Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums des Innern vom 18. April 2017 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 18/12003 18. Wahlperiode 20.04.2017 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Ulla Jelpke, Frank Tempel, Susanna Karawanskij, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 18/11860 – Umsetzung des Kuttenverbotes für Rocker durch Verschärfung des Vereinsgesetzes V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Aufgrund einer Verschärfung des Vereinsgesetzes dürfen Mitglieder von Rockerclubs seit dem 16. März 2017 die Symbole ihrer Kutten mit den Abzeichen ihres Clubs bundesweit nicht mehr tragen, wenn eine einzelne Ortsgruppe (Charter/Chapter) des Clubs verboten wurde. Auch an Clubhäusern oder auf Internetseiten dürfen die Symbole dann nicht mehr verwendet werden. Die Befürworter des Gesetzes sehen darin eine Möglichkeit, den Missbrauch des Vereinsrechts für Formen der organisierten Kriminalität zu bekämpfen, da Vereinigungen insbesondere im Bereich krimineller Rockergruppierungen einen Deckmantel für vielfältige Formen der schweren und organisierten Kriminalität wie zum Beispiel Menschenhandel und Drogengeschäfte bieten könnten. Kritiker beklagen dagegen, dass das Gesetz zu unbestimmt ist und auch nichtkriminelle Mitglieder von Motorradclubs damit in ihren Rechten eingeschränkt werden. Mehrere große Rockerclubs haben angekündigt, gemeinsam vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe Verfassungsbeschwere einzulegen (https://www.bundestag. de/dokumente/textarchiv/2017/kw03-de-vereinsgesetz/487070; www.bz-berlin.de/ berlin/gauck-nimmt-den-berliner-rockern-die-kutten-weg). Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/12003 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 1. Welche Ortsgruppen (Charter/Chapter) von welchen Rockerclubs wurden nach Kenntnis der Bundesregierung wann und in welchen Bundesländern aufgrund welcher Straftatbestände verboten (Clubs bitte namentlich nennen )? In der nachfolgenden Tabelle sind die verbotenen Vereine mit ihren Ortsgruppen, Datum des Verbots und die jeweilige Verbotsbehörde aufgelistet. Verein Ortsgruppe Datum Verbotsbehörde Bandidos MC (BMC) Aachen 18.04.2012 Nordrhein-Westfalen Neumünster 21.04.2011 Schleswig-Holstein Chicanos MC Aachen 18.04.2012 Nordrhein-Westfalen Alsdorf 18.04.2012 Nordrhein-Westfalen Barnim 18.08.2009 Brandenburg Düren 26.04.2012 Nordrhein-Westfalen Diablos MC Heinsberg 18.04.2012 Nordrhein-Westfalen X-Team Aachen 18.04.2012 Nordrhein-Westfalen Gremium MC (GMC) Regionalverband Sachsen mit Dresden Chemnitz Nomads Eastside Plauen 03.07.2013 Bund Härte Plauen verboten mit Regionalverband GMC Sachsen 03.07.2013 Bund Hells Angels MC (HAMC) Berlin City 29.05.2012 Berlin Boppard 15.07.2002 Rheinland-Pfalz Bonn 11.11.2016 Bund1 Borderland 06.06.2011 Baden-Württemberg Bremen 05.06.2013 Bremen Cologne 18.04.2012 Nordrhein-Westfalen Düsseldorf 11.12.2000 Nordrhein-Westfalen Flensburg 21.04.2010 Schleswig-Holstein Frankfurt 29.09.2011 Hessen Göttingen 24.10.2014 Niedersachsen Hamburg 21.10.1983 Bund Kiel 31.01.2012 Schleswig-Holstein Oder City 03.07.2013 Brandenburg Westend 29.09.2011 Hessen Commando 81 Borderland verboten mit HAMC Borderland 06.06.2011 Baden-Württemberg Red Devils MC Cologne 18.04.2012 Nordrhein-Westfalen Oder City Kurmark verboten mit HAMC Oder City 03.07.2013 Brandenburg 1 Verbot ist noch nicht rechtskräftig. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/12003 Verein Ortsgruppe Datum Verbotsbehörde Mongols MC (MMC) Bremen 20.05.2011 Bremen Red Legion und Jugendorganisation Red Nation Gesamtorganisation 22.05.2013 Baden-Württemberg Schwarze Schar MC / Schwarze Jäger MC Wismar 11.02.2014 Mecklenburg-Vorpommern Satudarah Maluku MC Gesamtorganisation 19.01.2015 Bund Zweck oder Tätigkeit der vorgenannten Vereine lief jeweils gemäß § 3 Absatz 1 des Vereinsgesetzes den Strafgesetzen zuwider. Welche konkreten Straftatbestände dabei erfüllt waren, wird von der Bundesregierung zumindest in Bezug auf die von den Ländern ausgesprochenen Verbote nicht nachgehalten. Soweit es die vom Bundesministerium des Innern (BMI) ausgesprochenen Verbote anbelangt, ging es u. a. um Verstöße gegen das Kriegswaffenkontroll- bzw. Waffengesetz sowie um Körperverletzungsdelikte bis hin zu einem versuchten Tötungsdelikt. 2. Welche Rockerclubs im Einzelnen mit wie vielen Mitgliedern sind nach Kenntnis der Bundesregierung von der Verschärfung des Vereinsgesetzes betroffen (bitte namentlich nennen)? Soweit es sogenannte Rockergruppierungen betrifft, sind von der Novellierung des Vereinsgesetzes solche Vereine betroffen, von denen bereits einzelne Ortsgruppen verboten worden sind. Insoweit wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen . Valide Angaben zu Mitgliederzahlen dieser sogenannten Rockergruppierungen liegen der Bundesregierung nicht vor. a) Über wie viele Ortsgruppen mit wie vielen Mitgliedern verfügen die betroffenen Clubs bundesweit (bitte Verteilung nach Bundesländern angeben )? Der Bundesregierung liegen keine belastbaren Angaben zur Zahl der Ortsgruppen bzw. deren Mitglieder der betroffenen sogenannten Rockergruppierungen vor. b) Aufgrund welcher wann zuvor verbotener Ortsgruppen dürfen die betroffenen Clubs nach Inkrafttreten der Änderung des Vereinsgesetzes ihre Symbole nicht mehr tragen? Es wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen. c) Welche der betroffenen Rockerclubs sind auch außerhalb der Bundesrepublik Deutschland vertreten bzw. international organisiert? Nach Kenntnis der Bundesregierung sind Hells Angels MC, Bandidos MC, Gremium MC, Mongols MC, Satudarah MC sowie deren jeweiligen Unterstützer auch international vertreten. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/12003 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode d) Inwieweit sind derzeit auch rockerähnliche Gruppierungen von der Verschärfung des Vereinsgesetzes betroffen (bitte Gruppierungen nennen)? Es sind auch rockerähnliche Gruppierungen von der Novellierung des Vereinsgesetzes betroffen, sofern bereits einzelne Ortsgruppen derselben verboten worden sind. Es wird insoweit auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen. 3. Welche konkreten Reaktionen aus der Rockerszene auf die Änderungen des Vereinsgesetzes sind der Bundesregierung bekannt geworden? Nach Kenntnis der Bundesregierung wurden die betroffenen sogenannten Rockergruppierungen seit Änderung des Vereinsgesetzes nicht mehr mit verbotenen Kennzeichen in der Öffentlichkeit festgestellt. Bei Veröffentlichungen zu Veranstaltungen in den sozialen Medien und im Internet wurden ebenfalls keine entsprechenden Kennzeichen mehr verwendet. Die Meldungen wurden lediglich in den Farben der jeweiligen Clubs gestaltet. Weiterhin wurde festgestellt, dass sichtbar angebrachte Kennzeichen an Clubhäusern der betroffenen sogenannten Rockergruppierungen abgenommen oder abgedeckt wurden sowie von Internetseiten und Auftritten in den sozialen Medien entfernt wurden. Das Inkrafttreten des Vereinsgesetzes sowie die Folgen für die Clubs wurden mit entsprechenden Verhaltenshinweisen durch einige sogenannte Rockergruppierungen in ihren jeweiligen Internetauftritten, in den sozialen Medien und im Printmedium „BikersNews“ veröffentlicht. 4. Welche Rockerclubs bzw. Ortsgruppen von Rockerclubs haben nach Kenntnis der Bundesregierung zum Inkrafttreten der Änderungen des Vereinsgesetzes nunmehr verbotene Symbole von ihren Clubhäusern oder Internetauftritten (auch Facebook) entfernt? Es wird auf die Antwort zu Frage 3 verwiesen. 5. Inwieweit hat die Bundesregierung Kenntnis von Versuchen von Rockerclubs oder einzelnen Ortsgruppen, die durch die Änderung des Vereinsgesetzes erfolgten Verbote ihrer Symbole durch Ersatzsymbole, Farben-, Zahlen- oder Buchstabencodes oder dergleichen zu umgehen, und welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung daraus bezüglich der beabsichtigten Wirksamkeit der Gesetzesänderung? Es wird auf die Antwort zu Frage 3 verwiesen. Die Änderung des Vereinsgesetzes ist im Übrigen erst seit dem 16. März 2017 in Kraft. Für eine Evaluierung der Wirksamkeit der jüngsten Novelle des Vereinsgesetzes ist es daher noch zu früh. 6. Welche zustimmenden oder kritischen Reaktionen der Polizeibehörden von Bund und – nach Kenntnis der Bundesregierung – Ländern sowie anderen Strafverfolgungsbehörden auf die Änderung des Vereinsgesetzes sind der Bundesregierung bekannt? Die Polizeibehörden des Bundes begrüßen die Änderung des Vereinsgesetzes. Die Reaktionen der Polizeibehörden der Länder sind der Bundesregierung nicht bekannt. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/12003 7. Welche Maßnahmen haben die Bundesregierung oder nach ihrer Kenntnis die Landesregierungen getroffen, um Rockerclubs über das Inkrafttreten der Änderung des Vereinsgesetzes zu informieren? Die Bundesregierung selbst hat keine Maßnahmen ergriffen, um sogenannte Rockergruppierungen über die Novellierung des Vereinsgesetzes zu informieren. Über etwaige Maßnahmen der Landesregierungen (im Wege der Kontaktaufnahme durch sogenannte szenekundige Beamte) liegen keine Erkenntnisse vor. 8. Welche konkreten Maßnahmen (z. B. Schulungen der Polizeibeamtinnenund Polizeibeamten zur Identifikation der nunmehr verbotenen Symbole) haben Polizei- und Strafverfolgungsbehörden von Bund – und nach Kenntnis der Bundesregierung – Ländern zur Umsetzung der Verschärfung des Vereinsrechts getroffen? Die Verbotsreferenten von Bund und Ländern haben sich noch vor dem Inkrafttreten der Novellierung über mögliche Konsequenzen der Gesetzesänderung in der Praxis ausgetauscht. Dabei ging es weniger um konkrete, von den Landespolizeibehörden zu ergreifende Maßnahmen, als vielmehr darum, den Kreis der konkreten , von der Gesetzesänderung erfassten Kennzeichen zu bestimmen. Die Durchführung konkreter Maßnahmen obliegt ohnehin den Länderpolizeibehörden und entzieht sich der Kenntnis der Bundesregierung. 9. Welche Schritte hat die Bundesregierung unternommen, um zu verhindern, dass ausländische Rocker mit Kutten oder sonstigen Symbolen von Rockerclubs einreisen, die aufgrund der Änderung des Vereinsgesetzes in Deutschland nicht mehr getragen werden dürfen? Inwieweit wurden die Bundespolizei und die Grenzbehörden geschult, um entsprechende Symbole identifizieren zu können? Das Bundespolizeipräsidium wurde über die Gesetzesänderung und die hiervon betroffenen Kennzeichen verbotener Rockergruppierungen informiert. 10. Ist der Bundesregierung eine Kooperation eigentlich verfeindeter oder konkurrierender Rockerclubs aufgrund der Verschärfung des Vereinsgesetzes zur Kenntnis gelangt, und wenn ja, welche Schlussfolgerungen zieht sie daraus ? 11. Kann die Bundesregierung generell eine verstärkte Kooperation oder zumindest Koexistenz eigentlich verfeindeter oder konkurrierender Rockerclubs etwa durch gemeinsame öffentliche Auftritte erkennen, und wenn ja, wann, wo und zu welchen Gelegenheiten, und welche Schlussfolgerungen zieht sie daraus? Die Fragen 10 und 11 werden gemeinsam beantwortet. Hierzu liegen der Bundesregierung keine gesicherten Erkenntnisse vor. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333