Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz vom 24. April 2017 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 18/12068 18. Wahlperiode 25.04.2017 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Petra Sitte, Halina Wawzyniak, Frank Tempel, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 18/11915 – Verlegerbeteiligung in der Verwertungsgesellschaft WORT V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r In seinem Urteil „Verlegeranteil“ (I ZR 198/13) hat der BGH am 21. April 2016 entschieden, dass die gesetzlichen Vergütungen aus der Privatkopieabgabe ausschließlich den Autoren als den originären Rechteinhabern zustehen. Die in diesem Rechtsstreit unterlegene Verwertungsgesellschaft (VG) WORT hat daraufhin auf ihrer Mitgliederversammlung am 26. November 2016 einen „Korrektur- Verteilungsplan“ beschlossen, der eine „Rückabwicklung“ der unrechtmäßigen Verteilung vorsieht, sofern die entsprechenden Ansprüche noch nicht verjährt waren. Im Zuge dieser Rückabwicklung ist vorgesehen, dass Autoren freiwillig auf einen Teil ihrer Ansprüche verzichten können, wenn die VG WORT den betreffenden Verlagen gegenüber auf einen entsprechenden Teil der Rückforderungen verzichtet. Der Korrekturverteilungsplan ist veröffentlicht unter www. vgwort.de/fileadmin/pdf/verteilungsplan/Korrektur-Verteilungsplan_der_VG_ WORT_2012-2016.pdf, www.vgwort.de/fileadmin/pdf/verteilungsplan/Korrektur- Verteilungsplan_der_VG_WORT_2012-2016.pdf. Die Frist, innerhalb derer Autoren solche Erklärungen abgeben konnten, lief Ende Februar 2017 ab. Vor dem Hintergrund der treuhänderischen Verantwortung der Verwertungsgesellschaft für die ihr anvertrauten Gelder wirft das skizzierte Verfahren etliche Fragen auf. Die Rechtsaufsicht des Deutschen Patent- und Markenamts (DPMA) ist jedoch bislang nicht dagegen eingeschritten. Insofern die Aufsichtsbehörde dem Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) unterstellt ist, fällt dies zumindest mittelbar auch in den Verantwortungsbereich der Bundesregierung. Die Fragesteller möchten mit den vorliegenden Fragen Aufklärung über die Haltung der Bundesregierung zu dem skizzierten Verfahren sowie darüber hinaus zu den Mitwirkungsrechten der Mitglieder und Wahrnehmungsberechtigten von Verwertungsgesellschaften erlangen. V o r b e m e r k u n g d e r B u n d e s r e g i e r u n g Mit dem Verwertungsgesellschaftengesetz (VGG), das am 1. Juni 2016 in Kraft getreten ist, hat der Gesetzgeber das Recht der Verwertungsgesellschaften grundlegend modernisiert und einen zeitgemäßen Rechtsrahmen für die Aufsicht über die Verwertungsgesellschaften geschaffen, die durch das Deutsche Patent- und Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/12068 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Markenamt (DPMA) wahrgenommen wird. Auf dieser Grundlage kontrolliert das DPMA kontinuierlich die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben durch die Verwertungsgesellschaften . In diesem Zusammenhang verfolgt es auch das Vorgehen der VG WORT bei der Rückabwicklung der Verlegerbeteiligung sehr genau und achtet darauf, dass die VG WORT die ihr nach dem VGG obliegenden Pflichten einhält. 1. Welche Erkenntnis hat die Bundesregierung über die Gesamtsumme, die dem BGH-Urteil „Verlegeranteil“ zufolge seit 2002 von der VG WORT an Nichtberechtigte ausgeschüttet wurde? Die Bundesregierung hat keine Erkenntnisse über die Gesamtsumme, die seit 2002 von der VG WORT an Nichtberechtigte ausgeschüttet wurde. Die Höhe der Rückforderungen für die Jahre 2012 bis 2015, die die VG WORT vor dem Hintergrund des BGH-Urteils „Verlegerbeteiligung“ vom 21. April 2016 (GRUR 2016, 596 ff.) gegenüber Verlagen geltend macht, beläuft sich – wie aus öffentlichen Quellen bekannt – auf ca. 100 Mio. Euro. 2. Welche Erkenntnis hat die Bundesregierung über die Gesamtsumme der bislang von Verlagen an die VG WORT zurückgezahlten Vergütungen? Der Bundesregierung liegen abschließende Angaben zur Gesamtsumme der bisherigen Rückzahlungen derzeit nicht vor. 3. Welche Erkenntnis hat die Bundesregierung über die Höhe der Summe, auf die Autoren zugunsten ihrer Verlage verzichten wollen und dies bis Ende Februar 2017 gegenüber der VG WORT erklärt haben? Der Bundesregierung liegen auch hierzu keine abschließenden Angaben vor. 4. Hat die Bundesregierung Kenntnis davon, welcher Anteil dieser Summe auf Verlage mit einem Jahresumsatz von unter 7 Mio. Euro entfällt? Es wird auf die Antwort zu Frage 3 verwiesen. 5. Ist der Bundesregierung bekannt, mit welcher Begründung die VG WORT ihren Wahrnehmungsberechtigten die Einsicht in die im Zuge des Prozesses für – nach Angaben der VG WORT – rund 1 Mio. Euro erstellten Rechtsgutachten verweigert (http://meedia.de/2016/09/12/vg-wort-neuverteilung-dermillionenausschuettung -wird-zur-haengepartie)? Die Bundesregierung äußert sich nicht zu den Beweggründen der VG WORT. 6. Ist der Bundesregierung bekannt, warum die VG WORT ihren Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung (§ 812 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB)) gegen die Verlage bis dato nicht geltend gemacht hat und warum das DPMA als Aufsichtsbehörde die daraus resultierende weitere Gefährdung der Ansprüche der Gesamtgemeinschaft der Urheber bislang nicht unterbunden hat? Wenn ja, welche Schlussfolgerungen zieht sie daraus? Nach Kenntnis der Bundesregierung hat die VG WORT bereits Maßnahmen ergriffen , um die Verteilung zu korrigieren. Der Verwaltungsrat der VG WORT fasste am 10. Oktober 2016 einen Beschluss über die Rückforderung der im Zeitraum 2012 bis 2015 insoweit an Verlage ausgeschütteten Beträge. Auf Grundlage Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/12068 dieses Beschlusses forderte die VG WORT Ende Oktober 2016 die entsprechenden Verlage auf, diese Beträge vollständig bis zum 30. November 2016 zurückzuzahlen . Am 26. November 2016 beschloss die Mitgliederversammlung der VG WORT ein anonymisiertes Verfahren, das auf der Grundlage freiwilliger Abtretungen von Nachforderungsansprüchen durch die Autoren eine Verrechnung von abgetretenen Ansprüchen durch die VG WORT ermöglichte. Der Beschluss sah vor, dass anstelle einer Abtretung eine andere, gleichwertige Vorgehensweise (z. B. Verzichtserklärung) übernommen werden könne, sofern sie steuerrechtlich Vorzug verdiene (vgl. Pressemitteilung der VG WORT vom 27. November 2016). Die Rückabwicklung der Verlegerbeteiligung dauert nach Kenntnis der Bundesregierung derzeit noch an. 7. Ist es aus Sicht der Bundesregierung vor dem Hintergrund des Luksan-Urteils des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) (C-277/10) mit dem Europarecht vereinbar, dass die VG WORT im Zuge ihres Korrekturverteilungsplans ihren Wahrnehmungsberechtigten die Möglichkeit eröffnet, auf einen Teil ihres „gerechten Ausgleichs“ zugunsten von Verlagen zu verzichten ? 8. Ist der Bundesregierung bekannt, warum die VG WORT von ihrem ursprünglich geplanten Modell einer Rechteabtretung auf ein Verzichtsmodell umgestiegen ist (www.vgwort.de/fileadmin/pdf/verteilungsplan/161216_ Brief_an_Verlage_mit_Erkl%C3%A4rung_zu_Informationsverzicht.pdf, ,,Im Ergebnis wurde die zunächst angestrebte Lösung über eine Abtretung des Nachforderungsanspruchs des Autors an seinen Verlag nicht weiter verfolgt . An die Stelle der Abtretung ist vielmehr nunmehr ein Verzicht des Autors getreten“)? Die Fragen 7 und 8 werden gemeinsam beantwortet. Nach Kenntnis der Bundesregierung findet das von der VG WORT beschrittene Verzichtsmodell seine Grundlage im Beschluss der Mitgliederversammlung vom 26. November 2016. Die Beschlussvorlage des Korrektur-Verteilungsplans sah bereits vor, dass auch eine der Abtretung gleichwertige Vorgehensweise (z. B. Verzichtserklärungen) gewählt werden könne, sofern sie steuerrechtlich den Vorzug verdiene. Der von den Autoren gegenüber der VG WORT erklärte Verzicht betrifft die Geltendmachung von Nachforderungsansprüchen gegenüber der VG WORT. 9. Wie ist es aus Sicht des Deutschen Patent- und Markenamts (DPMA) und der Bundesregierung mit dem Treuhandgrundsatz zu vereinbaren, dass die VG WORT, wenn sie auf Teile ihrer Rückforderungen gegenüber Verlagen verzichtet, damit die Summe schmälert, die für die Ausschüttung an alle anderen Wahrnehmungsberechtigten zur Verfügung steht? Nach Kenntnis der Bundesregierung und des DPMA steht die Verzichtserklärung seitens des Autors unter der auflösenden Bedingung, dass die VG WORT ihrerseits rechtsverbindlich und unwiderruflich die Geltendmachung von Rückzahlungsansprüchen für Ausschüttungen in den Jahren 2012 bis 2015 gegenüber dem Verlag in entsprechender Höhe unterlässt. Verzichtserklärungen der Urheber kommen so den betroffenen Verlagen zugute, sie führen aber nicht zu einer Verminderung der Ansprüche von anderen Urhebern, die keine Verzichtserklärung abgegeben haben. Mit diesem Vorgehen verstößt die VG WORT nach derzeitiger Einschätzung nicht gegen die ihr obliegenden Treuhandpflichten. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/12068 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 10. Hat die Bundesregierung Kenntnis davon, wie das DPMA die Tatsache bewertet , dass die VG WORT beabsichtigt, Erträge aus der Wahrnehmung der Ansprüche auf die Gerätevergütung, die sie für die Jahre 2002 bis 2007 erzielt hat, für Ausschüttungen einzusetzen, die sich auf die Abrechnungsjahre 2012 bis 2015 beziehen? Wenn ja, welche Schlussfolgerungen und Konsequenzen zieht sie hieraus? Nach Kenntnis der Bundesregierung sieht der von der Mitgliederversammlung der VG WORT beschlossene Korrektur-Verteilungsplan vor, dass die Autoren eine Nachausschüttung in Höhe des Betrages erhalten, der ihnen aufgrund der Verlegerbeteiligung vorenthalten wurde. Dies gilt auch dann, wenn die VG WORT einen Teil der von den Verlagen geschuldeten Gelder nicht zurückerhält. In diesem Fall zieht die VG WORT zum Ausgleich dieser Ausfälle vorhandene Rückstellungen heran. Nach derzeitiger Kenntnis der Bundesregierung soll dabei vorrangig auf den Teil der Rückstellungen zurückgegriffen werden, der aus nachträglichen Einnahmen aus der Gerätevergütung für Multifunktionsgeräte für die Jahre 2002 bis 2007 gebildet wurde und nicht an einzelne Berechtigte verteilt werden konnte. Dieses Vorgehen ist nach derzeitiger Einschätzung des DPMA aufsichtsrechtlich nicht zu beanstanden. 11. Welche Schlussfolgerungen und Konsequenzen zieht nach Kenntnis der Bundesregierung das DPMA vor dem Hintergrund der Vorgaben zur Mitwirkung der Mitglieder und Berechtigten nach § 16 des Verwertungsgesellschaftengesetzes (VGG) aus der Tatsache, dass bei der Abstimmung über den „Korrekturverteilungsplan“ der VG WORT die Berufsgruppen der Verleger mit vollem Stimmrecht mitwirkten? Nach Kenntnis der Bundesregierung haben alle sechs Berufsgruppen bei der außerordentlichen Mitgliederversammlung der VG WORT am 26. November 2016 den Beschluss über den Korrektur-Verteilungsplan einstimmig angenommen. 12. Welche Schlussfolgerungen und Konsequenzen zieht nach Kenntnis der Bundesregierung das DPMA aus der Tatsache, dass weniger als 1 Prozent der Wahrnehmungsberechtigten der VG WORT als Mitglieder an deren wesentlichen Entscheidungen, etwa über den Verteilungsplanung, mitwirken können, vor dem Hintergrund der Vorgaben von § 16 VGG? Die VG WORT ist nach § 16 VGG verpflichtet, eine faire und ausgewogene Vertretung der verschiedenen Kategorien von Mitgliedern und Berechtigten sicherzustellen . Das DPMA achtet darauf, dass die VG WORT diese Vorgaben erfüllt. 13. Erstreckt sich die Aufsichtspflicht des DPMA im Sinne von § 85 VGG nach Auffassung der Bundesregierung in Bezug auf Verwertungsgesellschaften auch auf vereinsrechtliche Fragen oder lediglich auf Rechtsfragen nach dem VGG? Gemäß § 85 Absatz 1 VGG kann die Aufsichtsbehörde alle erforderlichen Maßnahmen ergreifen, um sicherzustellen, dass Verwertungsgesellschaften die ihnen nach dem Verwertungsgesellschaftengesetz obliegenden Verpflichtungen ordnungsgemäß erfüllen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/12068 14. Teilt die Bundesregierung die vom Vorsitzenden des Ausschusses für Kultur und Medien in der Bundestagsdebatte zur Verlegerbeteiligung (Plenarprotokoll 18/209) geäußerte Auffassung, es sei mit der Novelle des Urhebervertragsrechts gelungen, „die von den Richtern festgestellte Lücke einigermaßen rechtssicher zu schließen“, jedoch bleibe „noch einiges zu tun, damit das auch europarechtlich wasserdicht ist“? Falls ja, in welcher Hinsicht ist das derzeitige nationale Recht aus Sicht der Bundesregierung europarechtlich nicht „wasserdicht“? 15. Gibt es aus Sicht der Bundesregierung derzeit eine europarechtskonforme Rechtsgrundlage dafür, bei den Ausschüttungen der Verwertungsgesellschaften Verleger an gesetzlichen Vergütungsansprüchen zu beteiligen, wenn hierfür keine nachträglich erklärten, individuellen Abtretungen der Anspruchsberechtigten vorliegen? Die Fragen 14 und 15 werden gemeinsam beantwortet. Gemäß § 27a Absatz 1 VGG kann der Urheber nach der Veröffentlichung eines verlegten Werks oder mit der Anmeldung des Werks bei der Verwertungsgesellschaft gegenüber der Verwertungsgesellschaft zustimmen, dass der Verleger an den Einnahmen aus den in § 63a Satz 1 des Urheberrechtsgesetzes (UrhG) genannten gesetzlichen Vergütungsansprüchen beteiligt wird. Diese Vorschrift ist am 24. Dezember 2016 in Kraft getreten. Sie entspricht dem derzeit geltenden Unionsrecht zum „gerechten Ausgleich“ für Privatkopien und Reprographien. Daneben setzt sich die Bundesregierung auf europäischer Ebene weiterhin dafür ein, es Autorinnen und Autoren zukünftig wieder zu ermöglichen, Verlage auch im Rahmen einer Vorausabtretung nach § 63a Satz 2 UrhG an der gesetzlichen Vergütung zu beteiligen (so auch das Petitum des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz des Deutschen Bundestages, Bundestagsdrucksache 18/10637 vom 13. Dezember 2016, S. 25). Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. 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