Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur vom 13. April 2017 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 18/11992 18. Wahlperiode 19.04.2017 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Stephan Kühn (Dresden), Peter Meiwald, Steffi Lemke, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 18/11831 – Verbesserung des Alleenschutzes V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Alleen sind prägende Bestandteile unserer Kulturlandschaft; sie zu erhalten und zu pflegen ist eine ressortübergreifende Aufgabe und Verpflichtung. Der Schutz der Alleen im klassifizierten Straßennetz wird durch neue Richtlinien erschwert. Unter Verweis auf die Verbesserung der Verkehrssicherheit entstand die für die Alleen maßgeblichen Richtlinien für passiven Schutz an Straßen durch Fahrzeug -Rückhaltesysteme (RPS, 2009), die für Neupflanzungen gelten und damit die Empfehlungen zum Schutz vor Unfällen mit Aufprall auf Bäume (ESAB 2006) für Bestandsalleen ergänzen. Die Praxis einiger Straßenbauverwaltungen, die die genannte Richtlinie entsprechend eng auslegen und nicht nur bei Neuplanungen anwenden, hat zur Folge, dass zahlreiche Alleen mittelfristig in ihrem Bestand gefährdet sind. Die RPS betrachtet Bäume nur als „nicht verformbare Hindernisse“, für die bestimmte Sicherheitsabstände vom Straßenrand einzuhalten sind. Für die Neuanlage von Baumreihen werden bisher aber weder die sich aus den Forderungen der Richtlinie ergebenden notwendigen Flächen eingeplant noch stehen hinreichende finanzielle Mittel für deren Unterhalt zur Verfügung. Damit steht die Richtlinie den kulturhistorischen, klimatischen und ökologischen Belangen von Alleen jedoch entgegen. Eine Überarbeitung der RPS 2009 sollte daher so erfolgen, dass Verkehrssicherheitsaspekte mit dem Schutz von Alleen künftig besser vereinbar sind (www.bund-mecklenburg-vorpommern.de/ fileadmin/bundgruppen/bcmslvmeckpomm/pdf/Hintergrund_RPS_2009.pdf). V o r b e me r k u n g d e r B u n d e s r e g i e r u n g Im Jahr 2015 starben wie schon in den Jahren zuvor mehr als 600 Menschen nach einem sogenannten Baumunfall, davon 517 Menschen auf Landstraßen außerorts. Fast 26 Prozent aller auf Landstraßen Getöteten verlieren somit bei einem Baumunfall ihr Leben. Baumunfälle sind damit nach Unfällen mit dem Gegenverkehr die zweithäufigste Todesursache auf Landstraßen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/11992 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Die Unfallfolgen sind aufgrund der Unnachgiebigkeit des Baumes überdurchschnittlich schwer. Kollisionen mit Bäumen neben der Straße finden dabei nicht nur nach Alleinunfällen mit Abkommen von der Fahrbahn statt, sondern können auch in Folge von Unfällen mit anderen Verkehrsteilnehmern, Wildtieren oder nach Pannen auftreten und deren Folgen verschlimmern. In diesem Sinne hat sich auch die Verkehrsministerkonferenz im April 2016 dem im Verkehrssicherheitsprogramm des Bundes formulierten Ziel der Verbesserung der Verkehrssicherheit auf den Landstraßen, insbesondere dem Schutz vor Baumunfällen , angeschlossen und in diesem Bereich verstärkte Anstrengungen gefordert . Insgesamt ist der Vermeidung von Unfällen im Zusammenhang mit dem Aufprall auf Bäume deshalb weiterhin ein hoher Stellenwert beizumessen. Gleichzeitig sind Alleen und einseitige Baumreihen Teil des natürlichen und kulturellen Erbes vieler Regionen, für die der Straßenbau in besonderer Weise Verantwortung trägt; sie beleben das Landschaftsbild und erfüllen vielfältige Aufgaben im Landschaftshaushalt und zur Erhaltung der biologischen Vielfalt. In diesem Sinne hat die Umweltministerkonferenz im Juni 2016 beschlossen, den Schutz und die Erhaltung von bestehenden Alleen zu verbessern und die Bundesregierung aufgefordert, sich für eine nachhaltige Sicherung des Alleenschutzes einzusetzen und darauf hinzuwirken, dass die für Umwelt- und Naturschutz zuständigen Behörden, Verbände und Organisationen umfassend beteiligt werden. 1. Welchen Bestand an Alleen und einseitigen Baumreihen gibt es nach Kenntnis der Bundesregierung entlang der Bundesstraßen (bitte unter Angabe des Jahres der aktuellen Erfassung nach Bundesländern aufschlüsseln)? 2. Wie hat sich der Bestand an Alleen und einseitigen Baumreihen nach Kenntnis der Bundesregierung entlang der Bundesstraßen seit dem Jahr 2000 entwickelt (bitte Veränderung nach Bundesländern aufschlüsseln)? Die Fragen 1 und 2 werden wegen ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Der Bundesregierung liegen keine eigenen Erkenntnisse über den Bestand an Alleen und einseitigen Baumreihen und dessen Entwicklung seit dem Jahr 2000 entlang der Bundesstraßen vor. Im Übrigen wird auf die Antwort der Bundesregierung zu den Fragen 4 und 5 der Kleinen Anfrage 17/13576 auf Bundestagsdrucksache 17/13677 verwiesen. 3. Hält die Bundesregierung die Definition einer Allee nach dem Alleenerlass des Landes Mecklenburg-Vorpommern für die Erfassung von Alleen für geeignet , oder auf welche Definition stützt sich die Bundesregierung? Alleen im Sinne Merkblattes Alleen (MA-StB 92), das mit Allgemeinem Rundschreiben Straßenbau (ARS) Nr. 11/1992 vom 4. Mai 1992 eingeführt wurde, sind Straßen mit beidseitig mit relativ gleichaltrigen Bäumen in gleichmäßigem Abstand sowohl vom Fahrbahnrand als auch innerhalb der Reihe. Die Länder haben ähnliche, aber unterschiedliche Definitionen, z. T. durch die Landesnaturschutzgesetze , geschaffen. Die Definition des Landes Mecklenburg-Vorpommern , wonach als Allee eine beidseitig an Straßen gegenüberliegende Baumreihen mit mehr als drei Straßenbäumen auf einer Seite pro 100 Meter gilt, stellt eine Konkretisierung dar. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/11992 4. Plant die Bundesregierung. in Zusammenarbeit mit den Ländern darauf hinzuwirken , dass eine einheitliche Methodik zur Erfassung für Alleen und einseitige Baumreihen entlang von Bundesfernstraßen entwickelt und eingeführt wird? Wenn nein, wie will die Bundesregierung dann eine verlässliche Informationsgrundlage über den derzeitigen Alleenbestand schaffen? 5. Welche Kartierungsstandards sollten nach Auffassung der Bundesregierung bundesweit zur Anwendung kommen? 6. Welcher einmalige Aufwand ist nach Kenntnis der Bundesregierung mit der Erstellung eines bundesweit einheitlichen Alleenkatasters verbunden, und welche laufenden Aufwendungen wären damit verbunden? Die Fragen 4 bis 6 werden wegen ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Derzeit bestehen bei der Bundesregierung keine Planungen für den Aufbau eines Katasters für Alleen und einseitige Baumreihen an Bundesstraßen. Die Verwaltung der Bundesautobahnen und sonstigen Bundesstraßen des Fernverkehrs obliegt nach Artikel 90 Absatz 2 des Grundgesetzes den Ländern im Auftrage des Bundes. 7. Für wie hoch schätzt die Bundesregierung die Kosten für Pflege und Verkehrssicherung von Alleen an Bundesfernstraßen ein, und welchen Anteil haben sie an den Mitteln, die die Länder im Rahmen der Auftragsverwaltung für den Betrieb und die Erhaltung von Bundesstraßen erhalten? 8. Wie bewertet die Bundesregierung den Vorschlag, den Auftragsverwaltungen der Bundesländer die Mittel für den Betrieb und Erhalt von Bundesstraßen nach einem differenzierten Längenschlüssel mit und ohne Baumbestand unter der Voraussetzung zuzuweisen, dass die Alleen und einseitigen Baumreihen in einem bundesweit einheitlichen Kataster erfasst sind? Die Fragen 7 und 8 werden wegen ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Die Pflege von Alleebäumen an Bundesfernstraßen gehört zu den Aufgaben des Straßenbetriebsdienstes, für die der Bund den Ländern die notwendigen Finanzmittel zur Verfügung stellt. Differenzierte Informationen über die Höhe der Kosten für Pflege und Verkehrssicherung von Alleebäumen an Bundesfernstraßen liegen der Bundesregierung nicht vor. Deshalb ist es aus Sicht der Bundesregierung nicht zweckmäßig, die Mittel für den Betrieb und Erhalt von Bundesstraßen nach einem differenzierten Längenschlüssel mit und ohne Baumbestand zuzuweisen. 9. Welche Erfahrungen mit der Richtlinie „Empfehlungen zum Schutz vor Unfällen mit Aufprall auf Bäume“ (ESAB) liegen der Bundesregierung mit Blick auf die Verbesserung der Verkehrssicherheit vor, und welche Schlussfolgerungen zieht sie daraus? 10. Welche Erfahrungen mit der Richtlinie für passiven Schutz an Straßen durch RPS liegen der Bundesregierung mit Blick auf die Verbesserung der Verkehrssicherheit vor? Die Fragen 9 und 10 werden wegen ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/11992 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Seit Einführung der RPS 2009 mit Allgemeinem Rundschreiben Straßenbau (ARS) Nr. 28/2010 ist die Zahl der Baumunfälle mit Personenschaden zwischen 2010 und 2015 von rund 13 000 Unfällen pro Jahr um rund 15 Prozent auf rund 11 000 Unfälle pro Jahr zurückgegangen. Für den gleichen Zeitraum ist zwar die Anzahl der Baumunfälle mit Getöteten von 724 um rund 17 Prozent auf 603 pro Jahr zurückgegangen. Jedoch stagniert diese Zahl seit dem Jahr 2013 (601 Getötete ) und stieg im Jahr 2014 mit 644 Getöteten zwischenzeitlich sogar an. Das BMVI ist der Auffassung, dass dem Unfallgeschehen im Zusammenhang mit Aufprall auf Bäume nach wie vor konsequent entgegengewirkt werden muss. Zur Verbesserung der Verkehrssicherheit an bestehenden Straßen sind die zuständigen Behörden gehalten, das Unfallgeschehen im Zusammenhang mit Bäumen sorgfältig zu überwachen und bei Bedarf geeignete Maßnahmen zum Schutz der Verkehrsteilnehmer zu ergreifen. Im Übrigen wird auf die Antwort der Bundesregierung zu den Fragen 14 und 16 der Kleinen Anfrage auf Bundestagsdrucksache 17/13677 verwiesen. 11. Plant die Bundesregierung eine Überarbeitung der Richtlinie für passiven Schutz an Straßen durch RPS? Wenn ja, wie sieht der Zeitplan zur Überarbeitung aus? 12. Wie will die Bundesregierung den Schutz von Alleen in der RPS künftig verankern, bzw. wie soll Sorge dafür getragen werden, dass die Interessen der Verkehrssicherheit und des Alleenschutzes gleichermaßen berücksichtigt werden? 13. Soll in einer überarbeiteten Fassung der RPS der Baumschutz explizit erwähnt werden, und in welcher Weise sollen Gehölzbestand und -erneuerung, insbesondere von Alleebäumen, von den RPS künftig berücksichtigt werden ? 14. Sollen bei einer Verbändebeteiligung zur Überarbeitung der RPS künftig auch die Umwelt- und Naturschutzverbände angehört werden und wenn ja, wie wird sichergestellt, dass deren Stellungnahmen angemessen berücksichtigt werden? 15. Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung aus dem Beschluss der Umweltministerkonferenz vom Juni 2016, in der sich die Mehrheit der Länder klar für einen besseren Alleenschutz ausgesprochen hat, und welche Punkte des angenommenen Antrags beabsichtigt die Bundesregierung umzusetzen ? Die Fragen 11 bis 15 werden wegen ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Die RPS 2009 sind ein Regelwerk der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (FGSV), in deren Fachgremien neben Vertretern der Verwaltung auch Vertreter von Wirtschaft und Wissenschaft an der Erarbeitung der technischen Regelwerke mitwirken. Die Regelwerke der FGSV stellen den aktuellen Stand der Technik dar und werden bei Bedarf durch die FGSV überarbeitet. Die FGSV plant eine Teilfortschreibung der RPS 2009, die sich aus der aktuellen Änderung europäischer Normen ergibt und Auswirkungen auf die CE-Kennzeichnung von Fahrzeug-Rückhaltesystemen hat. Ein konkreter Zeitplan ist der Bundesregierung nicht bekannt. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/11992 Die RPS 2009 treffen als technisches Regelwerk keine Regelungen zum Schutz von Alleen, sondern befassen sich mit Einzelhindernissen gleich welcher Art. Für Neupflanzungen von Bäumen an Straßen und Ersatz von einzelnen Bäumen in Alleen gelten die Regelungen der ESAB 2006. Darüber hinaus wurden mit Allgemeinem Rundschreiben Straßenbau (ARS) Nr. 28/2010 klarstellende Regelungen für die Neupflanzung von Bäumen an Straßen – nicht den Ersatz einzelner Bäume in Alleen – getroffen. Ziel der bevorstehenden Regelwerke ist es, einen ausgewogenen Ausgleich zwischen den Zielen des Alleenschutzes und der Verbesserung der Verkehrssicherheit zu erreichen. 16. Plant die Bundesregierung, die Förderung von Radschnellwegen mit der Pflanzung von Alleen entlang dieser neuen Fahrradwege zu verknüpfen, bzw. kann sich die Bundesregierung vorstellen, beide Punkte in einer Förderrichtlinie zu verbinden? 17. Plant die Bundesregierung ein Programm zur Pflanzung von Alleen oder einseitigen Baumreihen in Verbindung mit dem Bau von begleitenden Radwegen entlang von Bundesstraßen? Die Fragen 16 und 17 werden wegen ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Die Bundesregierung steht der Neupflanzung von Baumreihen oder Alleen an Radschnellwegen und straßenbegleitenden Radwegen offen gegenüber, wo dies ohne Gefährdung der Verkehrssicherheit möglich ist. 18. Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung aus der Mustervereinbarung des Landes Brandenburg, Alleen im Rahmen der Greening-Regelung als ökologische Vorrangflächen zu fördern? 19. Plant die Bundesregierung sich für eine Erhöhung des Budgets für zusätzliche Umweltleistungen (Greening-Maßnahmen) einzusetzen, und wie hoch schätzt sie das Potential des Greenings für den Alleenschutz ein? Die Fragen 18 und 19 werden wegen ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Die neue Regelung des Landes Brandenburg sieht nach den der Bundesregierung vorliegenden Informationen vor, dass die Straßenbauverwaltung Grundstücke in Anspruch nehmen kann, um eine Allee anzulegen. Die Baumreihen können von dem Beihilfeberechtigten als förderfähiges Landschaftselement eingebracht werden , soweit der Beihilfeberechtigte über die betreffende Fläche verfügt. Auf Basis dieser Information ist eine Potenzialabschätzung nicht möglich. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333