Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Gesundheit vom 27. April 2017 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 18/12192 18. Wahlperiode 02.05.2017 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Harald Weinberg, Sabine Zimmermann (Zwickau), Matthias W. Birkwald, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 18/11960 – Eigenbeteiligungen von gesetzlich Versicherten bei der Krankenbehandlung V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Gemäß Fünftem Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) müssen Versicherte für die meisten Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung gesetzlich vorgeschriebene Zuzahlungen entrichten. Die Zuzahlungen betragen nach § 61 SGB V im Regelfall 10 Prozent des Preises, mindestens jedoch 5 Euro und höchstens 10 Euro. Als Zuzahlungen zu stationären Maßnahmen werden je Kalendertag 10 Euro erhoben. Bei Heilmitteln und häuslicher Krankenpflege beträgt die Zuzahlung 10 Prozent der Kosten plus 10 Euro je Verordnung. Für eine ambulante ärztliche, zahnärztliche oder psychotherapeutische Behandlung waren bis zum 1. Januar 2017 jeweils 10 Euro für die erste Behandlung im Quartal zu bezahlen. Diese Praxisgebühr für Arztbesuche sollte nach Meinung der Bundesregierung steuernd auf das Verhalten von Versicherten wirken und die Zahl der Arztbesuche verringern. Weil sie die Steuerungswirkung nicht erzielte , aufgrund der Proteste aus der Ärzteschaft wegen zu großer Bürokratie sowie ihrer Unpopularität, wurde sie 2013 aus Sicht der Fragesteller völlig zurecht wieder abgeschafft (http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/17/113/1711396. pdf). Alle anderen Zuzahlungen jedoch wurden nicht abgeschafft, obwohl die Steuerungswirkung der Zuzahlungen gesundheitspolitisch nicht gewollt sein kann, da die betreffenden Leistungen ärztlich verordnet und medizinisch notwendig sind. Ein Verzicht auf diese Leistungen aufgrund finanzieller Erwägungen durch die Versicherten kann nicht nur einen unnötig schweren Krankheitsverlauf, sondern auch regelmäßig hohe Folgekosten nach sich ziehen. Nicht zuletzt durch die 2004 wirksam werdende kräftige Anhebung von Zuzahlungen zu den Leistungen der GKV bewegte sich die Lastenverteilung zwischen Beschäftigten und Arbeitgebern von einer ehemals annähernd gegebenen Parität bereits 2012 auf ein Verhältnis von 60 zu 40 zu, wie die Bundeszentrale für politische Bildung ausführt (www.bpb.de/politik/innenpolitik/gesundheitspolitik/ 179136/lastenverteilung). Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/12192 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Arzneimittel können von der gesetzlichen Zuzahlung befreit werden, wenn ihr Preis mindestens 30 Prozent unter dem Festbetrag liegt und dabei Einsparungen für die Krankenkasse zu erwarten sind (§ 31 Absatz 3 Satz 4 SGB V). Bei einer Absenkung der Festbeträge sinken demnach die Preise für die Krankenkassen und steigen gleichzeitig die Eigenbeteiligungen der Versicherten, da vormals zuzahlungsfreie Arzneimittel nun zuzahlungspflichtig werden. Auch wenn Rabattverträge für Arzneimittel abgeschlossen werden, kann die Krankenkasse auf die Zuzahlung ganz oder teilweise verzichten (§ 31 Absatz 3 Satz 5 SGB V). Versicherte müssen zusätzlich zu den Zuzahlungen für verordnete Leistungen Zahlungen tätigen, die nicht oder nicht vollständig von der gesetzlichen Krankenkasse erstattet werden. Bei Arzneimitteln kann dies gefordert werden, wenn der Preis eines Präparates deutlich über dem Festbetrag nach § 35 SGB V liegt. Diese Eigenbeteiligungen der Versicherten werden als Aufzahlung bezeichnet. Sie werden auch bei Hilfsmitteln und anderen Leistungen häufig erhoben und können ein Vielfaches der außerdem zu tragenden Zuzahlung betragen. Bei Hilfsmittelausschreibungen kam es zu sogenannten Unterkostenangeboten, bei denen von Anbietern Preise offeriert wurden, die ganz offensichtlich nicht kostendeckend waren. Damit wurde der oft exklusive Zugang zu den Versicherten einer Krankenkasse gesichert, denen damit aufschlagspflichtige Angebote unterbreitet werden konnten, die das Unterkostenangebot refinanzierten. Teilweise wurden so die Produkte für Null Euro angeboten (vgl. Anhörung zum Heil- und Hilfsmittelversorgungsstärkungsgesetz am 30. November 2016 www.bundestag. de/ausschuesse18/a14/anhoerungen/hhvg-inhalt-alt/479236). V o r b e m e r k u n g d e r B u n d e s r e g i e r u n g Für die Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) gilt nach § 12 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) das so genannte Wirtschaftlichkeitsgebot . Das heißt, die Leistungen müssen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein und dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Damit wird der Leistungsanspruch der Versicherten im Interesse der Solidargemeinschaft der Beitragszahler konkretisiert. Das Wirtschaftlichkeitsgebot markiert die finanziellen Grenzen, die der Leistungspflicht der GKV von der Belastbarkeit der Beitragszahler und der Leistungsfähigkeit der Volkswirtschaft gezogen werden, und sichert so die finanzielle Stabilität, Funktionstüchtigkeit und Nachhaltigkeit der GKV. Seiner Verantwortung gegenüber den Beitragszahlern und für die Nachhaltigkeit der GKV kommt der Gesetzgeber auch nach, indem er die Zuständigkeit der GKV und den Bereich der Eigenverantwortung der Versicherten sachgerecht voneinander abgrenzt. Dies kann Risikoausschlüsse, Zuzahlungen und auch Eigenbeteiligungen der Versicherten beinhalten. Auf die Vorbemerkung der Bundesregierung zu der Kleinen Anfrage der Fraktion DIE LINKE. auf Bundestagsdrucksache 17/11925 wird ergänzend verwiesen. Auch im von den Fragestellern angesprochenen Bereich der Hilfsmittelversorgung gilt, dass Versicherte einen Anspruch auf die medizinisch notwendige, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung haben. Entscheiden sich Versicherte für Produkte oder damit verbundene Dienstleistungen, die darüber hinausgehen , haben sie die Differenz zwischen den Kosten der von ihnen gewählten Leistung und der Regelleistung der GKV selbst zu tragen. Diese Mehrkostenregelung schützt die Versichertengemeinschaft vor übermäßigen Belastungen und stärkt die Wahlmöglichkeiten der Versicherten. Allerdings gab es Hinweise darauf, dass Versicherte von Leistungserbringern zu Mehrkostenvereinbarungen und damit zu Aufzahlungen über die gesetzliche Zuzahlung hinaus gedrängt werden, ohne über ihre Leistungsansprüche gegenüber der GKV ausreichend informiert zu sein. Deshalb ist mit dem Gesetz zur Stärkung Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/12192 der Heil- und Hilfsmittelversorgung (Heil- und Hilfsmittelversorgungsgesetz – HHVG) vom 4. April 2017 eine Konkretisierung der Beratungspflichten der Leistungserbringer erfolgt. Diese haben die Versicherten zu beraten, welche Hilfsmittel und zusätzlichen Leistungen innerhalb des Sachleistungssystems für sie geeignet sind. Zudem wird mehr Transparenz über die geleisteten Aufzahlungen hergestellt . Die Leistungserbringer müssen im Rahmen der Abrechnung mit den Krankenkassen auch die Höhe der mit den Versicherten vereinbarten Mehrkosten angeben. Der GKV-Spitzenverband wird verpflichtet, erstmals bis zum 30. Juni 2018 und danach jährlich einen nach Produktgruppen des Hilfsmittelverzeichnisses differenzierten Bericht über die Entwicklung der Mehrkostenvereinbarungen für Versorgungen mit Hilfsmittelleistungen zu veröffentlichen. Der Bericht soll Informationen insbesondere über die Zahl der abgeschlossenen Mehrkostenvereinbarungen und die durchschnittliche Höhe der mit ihnen verbundenen Aufzahlungen für die Versicherten enthalten. Gemäß § 31 Absatz 3 Satz 4 SGB V kann der GKV-Spitzenverband Arzneimittel, deren Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers ohne Mehrwertsteuer mindestens 30 Prozent niedriger ist als der jeweils gültige Festbetrag, der diesem Preis zu Grunde liegt, von Zuzahlungen freistellen, wenn die begründete Aussicht besteht, dass dies zu einer Erhöhung des Versorgungsanteils dieser preisgünstigen Arzneimittel führt, woraus sich Einsparungen ergeben, die höher sind als die Einnahmeverluste aufgrund der Freistellung von der Zuzahlung. Eine Absenkung der Festbeträge kann ohne folgende Absenkung der Herstellerabgabepreise zu einem Rückgang zuzahlungsfreier Arzneimittel führen. Niedrigere Festbeträge führen zu geringeren Ausgaben der GKV für diese Arzneimittel und spiegeln sich auch in den Beitragssätzen der GKV wider. 1. Wie hoch war nach Kenntnis der Bundesregierung das jährliche Volumen der geleisteten Zuzahlungen in den vergangenen 15 Jahren jeweils für a) Krankenhausaufenthalte b) Arzneimittel c) Hilfsmittel d) Heilmittel e) häusliche Krankenpflege f) Fahrkosten g) Haushaltshilfe h) Soziotherapie i) Anschlussrehabilitation j) Mutter-/Vater-Kind-Kuren k) Kuren (bitte nach Jahren sowie in Summe und durchschnittlich pro Versicherter /Versichertem aufschlüsseln)? Die in der GKV erhobenen Zuzahlungsvolumina werden erst seit dem Jahr 2005 in den amtlichen Finanzstatistiken erfasst. Danach ergeben sich im Zeitraum 2005 bis 2016 differenziert nach Leistungsbereichen folgende Werte: Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/12192 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Tabelle 1: Zuzahlungen in der GKV 2005 bis 2016 in Mio. Euro 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 Ärztliche Behandlung 1.620 1.556 1.526 1.521 1.502 1.534 1.605 1.674 -- -- -- -- Zahnärztliche Behandlung 384 375 372 402,6 374,5 392 391 407 -- -- -- -- Arznei-, Verband- und Heilmittel aus Apotheken/Arznei- und Verbandmittel von Sonstigen 2.125 2.006 1.642 1.663 1.650 1.701 1.809 1.927 2.013 2.055 2.101 2.176 Heil- und Hilfsmittel 517 514 522 545 544 575 602 618 668 691 714 790 Krankenhausbehandlung 654 736 619 583 596 692 697 694 714 719 760 705 Fahrkosten 66 56 58 61 62 62 61 60 65 65 66 65 Ambulante Vorsorgeleistungen, stationäre Vorsorge- und Rehabilitationsleistungen , medizinische Leistungen für Mütter und Väter 46 61 56 60 68 54 60 62 64 71 77 73 Empfängnisverhütung, Sterilisation , Schwangerschaftsabbruch 3 3 3 3 4 4 5 6 3 2 2 2 Ergänzende Leistungen zu Rehabilitation 4 5 5 7 8 6 7 8 9 9 9 8 Behandlungspflege, Häusliche Krankenpflege 23 26 26 27 31 31 32 39 43 46 49 51 Zuzahlungen zusammen 5.445 5.336 4.830 4.872 4.839 5.052 5.269 5.496 3.578 3.659 3.777 3.870 Erstattungen von Zuzahlungen 410 370 310 301 320 362 387 374 322 276 296 20 Vorauszahlungen auf Zuzahlungen -214 -283 -322 -335 -348 -375 -371 -402 -371 -362 -376 -375 Zuzahlungen inkl. Saldo Erstattungen + Vorauszahlungen 5.249 5.250 4.843 4.906 4.867 5.065 5.252 5.524 3.628 3.745 3.858 3.956 Zuzahlung inkl. Saldo Erstattungen + Vorauszahlungen je Vers. in Euro 74,50 74,57 68,86 69,85 69,51 72,56 75,42 79,25 51,93 53,28 54,54 55,41 Anteil der Zuzahlungen an den GKV-Ausgaben inkl. Zuzahlungen 3,4% 3,1% 2,7% 2,7% 2,8% 2,8% 2,8% 2,9% 1,8% 1,8% 1,8% 1,7% Quelle: GKV-Statistiken KJ1 2010-2015, KV45 2005-2009, 2016 Darüber hinausgehende Differenzierungen sieht die GKV-Statistik nicht vor. 2. Um wie viel Prozent müsste nach Einschätzung der Bundesregierung der allgemeine paritätisch finanzierte Beitragssatz steigen, um den Wegfall der Einnahmen durch Zuzahlungen finanziell auszugleichen? Um welchen Betrag müssten also jeweils Arbeitgeber- und Arbeitnehmerbeitrag steigen, bei einem angenommenen Bruttoeinkommen von 1 000 Euro, 2 000 Euro, 3 000 Euro und 4 000 Euro, um diesen Wegfall auszugleichen? Das derzeit erhobene Zuzahlungsvolumen der GKV entspricht rechnerisch einer Größenordnung von rund 0,3 Beitragssatzpunkten. Dabei bleiben jedoch anfallende Mehrausgaben, die derzeit durch die Steuerungswirkung bestehender Zuzahlungen vermieden werden, unberücksichtigt. Bezogen auf die o. g. monatlichen Bruttoeinkommen entspräche dies Beträgen von rechnerisch 3, 6, 9 und 12 Euro. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/12192 3. Wie viel Geld geben gesetzlich Versicherte durchschnittlich pro Monat für Zuzahlungen aus? Das durchschnittliche monatliche Zuzahlungsvolumen je Versicherter/Versichertem entspricht auf Basis einer jahresdurchschnittlichen Versichertenzahl von rund 71,4 Mio. Euro rechnerisch einem monatlichen Betrag von 4,52 Euro. 4. Wie viele Versicherte haben nach Kenntnis der Bundesregierung in den vergangenen zehn Jahren jährlich eine Befreiung von der Zuzahlung erhalten? Die Entwicklung der auf Basis der Regelungen des § 62 Absatz 1 SGB V von Zuzahlungen in den letzten zehn Jahren freigestellten Personen ergibt sich aus der folgenden Tabelle: Tabelle 2: Anzahl der zuzahlungsbefreiten Versicherten 2007 bis 2016 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 Versicherte gesamt 70.326.816 70.234.292 70.011.718 69.803.227 69.637.270 69.704.314 69.861.165 70.289.806 70.728.398 71.404.445 - davon zuzahlungsbefreite Versicherte gesamt 6.849.145 7.065.859 6.922.894 7.083.855 7.233.047 7.143.063 6.259.997 6.128.549 5.987.676 5.649.143 Quelle: GKV-Statistiken KJ1 2010-2015, KV45 2007-2009, 2016 5. Inwiefern kann die Bundesregierung die postulierte Steuerungswirkung belegen ? 6. Inwiefern stimmt die Bundesregierung der Auffassung der Fragesteller zu, dass die Steuerungswirkung von Zuzahlungen gesundheitspolitisch unerwünscht ist, wenn ärztlich verordnete Leistungen des SGB V aufgrund von Zuzahlungen nicht in Anspruch genommen werden? Die Fragen 5 und 6 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Zur Studienlage hinsichtlich der Steuerungswirkung von Zuzahlungen wird auf den Bericht des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen zur Evaluation der Ausnahmeregelungen von der Zuzahlungspflicht auf Bundestagsdrucksache 17/8722 verwiesen . Zuzahlungen und Eigenbeteiligungen sollen neben ihrem Finanzierungsbeitrag zum Schutz der Solidargemeinschaft vor Überforderung das Bewusstsein für die Kosten medizinischer Leistungen und die Eigenverantwortung der Versicherten stärken. Auf die Antworten zu den Fragen 4a und 4b der Kleinen Anfrage der Fraktion DIE LINKE. auf Bundestagsdrucksache 17/12659 sowie auf die Antworten zu den Fragen 4 und 5 bis 11 zu der Kleinen Anfrage der Fraktion DIE LINKE. auf Bundestagsdrucksache 17/11925 wird verwiesen. Belastungsgrenzen sorgen dabei für die soziale Ausgewogenheit und verhindern, dass Versicherte finanziell überfordert werden und auf medizinisch notwendige Behandlungen verzichten. Ergänzend wird auf die Antworten zu den Fragen 16 bis 18 auf Bundestagsdrucksache 17/12659 verwiesen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/12192 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 7. Sieht es die Bundesregierung als positiv an, wenn Versicherte wegen der Arzneimittelzuzahlung auf ein ärztlich verordnetes Arzneimittel verzichten? 8. Wie viele verordnete Leistungen (insbesondere Arzneimittelverschreibungen ) werden nach Kenntnis der Bundesregierung nicht in Anspruch genommen ? Inwiefern ist eine Abschätzung möglich, wie hoch dabei der Anteil der Steuerungswirkung der Zuzahlungen ist? Die Fragen 7 und 8 werden wegen des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Der Bundesregierung liegen dazu keine Erkenntnisse oder Daten vor. Im Übrigen weist die Bundesregierung darauf hin, dass die Zuzahlungen und Eigenbeteiligungen der Versicherten in der GKV auch – wie die von der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) jährlich aktualisierte Datenbank „Health Data“ regelmäßig zeigt – im internationalen Vergleich sehr moderat und sozial verträglich ausgestaltet sind, so dass niemand aus finanziellen Gründen auf eine notwendige Inanspruchnahme von Gesundheitsleistungen verzichten muss. 9. Für welche Leistungsarten des SGB V ist der Bundesregierung bekannt, dass über die gesetzliche Zuzahlung hinaus Zahlungen von den Versicherten für eine ärztlich verordnete Leistung gezahlt werden? Im Bereich der Versorgung mit Hilfsmitteln haben Versicherte die Mehrkosten und dadurch bedingte höhere Folgekosten zu tragen, wenn sie Hilfsmittel oder zusätzliche Leistungen wählen, die über das Maß des Notwendigen hinausgehen (§ 33 Absatz 1 Satz 6 SGB V). Die Ausgaben für Sehhilfen haben Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, im Regelfall selbst zu tragen. Einen Anspruch auf Sehhilfen haben volljährige Versicherte dann, wenn sie aufgrund ihrer Sehbeeinträchtigung oder Blindheit bei bestmöglicher Brillenkorrektur auf beiden Augen eine schwere Sehbeeinträchtigung mindestens der Stufe 1 nach ICD 10 – GM 2017 (Visus: < 30 Prozent) aufweisen. Diese Ausnahmeregelung wurde mit dem HHVG auch auf Versicherte ausgeweitet, die einen Korrekturbedarf von 6 Dioptrien bei Kurzsichtigkeit bzw. 4 Dioptrien bei Hornhautverkrümmung aufweisen. Anspruch besteht darüber hinaus auf therapeutische Sehhilfen, wenn diese der Behandlung von Augenverletzungen oder Augenerkrankungen dienen (§ 33 Absatz 2 SGB V). Für Zahnersatz leisten die Krankenkassen einen Festzuschuss. Dieser Zuschuss deckt im Regelfall 50 Prozent, bei einem über 5 bzw. 10 Jahre geführten Bonusheft 60 bzw. 65 Prozent der Kosten der Regelversorgung ab. Die Regelversorgung ist die für den jeweiligen Befund medizinisch notwendige, ausreichende und wirtschaftliche Versorgung. Die anderen 50, 40 oder 35 Prozent der Kosten der Regelversorgung hat der Versicherte selbst zu tragen. Versicherte mit einem geringen Einkommen (Einkommensgrenze 2017: 1 190 Euro) haben Anspruch auf den doppelten Festzuschuss, angepasst an die Höhe der für die Regelversorgung tatsächlich entstandenen Kosten. Damit erhalten sie die notwendige Versorgung kostenfrei. Darüber hinaus ermöglicht die gleitende Härtefall-Regelung, dass Versicherte mit einem Einkommen knapp oberhalb der Härtefallgrenzen einen über den Festzuschuss hinausgehenden zusätzlichen Betrag erhalten, der bis zur Höhe des doppelten Festzuschusses reichen kann. Die Höhe des zusätzlichen Zuschusses wird individuell berechnet. Wählen Versicherte einen über die Regelversorgung hinausgehenden gleichartigen Zahnersatz, haben sie die Kosten der Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/12192 zusätzlichen über die Regelversorgung hinausgehenden Leistungen in vollem Umfang selbst zu tragen. Gleichartig ist Zahnersatz, wenn er die Regelversorgung umfasst, jedoch zusätzliche Leistungen aufweist (§ 55 Absatz 4 SGB V). Dazu zählen unter anderem Verblendungen im hinteren Seitenzahngebiet sowie zusätzliche Verbindungselemente an kombiniertem Zahnersatz. In diesen Fällen werden nur die Mehrkosten privatzahnärztlich auf Grundlage der Gebührenordnung für Zahnärzte abgerechnet. Wählen Versicherte eine andersartige Versorgung (§ 55 Absatz 5 SGB V) mit Zahnersatz (z. B. implantatgestützter Zahnersatz) wird die gesamte Versorgung nach GOZ abgerechnet. Eine Mehrkostenregelung existiert auch für die Versorgung mit Zahnfüllungen. Wählen Versicherte bei Zahnfüllungen eine über die vertragszahnärztliche Versorgung hinausgehende Leistung, haben sie die Mehrkosten selbst zu zahlen. In diesen Fällen ist von den Krankenkassen die vergleichbare preisgünstigste plastische Füllung als Sachleistung anzurechnen (§ 28 Satz 2 und 3 SGB V). Bei medizinischen Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft (künstliche Befruchtung) übernehmen die Krankenkassen nach § 27a Absatz 3 SGB V 50 Prozent der mit dem Behandlungsplan genehmigten Kosten. Die Satzung der Krankenkasse kann jedoch nach § 11 Absatz 6 SGB V höhere Erstattungsanteile vorsehen. Darüber hinaus sehen einzelne Bundesländer Kostenzuschüsse für diese Maßnahmen vor. Auch das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) leistet seit dem 1. April 2012 im Rahmen einer Förderrichtlinie eine zusätzliche finanzielle Unterstützung für ungewollt kinderlose Paare, wenn sich das jeweilige Bundesland, in dem das Kinderwunschpaar seinen Hauptwohnsitz hat, in entsprechendem Umfang durch einen Zuschuss beteiligt. 10. Wie hat sich nach Erkenntnissen der Bundesregierung das Volumen für Eigenbeteiligungen über die gesetzliche Zuzahlung hinaus seit 2003 entwickelt (bitte aufschlüsseln nach Leistungsart und insbesondere Hilfsmittel, Arzneimittel und künstliche Befruchtung berücksichtigen)? In der Statistik der GKV werden lediglich die in der Tabelle 1 genannten Zuzahlungsvolumina gesondert erhoben. Darüber hinaus liegen keine Statistiken über das Volumen von Eigenbeteiligungen gesetzlich Krankenversicherter und dessen Entwicklung vor. Ergänzend wird auf die Ausführungen in der Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/12192 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 11. Wie haben sich nach Kenntnis der Bundesregierung seit 2003 die privat getragenen Anteile der gesetzlich Versicherten bei zahnärztlichen Leistungen und Zahnersatz entwickelt? Die Ausgabenanteile der GKV und der Versicherten für zahnärztliche Behandlung und Zahnersatz haben sich seit 2004 wie folgt entwickelt: Tabelle 3 Ausgabenanteil der GKV Ausgabenanteil der Versicherten 2004 74,0% 26,0% 2005 76,7% 23,3% 2006 75,3% 24,7% 2007 75,2% 24,8% 2008 74,2% 25,8% 2009 74,4% 25,6% 2010 73,4% 26,6% 2011 73,1% 26,9% 2012 72,6% 27,4% 2013 74,5% 25,5% 2014 75,2% 24,8% 2015 75,0% 25,0% Quelle: KZBV Statistik Entsprechende Anteilsberechnungen für das Jahr 2003 liegen der Bundesregierung nicht vor. 12. Wie haben sich nach Kenntnis der Bundesregierung seit 2003 die Ausgaben der GKV für zahnärztliche Behandlungen und Zahnersatz entwickelt? Die Ausgaben der GKV für zahnärztliche Behandlung und Zahnersatz haben sich in den Jahren 2003 bis 2016 wie folgt entwickelt: Tabelle 4: Ausgaben für zahnärztliche Behandlung und Zahnersatz in Mio. Euro 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 Ausgaben für zahnärztliche Behandlung in Mio. Euro 8.033 7.592 7.495 7.670 7.856 8.014 8.194 Ausgaben für Zahnersatz in Mio. Euro 3.786 3.669 2.433 2.697 2.832 2.917 3.029 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 Ausgaben für zahnärztliche Behandlung in Mio. Euro 8.308 8.471 8.672 9.513 9.831 10.215 10.615 Ausgaben für Zahnersatz in Mio. Euro 3.116 3.184 3.082 3.111 3.201 3.277 3.262 Quelle: GKV-Statistiken KJ1 2003-2015, KV45 2016 Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 9 – Drucksache 18/12192 13. Wie hat sich die Zahl der nach § 31 Absatz 3 Satz 4 SGB V zuzahlungsbefreiten Arzneimittel nach Kenntnis der Bundesregierung in den Jahren 2010 bis 2015 entwickelt, und welche Angaben kann sie für die ersten Quartale des Jahres 2016 machen? Welche Ursachen sieht die Bundesregierung in dieser Entwicklung, und welche Schlussfolgerungen zieht sie daraus? Die Anzahl zuzahlungsfreigestellter Arzneimittel gemäß § 31 Absatz 3 Satz 4 SGB V stellt sich nach Angaben des GKV-Spitzenverbandes wie folgt dar: Tabelle 5 Stichtag Anzahl zuzahlungsfreigestellter Arzneimittel 01.01.2010 12.436 01.01.2011 6.672 01.01.2012 7.221 01.01.2013 7.221 01.01.2014 5.601 01.01.2015 3.664 01.01.2016 3.959 01.04.2016 3.813 01.07.2016 3.526 01.10.2016 3.621 01.01.2017 3.711 01.04.2017 3.829 Nach Einführung der Regelung zur Möglichkeit der Zuzahlungsfreistellung im Jahr 2006 hat die Zuzahlungsfreistellung bei pharmazeutischen Unternehmern, Ärzten und Versicherten breite Akzeptanz gefunden. Dadurch wurde auch unterhalb der Festbeträge ein wirksamer Preiswettbewerb ausgelöst und den gesetzlichen Krankenkassen wurden zusätzliche Einsparungen erschlossen. Die Zahl der zuzahlungsfreigestellten Arzneimittel hängt auch davon ab, inwieweit die pharmazeutischen Unternehmer zuzahlungsfreigestellte Arzneimittel anbieten. Aber auch die Verbesserung der Möglichkeit zum Abschluss von Rabattverträgen von Krankenkassen mit pharmazeutischen Unternehmern im Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-WSG) hat Einfluss . Bestehen Rabattverträge nach § 130a Absatz 8 SGB V zwischen Krankenkassen und Herstellern von Arzneimitteln, sind Apotheken seit 1. April 2007 gesetzlich zur vorrangigen Abgabe der rabattierten Arzneimittel verpflichtet, sofern die verordnende Ärztin oder der verordnende Arzt dies nicht ausgeschlossen hat. Seit dem 1. Januar 2011 ist gemäß § 35 Absatz 6 SGB V bei Festbetragsanpassungen die Versorgungssituation zuzahlungsfreigestellter Arzneimittel zu berücksichtigen . Danach soll ein von den Kriterien nach § 35 Absatz 5 SGB V abweichender , höherer Festbetrag festgesetzt werden, wenn anderenfalls zu erwarten ist, dass keine hinreichende Anzahl von zuvor von der Zuzahlung freigestellten Arzneimitteln auch weiterhin freigestellt wird. Dies war seit 2011 bei den Festbetragsanpassungen für insgesamt 37 Festbetragsgruppen mit zuzahlungsfreigestellten Arzneimitteln der Fall. Damit besteht ein hinreichender Anreiz für die pharmazeutischen Unternehmer, auch weiterhin zuzahlungsfreigestellte Arzneimittel anzubieten. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/12192 – 10 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 14. Bei wie vielen Arzneimitteln, für die ein Rabattvertrag abgeschlossen wurde, haben die Krankenkassen auf einen Teil oder die vollständige Zuzahlung verzichtet (bitte absolute Zahl und Anteil an Rabattarzneimitteln angeben)? Wie hoch ist die Gesamtsumme an Zuzahlungen, die wegen dieser Ermäßigungen nicht gezahlt werden musste? Zum 1. April 2017 gibt es nach Angaben des GKV-Spitzenverbandes für insgesamt 15.375 Fertigarzneimittel (nach Pharmazentralnummer) Rabattverträge nach § 130a Absatz 8 SGB V mit mindestens einer Krankenkasse. Für 226 Fertigarzneimittel (rd. 1 Prozent) ist die Zuzahlung um die Hälfte ermäßigt, für 3 933 Fertigarzneimittel (rd. 26 Prozent) ist die Zuzahlung vollständig erlassen (ohne gemäß § 31 Absatz 3 Satz 4 SGB V von der Zuzahlung freigestellte Arzneimittel). Angaben zur Gesamtsumme der aufgrund von Rabattverträgen nicht geleisteten Zuzahlungen liegen nicht vor. 15. Welche Steuerungswirkung erhofft sich die Bundesregierung aus der aktuellen Rechtslage, wonach die Versicherten umso mehr Arzneimittel-Zuzahlungen entrichten müssen, je niedriger die Erstattungspreise (Festbeträge) für die Krankenkassen werden und je mehr Arzneimittel aufgrund der 30-Prozent -Regel nicht mehr zuzahlungsbefreit sind? Um den Preiswettbewerb zu stärken, wurde mit dem Gesetz zur Verbesserung der Wirtschaftlichkeit in der Arzneimittelversorgung (AVWG) vom 26. April 2006 die Regelung zur Zuzahlungsfreistellung eingeführt (§ 31 Absatz 3 Satz 4 SGB V). Der GKV-Spitzenverband kann Arzneimittel, deren Preise um mindestens 30 Prozent unterhalb des jeweils gültigen Festbetrags liegen, von der Zuzahlung freistellen, wenn sich hieraus Einsparungen ergeben, die höher sind als der Einnahmeverlust aufgrund der Freistellung von der Zuzahlung. Ob pharmazeutische Unternehmer ihre Preise auf die Zuzahlungsfreistellungsgrenzen absenken, obliegt ihrer unternehmerischen Entscheidung. Anders als bei Festbeträgen, bei denen für Versicherte ein gesetzlicher Anspruch auf eine aufzahlungsfreie Versorgung besteht, gibt es keinen Anspruch auf die Versorgung mit zuzahlungsfreigestellten Arzneimitteln. Durch die Kopplung der Zuzahlungsfreistellungsgrenzen an die Festbeträge ist ein Rückgang der Anzahl zuzahlungsfreigestellter Arzneimittel regelmäßig nach der Anpassung von Festbeträgen zu beobachten. Seit 2011 ist gemäß § 35 Absatz 6 SGB V bei der Anpassung von Festbeträgen die Versorgungsituation zuzahlungsfreigestellter Arzneimittel zu berücksichtigen. Danach soll ein Festbetrag so angepasst werden, dass auch nach der Anpassung eine hinreichende Versorgung mit Arzneimitteln ohne Zuzahlung gewährleistet werden kann. Dies soll auch unterhalb von Zuzahlungsfreistellungsgrenzen einen Preiswettbewerb auslösen , ohne aber die pharmazeutischen Unternehmer, die bereits Arzneimittel im unteren Preissegment anbieten, unter verstärkten Preisdruck zu stellen. Insgesamt wird durch die Regelung des § 35 Absatz 6 SGB V das Zusammenspiel von Festbeträgen und Zuzahlungsfreistellungen unter Versorgungsgesichtspunkten gewährleistet . 16. Wie sind Zuzahlungen bei der Ermittlung des Regelsatzes des Arbeitslosengeldes II (Hartz IV) berücksichtigt (bitte in Euro angeben)? Bei der Ermittlung der Regelbedarfe auf Basis der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) 2013 wurden die in der nachstehenden Tabelle aufgeführten drei Positionen mit regelbedarfsrelevanten Verbrauchsausgaben für Eigenanteile bzw. Zuzahlungen für die Gesundheitspflege (Abteilung 06) berücksichtigt. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 11 – Drucksache 18/12192 Tabelle 6 – Regelbedarfsrelevante Verbrauchsausgaben für Eigenanteile bzw. Zuzahlungen in Abteilung 6 – Gesundheitspflege für Erwachsene lfd. Nr. Code Gegenstand der Nachweisung durchschnittliche monatliche Ausgaben der Referenzhaushalte in Euro regelbedarfsrelevanter Anteil regelbedarfsrelevante Verbrauchsausgaben in Euro 36 0611 010 pharmazeutische Erzeugnisse – für gesetzlich Krankenversicherte – mit Rezept (nur Eigenanteil / Zuzahlung) 3,56 100,00% 3,56 38 0612 010 andere medizinische Erzeugnisse – für gesetzlich Krankenversicherte – mit Rezept (nur Eigenanteil /Zuzahlung) 0,52 100,00% 0,52 40 0613 900 therapeutische Mittel und Geräte (einschl. Eigenanteile) 2,70 100,00% 2,70 Quelle: Bundestagsdrucksache 18/9984, S. 41. Zahlen für die entsprechenden regelbedarfsrelevanten Ausgaben von Kindern und Jugendlichen finden sich auf Bundestagsdrucksache 18/9984 auf den Seiten 55, 64 und 74/75. 17. Inwiefern ist es nach Kenntnis der Bundesregierung möglich, dass Menschen aufgrund von Zuzahlungen unter das Existenzminimum fallen? Um sicherzustellen, dass Versicherte durch Zuzahlungen nicht unverhältnismäßig belastet werden, sind diese entsprechend den Regelungen des § 62 SGB V nur bis zu bestimmten Belastungsgrenzen zu leisten. Die Belastungsgrenze wird auf der Basis der jährlichen Bruttoeinnahmen zum Lebensunterhalt ermittelt und sorgt dafür, dass kranke und behinderte Menschen die von ihnen benötigte medizinische Versorgung in vollem Umfang erhalten. Wird die Belastungsgrenze bereits vor Ende eines Kalenderjahres erreicht, hat die Krankenkasse eine Bescheinigung darüber zu erteilen, dass für den Rest des Kalenderjahres keine Zuzahlungen mehr zu leisten sind. Für Versicherte, die Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) sowie Hilfe zum Lebensunterhalt oder Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) -Sozialhilfe- erhalten, wurde mit dem Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GMG) eine im Vergleich zu den übrigen Versicherten günstigere Regelung getroffen. Für die Ermittlung der Belastungsgrenze in diesen Fällen wird als Bruttoeinnahme einmalig der Regelbedarf bzw. der Regelsatz in Höhe der Regelbedarfsstufe 1 zugrunde gelegt. Für Bedarfsgemeinschaften im Sinne des § 62 Absatz 2 Satz 5 und 6 SGB V ergibt sich deshalb die Höhe der Belastungsgrenze ausschließlich nach dem Regelbedarf nach dem SGB II beziehungsweise dem Regelsatz nach dem SGB XII einer Person, nicht aber nach dem Regelbedarf oder Regelsatz für jede leistungsberechtigte Person. Chronisch kranke Personen haben somit in einem Kalenderjahr Zuzahlungen in Höhe von einem Prozent, nicht chronisch kranke Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/12192 – 12 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Personen haben eine Zuzahlung von zwei Prozent des Regelbedarfs oder des Regelsatzes eines Alleinstehenden zu leisten. Bei stationären Leistungen beziehungsweise bei Krankenhausbehandlungen beträgt die Zuzahlung 10 Euro je Kalendertag , deren Anzahl auf 28 Tage im Kalenderjahr begrenzt ist. Diese besonderen Regelungen für Zuzahlungen für Hilfebedürftige gelten auch für Personen, die weder gesetzlich noch privat krankenversichert sind, weil sie nicht der Absicherungspflicht für den Krankheitsfall unterliegen und deshalb im Bedarfsfall Hilfen der Gesundheit nach dem Fünften Kapitel des SGB XII erhalten . Zuzahlungen werden bei der Ermittlung des Regelbedarfs bzw. Regelsatzes berücksichtigt (vgl. Antwort zu Frage 16). Entsprechende Aufwendungen sind damit durch den Regelbedarf bzw. den Regelsatz abgedeckt. Sofern die Zuzahlungen in Einzelfällen nachweisbar nicht in der sich ergebenden Höhe getragen werden können, weil es beispielsweise am Jahresanfang zu einer Kumulation von Zuzahlungen für Medikamente und stationäre Leistungen kommt, besteht nach § 24 Absatz 1 SGB II oder nach § 37 Absatz 1 SGB XII die Möglichkeit der Gewährung eines Darlehens zur Deckung eines nach den Umständen unabweisbaren Bedarfs. Für Leistungsberechtigte nach dem SGB XII, die in einer stationären Einrichtung untergebracht sind, werden die Zuzahlungen zu Jahresbeginn durch ein Darlehen vorfinanziert, sofern die leistungsberechtigte Person dem nicht widerspricht. Aufgrund dieser besonderen Regelungen kommt es durch die Zuzahlungen nicht zu einer Unterschreitung des Existenzminimums. 18. Wie viel Kosten fallen nach Kenntnis der Bundesregierung für die Erhebung der Zuzahlungen, die Prüfung und Erstellung von Befreiungen, den Einzug von Zuzahlungen durch die für Leistungserbringerinnen und Leistungserbringer an? Der Bundesregierung liegen keine Erkenntnisse über die mit der Erhebung der Zuzahlungen in der GKV verbundenen Kosten vor. 19. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über sogenannte Unterkostenangebote , bei denen nicht kostendeckende Angebote bei Hilfsmittelausschreibungen eingereicht werden, weil von den Anbietern von vornherein mit dem Verkauf aufzahlungspflichtiger Produkte kalkuliert wird? 20. Inwiefern sind Unterkostenangebote nach Ansicht der Bundesregierung mit dem Wettbewerbsrecht vereinbar? Wie sind hier gegebenenfalls wettbewerbsrechtliche Sanktionen möglich? 21. Inwiefern hat die Krankenkasse die Möglichkeit, ein Unterkostenangebot zu identifizieren, wenn nur oder überwiegend Unterkostenangebote eingereicht werden? Sieht die Bundesregierung hier Handlungsbedarf, etwa in Bezug auf eine verpflichtende Plausibilitätsprüfung über die Offenlegung der Kalkulation? Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 13 – Drucksache 18/12192 22. Inwiefern sind nach Ansicht der Bundesregierung Unterkostenangebote mit den Regelungen des Heil- und Hilfsmittelversorgungsstärkungsgesetzes (HHVG) zuverlässig ausgeschlossen? Inwiefern sind nach Ansicht der Bundesregierung auch Unterkostenangebote unter Einhaltung der neu gefassten Regelungen zur Hilfsmittelqualität im HHVG denkbar? Die Fragen 19 bis 22 werden wegen des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Der Bundesregierung liegen keine Daten dazu vor, ob und gegebenenfalls wie häufig es zu sogenannten Unterkostenangeboten im Rahmen von Hilfsmittelausschreibungen kommt. Im Rahmen wettbewerblicher Ausschreibungsverfahren gelten auch für die gesetzlichen Krankenkassen nach den §§ 69 Absatz 3, 127 Absatz 1 SGB V die vergaberechtlichen Bestimmungen des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) und der Verordnung über die Vergabe öffentlicher Aufträge (Vergabeverordnung – VgV). § 60 VgV regelt den Umgang mit ungewöhnlich niedrigen Angeboten. Erscheinen der Preis oder die Kosten eines Angebots im Verhältnis zu der zu erbringenden Leistung ungewöhnlich niedrig, ist der öffentliche Auftraggeber verpflichtet, vom Bieter Aufklärung zu verlangen und die Zusammensetzung des Angebots zu prüfen. Anhaltspunkte für ungewöhnlich niedrige Angebote können insbesondere ein signifikanter Abstand zum nächstgünstigen Gebot oder eine augenfällige Abweichung von preislichen Erfahrungswerten aus anderen Beschaffungsvorgängen sein. Schon die nicht zufriedenstellende Aufklärbarkeit der geringen Höhe des angebotenen Preises oder der angebotenen Kosten berechtigt nach § 60 Absatz 3 Satz 1 VgV zur Ablehnung des Angebots. Der öffentliche Auftraggeber hat nach § 60 Absatz 3 Satz 2 VgV das Angebot abzulehnen, wenn er festgestellt, dass der Preis oder die Kosten des Angebots ungewöhnlich niedrig sind, weil zwingende rechtliche Verpflichtungen nicht eingehalten werden. Versicherte haben unabhängig vom Verfahren, in dem Versorgungsverträge mit den Leistungserbringern von Hilfsmitteln geschlossen werden, Anspruch auf die medizinisch notwendige, wirtschaftliche und zweckmäßige Versorgung ohne Aufzahlungen. Dieser Anspruch wurde mit dem HHVG weiterentwickelt. So ist gesetzlich klargestellt, dass bei wettbewerblichen Ausschreibungen nach § 127 Absatz 1 SGB V eine hinreichende Auswahl an mehrkostenfreien Hilfsmitteln und die Qualität der Hilfsmittel sicherzustellen ist. Die Anforderungen des Hilfsmittelverzeichnisses sind dabei mindestens einzuhalten. Darüber hinaus darf nach § 127 Absatz 1a SGB V der Preis bei öffentlichen Auftragsvergaben nicht allein maßgeblich sein, sondern von der ausschreibenden Krankenkasse sind weitergehende qualitative Aspekte angemessen zu berücksichtigen. Die Geltung des § 60 VgV über den Ausschluss ungewöhnlich niedriger Angebote ist gesetzlich klargestellt . Zudem sind nach der neuen Rechtslage die Krankenkassen zur Überwachung der Einhaltung der Vertragsinhalte durch die Leistungserbringer verpflichtet . Dazu führen sie Auffälligkeits- und Stichprobenprüfungen durch. Der GKV- Spitzenverband hat bis zum 30. Juni 2017 Rahmenempfehlungen zum Umfang der Stichprobenprüfungen in den verschiedenen Produktbereichen, zu möglichen weiteren Überwachungsinstrumenten und dafür abzugeben, wann Auffälligkeiten anzunehmen sind. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/12192 – 14 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 23. Welche Summe würden die gesetzlichen Krankenkassen nach Erkenntnissen der Bundesregierung einsparen, wenn die mit dem GKV-Spitzenverband ausgehandelten rabattierten Erstattungspreise rückwirkend im ersten Jahr gelten würden? Nach § 130b SGB V vereinbart der GKV-Spitzenverband Erstattungsbeträge für Arzneimittel auf Grundlage des im Rahmen der Nutzenbewertung nach § 35a SGB V festgestellten Zusatznutzens. Der Erstattungsbetrag gilt ab dem 13. Monat nach dem erstmaligen Inverkehrbringen eines Arzneimittels beziehungsweise nach Zulassung eines neuen Anwendungsgebiets. Innerhalb der ersten zwölf Monate wird die Nutzenbewertung durchgeführt und der Erstattungsbetrag verhandelt . Diese Regelung hat dazu geführt, dass innovative Arzneimittel den Patientinnen und Patienten sehr schnell zur Verfügung stehen. Die freie Preisbildung im ersten Jahr soll zum Erhalt der Innovationfähigkeit beitragen. Unter der Annahme, dass die Erstattungsbeträge seit dem Jahr 2011 rückwirkend ab dem Beginn der Nutzenbewertung gegolten hätten, ergeben sich nach Berechnungen des GKV-Spitzen-verbands auf Grundlage der Apothekenverkaufspreise, korrigiert um die jeweils anzuwendenden gesetzlichen Abschläge nach § 130a SGB V, für die Jahre 2011 bis 2016 rechnerisch Minderausgaben von durchschnittlich rund 130 Mio. Euro pro Jahr. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333