Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreibe
n des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie vom
10. April 2017 übermittelt.
Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext.
Deutscher Bundestag
Drucksache
18/
11983
18. Wahlperiode
12.04.2017
Antwort
der Bundesregierung
auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Petra Sitte, Ulla Jelpke,
Susanna Karawanskij, weiterer Abge
ordneter und der Fraktion DIE LINKE.
– Drucksache 18/11527 –
Unternehmensgründungen im digitalen Bereich
Vorbemerkung der Fragesteller
Durch Vernetzungspotenziale und einen gesellschaftsdienlichen Umgang mit
Daten bietet die Digitalisierung Spielräume, um gesellschaftliche Arrangements
in Sektoren wie Energie oder Verkehr solidarisch statt profitorientiert zu orga-
nisieren. Ein wesentliches Merkmal von erfolgreichen Gründerinnen und Grün-
dern in einem sozial-ökologischen Verständnis ist das Umsetzen von kreativen
Ideen, um gesellschaftliche Probleme zu adressieren. Digitale Gründungen kön-
nen ein Indikator für die sozial-ökologische Innovationsfähigkeit einer Gesell-
schaft sein. Gründungen sind besonders zu fördern, wenn sie gesellschaftlich
wertvolle Innovationen umsetzen können, die über reine Profitmaximierung und
Skalierung von Datenverarbeitungsprozessen (Plattformkapitalismus) hinaus-
gehen. Eine verantwortungsvolle digitale Gründungspolitik setzt deshalb Rah-
menbedingungen, die es Menschen ermöglicht, sich unabhängig von Ge-
schlecht, Alter, Herkunft oder anderen Merkmalen selbstständig zu machen. Zu-
dem sollen Gründungen besonders gefördert werden, die sich zu Tarifverträgen,
fairpay und ökologischen Nachhaltigkeitsstandards bekennen. Dafür müssen
soziale und bürokratische Gründungshemmnisse abgebaut und die soziale Ab-
sicherung von Gründerinnen und Gründern erhöht werden. Denn nur eine le-
bendige und vielfältige Gründungskultur schafft die Voraussetzungen für zu-
künftige digitale Unternehmungen, die die sozial-ökologische Transformation
vorantreiben. Diese können der Gesellschaft innovative, nachhaltige und sozi-
alverträgliche Produkte und Dienstleistungen anbieten und damit zukunftsfeste
Arbeitsplätze sichern. Offene und vielfä
ltige Förderprogramme sind notwendig,
um nicht nur bewährte Erfolgsformeln anderer Länder zu kopieren, sondern ei-
nen eigenständigen Ansatz erfolgreicher Gründungskultur zu beleben. Die An-
strengungen, um aus öffentlicher Forschung mehr gemeinnützige und gesell-
schaftlich orientierte Gründungen zu generieren, müssen erhöht werden. Des-
halb sind erforderliche Bestandteile einer innovativen Wirtschaftspolitik der un-
gehinderte Zugang zu Gründungsförderung und -beratung sowie unnötige Bü-
rokratiehemmnisse abzubauen. Besondere Wertschätzung haben dabei die klei-
nen und mittleren Unternehmensgründungen verdient, die durch sozialverträg-
liche und ökologische Produkte den großen Herausforderungen der Gesellschaft
wie der größer werdenden Schere zwischen Arm und Reich oder dem Klima-
wandel begegnen.
Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt.
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Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Vorbemerkung der Bundesregierung
Unternehmerisches Engagement und technologischer Fortschritt sind Triebfedern
unserer Wirtschaft. Sie sorgen dafür, dass Deutschland zu den innovativsten Na-
tionen zählt. Die rasant fortschreitende
Digitalisierung wird
unsere Wirtschaft,
die Arbeitswelt und unsere Gesellschaft ve
rändern. Es gilt, unsere Zukunft neu
zu gestalten. In der digitalen Wirtschaft werden zunehmend die innovativen Start-
ups Motor des Wandels.
Die Digitalisierung bietet durch Innovationen, smarte Anwendungen und neue
Geschäftsmodelle vielfältige Chancen und Perspektiven. Denn die Digitalisie-
rung ersetzt nicht alte Technik und verbessert Produkte, sie ersetzt Geschäftsmo-
delle durch neue Technologien. Für die Start-ups ist die digitale Transformation
meist sogar Geschäftsgrundlage. Dabei sind junge Unternehmerinnen und Unter-
nehmer innovativ, risikobereit und wandlungsfähig.
Frische Ideen und neue Unternehmen sind es, die künftig Umsätze generieren und
für Wettbewerb sorgen.
Die Bundesregierung stärkt Gründungen und Unternehmertum in Deutschland.
Gründerinnen und Gründer stehen für Kreativität und unternehmerische Freiheit.
Sie sorgen für Fortschritt, Investitionen und Wachstum.
Deshalb hat die Bundesregierung in dieser Legislaturperiode zahlreiche Maßnah-
men ergriffen, ausgebaut und weiterentwickelt, um Gründerinnen und Gründern
sowie Startups zielgerichtet zu unterstü
tzen. Denn die Gründerszene in Deutsch-
land ist vielfältig und heterogen, so dass passgenaue Instrumente erforderlich
sind.
Insbesondere die Internetportale www.ex
istenzgruender.de und www.förderdaten
bank.de geben einen schnellen Überblick über die zahlreichen Unterstützungsan-
gebote in der Gründungsphase.
Darüber hinaus hat die Bundesregierung weitere Initiativen und Maßnahmen im
Rahmen der Initiative „Neue Gründerzeit“ zur Stärkung des unternehmerischen
Engagements umgesetzt. Zusätzlich hat die Bundesregierung bei der Risiko- und
Wachstumsfinanzierung die Mittel um zw
ei Milliarden Euro aufgestockt, damit
mehr innovativen Ideen der Durchbruch gelingt und Start-ups wachsen können.
Die Bundesregierung hat ferner Freiraum
für Investitionen geschaffen, indem
durch die beiden Bürokratieentlastungsgesetze sowie die Modernisierung des
Vergaberechts die Unternehmen in dieser Legislaturperiode um mehr als zwei
Milliarden Euro pro Jahr
entlastet worden sind.
1.
Wie viele Gründungen mit Schwerpunkt digitales Produkt/digitale Dienst-
leistung gab es nach Kenntnis der Bundesregierung in den Jahren 2013 bis
einschließlich 2016 (bitte nach Jahren und Branchen, Teil- und Vollzeit so-
wie Frauen und Männern differenziert auflisten)?
Der Bundesregierung stehen zur Analyse der Entwicklung des Gründungsgesche-
hens in Deutschland insbesondere die Gründungsstatistik des Instituts für Mittel-
standsforschung (IfM) Bonn
sowie der KfW-Gründungsm
onitor zur Verfügung.
Die Gründungsstatistik des IfM Bonn beruht auf der Gewerbeanzeigenstatistik
der Statistischen Ämter des Bundes und der Länder. Grundlage der Gewerbean-
zeigenstatistik ist die Anzeigepflicht gemäß Gewerbeordnung (GewO). Eine Dif-
ferenzierung nach Gründungen mit digitalem Schwerpunkt ist insoweit nicht
möglich.
Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt.
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Drucksache
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Im KfW-Gründungsmonitor sind Gründerinnen und Gründer als Personen defi-
niert, die innerhalb der letzten zwölf Monate vor dem Befragungszeitpunkt eine
selbstständige gewerbliche oder freiberufliche Tätigkeit im Voll- oder Nebener-
werb begonnen haben. Diese neue selbstständige Tätigkeit kann sowohl eine Neu-
gründung als auch eine Übernahme von oder Beteiligung an bereits bestehenden
Unternehmen sein. Eine Einschränkung auf bestimmte Branchen erfolgt dabei
nicht. Befragt werden jährlich 50 000 Personen. Im KfW-Gründungsmonitor
wurden erstmals im Jahr 2015 die Befragung zu digitalen Gründungen erweitert.
Laut KfW-Gründungsmonitor waren im Jahr 2015 21 Prozent der Existenzgrün-
dungen sogenannte „digitale Gründer/innen“, das sind rund 160 000 Personen.
Digitale Gründerinnen und Gründer bejahen die Frage, ob „ihr Produkt oder
Dienstleistung ein digitales Angebot ist, das heißt ihre Kunden digitale Techno-
logien einsetzen müssen, um Ihr Angebot nutzen zu können“. Für 2016 liegen die
Ergebnisse voraussichtlich im Mai 2017 vor. Erste Auswertungen zeigen, dass
dieser Anteil konstant bleibt. Digitale Gründungen waren 2015 bei Nebener-
werbsgründungen etwas häufiger zu finden (23 Prozent) als bei Vollerwerbsgrün-
dungen (17 Prozent). Bei Existenzgründungen von Männern waren digitale Grün-
der 2015 mit 25 Prozent überrepräsentiert (Frauen: 16 Prozent).
Im Rahmen des jährlich im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und
Energie durch Kantar TNS und das ZEW Mannheim erstellten Monitoring-Re-
port Wirtschaft DIGITAL
1
wird die Entwicklung der Branche „Informations- und
Kommunikationstechnologien – IKT Hardware und IKT Dienstleistungen“ be-
trachtet, die wie folgt definiert ist:
Branche WZ2008 Bezeichnung
IKT-Hardware
26.1
Herstellung von elektronischen Bauelementen und Leiterplatten
26.2
Herstellung von Datenverarbeitungsgeräten und peripheren Geräten
26.3
Herstellung von Geräten und Einrichtungen der Telekommunikationstechnik
26.4
Herstellung von Geräten der Unterhaltungselektronik
26.8
Herstellung von magnetischen und optischen Datenträgern
IKT Dienstleistungen 58.2
Verlegen von Software
61 Telekommunikation
62
Erbringung von Dienstleistungen der Informationstechnologie
63.1
Datenverarbeitung, Hosting und damit verbundene Tätigkeiten; Webportale
Quelle: Abgrenzung ZEW
Auf der Basis dieser Abgrenzung stellt sich die Entwicklung der Unternehmens-
gründungen in Deutschland in den Jahren 2013 bis 2016 wie folgt dar:
Jahr
IKT Hardware
IKT Dien
stleistungen
IKT insgesamt
Insgesamt (alle Branchen)
2013 253
6567
6819 164.552
2014 262
6454
6716 158.984
2015 195
6444
6639 158.507
2016 194
5911
6105 158.949
Quelle: Mannheimer Unternehmenspanel (MUP), ZEW
1
www.bmwi.de/DIGITAL/Redakti
on/DE/Publikation/monitoring-re
port-wirtschaft-digital-2016.html
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2.
Wie viele sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze sind durch diese Grün-
dungen mit Schwerpunkt digitales Produkt/digitale Dienstleistung in den
Jahren 2013 bis 2016 entstanden?
Im KfW-Gründungsmonitor wird die Anzahl von Vollzeit- und Teilzeitbeschäf-
tigten (inkl. geringfügig Beschäftigter) erhoben und daraus ein Bruttobeschäfti-
gungseffekt (BBE) in Vollzeitäquivalenten errechnet. Berechnet auf den gesam-
ten BBE von Neugründungen in 2015 entfallen anteilig rund 128 000 vollzeit-
äquivalente Arbeitsplätze auf digitale Gründungen.
Nach dem Monitoring-Rep
ort Wirtschaft DIGITAL
(siehe Antwort zu Frage 1)
stellt sich die Beschäftigung in IKT-Gründungen im Gründungsjahr in Deutsch-
land wie folgt dar:
Jahr Durchschnittliche Größe Bruttobeschäftigungseffekt
2013 2,45
16.700
2014 2,59
17.400
2015 2,84
18.900
Anmerkung: Zur Berechnung der durchschnittlichen Größe und des Bruttobeschäftigungseffekts
werden die Anzahl Gründer zuzüglich der vollzeitä
quivalenten Anzahl sozialversicherungspflichti-
ger Mitarbeiter herangezogen. Der Bruttobeschäf
tigungseffekt misst die Anzahl vollzeitäquivalenter
Arbeitsplätze, die eine Kohorte Gründungen, zu
m Ende des Gründungsjahres, bereitstellt.
Quelle: Mannheimer Unternehmenspanel (MUP), ZEW
3.
Wie bewertet die Bundesregierung die Entwicklung von digitalen Gründun-
gen für die Jahre 2013 bis 2016?
Die Gründungstätigkeit in der IKT-Branche hat sich in den letzten beiden Jahren
stabilisiert. Sie war zwar seit der Wirtscha
ftskrise rückläufig,
verlief aber deutlich
günstiger als im Durchschnitt der gesamten deutschen Wirtschaft und auch güns-
tiger als in einzelnen anderen Branchen (siehe Grafik Branchenvergleich Grün-
dungsrate, 2013-2015, S. 135 Monitoring-Report Wirtschaft DIGITAL 2016;
s. Antwort zu Frage 1). Treiber der Gr
ündungsdynamik in der IKT-Branche sind
die IKT-Dienstleister.
Die Bundesregierung erwartet, dass die Bedeutung und der Anteil von digitalen
Gründungen am Gründungsgeschehen insgesamt tendenziell weiter zunimmt.
Zur gesamtwirtschaftlichen Bedeutung von Start-ups wird ergänzend auf die Stu-
die des Handelsblatt Research Institutes
„Eine Wachstumsstrategie für das Digi-
tale Zeitalter (2016)“ im Auftrag des Bund
esministeriums für Wirtschaft verwie-
sen, die in Teil IV „Wachstumstreiber Unternehmensgründungen“ eine umfas-
sende Analyse enthält
2
.
4.
Wie fördert die Bundesregierung Gründungen mit ökologisch-nachhaltigen
und sozial-gemeinnützigen Geschäftszielen?
Gründungen mit ökologisch-nachhaltigen und sozial-gemeinnützigen Geschäfts-
zielen sind dem sozialunternehmerisc
hen Bereich zuzuordnen. Gewerblich ver-
fasste Sozialunternehmen in der Gründungs- und Wachstumsphase werden be-
reits heute im Rahmen der Wirtschaftsförderung des Bundesministeriums für
Wirtschaft und Energie unterstützt, insbesondere z. B. durch die Programme
„Förderung von unternehmerischem Know-how” (Unternehmensberatung für
2
www.existenzgruender.de/DE/Mediathe
k/Publikationen/St
udien/inhalt.html
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