Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums des Innern vom 18. April 2017 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 18/12004 18. Wahlperiode 20.04.2017 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Matthias Gastel, Stephan Kühn (Dresden), Tabea Rößner, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 18/11819 – Fahrraddiebstahl V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Die Anzahl an Fahrraddiebstählen ist seit Jahren auf einem hohen Niveau. Im Jahr 2015 wurden in Deutschland 335 174 Fahrräder als gestohlen gemeldet (vgl. Bundeskriminalamt – BKA – Polizeiliche Kriminalstatistik 2015, www. bka.de/SharedDocs/Downloads/DE/Publikationen/PolizeilicheKriminalstatistik/ 2015/pks2015FlyerDeutsch.pdf?__blob=publicationFile&v=3). Das heißt es gibt durchschnittlich alle 90 Sekunden einen gemeldeten Fahrraddiebstahl und insgesamt 16 Mal mehr gestohlene Fahrräder als Autos. Besonders in den Großstädten ist Fahrraddiebstahl ein zunehmendes Problem. Die Aufklärungsquote von angezeigten Fahrraddiebstählen ist über den Zeitraum der letzten zehn Jahre niedrig geblieben; bei bundesweit ca. 9 Prozent (vgl. Polizeiliche Kriminalstatistik der letzten Jahre). Ein Grund hierfür ist die mangelhafte Kooperation der polizeilichen Behörden innerhalb des Schengenraums bei der Aufklärung von Fahrraddiebstählen, z. B. im Austausch von Informationen wie Rahmennummern. Im Vergleich zu Fahrraddiebstählen ist die Aufklärungsquote bei Autodiebstählen mit ca. 27 Prozent (vgl. Polizeiliche Kriminalstatistik 2015) dreimal so hoch und für den gesamten Schengenraum aufgrund verstärkter Kooperation der Behörden bei der Verfolgung von Pkw-Diebstählen sogar ansteigend. Statistisch erfasst werden nur angezeigte Fahrraddiebstähle. Es muss von einer hohen Dunkelziffer ausgegangen werden, da viele Fahrraddiebstähle nicht angezeigt werden. Gründe dafür sind etwa die geringe Aufklärungsquote, nicht abgeschlossene Fahrradversicherungen und die zum Teil verbreitete Bewertung von Fahrraddiebstahl als Bagatelldelikt. Im Gegensatz zum Fahrraddiebstahl ist die Dunkelziffer beim Autodiebstahl niedriger, da die Aufklärungsquote höher ist, ein Auto einen höheren monetären Wert hat und die meisten Autos gegen Diebstahl versichert sind. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/12004 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 1. Wie bewertet die Bundesregierung die hohe Anzahl an Fahrraddiebstählen in Deutschland und die geringe Aufklärungsquote? Die Entwendung von Fahrrädern sowohl durch Einbrüche in Geschäfts- bzw. Lagerräume als auch von öffentlichen Abstellplätzen oder aus Fahrradgaragen stellt seit vielen Jahren eine Erscheinungsform der Allgemeinkriminalität dar. Es handelt sich um ein gewinnbringendes Betätigungsfeld sowohl für Einzeltäter als auch für ost- und südosteuropäische Tätergruppen. Ein erheblicher Teil der entwendeten Fahrräder dürfte dabei ins Ausland verbracht und dort vermarktet werden . Polizeiliche Bekämpfungsmaßnahmen erfolgen in den Bundesländern in erster Linie auf lokaler/regionaler Ebene. Diese unterliegen den dortigen Schwerpunktsetzungen . 2. Welche Gründe gibt es nach Kenntnis der Bundesregierung für den großen Unterschied zwischen der Aufklärungsquote von Fahrrad- und Autodiebstählen in Deutschland? Bei Fahrrädern und Kraftfahrzeugen liegen unterschiedliche Identifizierungsmöglichkeiten vor. Während Kraftfahrzeuge grundsätzlich mit eindeutigen Identifikationsnummern wie der Fahrzeug-Identifizierungsnummer (FIN) versehen sind und diese im Zentralen Verkehrsinformationssystem gespeichert werden, sind bei Fahrrädern die Besitzer eigenständig für die Schaffung/Speicherung solcher eindeutigen Identifizierungsmerkmale wie z. B. Codierungen verantwortlich . Darüber hinaus werden gestohlene Kraftfahrzeuge neben einer Ausschreibung in der nationalen Sachfahndung auch im Schengener Informationssystem ausgeschrieben und sind somit auch bei Kontrollmaßnahmen im europäischen Ausland als gestohlen erkennbar. 3. Welche konkreten Maßnahmen unternimmt die Bundesregierung oder plant sie zu unternehmen, um die nationale Aufklärungsquote bei Fahrraddiebstählen zu erhöhen? In der Regel fallen die entsprechenden Delikte in die Zuständigkeit der Polizeien der Länder. 4. Welche konkreten Maßnahmen ergreift die Bundesregierung, um Polizei und Justiz in ihrer Arbeit zur Verhinderung bzw. Aufklärung von Fahrraddiebstählen zu unterstützen? Die Aufklärung von Fahrraddiebstählen fällt in die Kompetenz der Länder. Auch entsprechende Präventionsmaßnahmen fallen grds. in die Länderzuständigkeit. Zu den Maßnahmen des „Programms Polizeiliche Kriminalprävention der Länder und des Bundes“; siehe auch die Antwort zu Frage 7. 5. Welche konkreten Maßnahmen unternimmt die Bundesregierung, um die Kooperation bei der Aufklärung von Fahrraddiebstählen im Schengenraum zu vergrößern und somit die Aufklärungsquote – ähnlich wie beim Autodiebstahl – zu erhöhen? Nach gegenwärtiger Rechtslage ist z. B. im internationalen Fahndungsverbund des Schengener Informationssystems eine Fahndung nach Fahrrädern nicht vorgesehen . Der Datenaustausch in Europa im Zusammenhang mit Fahrraddiebstählen erfolgt daher im Rahmen des INTERPOL-Schriftverkehrs. Das Bundeskriminalamt steht dabei im Nachrichtenaustausch mit den beteiligten INTERPOL- Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/12004 Zentralbüros im Ausland. In der Regel handelt es sich dabei um Sicherstellungsmeldungen aus ausländischen Staaten, bei denen der Verdacht besteht, dass es sich um in Deutschland gestohlene Fahrräder handeln könnte. In diesen Fällen erfolgt ein Nachrichtenaustausch mit den sachbearbeitenden Polizeidienststellen der Länder zwecks Überprüfung von übermittelten Rahmennummern, Individualkennzeichen etc. 6. Hat die Bundesregierung die Absicht, die Kooperation der Polizeibehörden und den Austausch von Daten, inklusive Rahmennummern, im Schengenraum zu verstärken? Wenn ja, welche Maßnahmen wird die Bundesregierung ergreifen bzw. hat sie bereits ergriffen? Derzeit werden auf europäischer Ebene die Rechtsgrundlagen für das Schengener Informationssystem neu verhandelt. Die gegenwärtigen Entwürfe der Rechtsgrundlagen sehen eine Ausschreibungsmöglichkeit für Fahrräder nicht explizit vor, jedoch sollen sogenannte hochwertige , leicht identifizierbare Gegenstände als Fahndungskategorie mit aufgenommen werden. Inwieweit hierunter auch Fahrräder gefasst werden könnten, wird Gegenstand der Verhandlungen sein. 7. Welche Möglichkeiten gibt es nach Kenntnis der Bundesregierung, um Fahrraddiebstahl künftig wirkungsvoller zu verhindern, und welche Maßnahmen ergreift die Bundesregierung, um die hohe Anzahl an Fahrraddiebstählen zu senken? Zur Verhinderung von Fahrraddiebstählen werden vor allem präventive Maßnahmen als zielführend erachtet. Im Rahmen des „Programms Polizeiliche Kriminalprävention der Länder und des Bundes (ProPK)“ stehen den Bürgerinnen und Bürgern Informationen und ProPK Medien u. a. zum Phänomen des Fahrraddiebstahles auf der Seite www.polizei-beratung.de zur Verfügung. Unter www. polizei-beratung.de/themen-und-tipps/diebstahl-und-einbruch/diebstahl-vonzweiraedern / befinden sich Tipps zum Schutz vor Fahrraddiebstahl und Hinweise zum Fahrradpass, den es als Printversion und als kostenlose App für iPhones sowie Android-Smartphones gibt. Die im Fahrradpass notierten Daten (wie z. B. individuelle Rahmennummer, Marke und Typ des Fahrrades) können an die Polizei bzw. Versicherungsunternehmen weitergeleitet werden. Darüber hinaus wird empfohlen, Fahrräder codieren zu lassen und mit dem Aufkleber „Finger weg – Mein Rad ist codiert“ zu versehen. Mit der Codierung wird ein Eigentumsnachweis begründet und die Weitergabe und der Verkauf gestohlener Fahrräder „unattraktiv“, da sich die Codiernummer nur schwer wieder entfernen lässt. Der Nationale Radverkehrsplan 2020 betont die Bedeutung sicherer Abstellanlagen sowie polizeilicher und technischer Maßnahmen für die Reduzierung des Fahrraddiebstahls. Zukünftig wird ein Potenzial in der technischen Weiterentwicklung von Lösungen zum Diebstahlschutz gesehen (z. B. GPS-Tracking, digitale Schlösser, elektronische Wegfahrsperren), die insbesondere in Verbindung mit der zunehmenden Verbreitung von hochpreisigen Fahrrädern und Elektrofahrrädern eine wichtige Rolle spielen können. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/12004 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 8. Unterstützt die Bundesregierung Modellprojekte, die den Fahrraddiebstahl eindämmen sollen (z. B. bezüglich innovativer Abstellanlagen)? Wenn ja, welche Modellprojekte unterstützt die Bundesregierung, und wie hoch ist die finanzielle Förderung der Projekte? Im Rahmen der Kommunalrichtlinie der Nationalen Klimaschutzinitiative (NKI) wurden seit dem Jahr 2013 insgesamt 53 Vorhaben im Umfang von 2 487 234 Euro (Gesamtförderung) gefördert, die vollständig oder teilweise die Errichtung von Radabstellanlagen bzw. Radstationen beinhaltet haben. Zusätzlich werden seit dem Jahr 2017 im Zuge des NKI Förderaufrufs „Bundeswettbewerb Klimaschutz durch Radverkehr“ sieben Vorhaben im Umfang von 6 122 157 Euro (Gesamtförderung) gefördert, die die vollständige oder teilweise Errichtung von Radabstellanlagen, Fahrradboxen, Radstationen und Fahrradparkhäusern beinhalten. Unter bestimmten Voraussetzungen kann eine Unterstützung investiver Vorhaben des Radverkehrs auch im Rahmen der Städtebauförderung erfolgen. Gegenstand der Förderung können beispielsweise Maßnahmen zum sicheren Abstellen von Fahrrädern, etwa das Aufstellen von Fahrradboxen o. Ä., sein. Die entsprechenden Zuwendungen erfolgen über die zuständigen Landesministerien auf Grundlage der jeweiligen Förderrichtlinien. So werden im Rahmen der Umsetzung des Nationalen Radverkehrsplans 2020 (NRVP) innovative Lösungen angestoßen, gute Beispiele von Fahrradabstellanlagen aufbereitet und die folgenden Projekte unterstützt: Interdependenzen zwischen Fahrrad- und ÖPNV-Nutzung – Analysen, Strategien und Maßnahmen einer integrierten Förderung in Städten (TU Dresden, Laufzeit 05/2007 bis 07/2009: Fördersumme: 191 995 Euro) Leitfaden für Ausstattungsstandards von Wohnungsunternehmen für die Errichtung von Fahrradstellplätzen (Stadt Potsdam, Laufzeit: 09/2013 bis 12/2014, Fördersumme: 60 000 Euro) Leitfaden Betreiberkonzepte für Radstationen (team red GmbH, Laufzeit: 10/2015 bis 06/2017, Fördersumme: 44 345 Euro) Weiterentwicklung des Bike+Ride-Angebotes in der Region Hannover (Region Hannover, Laufzeit: 01/2016 bis 12/2018, Fördersumme: 138 048 Euro) Verbesserte Integration des Fahrrades in den Öffentlichen Verkehr (Goethe- Universität Frankfurt am Main, Laufzeit: 08/2015 bis 04/2018, Fördersumme: 260 807 Euro). Im Rahmen des Bundeswettbewerbs „Klimaschutz im Radverkehr“ fördert der Bund innovative Radverkehrsprojekte mit Bezug zum sicheren Abstellen von Fahrrädern (https://nationaler-radverkehrsplan.de/de/aktuell/nachrichten/bmubfoerdert -24-vorbildhafte-radverkehrsprojekte), insbesondere: Errichtung von elf Mobilitätsstationen mit Radabstellplätzen, Fahrradboxen, Gepäckschließfächer, E-Ladestellen bzw. Self-Service-Stationen und Aufwertung Bodensee-Radweg in Lindau (Stadt Lindau, Fördersumme: 465 516 Euro) Moderne, sichere Fahrradabstellanlagen mit digitalem Hintergrundsystem (Web/App) zur Reservierung und Buchung an ÖPNV-Schnittstellen; Schaffung von elektronischem Schließsystem über das eTicket des Verkehrsverbundes (Verkehrsverbund Rhein-Ruhr u. a., Fördersumme: 4 297 141 Euro) Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/12004 Standortermittlung durch mobile und energieautarke E-Bike-Ladegaragen im Bochumer Stadtgebiet zur Errichtung von sicheren und witterungsgeschützten Fahrradabstellplätzen mit Lademöglichkeit für E-Bikes und Pedelecs (Stadt Bochum, Fördersumme: 337 083 Euro). 9. Welche Rolle spielen nach Einschätzung der Bundesregierung Fahrraddiebstahl -Versicherungen bei der Bekämpfung von Fahrraddiebstahl, und wie kann nach Einschätzung der Bundesregierung der Abschluss von Fahrraddiebstahl -Versicherungen begünstigt werden? Der Bundesregierung liegen hierzu keine Erkenntnisse vor. 10. Wie bewertet die Bundesregierung eingravierte Rahmennummern an Fahrrädern , und wird die Bundesregierung sich dafür einsetzen, dass nur noch Fahrräder mit schwer entfernbaren, in den Rahmen eingravierten Nummern auf den Markt kommen dürfen, um die Anzahl von Fahrraddiebstählen zu verringern und Fahrraddiebstähle besser aufklären zu können? Wenn ja, durch welche Maßnahmen? Wenn nein, warum nicht? Nach Einschätzung der Bundesregierung sind eingravierte Rahmennummern bislang die verbreitetste und bewährteste Maßnahme zur Identifikation von Fahrrädern ; insofern sind sie eine wichtige Voraussetzung für die Aufklärung von Fahrraddiebstählen . 11. Wie beurteilt die Bundesregierung den Effekt von häufigem Fahrraddiebstahl bei gleichzeitig niedriger Aufklärungsquote auf das Sicherheitsgefühl der Bürgerinnen und Bürger und ihr Vertrauen in den Rechtsstaat? Konkrete Erkenntnisse zu den Auswirkungen des Fahrraddiebstahls auf das Sicherheitsgefühl der Bürgerinnen und Bürger und auf das Vertrauen in den Rechtsstaat liegen der Bundesregierung nicht vor. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333