Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz vom 2. Mai 2017 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 18/12220 18. Wahlperiode 03.05.2017 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Heike Hänsel, Sevim Dağdelen, Inge Höger, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 18/11986 – Löschpraxis und Rechtsdurchsetzung bei Facebook V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Spätestens seit den Auseinandersetzungen um „Hate Speech“ und „Fake News“ ist die Frage des Einflusses sozialer Netzwerke auf die öffentliche Meinung in Deutschland ins Zentrum der politisch-medialen Debatte gerückt. Die Bundesregierung und vor allem der Bundesminister der Justiz und für Verbraucherschutz , Heiko Maas, haben zugesagt, den eigenmächtigen Umgang entsprechender Anbieter mit Löschung und Verbreitung fragwürdiger Inhalte gesetzgeberisch strikter zu regeln. Der Referentenentwurf eines solchen Netzwerkdurchsetzungsgesetzes (NetzDG) wurde am 27. März 2017 der Europäischen Kommission zur Notifizierung vorgelegt. Das Magazin der „Süddeutschen Zeitung“ hat Mitte Dezember 2016 im Ergebnis einer Recherche beim Internetdienstleister Arvato zudem zahlreiche Mängel offengelegt (www.sueddeutsche.de/digital/inside-facebook-im-netz-des-boesen- 1.3295206?reduced=true). Arvato, eine Tochter der Bertelsmann-Gruppe, ist von Facebook beauftragt, beanstandete Inhalte zu prüfen und ggf. zu löschen. Wie und nach welchen Regeln dies geschieht, entzieht sich weitgehend der Öffentlichkeit . Vom „SZ-Magazin“ wird u. a. problematisiert (www.sueddeutsche. de/digital/inside-facebook-facebook-setzt-auf-floskeln-statt-verantwortung-1.3 309537), dass Facebook mit den internen Löschregeln, die als „Gemeinschaftsstandards “ (www.facebook.com/communitystandards) gekürzt nach außen kommuniziert werden, quasi eigene Gesetz darüber schafft, welche Inhalte zulässig sind oder der öffentlichen Debatte entzogen werden. Facebook lege in seinen internen Dokumenten fest, dass es beispielsweise erlaubt ist, „grausame und unübliche Strafen bei Verbrechen zu fordern, die Facebook anerkennt“, so das „SZ-Magazin“. Als Beispiel führt die Redaktion den Satz „Hängt Kinderschänder“ an. Laut den nun ans Licht gekommenen internen Facebook-Regeln ist das „nicht zu beanstanden“. Es ist aber nicht Sache von Unternehmen, Verbrechen „anzuerkennen“, und auch Personen, die sich sexueller Vergehen gegen Minderjährige schuldig gemacht haben, besitzen laut Grundgesetz ungeachtet der dann notwenigen Strafverfolgung Schutzrechte. Doch Facebook teilt Menschen in Kategorien ein – manche schützenswert, andere weniger schützenswert. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/12220 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Solche Fragen regelt in demokratischen Gesellschaften jedoch das Gesetz – und nicht die firmeninternen Regeln eines börsennotierten Konzerns, dessen Netzwerk zu einem Bestandteil der öffentlichen Meinungsbildung geworden ist, somit ein hohes gesellschaftliches Gut umfasst. Facebook jedoch konkurriert nicht nur mit den klassischen Medien, sondern zunehmend auch mit dem Primat der staatlichen Rechtsdurchsetzung. Der Bundesjustizminister Heiko Maas hat sich vor diesem Hintergrund wiederholt negativ über die anhaltende Intransparenz des US-Konzerns geäußert. Auch Mitarbeiter seines Hauses hätten die sogenannten Löschtrupps bislang nicht besuchen dürfen, die Facebook zu Beginn des Jahres 2016 als Reaktion auf den öffentlichen Druck und eine beim Bundesjustizminister eingerichtete Task- Force von der Bertelsmann-Tochter Arvato hat installieren lassen. Der Bundesjustizminister hatte zudem ein Monitoring in Auftrag gegeben, bei dem der Umgang von Facebook und anderen sozialen Netzwerken mit gemeldeten Inhalten geprüft wurde, und sich nach Vorlage dieses Monitoring-Berichts zu rechtlichen Maßnahmen entschlossen. Der zur Notifizierung vorgelegte „Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Rechtsdurchsetzung in sozialen Netzwerken (Netzwerkdurchsetzungsgesetz – NetzDG)“ selbst allerdings weist aus Sicht der Fragesteller ebenfalls schwerwiegende Mängel auf, da in der Folge eine höchst proaktive Löschpraxis der Anbieter von sozialen Netzwerken zu befürchten steht und mit dem Prinzip einer vorgelagerten, im Verantwortungsbereich der Unternehmen stehenden Rechtsdurchsetzung nicht gebrochen wird. Darüber hinaus sollen Privatpersonen im Falle von Persönlichkeitsrechtsverletzungen oder bei der Verletzung anderer absolut geschützter Rechte einen Anspruch auf Auskunft über Bestandsdaten gegenüber Online-Diensten erhalten, womit deren anonyme und pseudonyme Nutzung praktisch unmöglich wird und ein Klarnamen -Internet durch die Hintertüre eingeführt wird. 1. Wie erklärt sich die Bundesregierung den Sachverhalt, dass Facebook trotz des eingesetzten externen Dienstleisters Arvato eine – laut Monitoring-Bericht – sehr viel geringere Löschquote erreicht als beispielsweise YouTube? Zu dieser Frage liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor. 2. Konnten Mitarbeiter des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) oder von Bundesbehörden inzwischen die Facebook- Löschteams besuchen, die bei der Bertelsmann-Tochter Arvato eingerichtet wurden? Ein Besuch des BMJV oder von Bundesbehörden in den Räumlichkeiten von Arvato hat bisher nicht stattgefunden; das BMJV hat diesbezüglich jüngst eine schriftliche Anfrage an Facebook gestellt. 3. Auf welche Weise hat sich die Bundesregierung um einen Kontakt mit den Facebook-Löschteams bei Arvato bemüht, mit welchem Ergebnis? Auf die Antwort zu Frage 2 wird verwiesen. 4. Auf welche Weise wird sich die Bundesregierung weiterhin darum bemühen, Zugang zu den Facebook-Löschteams bei Arvato zu erhalten? Auf die Antwort zu Frage 2 wird verwiesen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/12220 5. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die Zusammensetzung der Facebook-Löschteams bei Arvato und die Auswahl der Mitarbeiter, vor allem im türkischsprachigen Team? Über die Zusammensetzung der Löschteams bei Arvato und über die Auswahl der Mitarbeiter sind der Bundesregierung keine Einzelheiten bekannt. 6. Ist Facebook und/oder ein von Facebook beauftragtes Unternehmen nach Kenntnis der Bundesregierung seit Anfang 2016 auf deutsche Strafverfolgungsbehörden zugekommen, um mutmaßlich strafbare Inhalte zu melden? Der Bundesregierung liegen keine Erkenntnisse vor, wonach die Firma Facebook oder ein ihr zugehöriges/beauftragtes Unternehmen aktiv an deutsche Strafverfolgungsbehörden herangetreten ist, um strafbare Inhalte zu melden. 7. Welche Erfahrungen sind der Bundesregierung dazu bekannt, wie Facebook auf Auskunftsersuchen von deutschen Strafverfolgungsbehörden reagiert? Welche Straftatbestände waren bei solchen etwaigen Auskunftsersuchen betroffen (bitte detailliert aufführen)? Facebook reagiert auf Auskunftsersuchen innerhalb der rechtlichen Rahmenbedingungen . Auskunftsersuchen wurden u. a. hinsichtlich der Tatbestände des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen (§ 86a StGB), der Bildung terroristischer Vereinigungen, auch im Ausland (§§ 129a und 129b StGB), der Volksverhetzung (§ 130 StGB), der einfachen Beleidigung (§ 185 StGB), des Besitzes/Verbreitens von Kinder-/Jugendpornografie (§§ 184b, 184c StGB) sowie des sexuellen Missbrauchs von Kindern (§§ 176 ff. StGB) gestellt. Hinzu kamen Anfragen im Rahmen der Abwehr von Gefahren des internationalen Terrorismus (§ 4a BKAG i. V. m. §§ 20a ff. BKAG). 8. Weshalb werden die internen Löschregeln von Facebook nach Kenntnis der Bundesregierung geheim gehalten und ist dieses Vorgehen mit geltenden Rechtsnormen vereinbar? Das Vertragsverhältnis zwischen Facebook und seinen Nutzerinnen und Nutzern gestaltet sich gemäß der Nutzungsbedingungen von Facebook (abrufbar unter https://de-de.facebook.com/legal/terms) sowie der veröffentlichten Gemeinschaftsstandards (abrufbar unter https://de-de.facebook.com/communitystandards). Aus den Gemeinschaftsstandards geht hervor, welche Inhalte von Nutzerinnen und Nutzern auf Facebook dargestellt werden dürfen und welche nicht. 9. Nach welchen gesetzlichen Bestimmungen muss sich ein Unternehmen wie Facebook bei der Löschung einerseits und Verbreitung von Inhalten andererseits richten? Die Verantwortlichkeit bestimmt sich nach § 10 des Telemediengesetzes und den allgemeinen Gesetzen (in der Praxis ist insbesondere die Störerhaftung relevant). § 10 des Telemediengesetzes stellt eine Haftungspriviliegierung für Diensteanbieter in Bezug auf fremde Informationen dar, die sie für einen Nutzer speichern. Demnach sind Diensteanbieter grundsätzlich erst dann für fremde Inhalte verantwortlich , wenn sie von deren Rechtswidrigkeit Kenntnis erlangt haben. In diesem Fall ist die Information von dem Diensteanbieter unverzüglich zu entfernen oder der Zugang zu ihr zu sperren. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/12220 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 10. Geht die Bundesregierung davon aus, dass die Löschungs- und Verbreitungspraxis von Facebook im Einklang mit den genannten gesetzlichen Bestimmungen steht? Ein von jugendschutz.net durchgeführtes Monitoring der Löschquote und Reaktionszeiten von Facebook vom Januar/Februar 2017 hat ergeben, dass die Beschwerden von Nutzerinnen und Nutzern gegen Hasskriminalität und andere strafbare Inhalte nach wie vor nicht unverzüglich und ausreichend bearbeitet werden . Insbesondere fiel die Löschquote geringer aus, wenn ein Verstoß von einem Nutzer und nicht von jugendschutz.net im direkten Kontakt gemeldet wurde. So betrug die Löschquote für durch Nutzer gemeldete Inhalte 39 Prozent im Vergleich zu 88 Prozent, wenn die Meldung durch jugendschutz.net erfolgte. Bei einem im Juli und August 2016 durchgeführten Monitoring betrug die Löschquote für durch Nutzer gemeldete Inhalte noch 46 Prozent. 11. Ist es nach Auffassung der Bundesregierung rechtskonform, dass Facebook die Verbreitung und sogar gutheißende Darstellung strafrechtlich relevanter Inhalte akzeptiert und befördert? Grundsätzlich sind Anbieter sozialer Netzwerke wie Facebook für die Inhalte ihrer Nutzerinnen und Nutzer ohne Kenntnis der Inhalte straf- und zivilrechtlich nicht verantwortlich und nicht verpflichtet, die von ihnen übermittelten oder gespeicherten Informationen ohne Anlass zu überwachen oder nach Anhaltspunkten für rechtswidrige Tätigkeiten zu durchsuchen. Diese Regelungen setzen die Vorgaben der E-Commerce-Richtlinie um. Soweit dem Anbieter rechtswidrige Inhalte gemeldet werden, muss er die Inhalte nach Kenntnisnahme löschen sowie die Verbreitung und erst recht die gutheißende Darstellung der Inhalte unterbinden . 12. Wenn die Verpflichtung bestand, dass Facebook rechtswidrige Inhalte unverzüglich löscht, wie dies das BMJV konstatiert, weshalb wurde dann bei gegebener Rechtslage bis dato kein Bußgeldbescheid gegen Facebook oder Manager dieses Unternehmens erlassen? Es existiert derzeit keine bundesgesetzliche Rechtsgrundlage, um einen Bußgeldbescheid gegen Facebook oder Manager dieses Unternehmens zu erlassen. 13. Haben Bundesbehörden das Ermittlungsverfahren gegen die Facebook Ireland Ltd., das derzeit bei der Staatsanwaltschaft München I (Az: 115 Js 208662/16) ohne jegliche Ermittlungstätigkeit geführt wird, beobachtet oder in irgendeiner Weise unterstützt, und wenn ja, wie? Dem BMJV wurde durch die Rechtsanwälte Jun eine Strafanzeige übersandt. Diese Strafanzeige wurde bei der Staatsanwaltschaft München I erhoben und richtet sich unter anderem gegen die Facebook Ireland Ltd. Darüberhinausgehende Erkenntnisse zu einem Verfahren gegen die Facebook Ireland Ltd. liegen nicht vor. Wir weisen in diesem Zusammenhang darauf hin, dass das Bundeministerium der Justiz und für Verbraucherschutz keine Ermittlungs- und Aufsichtsbefugnisse in Bezug auf Ermittlungsverfahren hat, die durch die Staatsanwaltschaften der jeweiligen Bundesländer geführt werden. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/12220 14. Inwieweit verletzt es nach Ansicht der Bundesregierung den rechtlichen Rahmen, wenn Facebook festlegt, wer oder was in einer Gesellschaft besonderen Schutz genießt, welche Aussagen erlaubt und welche verboten sind? Facebook ist als juristische Person des Privatrechts nicht unmittelbar grundrechtsgebunden . Nach den Grundsätzen der mittelbaren Drittwirkung der Grundrechte wirken diese im Privatrechtsverhältnis als objektive Wertentscheidungen über die Generalklauseln des Zivilrechts. 15. Sind Gewaltdarstellungen nach Ansicht der Bundesregierung nur dann löschpflichtig , wenn aus dem Kontext oder in der Tonspur eine Billigung der dargestellten Gewalt ersichtlich ist, oder ergibt sich eine grundsätzliche Löschpflicht bereits, wenn die Darstellung an sich gegen die Menschenwürde verstößt? Zur Erfüllung des Tatbestandes des § 131 Absatz 1 des Strafgesetzbuches ist keine Billigung der Gewaltdarstellung erforderlich (vgl. Graf v. Schlieffen in: Leipold/Tsambikakis/Zöller, Anwaltkommentar StGB, 2. Aufl. 2015, § 131 Rn. 12.). Vielmehr macht sich gemäß § 131 Absatz 1 des Strafgesetzbuchs strafbar , wer eine Schrift, die grausame oder sonst unmenschliche Gewalttätigkeiten gegen Menschen schildert, die das Grausame oder Unmenschliche des Vorgangs in einer die Menschenwürde verletzenden Weise darstellt, verbreitet oder der Öffentlichkeit zugänglich macht. Greift die Haftungsprivilegierung des Diensteanbieters gemäß § 10 des Telemediengesetzes nicht, ist der gemäß § 131 des Strafgesetzbuches rechtswidrige Inhalt zu löschen. 16. In welchen Fällen können sich ein Unternehmen wie Facebook oder vergleichbare Social-Media-Anbieter bei Gewaltdarstellungen auf das Nachrichtenprivileg nach § 131 Absatz 2 des Strafgesetzbuches (StGB) berufen? Das sog. Berichterstatterprivileg aus § 131 Absatz 2 des Strafgesetzbuchs hat zum Zweck, im Hinblick auf die Meinungs- und Informationsfreiheit eine straflose Berichterstattung zu ermöglichen, auch wenn diese z. B. Gewalttätigkeiten im Sinne des § 131 Absatz 1 des Strafgesetzbuchs zum Gegenstand haben (vgl. Schönke/Schröder/Sternberg-Lieben StGB § 131 Rn. 15 bis 16.). Daher entfällt eine Strafbarkeit, wenn die Handlung der Berichterstattung über Vorgänge des Zeitgeschehens oder der Geschichte dient. Die betreffende Handlung wird jedoch nicht durch die Unternehmen wie Facebook vorgenommen, sondern durch den Nutzer, der den betreffenden Inhalt auf der Plattform einstellt. Insofern bezieht sich das Privileg allein auf den Täter. 17. Machen sich Manager von Facebook strafbar, wenn sie anordnen oder dulden , dass die von Facebook eingesetzten Löschungsregeln zwingend gegen deutsches Strafrecht verstoßen? Gegen deutsches Strafrecht können nur natürliche Personen verstoßen. Wird durch einen Manager von Facebook gegenüber seinen Mitarbeitern angeordnet, dass rechtswidrige Beiträge nicht entfernt werden, bleibt im Einzelfall zu prüfen, ob der Manager und/oder der Arvato Mitarbeiter sich selbst z. B. wegen Volksverhetzung oder Beihilfe dazu strafbar gemacht hat. Das KG Berlin (Beschluss vom 25. August 2014, 4 Ws 71/14) und die herrschende Meinung (vgl. u. a. Schönke/Schröder/Eisele, StGB, 29. Auflage 2014, § 184 Rn. 84, Fischer, StGB, 64. Auflage 2017, § 184 Rn. 31.) gehen davon aus, dass das Haftungsprivileg aus § 10 Telemediengesetz wegen der Einheit der Rechtsordnung auch im Strafrecht anwendbar ist. Es kommt daher insbesondere darauf an, ob der Manager und/oder der Arvato Mitarbeiter positive Kenntnis über den strafbaren Inhalt haben. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/12220 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 18. Verleiten Facebook und Arvato die Mitarbeitenden in den sogenannten Löschzentren zu Rechtsverstößen, wenn leitende Mitarbeiter dieser Unternehmen Untergeordneten per Dienstanordnung und/oder arbeitsrechtlich vergleichbarer Weisungen untersagen, Straftaten nach §§ 185 bis 188 StGB zu löschen und/oder den Behörden zu melden? Auf die Antwort zu Frage 17 wird verwiesen. 19. Müssen Arvato-Mitarbeiter bei einer Unterlassung i. S. d. Frage 18 mit einer Strafverfolgung rechnen oder können sie sich bei der Billigung der Darstellung von Straftaten auf das arbeitsrechtliche Direktionsrecht berufen? Auf die Antwort zu Frage 17 wird verwiesen. 20. Liegen der Bundesregierung Beschwerden von Mitarbeitern von Arvato zu den Arbeitsbedingungen vor? Nein. 21. Hat es seit Einrichtung der Facebook-Löschteams bei Arvato Initiativen von Bundesbehörden gegeben, die Arbeitsbedingungen in diesem Betrieb in Berlin überprüfen zu lassen? Dazu liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor. 22. Hat die Bundesregierung Kenntnisse über Schritte i. S. d. Frage 21 von Landesbehörden auf Basis ihrer Befugnisse nach § 22 Absatz 1 des Arbeitsschutzgesetzes (www.spiegel.de/netzwelt/netzpolitik/facebook-kontrolleurepruefen -arbeitsbedingungen-bei-arvato-loeschteam-in-berlin-a-1140287. html)? Die Bundesregierung hat keine Kenntnisse über Schritte von Landesbehörden i. S. d. Frage 21. 23. Sind der Bundesregierung Berichte über mutmaßlich politisch motivierte Löschungen bei Facebook, vor allem von regierungskritischen Inhalten zur Türkei, bekannt? Der Bundesregierung sind keine Berichte über mutmaßlich politisch motivierte Löschungen bekannt. 24. Hat die Bundesregierung Hinweise darauf, dass Mitarbeiter oder Zuarbeiter des türkischen Geheimdienstes MIT damit beauftragt werden, bei Facebook und/oder anderen sozialen Netzwerken den politischen Diskurs zu beeinflussen ? Der Bundesregierung liegen keine Hinweise darauf vor, dass Mitarbeiter oder Zuarbeiter des türkischen Geheimdienstes MIT damit beauftragt werden, bei Facebook und/oder anderen sozialen Netzwerken den politischen Diskurs zu beeinflussen . Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/12220 25. Aus welchen Gründen bleibt nach dem Referentenentwurf NetzDG das Löschen legaler und rechtmäßiger Inhalte für die Anbieter sozialer Netzwerke sanktionslos, während die Nichtlöschung rechtswidriger Inhalte als Ordnungswidrigkeit bußgeldbewehrt ist? Das Löschen legaler und rechtmäßiger Inhalte wird nicht durch den Netz-DG-E geregelt. Die Bundesregierung hat durch den Entwurf eines Netz-DG Compliance -Regeln vorgeschlagen, die einen differenzierten und behutsamen Umgang mit Beschwerden über rechtswidrige Inhalte durch soziale Netzwerke ermöglichen . So sehen diese Vorschriften Schulungen der Mitarbeiter der Beschwerdeteams sowie deren entsprechende Anleitung und Beaufsichtigung vor. Außerdem greift die Bußgeldandrohung noch nicht bei einer einmaligen Fehleinschätzung des sozialen Netzwerks. Erst bei systemischen Fehlern im Umgang mit Beschwerden ist von einer Erfüllung des Bußgeldtatbestandes gemäß Artikel 1 § 4 Netz-DG auszugehen. Ferner schaffen die gemäß Artikel 1 § 2 Netz-DG-E von sozialen Netzwerken vierteljährlich zu veröffentlichende und für jedermann zugängliche Berichte Transparenz und Einsicht in das Beschwerdemanagement. So muss aus dem Bericht unter anderem die Anzahl der im Berichtszeitraum eingegangenen und abgeholfenen Beschwerden hervorgehen, jeweils aufgeschlüsselt nach Beschwerdegrund. 26. Aus welchen Gründen ist nach Artikel 1 § 4 Absatz 5 des Referentenentwurfs NetzDG bei Verhängung eines Bußgeldes bei nicht entfernten oder gesperrten Inhalten vorab eine gerichtliche Entscheidung über die Rechtswidrigkeit dieser Inhalte herbeizuführen, und warum kommt diese Form der Rechtsdurchsetzung nicht durchgängig in der Bekämpfung von Hasskriminalität in sozialen Netzwerken zum Tragen? Das gerichtliche Vorabentscheidungsverfahren ist ausschließlich dann erforderlich , wenn im Rahmen des Bußgeldverfahrens die Pflicht der sozialen Netzwerke zur Entfernung oder Sperrung solcher Inhalte zu klären ist, deren Strafbarkeit zwischen sozialem Netzwerk und der Bußgeldbehörde streitig ist. 27. Aus welchen Gründen sollen nach Artikel 1 § 5 des Referentenentwurfs NetzDG Anbieter sozialer Netzwerke nur für bestimmte Verfahren inländische Zustellungsbevollmächtigte bestellen, nicht aber generell oder zum Beispiel wenigstens für Zustellungen im Parteibetrieb? Eines der Hauptprobleme bei der Rechtsdurchsetzung in sozialen Netzwerken ist das Fehlen von verantwortlichen Ansprechpartnern bei den Betreibern der sozialen Netzwerke für Justiz, Bußgeldbehörden und für Betroffene und das Fehlen einer zustellungsfähigen Adresse in Deutschland. Die durch Artikel 1 § 5 NetzDG-E vorgesehene Verpflichtung, einen inländischen Zustellungsbevollmächtigten vorzuhalten, besteht für alle Zivilprozesse sowie auch für die Zustellung in Bußgeldverfahren nach diesem Gesetzentwurf. 28. Welche zehn sozialen Netzwerke, die laut „Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft “ die Bagatellgrenze von mindestens zwei Millionen Nutzerinnen und Nutzern überschreiten, werden von den Regelungen aus Artikel 1 des Referentenentwurfs NetzDG konkret erfasst (bitte namentlich benennen)? Die in der Berechnung des Erfüllungsaufwand genannte Anzahl potentiell betroffener Netzwerke beruht auf einer Schätzung basierend auf Daten, die allgemein zugänglichen Quellen entstammen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/12220 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 29. Aus welchen Gründen ist die Änderung des Telemediengesetzes (TMG) nach Artikel 2 des Referentenentwurfs NetzDG, mit der ein zivilrechtlicher Auskunftsanspruch bei Persönlichkeitsrechtsverletzungen oder bei der Verletzung anderer absolut geschützter Rechte geschaffen wird, nicht auf soziale Netzwerke mit mindestens zwei Millionen Nutzern bezogen, sodass alle Betreiber von Blogs, Foren und Social-Media-Angeboten ohne gerichtliche Anordnung zur Herausgabe von Bestandsdaten ihrer Nutzerinnen und Nutzer verpflichtet werden können? Durch den Entwurf werden den sozialen Netzwerken Berichtspflichten und die Verpflichtung zur Vorhaltung eines wirksamen Beschwerdesystems sowie eines inländischen Zustellungsbevollmächtigten auferlegt. Diese umfassenden Compliance -Verpflichtungen sind mit erhöhtem Erfüllungsaufwand verbunden und können nur von sozialen Netzwerken mit entsprechenden Ressourcen und Kapazitäten bewältigt werden. Ein entsprechender Erfüllungsaufwand ergibt sich nicht aus den Verpflichtungen aus Artikel 2 NetzDG-E. Es wird außerdem darauf hingewiesen , dass der Entwurf keine neue Rechtsgrundlage für einen Auskunftsanspruch schafft; dieser muss sich nach wie vor aus den allgemeinen Gesetzen ergeben . Die Änderung von § 14 Absatz 2 des Telemediengesetzes erweitert lediglich die datenschutzrechtliche Erlaubnisnorm des Telemedienrechts. 30. In welcher Form ist infolge der Regelung aus Artikel 1 des Referentenentwurfs NetzDG für die Anbieter von Telemedien, die ihren Nutzerinnen und Nutzern das Einstellen von Bildern, Videos und Texten erlauben, die Ermöglichung einer anonymen oder pseudonymen Nutzung nach § 13 Absatz 6 TMG künftig noch umsetzbar? Artikel 1 NetzDG-E berührt die Möglichkeit der anonymen oder pseudonymen Nutzung von Telemedien nicht. 31. Erbringt Facebook direkt oder indirekt freiwillige Leistungen zugunsten staatlicher Behörden, ohne hierzu rechtlich verpflichtet zu sein, insbesondere im Bereich der Terrorabwehr? Wenn eine Auskunft über den Rechtshilfeweg wegen Eilbedürftigkeit nicht rechtzeitig erlangt werden kann, haben deutsche Strafverfolgungsbehörden die Möglichkeit , Auskunftsersuchen nach Bestands- und Verkehrsdaten unmittelbar an die Fa. Facebook richten zu können. Eine freiwillige Leistung im Sinne der Fragestellung besteht in deren Beantwortung durch die Fa. Facebook. Da die betreffenden Daten nicht in Deutschland gespeichert werden, besteht derzeit keine rechtliche Befugnis, die Fa. Facebook zur Herausgabe der Daten alleine nach deutschem Recht zu verpflichten. 32. Welchen Anlass gab es für den Bundesminister des Innern, Dr. Thomas de Maizière, das Berliner Büro von Facebook im August 2016 zu besuchen und dabei zu erklären, dass es aus Sicht der Bundesbehörden, insbesondere des Bundeskriminalamtes keine Kritik an der Zusammenarbeit mit Facebook beim Kampf gegen Hassreden gebe (www.spiegel.de/netzwelt/netzpolitik/ facebook-thomas-de-maiziere-lobt-zusammenarbeit-a-1109952.html)? Hatte sich Facebook im Vorfeld dieses Besuchs aktiv an die Bundesregierung gewandt und in irgendeiner Weise auf einen solchen Besuch gedrängt oder ging die Initiative vom Bundesministerium des Innern aus? Der Besuch des Bundesministers des Innern, Dr. Thomas de Maizière, bei Facebook im August 2016 hatte keinen konkreten Anlass. Die Initiative zum Besuch ging vom Bundesministerium des Innern aus. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333