? Joint Programming dient der strategischen Orientierung der EZ, nicht der Programmierung von Einzelmaßnahmen. Sofern Budgethilfe oder andere Instrumente Programmorientierter Gemeinschaftsfinanzierung in einem Land mit Joint Programming zum Einsatz kommen, orientieren sich ihre Ziele an den gemeinsamen Entwicklungszielen des Joint Programming und der Partnerregierung. 18. Welche Lehren zieht die Bundesregierung aus den JP-Erfahrungen in fragilen Staaten wie Haiti und Südsudan? Auch in fragilen Staaten sind anknüpfungsfähige Partnerstrukturen für ein Joint Programming erforderlich. Im Südsudan wurde ein Joint Programming-Prozess zwischen der südsudanesischen Regierung und der EU unter Beteiligung der MS bis zum Ausbruch des Bürgerkrieges im Dezember 2013 verfolgt. Die Erarbeitung eines gemeinsamen Ansatzes war bis dahin neu und galt als Pilotvorhaben. Die Umsetzung des südsudanesischen nationalen Entwicklungsplanes und des „New Deal“ Compacts waren dabei Leitlinien für den umfangreichen Beteiligungsprozess. Mit Ausbruch des Bürgerkrieges kam der Prozess zum Erliegen. Der nationale Entwicklungsplan wird durch die Regierung seit Jahren nicht überarbeitet und die Geber sehen von einer Zusammenarbeit mit der südsudanesischen Regierung aufgrund des Bürgerkrieges ab. Zudem ist ein Teil der EU-Delegation aufgrund der Sicherheitskrise weiterhin evakuiert – ein gemeinsamer Programmansatz wird daher derzeit nicht diskutiert. Am Joint Programming in Haiti ist Deutschland nicht beteiligt. 19. Welche Wirkungen hat JP aus Sicht der Bundesregierung in Bezug auf eine internationale Arbeitsteilung unter dem Gesichtspunkt „EZ-Waisen“ („aid orphans“) und „EZ-Lieblinge“ („aid darlings“)? Ein Teilziel von Joint Programming ist die Verbesserung der Geberarbeitsteilung innerhalb eines Partnerlandes. Eine länderübergreifende Veränderung der internationalen Arbeitsteilung ist nicht Gegenstand von Joint Programming. 20. Welche Rolle soll neben dem JP die gemeinsame Implementierung bislang und künftig spielen („joint action – joint implementaion“), und welche Haltung hat die Bundesregierung hierzu? Die gemeinsame Implementierung ist eine mögliche, nicht aber ein zwingende Folge von Joint Programming. Die Erarbeitung gemeinsamer Programme kann für einzelne MS motivierend bezüglich einer zukünftig aktiven Teilnahme am Joint Programming wirken. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/11977 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 21. Welche Erkenntnisse und Wirkungen haben sich laut Kenntnis der Bundesregierung bislang durch die Evaluation zum JP auf EU-Ebene ergeben, und welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung hieraus? Die Evaluierung liegt bisher nur in Entwurfsfassung vor. Sie fokussiert auf den Prozess von Joint Programming in Partnerländern, nicht auf seine Wirkungen. Sie bescheinigt unter anderem Verbesserungen bei der Geberkoordinierung, hinsichtlich der Vorhersehbarkeit von EZ und bei der Nutzung von Synergien. Die Bundesregierung wird auf Basis der endgültigen Ergebnisse der Evaluierung darauf hinwirken, dass Joint Programming in seiner Funktion als strategisches Instrument geschärft wird. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333