Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums des Innern vom 21. April 2017 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 18/12043 18. Wahlperiode 24.04.2017 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Ulla Jelpke, Frank Tempel, Annette Groth, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 18/11899 – Todesopfer unter Flüchtlingen in die Bundesrepublik Deutschland und die Europäische Union im Jahr 2016 V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Im Jahr 2016 kamen erneut Tausende Menschen während der Flucht aus ihren Herkunftsländern nach Europa ums Leben. Nach Angaben der EU wurden im Jahr 2016 1,2 Millionen Asylanträge in 28 Ländern der EU gestellt (http://ec. europa.eu/eurostat/statistics-explained/index.php/Asylum_statistics#Main_ statistical_findings). Besonders in den Sommermonaten 2016 wählten viele Flüchtlinge den gefährlichen Weg über das Mittelmeer, dort starben zwischen Januar und Dezember 2016 nach Angaben der Internationalen Organisation für Migration (IOM) 5 079 Flüchtlinge (www.iom.int/news/world-fatalities-migrants-refugees-approach-7500- 2016-three-year-total-tops-18501). Die meisten von ihnen kamen auf der zentralen Mittelmeerroute, auf dem Weg nach Italien und Malta, ums Leben. Aufgrund des im Frühjahr 2016 geschlossenen EU-Türkei-Abkommens scheint die gefährliche Fluchtroute von Libyen nach Malta oder Italien an Relevanz gewonnen zu haben. Aber auch die Schließung der Balkanroute führte zu großen humanitären Problemen für Flüchtlinge, die insbesondere im Winter 2016 lebensbedrohliche Ausmaße annahmen (www.zeit.de/politik/2017-01/fluechtlingesuedosteuropa -balkanroute-winter). V o r b e me r k u n g d e r B u n d e s r e g i e r u n g Die Bundesregierung bedauert jeden Einzelfall, bei dem Personen im Rahmen legaler oder irregulärer Migration zu Tode kommen oder anderweitig Schaden nehmen. Sie weist erneut darauf hin, dass neben der Verantwortung für das eigene Schicksal gerade auch Schleuserorganisationen bewusst die Notlage von Personen in ihren Heimatländern aus reinem Profitstreben und zur Gewinnmaximierung ausnutzen und Schleusungshandlungen unter menschenverachtenden Bedingungen anbieten und durchführen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/12043 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Die Bundesrepublik Deutschland, die Mitgliedstaaten und Einrichtungen der Europäischen Union treten der Schleusungskriminalität daher konsequent entgegen. 1. Wie viele Personen sind nach Kenntnis der Bundesregierung im Jahr 2016 a) an den Landesgrenzen, Küsten, Seehäfen, Flughäfen bzw. im Grenzgebiet der Bundesrepublik Deutschland tot aufgefunden worden oder nach Kenntnis der Bundesregierung ums Leben gekommen, Nach Kenntnis der Bundesregierung sind keine Personen ums Leben gekommen bzw. tot aufgefunden worden. b) an den Grenzen der Europäischen Union tot aufgefunden worden oder nach Kenntnis der Bundesregierung ums Leben gekommen, c) in Unterbringungen, Hotspots, Abschiebegefängnissen und Transitzonen in Dublin-Staaten nach Kenntnis der Bundesregierung ums Leben gekommen , Die Fragen 1b und 1c werden gemeinsam beantwortet. Hierzu liegen der Bundesregierung keine Informationen vor d) in den verschiedenen Formen von Unterbringungen und Abschiebegefängnissen in Deutschland ums Leben gekommen? Nach Kenntnis der Bundesregierung sind keine Personen ums Leben gekommen. 2. Wie hoch ist nach Kenntnis der Bundesregierung die Suizidrate in Unterbringungen und Abschiebegefängnissen in Deutschland (bitte aufschlüsseln )? 3. Wie viele Fälle von Selbstverletzungen sind der Bundesregierung aus Unterbringungen und Abschiebegefängnissen in Deutschland bekannt (bitte aufschlüsseln )? Hierzu liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor. 4. Wie viele Personen sind nach Kenntnis der Bundesregierung im Jahr 2016 mit körperlichen Verletzungen und Beeinträchtigungen durch Erfrierungen, Unterkühlungen, Hunger/Durst o. Ä. aufgegriffen worden, die sie sich aller Voraussicht nach im Zuge ihres ggf. unerlaubten Grenzübertritts a) in die Bundesrepublik Deutschland oder Datum Ort Transport-mittel Anzahl und Nationalität Art der Verletzung 26. Oktober 2016 Containerbahnhof München-Riem Güterzug ein eritreischer Staatsangehöriger Unterkühlung 28. Oktober 2016 Rangierbahnhof München-Ost Güterzug ein eritreischer Staatsangehöriger Kreislaufprobleme 15. November 2016 Rangierbahnhof München-Ost Güterzug ein eritreischer Staatsangehöriger Unterkühlung 20. November 2016 Bahnhof Götzenhof Güterzug zwei eritreische Staatsangehörige Unterkühlung 24. November 2016 Seehafen Rostock Güterzug ein eritreischer Staatsangehöriger Unterkühlung 3. Dezember 2016 Rangierbahnhof München-Ost Güterzug zwei marokkanische Staatsangehörige Unterkühlung Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/12043 b) in die Europäische Union zugezogen hatten (bitte nach Datum und Ort, Nationalität des Opfers, Körperverletzungsart aufschlüsseln)? Hierzu liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor. 5. Wie viele Personen wurden nach Kenntnis der Bundesregierung im Jahr 2016 im Zuge ihres ggf. unerlaubten Grenzübertritts a) durch Bundespolizei- oder Zollbeamte in Deutschland Es verletzte sich eine Person leicht nach Anlegen einer Handfessel in Folge von Widerstandshandlungen. b) durch Bundespolizei- oder Zollbeamte an den Außengrenzen der Europäischen Union, mittels der Anwendung unmittelbaren Zwangs bzw. im Zuge einer entsprechenden Nacheile körperlich verletzt oder versehrt? Nach Kenntnis der Bundesregierung sind keine Personen verletzt oder versehrt worden. c) Wie viele Ermittlungs- und Disziplinarverfahren wurden diesbezüglich eingeleitet und mit welchem Ergebnis abgeschlossen oder eingestellt (bitte aufschlüsseln)? Es wurden keine Ermittlungs- und Disziplinarverfahren eingeleitet oder durchgeführt . 6. Wie erklärt die Bundesregierung den Anstieg von laut IOM im Mittelmeer gestorbenen Flüchtlingen auf 5 079 im Jahr 2016, und welche Konsequenzen zieht sie daraus (bitte nach Datum und Ort des Auffindens bzw. Todesfalls, Nationalität des Opfers und Todesart bzw. Umständen des Todes aufschlüsseln )? Die Bundesregierung führt diese Entwicklung auf das zunehmend skrupellosere Vorgehen von Schleusern und Schleuserorganisationen zurück. Diese zwingen Personen auch bei ungünstigen Wetterverhältnissen dazu, in nicht seetaugliche Boote zu steigen. Die Bundesregierung beabsichtigt deshalb, ihre Anstrengungen zur Bekämpfung der menschenverachtenden Schleusungskriminalität, eingebunden in die entsprechenden Anstrengungen auf EU-Ebene, konsequent fortzusetzen . 7. Wie viele Personen wurden nach Kenntnis der Bundesregierung im Jahr 2016 a) in der Bundesrepublik Deutschland, b) in der Europäischen Union im Zuge ihrer ggf. unerlaubten Grenzübertritte durch Privatpersonen verletzt bzw. getötet (bitte nach Datum und Ort, Nationalität des Opfers und Todesbzw . Verletzungsart aufschlüsseln)? c) Wie viele Ermittlungsverfahren wurden diesbezüglich eingeleitet und mit welchem Ergebnis abgeschlossen oder eingestellt (bitte aufschlüsseln)? Die Fragen 7a bis 7c werden gemeinsam beantwortet. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/12043 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Hierzu liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor. 8. Wie viele Personen sind nach Kenntnis der Bundesregierung im Jahr 2016 a) in der Bundesrepublik Deutschland, Es wird auf die Antworten zu den Fragen 1a und 4a verwiesen. b) in der Europäischen Union – tot aufgefunden worden, nachdem sie im Zuge ihres Versuchs der ggf. unerlaubten Einreise in die Bundesrepublik Deutschland bzw. EU in ihrem Transportmittel Sauerstoffmangel, Hunger, Durst, Kälte, Überhitzung o. Ä. ausgesetzt waren (bitte nach Datum und Ort, Nationalität der Opfer, Transportmittel und Todesart aufschlüsseln); – verletzt aufgefunden worden, nachdem sie im Zuge ihres Versuchs der ggf. unerlaubten Einreise in die Bundesrepublik Deutschland bzw. EU in ihrem Transportmittel Sauerstoffmangel, Hunger, Durst, Kälte Überhitzung o. Ä. ausgesetzt waren (bitte nach Datum und Ort, Nationalität der Opfer, Transportmittel und Verletzungsart aufschlüsseln)? Datum Land / Ort Transport- mittel Anzahl und Nationalität Todesart/Todesumstände/ Art der Verletzung 9. Mai 2016 Slowakische Republik , Velký Meder Kfz eine syrische Staatsangehörige Schussverletzung, nachdem ein Schleuser -Kfz mittels Schusswaffeneinsatz gestoppt wurde. 9. Juli 2016 Slowakische Republik , Bratislava Kfz sieben ungeklärte Staatsangehörigkeiten Kfz ist nach Versuch, sich der polizeilichen Kontrolle zu entziehen, wegen überhöhter Geschwindigkeit von der Fahrbahn abgekommen und hat sich überschlagen (näheres nicht bekannt). 17. Dezember 2016 Kroatien, Novska Kleintransporter 67 afghanische und pakistanische Staatsangehörige Für alle Personen bestand Erstickungsgefahr . 9. Falls jeweils zu den Fragen 1 bis 5b, insbesondere in Hinblick auf die EU- Außengrenzen, keine auf amtlichen Daten basierende Antwort gegeben werden kann, a) welche Daten und sonstigen Erkenntnisse liegen der Bundesregierung dazu ansonsten vor, z. B. aus den Berichten der bei FRONTEX (Europäische Agentur für die Grenz- und Küstenwache) eingesetzten Bundesbeamten , oder entsprechende Daten, mit denen etwa Einrichtungen wie das „Gemeinsame Analyse- und Strategiezentrum illegale Migration“ (GASIM) arbeiten; Nach Informationen des Gemeinsamen Analyse- und Strategiezentrums illegale Migration wurden im Rahmen der Frontex Operation „Poseidon“ 105 und im Rahmen der Frontex Operation „Triton“ 408 tote Personen erfasst. b) welche Daten von internationalen Organisationen oder Nichtregierungsorganisationen hat die Bundesregierung zur Kenntnis genommen, und welche Schlüsse und ggf. Konsequenzen zieht sie daraus; Die Bundesregierung nimmt Berichte und Statistiken verschiedenster Art und Form, insbesondere der Internationalen Organisation für Migration (IOM) und Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/12043 des UNHCR zur Kenntnis. Die Daten werden zur Ergänzung amtlicher Informationen und zur Abrundung eines Gesamtüberblicks über Flucht- und Migrationsbewegungen mit herangezogen. c) hält die Bundesregierung an ihrer zuletzt in ihrer Antwort zu Frage 7c der Kleinen Anfrage der Fraktion DIE LINKE. auf Bundestagsdrucksache 18/927 geäußerten Auffassung fest, dass grundsätzlich kein Bedarf daran besteht, die in den Fragen 1 bis 5b angefragten Daten systematisch zu erheben und auszuwerten, und wenn ja, mit welcher Begründung (bitte inhaltlich auseinandersetzen mit der Relevanz dieser Daten für den Flüchtlingsschutz , die effektivere Ausgestaltung des Grenzschutzes und für die Bekämpfung der Schleuserkriminalität)? Die Bundesregierung hält daran fest, dass grundsätzlich kein eigener Bedarf zur systematischen Erhebung der angefragten Daten besteht. Die notwendigen Informationen zur Beurteilung von Maßnahmen des Regierungshandels zum Flüchtlingsschutz , für die Ausgestaltung des Grenzschutzes und zur Bekämpfung der Schleusungskriminalität liegen der Bundesregierung durch den behördlichen Informationsaustausch mit den hierfür jeweils zuständigen nationalen und internationalen Behörden und Stellen vor. Diese werden durch Berichte und Statistiken verschiedenster Art und Form vor allem von internationalen Organisationen und Nicht-Regierungsorganisationen ergänzt und abgerundet. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333