Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales vom 20. April 2017 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 18/12044 18. Wahlperiode 24.04.2017 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Markus Kurth, Beate Müller-Gemmeke, Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 18/11876 – Das Betriebsrentenstärkungsgesetz – Umsetzung und Folgen V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Mit dem Betriebsrentenstärkungsgesetz hat die Bundesregierung einen Paradigmenwechsel in der betrieblichen Altersversorgung (bAV) eingeleitet: Durch den Wegfall garantierter Mindesthöhen oder fester Leistungszusagen werden die Betriebsrenten künftig allein von der Entwicklung des Kapitalmarktes abhängen . Auch ein Absinken der Renten während der Bezugsphase ist anders als heute in Zukunft möglich (Antwort des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales auf die Schriftliche Frage 44 des Abgeordneten Markus Kurth vom 6. Februar 2017 auf Bundestagsdrucksache 18/11119). Dem Verlust an Sicherheit zuungunsten vieler Betriebsrentnerinnen und Betriebsrentner steht die Hoffnung der Bundesregierung gegenüber, mit der Einführung der reinen Beitragszusage und weiteren Maßnahmen eine größere Verbreitung der bAV zu erreichen. Dabei sind besonders Geringverdienerinnen und Geringverdiener sowie Beschäftigte in kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) im Fokus. Diese sorgen heute nur selten betrieblich für den Ruhestand vor. Ob die geplanten Maßnahmen, die zum größeren Teil entsprechende Tarifverträge voraussetzen, gerade KMU erreichen können, ist angesichts der geringen Tarifbindung von kleineren Unternehmen allerdings zweifelhaft (vgl. Dirk Kiesewetter et al. 2016: Entwurf des Betriebsrentenstärkungsgesetzes – Was lange währt, wird endlich gut?, in: Betriebliche Altersversorgung 8/2016). Von der reinen Beitragszusage werden entgegen der Aufgabenstellung des Betriebsrentenstärkungsgesetzes mutmaßlich nach Ansicht der Fragesteller vor allem größere Unternehmen profitieren. Der Gesetzentwurf geht darüber hinaus mit einer Reihe von Subventionstatbeständen einher. So ist etwa eine Weitergabe der vonseiten der Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber eingesparten Sozialversicherungsbeiträge bei Entgeltumwandlung nur im Falle von tarifvertraglichen Regelungen vorgesehen. Eine allgemeine Verpflichtung der Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber, ihre Beschäftigten beim Aufbau von Betriebsrentenansprüchen finanziell zu unterstützen, besteht Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/12044 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode indes nicht. Die Einführung von Grundsicherungsfreibeträgen bei der zusätzlichen Altersvorsorge ist zudem aus systematischen Gründen und aufgrund der Ungleichbehandlung gegenüber Ansprüchen aus der gesetzlichen Rentenversicherung problematisch. 1. Mit welchem Verbreitungsgrad der betrieblichen Altersversorgung und insbesondere der neuen Form der Betriebsrente nach dem Betriebsrentenstärkungsgesetz rechnet die Bundesregierung in den kommenden Jahren in kleinen und mittleren Unternehmen (ggf. bitte nach Betriebsgrößenklassen aufschlüsseln ), und welche Annahmen liegen den Prognosen zugrunde? Die Bundesregierung gibt keine konkreten Prognosen darüber ab, wie sich die betriebliche und die sonstige zusätzliche kapitalgedeckte Altersvorsorge, insbesondere Riester- und Basis-Renten, in den kommenden Jahren entwickeln werden . Mit den Maßnahmen des Betriebsrentenstärkungsgesetzes werden aber wichtige Voraussetzungen geschaffen, dass sich die betriebliche Altersversorgung auf freiwilliger Basis besonders auch in kleinen und mittleren Unternehmen positiv entwickeln kann. Im Rahmen des einmal in der Legislaturperiode von der Bundesregierung zu erstellenden Alterssicherungsberichts wird künftig auch dargelegt, ob und wie die neuen arbeits- und förderrechtlichen Instrumente zu einer höheren Verbreitung der betrieblichen Altersversorgung besonders unter Beschäftigten in kleinen und mittleren Unternehmen sowie unter Geringverdienern beitragen. Darüber hinaus evaluiert das Bundesministerium der Finanzen, ob und in welchem Umfang die spezielle Geringverdiener-Förderung mittels BAV-Förderbetrag von den Arbeitgebern genutzt wird und berichtet dem Deutschen Bundestag bis zum 31. Dezember 2023 über die Entwicklung des neuen BAV-Förderbetrags. 2. Inwieweit ginge nach Auffassung der Bundesregierung „die Reform […] gerade an der Gruppe von Arbeitgebern vorbei, die bislang aufgrund von Haftungsrisiken keine bAV anbieten wollen“ (Dirk Kiesewetter et al. 2016: Entwurf des Betriebsrentenstärkungsgesetzes – Was lange währt, wird endlich gut?, in: Betriebliche Altersversorgung 8/2016, Seite 650), insofern sich die Tarifparteien nicht hinreichend oft dazu entscheiden, die im Sinne des Betriebsrentenstärkungsgesetzes strukturierten Versorgungseinrichtungen auch für nicht tarifgebundene und überdurchschnittlich häufig nicht an der bAV partizipierende Arbeitgeber zu öffnen? Die Bundesregierung geht davon aus, dass die Tarifparteien grundsätzlich kein Interesse daran haben, Dritten den Zugang zu den von ihnen gesteuerten Versorgungseinrichtungen zu verwehren und sich damit mögliche Skaleneffekte zu verbauen . Gegen solche Befürchtungen spricht im Übrigen auch, dass viele bestehende Versorgungswerke keine „Closed-Shop-Politik“ betreiben. Beispielsweise sind bei der Metall-Rente als gemeinsames Versorgungswerk von IG Metall und Gesamtmetall von den ca. 37 000 beigetretenen Unternehmen lediglich ca. 10 Prozent tarifgebunden (so der Geschäftsführer der Metall-Rente, Heribert Karch, im Wortprotokoll der Sachverständigen-Anhörung zum Entwurf eines Betriebsrentenstärkungsgesetzes; Protokoll-Nr. 18/110, S. 18). Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/12044 3. Welche Maßnahmen sind nach Auffassung der Bundesregierung denkbar, „wenn sich zeigt, dass durch die freiwillige zusätzliche Altersvorsorge eine ausreichende Verbreitung nicht erreicht wurde“ (Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der betrieblichen Altersversorgung und zur Änderung anderer Gesetze auf Bundestagsdrucksache 18/11286 vom 22. Februar 2017, Seite 39)? Solche Maßnahmen sind im Allgemeinen Teil der Begründung unter „III. Alternativen “ dargelegt. Danach wäre eine höhere Verbreitung der betrieblichen Altersversorgung auch mit gesetzlich obligatorischen Betriebsrentensystemen zu erreichen oder wahrscheinlich auch damit, dass ein alle Arbeitgeber verpflichtendes gesetzliches Options- bzw. Opting-Out-System eingeführt würde. Solche Pflichtsysteme gehen mit einer größeren Eingriffsintensität einher und wären je nach Ausgestaltung mit mehr oder weniger großen Nachteilen verbunden, wie z. B. Akzeptanzproblemen bei den Beschäftigten und/oder einer zusätzlichen Kostenbelastung bei den Arbeitgebern. Diese Nachteile lassen solche Systeme als unverhältnismäßig erscheinen, wenn nicht zuvor alle Möglichkeiten für den weiteren freiwilligen Ausbau der betrieblichen Altersversorgung ausgeschöpft worden sind. 4. Welchen Grad der Verbreitung der betrieblichen Altersvorsorge definiert die Bundesregierung als nicht „ausreichend“ im Sinne des Betriebsrentenstärkungsgesetzes , und welche Kriterien liegen dieser Bewertung zugrunde? Im Allgemeinen Teil der Begründung unter „I. Zielsetzung und Notwendigkeit der Regelungen“ wird dargelegt, dass Ende des Jahres 2015 ca. 17,7 Millionen sozialversicherungspflichtig Beschäftigte bei ihrem aktuellen Arbeitgeber eine Betriebsrentenanwartschaft hatten, entsprechend knapp 60 Prozent aller sozialversicherungspflichtig Beschäftigten. Berücksichtigt man zusätzlich die Verbreitung von Riester-Verträgen, haben ca. 70 Prozent der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten einen Anspruch auf eine kapitalgedeckte zusätzliche Altersversorgung . Besonders in kleinen Unternehmen und bei Beschäftigten mit niedrigem Einkommen besteht noch erhebliches Verbreitungspotenzial für die betriebliche Altersversorgung. So verfügen in Betrieben mit weniger als 10 Beschäftigten lediglich ca. 28 Prozent der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter über eine Betriebsrentenanwartschaft . Knapp 47 Prozent der Beschäftigten mit weniger als 1 500 Euro Erwerbseinkommen im Monat haben weder eine Betriebs- noch eine Riester -Rente. Maßstab muss auch hier sein, dass möglichst viele Beschäftigte einen solchen Anspruch und damit Aussicht auf eine möglichst solide Alterssicherung haben. Von daher ist die betriebliche Altersversorgung nach Auffassung der Bundesregierung derzeit noch nicht ausreichend verbreitet. 5. Plant die Bundesregierung, Regelungen zu schaffen, die Allgemeinverbindlicherklärungen von Tarifverträgen vereinfachen? Wenn ja, welche Maßnahmen sind vorgesehen? Wenn nein, warum nicht? Die Bundesregierung plant derzeit nicht, die Allgemeinverbindlicherklärungen von Tarifverträgen weiter zu vereinfachen. Die mit dem Tarifautonomiestärkungsgesetz 2014 erfolgten Maßnahmen, zum Beispiel die erleichterte Allgemeinverbindlichkeit von Tarifverträgen über Gemeinsame Einrichtungen im Bereich der betrieblichen Altersversorgung, müssen sich zunächst in der Praxis bewähren . Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/12044 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 6. Inwiefern erwartet die Bundesregierung im Falle einer nicht ausreichenden Verbreitung der bAV infolge des Betriebsrentenstärkungsgesetzes, dass mit einem gesetzlich obligatorischen Betriebsrentensystem oder mit einem für alle Arbeitgeber verpflichtenden gesetzlichen Options- beziehungsweise Opting-Out-System eine höhere bAV-Teilnahmequote zu erreichen ist (Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der betrieblichen Altersversorgung und zur Änderung anderer Gesetze auf Bundestagsdrucksache 18/11286 vom 22. Februar 2017, Seite 1)? Auf die Antwort zu Frage 3 wird verwiesen. 7. Inwieweit besteht nach Einschätzung der Bundesregierung die Gefahr, dass durch die Neuregelungen des Betriebsrentenstärkungsgesetzes – insbesondere durch die Ermöglichung der reinen Beitragszusage – bestehende Betriebsrentensysteme beschädigt werden könnten, indem die reine Beitragszusage auch in denjenigen tarifgebundenen Unternehmen zunehmend zur Regel wird, in denen bislang üblicherweise zumindest Betriebsrentenangebote mit Mindestleistungen bestehen (vgl. u. a. die ver.di-Stellungnahme zum Referentenentwurf des Betriebsrentenstärkungsgesetzes, 4. November 2016, S. 5 ff.)? Die Bundesregierung sieht diese Gefahr nicht. Zum einen ist die reine Beitragszusage nur auf tariflicher Grundlage möglich; die Bunderegierung geht davon aus, dass die Gewerkschaften keine Tarifverträge zum Nachteil ihrer Mitglieder abschließen werden. Zum anderen sind die mit der reinen Beitragszusage verbundenen Zielrentensysteme keineswegs automatisch weniger vorteilhaft als Betriebsrentenzusagen mit Mindestleistungsversprechen. Im Übrigen wurden bereits in der Vergangenheit auf der Basis des geltenden Rechts viele Betriebsrentensysteme mit Leistungszusagen geschlossen, u. a. weil sie aus Sicht der Arbeitgeber mit unkalkulierbar gewordenen Kostenrisiken verbunden waren bzw. sind. Das neue Betriebsrentensystem bietet demgegenüber zusätzliche Optionen, damit sich Arbeitgeber in der betrieblichen Altersversorgung engagieren. Nicht zuletzt steht es Arbeitgebern selbstverständlich auch in Zukunft offen, Betriebsrentenleistungen in der bestehenden Form zuzusagen. Die bisherigen Gründe für solche Zusagen, z. B. personalwirtschaftliche Überlegungen oder der wichtige Aspekt der Innenfinanzierung von Unternehmen im Rahmen von Direktzusagen, werden durch die neue Betriebsrente nicht berührt. 8. Welche Gründe sprechen nach Auffassung der Bundesregierung dafür, die Ermöglichung einer reinen Beitragszusage und damit den Verzicht auf Mindestleistungen auch auf diejenigen größeren Unternehmen auszudehnen, in denen bereits überdurchschnittlich häufig Betriebsrenten mit Leistungszusagen angeboten werden, warum verzichtet die Bundesregierung mit dem Betriebsrentenstärkungsgesetz auf eine rechtlich zulässige Beschränkung der Ermöglichung einer reinen Beitragszusage auf KMU (Sachstand der Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages, WD 6 – 3000 – 140/15), und warum verzichtet die Bundesregierung somit auf eine zielgenaue Regelung , die gerade den mit dem Gesetzentwurf adressierten Unternehmen ein Betriebsrentenangebot erleichtert? Würde man die reine Beitragszusage nur bei kleineren Unternehmen zulassen, würde damit die Einführung von Zielrentensystemen in allen anderen Unternehmen zwangsläufig verhindert. Denn Zielrentensysteme in den Versorgungseinrichtungen bei gleichzeitigen Mindestleistungsgarantien durch die Arbeitgeber dürften praktisch ausgeschlossen sein, weil das Anlagerisiko dann voll bei den Arbeitgebern läge. Insbesondere vor dem Hintergrund der anhaltenden Niedrig- Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/12044 zinsphase soll aber allen Unternehmen unabhängig von der Betriebsgröße die Möglichkeit offen stehen, Betriebsrenten ohne Garantieleistungen zu organisieren . 9. Aus welchen Gründen sieht der Gesetzentwurf lediglich eine Verordnungsermächtigung für das Bundesministerium für Arbeit und Soziales sowie das Bundesministerium der Finanzen vor, um „Mindestanforderungen an die Verwendung der Beiträge“ festzulegen (§ 25 des Gesetzentwurfs), und warum verzichtet die Bundesregierung damit auf die parlamentarische Kontrolle bei der Festlegung dieser alterssicherungspolitisch entscheidenden Anforderungen im Rahmen einer gesetzlichen Regelung? Die arbeitsrechtlichen Anforderungen an die reine Beitragszusage werden abschließend im neuen § 1 Absatz 2 Nummer 2a und im neu eingeführten Siebten Abschnitt, Unterabschnitt 2 des Betriebsrentengesetzes „Tarifvertrag und reine Beitragszusage“ geregelt. Die wesentlichen finanzaufsichtsrechtlichen Anforderungen stehen in einem neuen „Teil 4a“ des Versicherungsaufsichtsgesetzes. Es entspricht dem üblichen Vorgehen, dass darüber hinaus gehende Einzelheiten auf dem Verordnungsweg geregelt werden. So werden nach bisheriger, bewährter Praxis finanzaufsichtsrechtliche Detailvorgaben an Einrichtungen der betrieblichen Altersversorgung, etwa in Hinblick auf Kapitalanlage, Risikomanagement und Transparenz, ebenfalls in Rechtsverordnungen festgelegt. 10. Welche Maßnahmen wird die Bundesregierung ergreifen, um zu vermeiden, dass es bei Inanspruchnahme der im Betriebsrentenstärkungsgesetz vorgesehenen sogenannten Zielrente während der Auszahlungsphase zu Kürzungen der Leistungen kommen kann, und inwiefern sind diese Maßnahmen, insbesondere der im Betriebsrentenstärkungsgesetz vorgesehene und tarifvertraglich zu vereinbarende Sicherungsbeitrag, in der Lage, diesen Fall auszuschließen (vgl. Antwort des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales auf die Schriftliche Frage 44 des Abgeordneten Markus Kurth vom 6. Februar 2017 auf Bundestagsdrucksache 18/11119)? Das Risiko einer Leistungssenkung ist umso geringer, je vorsichtiger bzw. niedriger die Leistungen festgesetzt sind. Die Beteiligten müssen im Einzelfall abklären , wie sie die Rentenhöhe und das Risiko einer späteren Leistungssenkung austarieren , d. h. wie sie den Anpassungsmechanismus steuern, der in Artikel 8 des Gesetzentwurfs (dort § 38) geregelt ist. Der Sicherungsbeitrag kann dazu beitragen, einen Einbruch am Kapitalmarkt aufzufangen und in diesem Fall eine Leistungssenkung möglichst abzuwenden. 11. Plant die Bundesregierung die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber künftig zu einem Sicherungsbeitrag zu verpflichten, insofern die bislang im Gesetzentwurf vorgesehene Soll-Regelung (§ 23 Absatz 1 des Betriebsrentengesetzes- Entwurf – BetrAVG-E) in der betrieblichen Praxis unzureichend Anwendung findet? Wenn ja, welchen Umfang der Anwendung erachtet die Bundesregierung als nicht hinreichend, sodass eine obligatorische Regelung notwendig wird? Wenn nein, warum nicht? Die neue Zielrente auf tariflicher Grundlage zeichnet sich zum einen durch die Chance auf höhere Erträge, zum anderen durch ein damit zwangsläufig verbundenes Risiko volatiler Betriebsrenten in der Auszahlungsphase aus. Um dieses Risiko der Volatilität zu mindern, wird die neue Betriebsrente durch spezifische Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/12044 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode finanzaufsichtsrechtliche Vorschriften im Versicherungsaufsichtsgesetz flankiert ; sie schaffen die Grundlage für eine geordnete und sachgerechte Durchführung . Darüber hinaus sind die Sozialpartner an der Durchführung und Steuerung der neuen Betriebsrente in den Versorgungseinrichtungen beteiligt. Sie können damit festlegen, ob sie in der Tendenz niedrigere, dafür aber der Höhe nach besser planbare Betriebsrenten oder in der Tendenz höhere, dafür aber volatilere Betriebsrenten ermöglichen wollen. Ausfluss dieser Verantwortlichkeit und Ergebnis der dem Gesetzentwurf vorausgehenden Spitzengespräche mit den Sozialpartnern ist § 23 Absatz 1 BetrAVG-E, wonach zur Absicherung der reinen Beitragszusage im Tarifvertrag ein Sicherungsbeitrag vereinbart werden soll. Ein solcher Sicherungsbeitrag kann das Risiko der Volatilität weiter minimieren. Die Tarifvertragsparteien können darüber hinaus weitere Sicherungsmechanismen vorsehen, wie etwa eine konservative Anlagepolitik. 12. Welches Ergebnis hat die Prüfung der Bundesregierung nach sich gezogen, ob und wie durch eine Verschiebung der bisher im Versicherungsaufsichtsgesetz vorgesehenen Regelung in das Betriebsrentengesetz auch ausländische Anbieterinnen und Anbieter rechtssicher einbezogen werden können, und inwiefern wird das Ergebnis der Prüfung in das Gesetzgebungsverfahren einbezogen, um mögliche Wettbewerbsvorteile von Versorgungsträgern aus der Europäischen Union gegenüber deutschen Einrichtungen zu vermeiden, die sich aus der Partizipation von ausländischen Versorgungsträgern an der neuen Form der Betriebsrente und dem nur einseitig einschlägigen Garantieverbot ergeben (vgl. Antwort des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales auf die Schriftliche Frage 44 des Abgeordneten Markus Kurth vom 6. Februar 2017 auf Bundestagsdrucksache 18/11119)? Die Prüfung ist noch nicht abgeschlossen. 13. Welcher „sachliche Grund“ spricht nach Auffassung der Bundesregierung für den Fortbestand der Regelungen im Rahmen des bestehenden Betriebsrentensystems , nach denen „Arbeitgeber vom Sparverhalten ihrer Arbeitnehmer profitieren und bei einer Entgeltumwandlung den Arbeitgeberanteil an den eingesparten Sozialversicherungsbeiträgen behalten können“ (Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der betrieblichen Altersversorgung und zur Änderung anderer Gesetze auf Bundestagsdrucksache 18/11286 22. Februar 2017, Seite 44)? Die bisherige Regelung ist gerechtfertigt, weil bei einer Entgeltumwandlung im Rahmen des bestehenden Betriebsrentensystems der Arbeitgeber für die entsprechende Betriebsrentenzusage ausnahmslos einsteht bzw. haftet, und zwar auch dann, wenn die Betriebsrente über eine Pensionskasse, einen Pensionsfonds oder eine Direktversicherung durchgeführt wird (§ 1 Absatz 1 Satz 3 BetrAVG). 14. Inwiefern kann die Bundesregierung bestätigen, dass eine Ausweitung der steuerlichen Freibetragsregelungen, wie im Gesetzentwurf vorgesehen, Bezieherinnen und Beziehern geringer Einkommen prinzipiell weniger zugutekommt als Höherverdienenden? Für Arbeitnehmer mit geringem Einkommen enthält der Gesetzentwurf ein spezielles staatliches Zuschuss-Modell, den BAV-Förderbetrag. Da Arbeitnehmer mit geringem Einkommen oft keine ausreichenden eigenen Mittel zur Verfügung haben bzw. sich für sie eine auf Entgeltumwandlung basierende betriebliche Al- Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/12044 tersversorgung aufgrund der niedrigen und nicht vorhandenen Lohnsteuerentlastung steuerlich nicht rechnet, enthält der Gesetzentwurf diese neue gezielte Förderung für Arbeitnehmer mit geringem Einkommen. Die Erhöhung des steuerfreien Dotierungsrahmens in § 3 Nummer 63 EStG wirkt sich bei den Arbeitnehmern mit deren individuellen Grenzsteuersatz aus. Damit steigt die steuerentlastende Wirkung entsprechend dem progressiven Einkommensteuertarif . Dies gilt für zusätzliche vom Arbeitgeber finanzierte Beiträge ebenso wie für Entgeltumwandlungsbeiträge. 15. Welche Beweggründe lagen der Entscheidung der Bundesregierung zugrunde , mit dem im Gesetzentwurf vorgesehenen Freibetrag bei der Anrechnung von Leistungen aus zusätzlicher Altersvorsorge auf die Grundsicherung im Alter einen sozialpolitisch systematisch neuen Weg zu gehen, und warum kommt diese Regelung im Kontext der gesetzlichen Rentenversicherung nicht zur Anwendung? Die Einführung eines Einkommensfreibetrags für zusätzliche Altersvorsorge hat zum Ziel, einen Anreiz zu setzen, zusätzliche Altersvorsorge zu betreiben. Damit soll eine höhere Verbreitung zusätzlicher Altersvorsorge – insbesondere der betrieblichen – bei Geringverdienern erreicht werden. Damit ist ein gesamtgesellschaftliches Signal verbunden, dass sich freiwillige Altersvorsorge in jedem Fall lohnt. Dieses Signal soll es insbesondere den Sozialpartnern erleichtern, Tarifverträge über betriebliche Altersversorgung mit Breitenwirkung auch für Geringverdiener zu vereinbaren. Der Freibetrag erstreckt sich daher auf jedes monatlich bis zum Lebensende ausgezahlte Einkommen, auf das der Leistungsberechtigte vor Erreichen der Regelaltersgrenze auf freiwilliger Grundlage Ansprüche erworben hat, und das dazu bestimmt und geeignet ist, die Einkommenssituation des Leistungsberechtigten zu verbessern. Ausgenommen sind hingegen alle Einnahmen, die der Leistungsberechtigte aus Zeiten einer Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und vergleichbaren Versicherungspflichtsystemen sowie aus der Beamtenversorgung erzielt. Demgegenüber sind Ansprüche, die auf freiwilliger Grundlage erworben werden, gerade Leistungen, die über die Rentenversicherungspflicht hinausgehen und die die Leistungsberechtigten durch Konsum- bzw. Lohnverzicht selbst erworben haben. Es ist daher im Hinblick auf eine angestrebte stärkere Verbreitung ergänzender Altersvorsorge gerechtfertigt, solche individuellen Leistungen zu honorieren und einen Anreiz gerade für untere Einkommensgruppen zu setzen, überhaupt zusätzliche Altersvorsorge zu betreiben. Dass sich solche freiwillige Vorsorge in jedem Fall im Alter in einem höheren verfügbaren Einkommen ausdrückt , ist daher ein wichtiges Signal, um solche Personen zu fördern, die mehr als das gesetzlich Verpflichtende zur eigenen Altersvorsorge geleistet haben. 16. Wie häufig sorgen nach Kenntnis der Bundesregierung Beschäftigte einer Werkstatt für behinderte Menschen (WfbM) über eine Betriebsrente oder über eine Form der privaten Altersvorsorge zusätzlich vor, und inwiefern können vor diesem Hintergrund ehemals in einer Werkstatt beschäftigte Bezieherinnen und Bezieher faktisch von einem Freibetrag in der Grundsicherung im Alter profitieren? Der Bundesregierung liegen keine Erkenntnisse darüber vor, wie häufig Beschäftigte einer Werkstatt für behinderte Menschen über eine Betriebsrente oder über eine Form der privaten Altersvorsorge zusätzlich vorsorgen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/12044 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Menschen mit Behinderungen, die in einer Werkstatt für behinderte Menschen beschäftigt sind, erwerben nach einer Beschäftigungszeit von 20 Jahren einen Anspruch auf eine Rente wegen voller Erwerbsminderung. Der Berechnung der Rente liegt nicht das tatsächliche Arbeitsentgelt der Beschäftigten zugrunde, sondern ein Arbeitsentgelt auf der Grundlage von 80 Prozent der monatlichen Bezugsgröße (im Jahr 2017 monatlich 2 380 Euro in den alten, 2 128 Euro in den neuen Bundesländern). Damit beträgt die monatliche Rente wegen voller Erwerbsminderung ebenso wie die Altersrente monatlich mehr als 800 Euro (zum Vergleich: Nach der Statistik der Deutschen Rentenversicherung, Rentenbestand Ende 2015, liegt die durchschnittliche Altersrente in Deutschland bei 787 Euro, 1 040 Euro bei Männern, 580 Euro bei Frauen; alte Bundesländer). Aufgrund der Höhe dieser Rente sind viele ehemalige Werkstattbeschäftigte auf ergänzende Leistungen der Grundsicherung im Alter in der Regel nicht mehr angewiesen, so dass insoweit auch Freibeträge in der Grundsicherung nicht zur Anwendung kommen . Sofern aktuell oder ehemals in einer Werkstatt Beschäftigte dennoch auf Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung angewiesen sind, können diese jedoch wie alle übrigen Leistungsbezieher vollumfänglich vom Freibetrag für die zusätzliche Altersvorsorge profitieren. 17. Wie ist die im Gesetzentwurf vorgesehene Möglichkeit, „auch Rentenzahlungen , die auf Zeiten einer freiwilligen Versicherung nach § 7 oder Zeiten einer Versicherungspflicht auf Antrag nach § 4 des Sechsten Buches beruhen “ von der Freibetragsregelung bei der Grundsicherung im Alter zu erfassen , mit dem Gesamtkonzept zur Alterssicherung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales zu vereinbaren, wonach künftig alle nicht anderweitig abgesicherten Selbständigen versicherungspflichtig in der gesetzlichen Rentenversicherung werden sollen, und was würde bei einer solchen Versicherungspflicht mit den Beiträgen, die auf freiwilliger Basis geleistet wurden , geschehen? Mit dem im Gesetzentwurf vorgesehenen Freibetrag in der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung soll ein Signal gesetzt werden, dass sich zusätzliche Altersvorsorge immer lohnt. Die im Gesamtkonzept zur Alterssicherung durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales vorgeschlagene Einbeziehung von bislang nicht obligatorisch abgesicherten Selbstständigen in der gesetzlichen Rentenversicherung dient dagegen dem Schutz der Versicherten vor den finanziellen Risiken des Alters und einer Erwerbsminderung sowie dem Hinterbliebenenschutz im Falle des Todes des Versicherten. Hierdurch soll gerade auch die Beanspruchung von Grundsicherungsleistungen vermieden werden. Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung, die auf Beiträgen zur freiwilligen Versicherung beruhen, sind vom Freibetrag für zusätzliche Altersvorsorge umfasst. Diese Leistungen würden auch nach Einführung einer Versicherungspflicht genauso behandelt wie bei anderen Personen, die sowohl Freiwillige- als auch Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung geleistet haben. Der auf der freiwilligen Versicherung beruhende Teil der Rentenzahlung ist daher auch bei Selbständigen auf Grundlage der im Gesetzentwurf geregelten Voraussetzungen weiterhin freizustellen. Im Hinblick auf Leistungen aus Zeiten einer Versicherungspflicht auf Antrag nach § 4 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch ist dagegen anzumerken, dass ausweislich des expliziten Wortlauts im Entwurf des § 82 Absatz 5 Satz 1 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung aus Zeiten einer Versicherungspflicht nicht von der Freibetragsregelung erfasst sind. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 9 – Drucksache 18/12044 18. Fallen auch Zahlungen zum Ausgleich von Abschlägen, die durch das sogenannte Flexirentengesetz nun bereits ab dem 50. Lebensjahr möglich sind, unter die Freibetragsregelung bei der Grundsicherung im Alter, weil sie eben trotz Versicherungspflicht auf freiwilliger Basis geleistet werden, und falls nicht, wie erklärt die Bundesregierung diese Ungleichbehandlung gegenüber anderen freiwilligen Beitragszahlungen? Bei Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung, die auf Zahlungen zum Ausgleich von Abschlägen beruhen, handelt es sich um Ansprüche, die auf freiwilliger Grundlage erworben wurden. Demzufolge sind diese von der Freibetragsregelung in der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung umfasst . Im Übrigen wird auf die Ausführungen in der Antwort zu Frage 15 verwiesen . 19. Wird die Bundesregierung Schritte unternehmen, um eine Reduzierung der hundertprozentigen Beitragslast zur Krankenversicherung für Betriebsrenten auch außerhalb betrieblicher Riester-Renten zu erreichen? Wenn ja, welche Schritte sind geplant? Wenn nein, welche anderen Maßnahmen sieht die Bundesregierung vor, um eine Entlastung der betroffenen Betriebsrentnerinnen und Betriebsrentner sicherzustellen ? Wie kann dabei aus Sicht der Bundesregierung gewährleistet werden, dass diese Entlastung nicht zu Lasten der anderen Beitragszahlerinnen und Beitragszahler in der gesetzlichen Krankenversicherung erfolgt? Die Bundesregierung plant keine weiteren Änderungen in Bezug auf die Krankenversicherungsbeiträge von Versorgungsbezugsempfängern aus betrieblicher Altersvorsorge. Die Verbeitragung von Versorgungsbezügen aus Betriebsrenten ist ein unverzichtbarer Bestandteil für eine solidarische und nachhaltige Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) und für einen ausgewogenen Ausgleich zwischen der Förderung der betrieblichen Altersvorsorge und der Generationengerechtigkeit der GKV. Die derzeitigen Beitragseinnahmen der gesetzlichen Krankenversicherung aus den Versorgungsbezügen belaufen sich auf rund 5,3 Mrd. Euro. Eine Absenkung des Beitragssatzes auf Versorgungsbezüge führt somit zu erheblichen Mindereinnahmen der GKV, die über einen deutlichen Anstieg der Zusatzbeiträge für alle Mitglieder refinanziert werden müssten. Unverzichtbares Element der solidarischen Krankenversicherung ist die Bemessung der Beiträge nach der individuellen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit eines Mitglieds. Wer neben der gesetzlichen Rente über zusätzliche Einkommen aus der betrieblichen Altersversorgung verfügt, hat demnach auch höhere Beiträge zu entrichten. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333