Deutscher Bundestag Drucksache 18/1222 18. Wahlperiode 24.04.2014 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Sevim Dağdelen, Dr. Sahra Wagenknecht, Annette Groth, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 18/1091 – Beteiligung der extremen Rechten an der ukrainischen Regierung Vo r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Nach dem Rücktritt des Verteidigungsministers der Ukraine, Ihor Tenjuch, mit dem sich der deutsche Botschafter in der Ukraine noch am 13. März 2014 traf, um über die Krim zu sprechen (Nachmeldung zur Nachfrage zur Schriftlichen Frage 18 auf Bundestagsdrucksache 18/815), stellt die extrem rechte Partei „Swoboda“ neben dem Vizepremier, Olexander Sytsch, der für humanitäre Politik, nun auch für den „Schutz nationaler Minderheiten“ zuständig (www. spiegel.de/politik/ausland/ukraine-kiews-regierung-ist-zum-scheitern-verurteilt-a- 960461.html) und zugleich stellvertretender Vorsitzender der extrem rechten Partei „Swoboda“ ist, zwei weitere Minister: den Landwirtschafts- und Ernährungsminister , Ihor Schwajka, und den Minister für Energie und Naturressourcen , Andrij Mochnyk. Darüber hinaus werden dem parteilosen Bildungsminister , Serhij Kwit, Sympathien für den „Rechten Sektor“ nachgesagt. Der parteilose Minister für Jugend und Sport, Dmitro Bulatow, ist Mitglied der extrem rechten „Ukrainische Nationalversammlung – Selbstverteidigung des Ukrainischen Volkes“ (UNA-UNSO). Die Regierungsbeauftragte für Fragen der Antikorruptionspolitik, Tetjana Tschornowol, war früher an Aktionen der UNA-UNSO beteiligt und war deren Pressesprecherin, bevor sie die UNAUNSO verließ. Grund war der aus ihrer Sicht von der UNA-UNSO begangene Prinzipienverrat, der darin bestand, dass die UNA-UNSO nach der Aktion „Ukraine ohne Kutschma“ Verhandlungen mit der Regierung aufnahm (http:// mediananny.com/intervju/13312). Auch der Generalstaatsanwalt der Ukraine, Oleh Machnitzkij, ist Mitglied der „Swoboda“. Als Anwalt verteidigte er seinerzeit den Vorsitzenden von „Swoboda“, Oleg Tjagnibok, der wegen einer antisemitischen Hetzrede vor Gericht stand (www.publikative.org/2014/03/20/regierungsbeteiligung-derextremen -rechten-in-der-ukraine/). Der Chef des Rats für die Nationale Sicherheit und Verteidigung, Andrij Parubij, war Mitbegründer der Swoboda-Vorgängerpartei , der „Sozial-nationalen Partei der Ukraine“. Und Dmitro Jarosch, Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Auswärtigen Amts vom 22. April 2014 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. ehemaliger Maidan-Kommandant, „Führer“ der extrem rechten Organisationen „Trysub“ („Dreizack“) und „Prawyj Sektor“ („Rechter Sektor“), ist Andreij Parubijs Stellvertreter im Rat (Schriftliche Fragen 17 bis 19 auf Bundestagsdrucksache 18/815). Drucksache 18/1222 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Im „Cicero“ vom 19. März 2014 heißt es: „Besonders ärgerlich ist aber, dass der berechtigte Hinweis auf die tatsächliche Beteiligung derart radikaler Kräfte an der ukrainischen Revolution von den russischen Gegenspielern mit dem Hinweis abgetan wird, damit gehe man bloß Putins Propaganda auf den Leim. Denn ganz so einfach ist es eben nicht.“ (www.cicero.de/weltbuehne/swobodader -westen-unterschaetzt-die-ukrainischen-rechtsextremen/57253). 1. Inwieweit kann die Bundesregierung die Angaben der ukrainischen Rüstungsexportagentur bestätigen, auf die sich das schwedische Friedensforschungsinstitut SIPRI beruft, wonach sich der ukrainische Export von Pistolen und Gewehren in dem Fünfjahreszeitraum der Jahre 2008 bis 2012 auf etwa 173 633 derartiger Waffen belief (www.sipri.org/research/armaments/ transfers/transparency/national_reports/ukraine/), wobei es in den Jahren von 2008 bis 2012 eine Steigerung von 5 260 Pistolen und Gewehren auf 28 821 (2011: 66 824) gab? Der Bundesregierung liegen hierzu keine eigenen Erkenntnisse vor, sie verweist jedoch auf die Angaben im Waffenhandelsregister der Vereinten Nationen. 2. Wer ist nach Kenntnis der Bundesregierung der bzw. sind die Hersteller der von der Ukraine gelieferten Pistolen und Gewehren, und an welche Firmen sind diese Waffen verkauft bzw. geliefert worden (bitte den bzw. die Hersteller, Sitz des Unternehmens sowie Bezeichnung der Waffen und die dazugehörigen Käufer und Empfänger mit Sitz des Unternehmens entsprechend der Jahre 2008 bis 2012 auflisten)? Nach Kenntnis der Bundesregierung hat die Ukraine hauptsächlich Pistolen und Gewehre russischer bzw. sowjetischer Herkunft exportiert (Sturmgewehre AK-47, AK-74, AKMS und weitere Versionen dieser Waffe). Hersteller sind vor allem die russische Firma Concern Kalashnikov (früher Izhmash und Izhevsk Mechanical Plant) sowie weltweit etwa 30 Lizenzproduzenten. Käufer der Waffen sind nach Kenntnis der Bundesregierung in der Regel die jeweiligen Streitkräfte der Empfängerstaaten bzw. deren Einkaufsorganisationen. Abnehmer der Jagd- oder Sportwaffen in Nordamerika und Westeuropa sind in der Regel lizenzierte Waffenhandelsfirmen. Für Einfuhrgenehmigungen in die Bundesrepublik Deutschland von Waffen, die dem Kriegswaffenkontrollgesetz unterliegen, ist das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie zuständig. Für Einfuhrgenehmigungen von Waffen, die dem Waffengesetz unterliegen, sind die Waffenbehörden der Länder zuständig. Im genannten Zeitraum wurde die Einfuhr von halbautomatischen Gewehren des Typs SKS Simonov aus der Ukraine nach Deutschland genehmigt. Absender dieser Einfuhren ist ein ukrainisches Staatsunternehmen. Die Namen von Absender und Empfänger können nicht genannt werden, da die Lieferbeziehung der deutschen Vertragspartner ein Geschäfts- und Betriebsgeheimnis darstellt. Darüber hinaus liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor. 3. Inwieweit ist der Bundesregierung bekannt, dass der US-amerikanische Thinktank „Jamestown Foundation“ darüber berichtete, dass diese Einkäufe für verdeckte Operationen in Syrien genutzt werden könnten (www. jamestown.org/programs/edm/single/?tx_ttnews[tt_news]=40251&cHash= dc1ee159354f36364d507f55fabde69d), und hat die Bundesregierung diesbezügliche Kenntnisse? Der Bundesregierung ist eine entsprechende Meldung auf der Website der „Jamestown Foundation“ bekannt, welche ihrerseits u. a. Bezug nimmt auf Meldungen einer ukrainischen Online-Publikation (Ukrainska Pravda). Der Bundesregierung liegen keine eigenen Erkenntnisse hierzu vor. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/1222 4. Inwieweit waren Bundeswehr, Militärischer Abschirmdienst (MAD) oder Bundesnachrichtendienst (BND) nach Kenntnis der Bundesregierung möglicherweise in den Kauf dieser Waffen involviert? Die Bundeswehr, der MAD und der BND waren nicht in den Kauf dieser Waffen involviert. 5. Welche ukrainischen Firmen haben nach Kenntnis der Bundesregierung diese Waffen verkauft (bitte nach Name der Firma, Sitz des Unternehmens sowie Art der Waffen auflisten)? Nach Kenntnis der Bundesregierung werden auf Seiten der Ukraine die Waffenexporte in der Regel über den Staatskonzern Ukroboronprom und die ihm unterstellten Firmen Ukrspecexport, Ukrinmash und Ukroboronservice gesteuert. Die Art der verkauften Waffen ist der Bundesregierung nicht im Einzelnen bekannt. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 2 verwiesen. 6. Zu welchen Zwecken wurden diese Waffen nach Kenntnis der Bundesregierung importiert? Der Bundesregierung ist bekannt, dass halbautomatische Gewehre des Typs SKS Simonov zum Zwecke der Modifikation in Deutschland gemäß der gesetzlichen Bestimmungen für Zivilwaffen der Empfängerländer in Nordamerika und Europa eingeführt wurden. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 2 verwiesen. 7. Wo befinden sich nach Kenntnis der Bundesregierung diese Waffen jetzt? Auf die Antworten zu den Fragen 2 und 6 wird verwiesen. 8. Inwieweit ist eine Teilnahme der Bundeswehr an dem für Juli 2014 geplanten gemeinsamen Manöver „Rapid Trident“ (Schneller Dreizack) der USA und der Ukraine in der Ukraine geplant? a) Ist nach Kenntnis der Bundesregierung der Einsatz eines Fachmanns, eines so genannten Subject Matter Experts oder auch eines TransallTransportflugzeuges geplant (http://augengeradeaus.net/2014/03/ manover-in-osteuropa-und-der-ukraine-deutschland-bleibt-vorsichtig/)? b) Ist darüber hinaus eine Teilnahme der Bundeswehr geplant, und wenn ja, mit welchen, und wie vielen Land-, Luft-, See- und Spezialkräften, und mit welchem Material? c) Inwieweit könnte nach Kenntnis der Bundesregierung in der derzeitigen Lage militärisches Material, wie ein Transallflugzeug mit dem Eisernen Kreuz auf dem Rumpf, auf einem ukrainischen Flugplatz vielleicht genau das sein, was nicht so gerne gesehen würde (http://augengeradeaus. net/2014/03/manover-in-osteuropa-und-der-ukraine-deutschland-bleibtvorsichtig /)? Die Entscheidung über die Durchführung der Übung liegt im ukrainischen bzw. US-Ermessen. Über die Beteiligung der Bundeswehr in diesem Jahr wird im Lichte der weiteren Entwicklungen entschieden. Drucksache 18/1222 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode d) Welche weiteren Länder sind nach Kenntnis der Bundesregierung an dem Manöver mit welchen Land-, Luft-, See-, Spezialkräften und Material beteiligt? Die Übung findet jährlich unter Teilnahme verschiedener Nationen statt. Der Bundesregierung liegen hierzu keine näheren Erkenntnisse vor. 9. Inwieweit war die Bundeswehr in den Jahren 2003 bis 2013 an dem von 1998 bis 2002 als „Peace Shield“ bezeichneten Manöver „Rapid Trident“ beteiligt? Die Bundeswehr war in den Jahren 2010 und 2013 beteiligt. Die Teilnahme erfolgte jeweils größtenteils mit Einzelpersonal aus den Bereichen Streitkräftebasis und Heer. 10. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die beteiligten militärischen Kräfte der Ukraine? Nach Kenntnis der Bundesregierung hat sich die Ukraine im Jahr 2013 mit etwa 700 Soldaten an der Übung beteiligt. 11. Inwieweit hat die Bundesregierung Kenntnis darüber, dass die unter dem Namen „Blackwater“ bekannt gewordene US-Söldnerfirma, die nach etlichen Skandalen, u. a. um ihr brutales Vorgehen im Irak-Krieg, zunächst in „Xe Services“ und dann in „Academi“ umbenannt wurde, in der Ukraine, beispielsweise in Donezk, seitens aufseiten der neuen De-factoRegierung , also der neu eingesetzten Gouverneure, im Einsatz sind (www. dailymail.co.uk/news/article-2576490/Are-Blackwater-active-UkraineVideos -spark-talk-U-S-mercenary-outfit-deployed-Donetsk.html)? Die Bundesregierung hat keine eigenen Kenntnisse darüber, ob Personal amerikanischer Sicherheitsunternehmen in der Ukraine eingesetzt wird. Das in Medienberichten genannte amerikanische Unternehmen hat den Einsatz eigenen Personals in der Ukraine dementiert. 12. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über den Verbleib des „Volksgouverneurs “ von Donezk, Pawel Gubarew, der von den ukrainischen Sicherheitskräften am 6. März 2014 festgenommen worden war (www.ntv .de/politik/Demonstranten-in-Donezk-fordern-Referendumarticle 12468741.html)? Nach Kenntnis der Bundesregierung befindet sich Pawel Gubarew derzeit in Untersuchungshaft. 13. Inwieweit ist die aus der Fusion von mehreren Organisationen der extremen Rechten, darunter die in der Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage zu Frage 38 auf Bundestagsdrucksache 18/863 als „rechtsextrem “ eingestufte „Ukrainische Nationalversammlung – Selbstverteidigung des Ukrainischen Volkes“ (UNA-UNSO) und „Trisub“ (Dreizack) hervorgegangene Partei „Rechter Sektor“ nach Kenntnis der Bundesregierung als „rechtsextrem“ bzw. faschistisch zu bezeichnen? Die Gruppierung „Rechter Sektor“ wurde bisher nicht als Partei registriert. Zur Ausrichtung anderer genannter Gruppierungen wird auf die Antworten der Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/1222 Bundesregierung auf die Kleinen Anfragen der Fraktion DIE LINKE. auf Bundestagsdrucksache 18/863 vom 18. März 2014 und Bundestagsdrucksache 18/1105 vom 9. April 2014 verwiesen. 14. Inwieweit hat nach Kenntnis der Bundesregierung Dmitrij Jarosch, Vizechef des Nationalen Sicherheits- und Verteidigungsrat der Ukraine, Doku Umarow, Drahtzieher schwerer Bombenanschläge in Russland und auch von den USA international gesucht (www.handelsblatt.com/politik/ international/islamisten-website-tschetschenischer-topterrorist-umarowgestorben /9635264.html), um Anschläge in Russland ersucht, oder ist dies eine Fehlinformation, die Hacker Dmitrij Jarosch beschert haben (www.faz.net/aktuell/feuilleton/krim-krise-putins-gefaehrliche-wette- 12828350.html)? Der Bundesregierung liegen hierzu keine eigenen Erkenntnisse vor. 15. Inwieweit hat die Bundesregierung Kenntnis darüber, dass, nachdem Ende Februar 2014 von radikalen Kräften bereits 1 200 Schusswaffen gestohlen worden sein sollen, darunter hauptsächlich Makarovs, wiederholt in großer Zahl militärische Schusswaffen und die dazugehörende Munition aus einem Lager in der West-Ukraine entwendet wurde und dass 5 000 Sturmgewehre vom Typ Kalaschnikow, 2 700 Makarov-Handfeuerwaffen, 123 leichte Maschinengewehre und zwölf Raketenwerfer vom Typ 12 Shmel samt Munition sowie 1 500 Handgranaten unauffindbar sind (www.shortnews.de/id/1080606/ukraine-kalaschnikows-raketenwerferund -maschinengewehre-verschwunden)? Der Bundesregierung sind entsprechende Berichte bekannt. Danach haben unbekannte Protestierende in der Nacht vom 18. auf den 19. Februar 2014 in Lemberg das Hauptgebäude der Miliz sowie weitere Gebäude der Miliz, des Sicherheitsdienstes und der Staatsanwaltschaft gestürmt. Nach Kenntnis der Bundesregierung ermitteln die ukrainischen Sicherheitsbehörden in der Angelegenheit. Nach Angaben des Leiters der Miliz der Stadt Lemberg wurden in der genannten Nacht etwa 1 200 Schusswaffen gestohlen. Etwa die Hälfte der Waffen konnte sichergestellt werden bzw. wurde freiwillig zurückgegeben, nach den übrigen wird weiter gesucht. Das ukrainische Innenministerium hat die Frist zur freiwilligen Abgabe der Waffen bis zum 30. April 2014 verlängert. 16. Inwieweit ist der Bundesregierung bekannt, dass der inzwischen am 25. März 2014 von ukrainischen Polizisten erschossene (Reuters vom 25. März 2014) Koordinator der extrem rechten Organisation „Prawyj Sektor“ (Rechter Sektor) in Riwne (West-Ukraine) und Führer der UNAUNSO , die Teil des inzwischen als Partei konstituierten „Prawyj Sektor“ ist, Olexandr Iwanowytsch Musytschko, im Jahr 1994, das heißt während des Ersten Tschetschenienkrieges in Tschetschenien, eine Abteilung der UNA-UNSO „Viking“ in der Einheit des tschetschenischen Terroristen Schamil Bassajew befehligte (http://una-unso.in.ua/rivne/?p=949)? Der Bundesregierung ist bekannt, dass Olexandr Iwanowytsch Musytschko in den 90er-Jahren in Tschetschenien gekämpft haben soll. Weitere Erkenntnisse hierzu liegen nicht vor. Drucksache 18/1222 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 17. Inwieweit war der Bundesregierung bekannt, dass „Swoboda“ den Vizepremier und drei Minister (Verteidigungsminister, Landwirtschafts- und Ernährungsminister sowie den Minister für Energie und Naturressourcen) mit Datum vom 19. März 2014 stellte und nicht, wie der Staatsminister im Auswärtigen Amt, Michael Roth, in der Fragestunde am 19. März 2014 behauptete, zwei (Plenarprotokoll 18/22, S. 1691)? Der mittlerweile der Regierung nicht mehr angehörende ehemalige Verteidigungsminister Igor Tenjuch ist nach Kenntnis der Bundesregierung Mitglied der Partei „Swoboda“. Er gehörte im Gegensatz zum Landwirtschafts- und Ernährungsminister sowie dem Minister für Energie und Naturressourcen jedoch nicht der Swoboda-Fraktion im ukrainischen Parlament an. 18. Inwieweit ist der Bundesregierung bekannt, dass über die „Swoboda“- Minister hinaus, dem parteilosen Bildungsminister, Serhij Kwit, eine Nähe zum „Rechten Sektor“ attestiert wird, der parteilose Minister für Jugend und Sport, Dmitro Bulatow, Mitglied der extrem rechten UNAUNSO ist und die Regierungsbeauftragte für Fragen der Antikorruptionspolitik , Tetjana Tschornowol, früher an Aktionen der UNA-UNSO aktiv beteiligt war (http://mediananny.com/intervju/13312)? Der Bundesregierung sind entsprechende Behauptungen im Hinblick auf Serhij Kwit bekannt. Dasselbe gilt für Dmitro Bulatow, sie hat jedoch keine eigenen Erkenntnisse, welche dies belegen. Der Bundesregierung ist bekannt, dass Tetjana Tschornowol früher an Aktionen der UNA-UNSO beteiligt war. 19. Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus dieser Häufung extrem rechter Kräfte in den ukrainischen Führungsstrukturen vor dem Hintergrund, dass auch der Sekretär des Nationalen Sicherheits- und Verteidigungsrats der Ukraine, Andrej Parubij, der im Jahr 1991 zusammen mit Oleg Tjagnibok Gründer der Sozial-Nationalen Partei der Ukraine (SNPU) war, aus der im Jahr 2004 die Allukrainische Vereinigung „Swoboda“ hervorging, sowie dessen Stellvertreter, Dmitrij Jarosch, Führer des „Rechten Sektors“, und Oleg Machnitzkij als Generalstaatsanwalt der Ukraine entweder eng mit „Swoboda“ vernetzt oder deren Mitglieder waren bzw. sind? Zur Einschätzung der Partei „Swoboda“ wird auf die Antworten der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE. auf Bundestagsdrucksache 18/863 vom 18. März 2014 und Bundestagsdrucksache 18/1105 vom 9. April 2014 verwiesen. Die Bundesregierung tritt in ihren Gesprächen mit der ukrainischen Regierung kontinuierlich für die Achtung der Menschenwürde, die Einhaltung der Menschenrechte und bürgerlichen Freiheiten sowie gegen Rassismus und Antisemitismus ein. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/1222 20. Inwieweit sieht die Bundesregierung nach ihrer Kenntnis in der Umbenennung des „Zentrums für politische Studien Joseph Goebbels“ in „Zentrum für politische Studien Ernst Jünger“ einen politisch-ideologischen Wandel der Träger, und hält die Bundesregierung nach ihrer Kenntnis dies vor dem Hintergrund, dass die Webseite unter „nachtigall88“ (http://nachtigal88.livejournal.com/) – wobei „Nachtigall“ Bezug auf ein Bataillon der Legion Ukrainischer Nationalisten nimmt, das aufseiten der deutschen Wehrmacht gegen die Rote Armee kämpfte und „88“ für „Heil Hitler“ steht – firmiert, für eher unwahrscheinlich? Der Bundesregierung liegen hierzu keine Erkenntnisse vor. 21. Inwieweit ist der Bundesregierung bekannt, dass der Weggefährte von Oleg Tjagnibok, dem Parteivorsitzenden der „Swoboda“, Yuri Mikhalchishin (Parteipseudonym „Nachtigall“ – http://uainfo.org/ heading/accident/6582-sho-mihalchishin-obeschaet-unichtozhit-ukrainskuyu -intelligenciyu-video.html; siehe Frage 15), im Jahr 2010 den Holocaust als „lichte Periode” (http://uainfo.org/news/2569-vo-svobodaodobryaet -massovoe-unichtozhenie-evreev-gitlerom.html) bezeichnet und der „Swoboda“ geraten haben soll, die „Taktik der Hamas zu kopieren “ (http://eajc.org/page18/news33726.html)? Der Bundesregierung sind Berichte über entsprechende Äußerungen von Yuri Mikhalchishin bekannt. 22. Inwieweit ist der Bundesregierung bekannt, dass der ukrainische Vizepremier , Alexander Sytsch, forderte, Frauen dürften selbst nach einer Vergewaltigung nicht abtreiben und müssten „ein anständiges Leben“ führen (www.welt.de/print/die_welt/politik/article126069137/Poebelnd-aufdem -Weg-nach-Europa.html)? Der Bundesregierung ist die zitierte Pressemeldung bekannt. 23. Inwieweit ist der Bundesregierung bekannt, dass der World Jewish Congress (WJC) die Staats-und Regierungschefs sowie die Gesetzgeber in Europa bezugnehmend auf die Londoner Erklärung über die Bekämpfung des Antisemitismus im Jahr 2009 aufforderte, politischen Akteure, die Hass gegen Juden schüren, zu isolieren und Parteien wie die griechische „Golden Dawn“, die ukrainische „Swoboda“ und die ungarische „Jobbik“ als rechtsextreme nationalistische Bewegungen zu verbieten (http:// www.ukrinform.ua/eng/news/world_jewish_congress_calls_svoboda_a_ neo_nazi_party_303220)? Der Bundesregierung ist die kritische Haltung des WJC gegenüber den genannten politischen Parteien bekannt. Sie ist mit Vertretern des WJC in engem Kontakt, auch im Hinblick auf die Bekämpfung des Antisemitismus. Nach Kenntnis der Bundesregierung stellen führende Vertreter jüdischer Organisationen in der Ukraine in Bezug auf „Swoboda“ keine Forderungen nach einem Verbot. Drucksache 18/1222 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 24. Inwieweit teilt die Bundesregierung die Befürchtung des ukrainischen Ministerpräsidenten, Arsenij Jazenjuk, dass mehr Föderalismus der erste Schritt sei, um die ukrainische Souveränität zu zerstören (www.spiegel.de/ politik/ausland/ukraine-kiews-regierung-ist-zum-scheitern-verurteilt-a- 960461.html)? Die Bundesregierung ist der Auffassung, dass die innere Verfasstheit eines Staates grundsätzlich Sache des betreffenden Staates ist. Sollte die Ukraine Unterstützung bei einer Reform ihres Staatsaufbaus wünschen , ist die Bundesregierung bereit, ein mögliches Unterstützungsersuchen zu prüfen. 25. Inwieweit teilt die Bundesregierung die Sorge, dass die neue „Nationalgarde “, zu der der ukrainische Ministerpräsident Arsenij Jazenjuk die jungen Ukrainer ruft, die Nation spaltet, da die Garde zum Sammelbecken von Nationalisten vor allem aus dem Westen des Landes wird, weshalb sie im russischsprachigen Odessa von jungen Demonstranten mit dem Ruf „Verräter!“ begrüßt wurden (www.spiegel.de/politik/ausland/ukrainekiews -regierung-ist-zum-scheitern-verurteilt-a-960461.html)? Nach Kenntnis der Bundesregierung besteht die Nationalgarde zum weit überwiegenden Teil aus ehemaligen Truppen des Innenministeriums, welche landesweit rekrutiert wurden. Daneben haben sich ihr ehemalige Selbstverteidigungskräfte des Maidan angeschlossen. Auch hierzu gehörten Ukrainer aus dem gesamten Land. 26. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung zu den Ermittlungen bezüglich der Scharfschützen, die am 20. Februar 2014 sowohl auf Demonstranten als auch auf Sicherheitskräfte geschossen hatten, was auch im Zusammenhang mit dem abgehörten Gespräch zwischen dem estnischen Außenminister , Urmas Paet, und der Hohen Vertreterin der Europäischen Union für Außen- und Sicherheitspolitik, Catherine Ashton, den Verdacht nährt, radikale Oppositionskräfte könnten für die Gewalt verantwortlich sein (www.finanzen.net/nachricht/aktien/UPDATE-OSZE-soll-Ukraine-Kriseberuhigen -3386653)? Nach Kenntnis der Bundesregierung laufen die entsprechenden Ermittlungen weiter, erste Festnahmen sind erfolgt. Die Bundesregierung setzt sich – auch gemeinsam mit ihren Partnern in der EU – für eine umfassende und transparente Aufklärung aller Gewaltakte in Kiew unter Einbeziehung internationaler Institutionen ein. Dies gilt auch für die Todesfälle in der Zeit vom 18. bis 20. Februar 2014. Die Vereinten Nationen und der Europarat sind in der Sache bereits tätig geworden . Auch eine ukrainische Kommission unter starker Beteiligung der ukrainischen Zivilgesellschaft hat die Arbeit aufgenommen. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 9 – Drucksache 18/1222 27. Inwieweit kann die Bundesregierung nach ihrer Kenntnis bestätigen, dass dem Generalstaatsanwalt der Ukraine, Oleh Machnitzkij, die Identität der Scharfschützen, die auf dem Maidan geschossen hatten, bekannt sind, er aber ihre Namen nicht nennen kann, und es sich bislang um ukrainische Bürger handelt (www.neues-deutschland.de/artikel/927795.scharfschuetzeneuroparat -dringt-auf-aufklaerung.html)? Auf die Antwort zu Frage 26 wird verwiesen. Der Generalstaatsanwalt hat erklärt, Namen könnten aus ermittlungstaktischen Erwägungen zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht genannt werden. Die Bundesregierung verfügt über keine eigenen Erkenntnisse zur Staatsangehörigkeit der Festgenommenen. 28. Hielten sich seit dem Jahr 2005 militärische Berater der Bundeswehr im Rahmen ihres Dienstes in der Ukraine auf? Wenn ja, von wann bis wann, mit welchem Aufgabenbereich, und bei welchen Dienststellen (bitte entsprechend der Jahre auflisten)? Zwischen 1. Mai 2006 und 31. März 2007 sowie zwischen 21. Mai 2007 und 30. Juni 2011 hielt sich jeweils ein deutscher militärischer Berater in der Ukraine auf. Beide militärischen Berater waren dem NATO Liaison Office in Kiew zugeordnet und übten die Tätigkeit eines „Program Director Personnel Management & Development“ aus. Die Aufgabe bestand in der Beratung des ukrainischen Verteidigungsministeriums, des Generalstabs und unterstellter Ausbildungsbereiche bei der Er- bzw. Bearbeitung von aktuellen Struktur- und Verfahrensfragen im Bereich Personalmanagement und Entwicklung. 29. Inwieweit hat die Bundesregierung darüber Kenntnisse, dass Mitglieder der extrem rechten „Svenskarna Parti“ (SVP) als „Ukrainafrivilliga“ (Ukraine-Freiwillige) der extrem rechten ukrainischen Partei „Swoboda“ und dem „Rechten Sektor“ bei ihrer gewaltsamen Machtübernahme unterstützen , wie dem Bericht des schwedischen Neofaschisten Andreas Carlsson im Internet zu entnehmen ist (www.realisten.se/2014/03/01/ darfor-maste-vi-stodja-nationalisterna-i-ukraina/), der nach seiner Rückkehr nach Schweden am 8. März 2014 mit fünf weiteren Neonazis an einem brutalen Überfall auf Teilnehmer eines Festivals feministischer Gruppen zum Internationalen Frauentag beteiligt gewesen sein soll, bei dem zwei Opfer Messerstiche in Brust und Schulter erlitten, eines einen Lungendurchstich und ein 25-Jähriger so schwere Hirnverletzungen erlitt, dass er in ein künstliches Koma versetzt werden musste (www.expressen.se/ kvallsposten/de-ar-misstankta-for-nazistattack-i-malmo/), und inwieweit hat die Bundesregierung Kenntnisse über die Beteiligung von Neonazis aus Deutschland an den Protesten in der Ukraine? Der Bundesregierung sind schwedische Medienberichte bekannt, wonach sich einige Personen aus Schweden, auch aus dem rechtsextremen Spektrum, während der politischen Umwälzungen Anfang 2014 in der Ukraine aufgehalten haben sollen. Über die Beteiligung von Neonazis aus Deutschland an den Protesten in der Ukraine liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor. Drucksache 18/1222 – 10 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 30. Inwieweit ist nach Kenntnis der Bundesregierung die Kritik der Berliner Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) berechtigt, wonach bei der Absetzung von Präsident Wiktor Janukowitsch „das in der Verfassung vorgesehene Impeachment-Verfahren grob vereinfacht“ worden sei und andere „Verletzungen parlamentarischer Prozeduren […] bereits von führenden Vertretern der ukrainischen Zivilgesellschaft moniert [wurden], zum Beispiel die Kündigung amtierender Richter durch das Parlament“ (www. swp-berlin.org/fileadmin/contents/products/aktuell/2014A15_hln_stw.pdf)? Präsident Wiktor Janukowitsch hat Kiew am 22. Februar 2014 fluchtartig verlassen . Ein Impeachment-Verfahren, wie in der Verfassung vorgesehen, war daher nicht möglich. Die Bundesregierung begrüßt die aufmerksam-kritische Rolle ukrainischer zivilgesellschaftlicher Organisationen. Sie nehmen damit ein wichtiges demokratisches Recht wahr und üben eine wichtige Kontrollfunktion aus. 31. Inwieweit ist nach Kenntnis der Bundesregierung die Kritik der SWP berechtigt , wonach auch die Regierung „im Begriff [ist], an alte Verhaltensmuster anzuknüpfen“, also „Vertreter des Janukowytsch-Regimes von der Generalstaatsanwaltschaft vorgeladen, manche auch verhaftet [werden], wofür sich jeweils ein politischer Beweggrund vermuten lässt“ und die politische Führung offenbar gewillt scheint, „ihre früheren Gegner in manchen Fällen durch juristische Verfahren aus dem politischen Leben auszuschalten“ (www.swp-berlin.org/fileadmin/contents/products/aktuell/ 2014A15_hln_stw.pdf)? Die Bundesregierung wird auch zukünftig die Gewährleistung von Rechtsstaatlichkeit von der ukrainischen Regierung einfordern. Sie verfügt über keine eigenen Erkenntnisse, welche eine Bewertung im Sinne der Fragestellung nahelegen . 32. Inwieweit ist nach Kenntnis der Bundesregierung die Kritik der SWP berechtigt, wonach die „Abhängigkeit von den Oligarchen […] die Glaubwürdigkeit und Handlungsfähigkeit der politischen Führung“ unterminiert und „einer grundlegenden Veränderung des politischen Systems im Wege“ steht (www.swp-berlin.org/fileadmin/contents/products/aktuell/ 2014A15_hln_stw.pdf), und welche Schlussfolgerung zieht die Bundesregierung daraus vor dem Hintergrund des Treffens vom Bundesminister des Auswärtigen, Dr. Frank-Walter Steinmeier, mit Rinat Achmetow und Serhiej Taruta (www.berliner-zeitung.de/politik/staatsbesuch-in-derukraine -steinmeiers-neuvermessung-der-welt,10808018,26633456.html)? Hinsichtlich des ersten Teils der Frage wird auf die Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE. auf Bundestagsdrucksache 18/863 vom 18. März 2014 verwiesen. Es ist Aufgabe der Bundesregierung, mit Vertretern verschiedener politischer und wirtschaftlicher Kräfte zu sprechen. Der Bundesminister des Auswärtigen, Dr. Frank-Walter Steinmeier, hat sich vor diesem Hintergrund am 22. März 2014 mit Serhij Taruta, dem Gouverneur von Donezk, sowie mit Rinat Achmetow, einem wichtigen Vertreter der „Partei der Regionen“ und einem der wichtigsten Arbeitgeber in Donezk und der Ukraine, getroffen. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 11 – Drucksache 18/1222 33. Inwieweit wird die Bundesregierung Regelungen hinsichtlich der Situation treffen, dass die Ukraine von Russen jetzt Visa verlangen und dementsprechend Bewohnerinnen und Bewohner der Krim faktisch ihr Visum für Deutschland nicht mehr in Kiew beantragen können? Wird die deutsche Botschaft in Moskau und/oder ein anderes (General-)- Konsulat künftig für Krimbewohnerinnen und -bewohner Visa ausstellen? Nach Kenntnis der Bundesregierung verlangt die Ukraine keine Visa von russischen Staatsangehörigen. Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co., Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlagsgesellschaft mbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333 Antwort Beteiligung der extremen Rechten an der ukrainischen Regierung