Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Bildung und Forschung vom 27. April 2017 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 18/12231 18. Wahlperiode 04.05.2017 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Nicole Gohlke, Sigrid Hupach, Dr. Rosemarie Hein, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 18/11943 – Zulassungsbeschränkungen an Hochschulen V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Im Wintersemester 2015/2016 blieben mehr als 11 500 Studienplätze unbesetzt. Gleichzeitig erhalten tausende Studienberechtigte keinen Studienplatz. Das Numerus-clausus-Urteil vom 18. Juli 1972 erlaubte als „vorübergehende Notmaßnahme “, das grundgesetzlich gewährleistete Recht auf freie Berufswahl durch die Erhebung von Numerus clausus (NCs) einzuschränken. Diese „Notmaßnahme“ hält bis heute an. Die dadurch notwendigen Mehrfachbewerbungen haben unbesetzte Studienplätze zur Folge und tragen zum zusätzlichen Mangel an Studienplätzen bei. Das Dialogorientierte Serviceverfahren (DoSV) ist aufgrund der geringen Beteiligung der Hochschulen derzeit nicht in der Lage, dieses Problem zu lösen (www.wiwo.de/erfolg/campus-mba/studienplatzvergabezugangsbeschraenkungen -und-mehrfachbewerbungen-sorgen-fuer-chaos/13769464. html). 1. Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung daraus, dass es einerseits Mehrfachbewerbungen, andererseits trotz eines massiven Studienplatzmangels zwischen 10 000 und 15 000 unbesetzte Studienplätze jedes Semester gibt? 2. Was gedenkt die Bundesregierung diesbezüglich zu unternehmen? Die Fragen 1 und 2 werden im Zusammenhang beantwortet. Ob tatsächlich bundesweit ein Studienplatzmangel herrscht, wie die Fragestellung insinuiert, ist keineswegs belegt. Nach der grundgesetzlichen Kompetenzverteilung sind die Länder für ein ausreichendes Angebot an Studienmöglichkeiten zuständig. Die Bundesregierung leistet dazu mit dem Hochschulpakt 2020 erhebliche Unterstützung und hat seit 2007 bisher rund 12,35 Mrd. Euro bereitgestellt, um die Chancen der jungen Generation zur Aufnahme eines Studiums zu wahren. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/12231 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Es trifft allerdings zu, dass infolge unkoordinierter Mehrfachbewerbungen, die zu Mehrfachzulassungen führen, viele Studienplätze erst sehr spät besetzt werden und letztlich auch Studienplätze unbesetzt bleiben. Um die Auslastung der Studiengänge weiter zu verbessern, müssen die Bewerbungen koordiniert und die Zulassungen abgeglichen werden. Dem dient das Dialogorientierte Serviceverfahren (DoSV), dessen Software mit finanzieller Förderung des Bundes in Höhe von 15 Mio. Euro entwickelt wurde. Seit April 2011 steht die Software der von den Ländern getragenen Stiftung für Hochschulzulassung (SfH) einsatzbereit zur Verfügung . Die Projektförderung des Bundes ist zum 29. Februar 2012 ausgelaufen. Die Weiterentwicklung der Software und die Koordinierung mit den Hochschulen sowie die Verantwortung für die gesamte Durchführung des Verfahrens liegen allein in der Hand der SfH. Aus Sicht der Bundesregierung ist das zentrale Problem bei der Zulassung zu örtlich zulassungsbeschränkten Studiengängen damit nicht zulassungsrechtlicher, sondern verfahrenspraktischer Art. Durch unkoordinierte Mehrfachbewerbungen werden zeitaufwendige Nachrückverfahren erforderlich, die häufig erst lange nach Semesterbeginn abgeschlossen sind. Um Mehrfachbewerbungen besser zu koordinieren, wurde das DoSV entwickelt. Handlungsbedarf besteht daher nicht bei der rechtlichen Regelung von Zulassungsmodalitäten, sondern beim praktischen Verfahren der Durchführung, das allein in der Verantwortung der Länder und ihrer Hochschulen liegt. 3. Hat die Bundesregierung Kenntnis darüber, wie viele Studienplätze im Wintersemester 2016/2017 und Sommersemester 2017 unbesetzt geblieben sind? Hierzu liegen der Bundesregierung keine Daten vor. 4. Sieht die Bundesregierung in diesem Zustand eine Einschränkung des in Artikel 12 Absatz 1 des Grundgesetzes verankerten Rechts auf freie Wahl des Berufs (bitte begründen)? Studienbewerberinnen und Studienbewerber, die die Zugangsvoraussetzungen für den angestrebten Studiengang erfüllen, haben nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) aus Artikel 12 Absatz 1 Grundgesetz (GG) einen Anspruch auf Zulassung zu diesem Studiengang an der gewählten Hochschule . Dieser Grundsatz gilt jedoch nicht uneingeschränkt. Aufgrund der begrenzten Kapazitäten sind für viele Studienfächer Beschränkungen bei der Zulassung zur Hochschule unumgänglich. Das BVerfG hat entschieden, dass dem Hochschulzugangsrecht Grenzen gesetzt werden dürfen, die zur Wahrung der Funktionsfähigkeit der Hochschulen im Interesse der Aufrechterhaltung eines ordnungsgemäßen Studiums erforderlich sind. Funktionsfähig ist eine Hochschule nur dann, wenn ihre Ausbildungskapazität nicht überschritten wird. Besteht – unter Ausschöpfung der vorhandenen Kapazitäten – ein Bewerberüberhang, ist nach Auffassung des BVerfG daher ein Auswahlverfahren zulässig und erforderlich. Soweit die Auswahl nach sachgerechten Kriterien mit einer Chance für jeden Bewerber ausgestaltet werde, seien Zulassungsbeschränkungen verfassungsrechtlich hinnehmbar (BVerfGE 43, 291 (314)). Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/12231 5. Hat die Bundesregierung Hinweise darauf, dass es in den kommenden Jahren durch das Weiterbestehen von NCs zu einer Einschränkung dieses Rechts kommen könnte (bitte begründen)? Die Entwicklung der Zahl der Studiengänge mit örtlicher Zulassungsbeschränkung in den Ländern nimmt z. B. „Der CHE Numerus Clausus-Check 2016/2017“ des Centrums für Hochschulentwicklung in den Blick (www.che.de/downloads/ CHE_AP_192_Numerus_Clausus_Check_2016_17.pdf). Den darin veröffentlichten Daten lassen sich keine Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass künftig mit einem erheblichen Anstieg der mit einem örtlichen Numerus Clausus versehenen Studienfächer zu rechnen ist. Vielmehr kommt die Erhebung zu dem Ergebnis, dass der bundesweite Anteil der zulassungsbeschränkten Studiengänge mit 41,5 Prozent zum Wintersemester 2016/2017 gegenüber dem Vorjahr leicht gesunken ist. 6. Hat die Bundesregierung vor, von der ihr nach Artikel 74 Absatz 1 Nr. 33 Grundgesetz zustehenden Regelungskompetenz zur Hochschulzulassung Gebrauch zu machen und ein entsprechendes Gesetz zu erlassen (bitte begründen )? 7. Wenn ja, wie soll dieses Gesetz ausgestaltet werden? Die Fragen 6 und 7 werden im Zusammenhang beantwortet. Die Bundesregierung sieht keinen Handlungsbedarf auf bundesrechtlicher Ebene. Der Gebrauch der Gesetzgebungskompetenz nach Artikel 74 Absatz 1 Nummer 33 GG ist auch schon deshalb nicht angezeigt, weil die Länder nach Artikel 72 Absatz 3 Satz 1 Nummer 6 GG von den hochschulzulassungsrechtlichen Vorgaben des Bundesgesetzgebers jederzeit durch Landesgesetz abweichen können . Im Übrigen wird auf die Antwort zu den Fragen 1 und 2 verwiesen. 8. Plant die Bundesregierung ergänzend oder anstelle eines Gesetzes Maßnahmen , um Zulassungsbeschränkungen durch NCs an Hochschulen zu reduzieren (bitte begründen)? Die Entscheidung über die Einführung bzw. Aufrechterhaltung von Zulassungsbeschränkungen liegt allein bei den Ländern und ihren Hochschulen. Je nach Ausgestaltung der landesrechtlichen Vorgaben entscheidet entweder das Land oder die Hochschule selbst, welche Studienangebote sinnvollerweise mit einer örtlichen Zulassungsbeschränkung versehen werden. Für die Entscheidung über die Festsetzung von Zulassungszahlen spielt das Verhältnis von Studienplatznachfrage und Studienplatzangebot eine entscheidende Rolle. Die Beobachtung der Entwicklung der Auslastung eines Studiengangs sowie die Prognose der künftig zu erwartenden Nachfrage kann durch die Länder und ihre Hochschulen aufgrund der ihnen unmittelbar zur Verfügung stehenden Daten und das Wissen um die landes- und hochschulspezifischen Besonderheiten am zutreffendsten angestellt werden. Maßnahmen von Seiten des Bundes sind daher nicht angezeigt. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/12231 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 9. Wie viele Hochschulen haben sich nach Kenntnis der Bundesregierung seit 2012 (bitte nach Semestern aufschlüsseln) am DoSV beteiligt? Nach Angaben der SfH hat sich die Beteiligung der Hochschulen am DoSV seit dem Wintersemester 2012/2013 wie folgt entwickelt: WS 2012/13 SoSe 2013 WS 2013/14 SoSe 2014 WS 2014/15 SoSe 2015 WS 2015/16 SoSe 2016 WS 2016/17 SoSe 2017 Hochschulen 17 10 47 14 62 35 89 38 103 54 10. Mit welchen Maßnahmen will die Bundesregierung sicherstellen, dass zukünftig alle Hochschulen in öffentlicher Trägerschaft am DoSV teilnehmen? 11. Gibt es Hochschulen, die bereits am DoSV teilgenommen haben und die aufgrund der Tatsache, dass sie die Kosten für das DoSV nun selbst tragen müssen , nicht mehr am DoSV teilnehmen? Die Fragen 10 und 11 werden im Zusammenhang beantwortet. Für die Ein- und Durchführung des DoSV sind ausschließlich die Länder sowie die von ihnen eingerichtete SfH zuständig. Maßnahmen der Bundesregierung sind nicht veranlasst. Unter Wahrung der Hochschulautonomie haben die Länder nach Auskunft der SfH vielfältige Maßnahmen ergriffen, um die Anbindung ihrer Hochschulen an das DoSV voran zu bringen. In diesem Zusammenhang ist es den Ländern überlassen , ob die Kosten für die Teilnahme am DoSV unmittelbar aus dem Landeshaushalt oder mittelbar über den Hochschulhaushalt gezahlt werden. Der Bundesregierung liegen keine Informationen dazu vor, ob Hochschulen, die bereits am DoSV teilgenommen haben, aufgrund der anfallenden Kosten die Teilnahme am DoSV eingestellt haben. 12. Hat die Bundesregierung Kenntnis darüber, wann das DoSV flächendeckend und vollständig funktionsfähig sein wird? Die SfH rechnet nach eigenen Angaben mit ca. 125 bis 130 Hochschulen, die zum kommenden Wintersemester 2017/2018 am DoSV teilnehmen werden; dies entspräche einem Anstieg um rund 25 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Ebenfalls sei mit einer Steigerung der über das DoSV koordinierten Studienangebote auf ca. 1 050 bis 1 150 zu rechnen. Das entspräche einem Zuwachs um rund 40 Prozent . Das Ziel einer Vollabdeckung wird nach Auskunft der SfH zum Verfahren für das Wintersemester 2018/2019 angestrebt. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333