Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums des Innern vom 5. Mai 2017 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 18/12262 18. Wahlperiode 08.05.2017 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Ulla Jelpke, Frank Tempel, Jan van Aken, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksachsache 18/11903 – Einziehung von Pässen in türkischen Konsulaten V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Mitarbeiter von türkischen Konsulaten haben offenbar in einer Reihe von Fällen Pässe von Kritikerinnen und Kritikern des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan eingezogen. Betroffen sind demnach unter anderem Kurdinnen und Kurden, Alevitinnen und Aleviten sowie Anhängerinnen und Anhänger der Gülen -Bewegung. Die Betroffenen hatten im Zuge von Einbürgerungsverfahren in Deutschland Urkunden zur Entlassung aus der türkischen Staatsbürgerschaft beantragt . Die Konsularbeamten behaupteten, die Pässe zur Bearbeitung der Anträge einbehalten zu müssen, einen entsprechenden schriftlichen Beleg händigten sie nicht aus. Allein aus dem Hamburger Generalkonsulat sind den Innenbehörden der Hansestadt vier derartige Fälle bekannt. Betroffen ist unter anderem ein Lehrer, der an einer Gülen-nahen Schule unterrichtet. Nach Informationen der „Welt am Sonntag“ gab es weitere derartige Fälle, in denen türkischen Staatsbürgern kurdischer Herkunft die Pässe abgenommen wurden. Nach deren Angaben soll es auch zu körperlicher Gewalt gekommen sein. Von heftigen Auseinandersetzungen in den Konsulaten in Essen und Hannover ist die Rede. Zudem kommt es nach Angaben der Kurdischen Gemeinde Deutschlands in jüngster Zeit oft vor, dass in die Türkei Reisende mit alevitischem oder kurdischem Hintergrund von der Grenzpolizei festgehalten und nach Schikanen nach Deutschland zurückgeschickt würden (www.welt.de/politik/deutschland/article 162961336/Erdogan-Gegner-erleben-im-tuerkischen-Konsulat-boese-Ueberraschung .html). 1. Welche Kenntnis hat die Bundesregierung darüber, dass türkischen Staatsbürgerinnen und Staatsbürgern, die im Zuge ihres Einbürgerungsverfahrens in Deutschland die Entlassung aus der türkischen Staatsbürgerschaft beantragt haben, von Mitarbeitern türkischer Konsulate die Pässe abgenommen wurden? Die Einbürgerung im Inland lebender ausländischer Staatsangehöriger obliegt den Ländern. Die Bundesregierung hat daher zu dem der Frage zu Grunde liegenden Sachverhalt keine eigenen Erkenntnisse. Bisher haben lediglich drei Länder Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/12262 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode (Bayern, Berlin und Hamburg) mitgeteilt, dass einige türkische Einbürgerungswillige in jüngster Zeit vorgetragen haben, dass ihnen im Zusammenhang mit einem Antrag auf Entlassung aus der türkischen Staatsangehörigkeit der türkische Pass einbehalten worden sei. a) Wie viele derartige Fälle in welchem Zeitraum und in welchen Konsulaten sind der Bundesregierung bekannt? Zur Zahl der Fälle, in denen türkischen Einbürgerungswilligen im Zusammenhang mit einem Antrag auf Entlassung aus der türkischen Staatsangehörigkeit der türkische Pass einbehalten worden ist oder sein soll, liegen der Bundesregierung keine näheren Angaben vor. Die Einbehaltung der türkischen Pässe soll in den von den Ländern Bayern, Berlin und Hamburg mitgeteilten Fällen in den türkischen Generalkonsulaten Berlin, Hamburg und München erfolgt sein. b) Sind der Bundesregierung weitere Fälle bekannt, in denen türkischen Staatsbürgerinnen und Staatsbürgern, die andere Anliegen als die Entlassung aus der türkischen Staatsbürgerschaft vorbrachten (z. B. Verlängerung von Reisepässen), in türkischen Konsulaten die Pässe abgenommen wurden? Wenn ja, wie viele derartige Fälle in welchen Angelegenheiten in welchem Zeitraum und in welchen Konsulaten? Die Bundesregierung hat keine eigenen Erkenntnisse zu türkischen Staatsbürgerinnen und Staatsbürgern, die andere Anliegen als die Entlassung aus der türkischen Staatsbürgerschaft vorbrachten (z. B. Verlängerung von Reisepässen) und denen in türkischen Konsulaten die Pässe abgenommen worden sind oder sein sollen. c) Wie vielen Personen, denen in türkischen Konsulaten die Pässe abgenommen wurden, wurden die Papiere wann später wieder ausgehändigt? Auf die Antwort zu Frage 1a wird verwiesen. Zur Zahl der Personen, denen im Zusammenhang mit einem Antrag auf Entlassung aus der türkischen Staatsangehörigkeit der türkische Pass einbehalten und später wieder ausgehändigt worden ist, liegen der Bundesregierung keine näheren Angaben vor. d) Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung darüber, dass türkische Konsulate sich weigern, Anträge zur Entlassung aus der Staatsbürgerschaft zu bearbeiten? Welche Gründe für die Weigerung bzw. Nichtbearbeitung werden angegeben ? Fälle, in denen türkische Konsulate sich weigern, Anträge auf Entlassung aus der türkischen Staatsangehörigkeit zu bearbeiten, sind der Bundesregierung bisher nicht bekannt geworden. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/12262 e) Inwieweit hat die Bundesregierung Kenntnisse darüber, dass von einer Wegnahme der Pässe oder Nichtbearbeitung von Anträgen zur Entlassung aus der Staatsbürgerschaft insbesondere Oppositionelle bzw. Kritikerinnen und Kritiker des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan, Anhänger der Gülen-Bewegung sowie Personen mit alevitischem oder kurdischen Hintergrund betroffen sind? Auf die Antwort zu Frage 1d wird verwiesen. Im Übrigen werden in Einbürgerungsverfahren keinerlei Daten zum kulturellen, religiösen oder ethnischen Hintergrund oder zu politischen Einstellungen von Einbürgerungswilligen erhoben. f) Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung aus derartigen Vorgängen, und inwieweit ist sie diesbezüglich initiativ geworden? Die Bundesregierung zieht grundsätzlich keine Schlussfolgerungen aus ungesicherten Erkenntnissen und nimmt diese auch nicht zum Anlass, gegenüber türkischen Stellen aktiv zu werden. 2. Sind der Bundesregierung diplomatische Vertretungen anderer Länder neben der Türkei bekannt, deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter um Entlassung aus der Staatsbürgerschaft ersuchenden Besucherinnen und Besuchern die Pässe wegnahmen oder sich weigern, entsprechende Anträge zur Entlassung aus der Staatsbürgerschaft zu bearbeiten, und wenn ja, um welche Vertretungen welcher Staaten handelt es sich dabei, und wie viele Personen waren in welchem Zeitraum betroffen? Die Bundesregierung hat zu dem der Frage zu Grunde liegenden Sachverhalt keine eigenen Erkenntnisse. Die Einbürgerung von im Inland lebenden ausländischen Staatsangehörigen obliegt den Ländern. Die Bundesregierung verweist aber in diesem Zusammenhang auf die unter Nummer 12.1.2.1 und Nummer 12.1.2.2 der Vorläufigen Anwendungshinweise zum Staatsangehörigkeitsgesetz aufgeführten Listen der Staaten, die aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen ein Ausscheiden aus ihrer Staatsangehörigkeit nicht ermöglichen. 3. Inwieweit ist es deutschen Behörden nach Kenntnis der Bundesregierung vor dem Hintergrund der in der Vorbemerkung der Fragesteller geschilderten Vorfälle möglich, einem Einbürgerungsgesuch türkischer Staatsangehöriger auch ohne Vorlage von Reisepässen, Quittungen über die Einziehung solcher Pässe oder den Nachweis der Entlassung aus der türkischen Staatsbürgerschaft stattzugeben? a) Welche zeitlichen Verzögerungen ergeben sich für die Betroffenen? b) Welche Möglichkeiten haben die zuständigen Behörden trotz Einziehung von Pässen oder fehlenden Nachweisen über die Entlassung aus der türkischen Staatsbürgerschaft zügig über Einbürgerungsersuchen zu entscheiden ? c) Welche möglichen Präzedenzfälle von einbürgerungswilligen Bürgerinnen und Bürgern welcher anderer Staaten als der Türkei sind der Bundesregierung bekannt, deren Einbürgerungsersuchen trotz fehlender bzw. eingezogener Pässe und fehlender Ausbürgerungsnachweise ihrer Herkunftsstaaten stattgegeben wurde? Um welche durchschnittliche Bearbeitungszeit verzögerte sich die Einbürgerung in solchen Fällen? Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/12262 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode d) Inwieweit sind der Bundesregierung Regelungen der Landesbehörden bekannt , Einbürgerungsanträgen trotz fehlender Entlassung aus der Staatsbürgerschaft des Herkunftslandes stattzugeben? e) Inwieweit gedenkt die Bundesregierung, die zuständigen Landesbehörden zu einem erleichterten Einbürgerungsverfahren von Personen zu ermutigen , deren Papiere durch Konsulatsmitarbeiterinnen und Konsulatsmitarbeiter eingezogen wurden oder deren Herkunftsstaaten eine Ausbürgerung verweigern? Die Fragen 3, 3a bis 3e werden im Zusammenhang beantwortet. Auf die Antwort zu Frage 1d wird verwiesen. Es gelten die für alle Einbürgerungswilligen bestimmten Regelungen des § 12 Absatz 1 Satz 2 Nummer 3, 4 und 6 des Staatsangehörigkeitsgesetzes sowie die Vorläufigen Anwendungshinweise hierzu, die den Ländern zur sachgerechten Ausführung des Staatsangehörigkeitsgesetzes zur Verfügung gestellt worden sind. Im Übrigen nimmt die Bundesregierung zu hypothetischen Fragestellungen grundsätzlich nicht Stellung. 4. Welches Vorgehen empfiehlt die Bundesregierung türkischen Staatsangehörigen , die im Rahmen eines laufenden Einbürgerungsverfahrens die Entlassung aus der türkischen Staatsbürgerschaft beantragen müssen, um eine nicht quittierte Einziehung ihres Passes durch türkische Konsulatsmitarbeiterinnen und Konsulatsmitarbeiter zu verhindern oder zumindest zu dokumentieren ? Die Bundesregierung gibt grundsätzlich keine Empfehlungen im Zusammenhang mit dem Verwaltungshandeln ausländischer Staaten ab. Nach den der Bundesregierung bekannten Vorschriften des türkischen Staatsangehörigkeitsrechts kann die Entlassung aus der türkischen Staatsangehörigkeit sowohl von den Einbürgerungswilligen selbst, als auch durch eine von ihnen entsprechend bevollmächtigte Person beantragt werden. 5. Welche generelle Absicht sieht die Bundesregierung hinter der Einziehung von Pässen einbürgerungswilliger türkischer Staatsangehöriger durch türkische Konsulatsmitarbeiterinnen und Konsulatsmitarbeiter? Die Bundesregierung spekuliert nicht über mögliche generelle Absichten der türkischen Behörden. 6. Inwieweit haben die Bundesregierung – oder nach ihrer Kenntnis die Regierungen der Länder – die Einziehung von Pässen einbürgerungswilliger türkischer Staatsangehöriger durch türkische Konsulatsmitarbeiterinnen und Konsulatsmitarbeiter gegenüber der türkischen Regierung thematisiert? Die Einziehung von Pässen einbürgerungswilliger türkischer Staatsangehöriger durch türkische Konsulatsmitarbeiterinnen und -mitarbeiter war bislang nicht Gegenstand von Gesprächen der Bundesregierung mit der türkischen Regierung. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/12262 7. Welche Kenntnis hat die Bundesregierung darüber, dass Kritikerinnen und Kritiker des türkischen Präsidenten, insbesondere Personen mit alevitischem oder kurdischen Hintergrund sowie mutmaßliche Anhängerinnen und Anhänger der Gülen-Bewegung in türkischen Konsulaten Schikanen bis hin zu tätlichen Angriffen ausgesetzt waren (www.welt.de/politik/deutschland/ article162961336/Erdogan-Gegner-erleben-im-tuerkischen-Konsulat-boese- Ueberraschung.html)? a) Inwieweit waren Personen mit doppelter Staatsbürgerschaft von solchen Schikanen oder Übergriffen betroffen? Die Bundesregierung hat keine über Pressemitteilungen hinausgehenden Erkenntnisse über behauptete Übergriffe gegen Kritikerinnen und Kritiker des türkischen Präsidenten in türkischen Konsulaten. b) Inwieweit hat die Bundesregierung solche möglichen Praktiken gegenüber der türkischen Regierung thematisiert? Das Thema wurde in Gesprächen zwischen der Bundesregierung und der türkischen Regierung bislang nicht erörtert. 8. Welche Kenntnis hat die Bundesregierung darüber, dass türkische Staatsangehörige , die an deutschen Schulen unterrichten, wegen kritischer Äußerungen an der türkischen Regierung in Konsulate geladen wurden und ihnen dort mit „Konsequenzen“ gedroht wurde (www.welt.de/politik/deutschland/ article162961336/Erdogan-Gegner-erleben-im-tuerkischen-Konsulat-boese- Ueberraschung.html)? Die Bundesregierung hat keine über die Pressemitteilungen hinausgehenden Erkenntnisse zu türkischen Staatsangehörigen, die wegen kritischer Äußerungen in Konsulate geladen worden sind oder sein sollen. 9. Wie viele Reisende mit deutscher Staatsbürgerschaft wurden nach Kenntnis der Bundesregierung wann und aus welchen Gründen seit Anfang des Jahres 2015 an der Einreise in die Türkei gehindert (bitte genauen Zeitpunkt der Einreiseverweigerung und Dauer einer etwaigen freiheitsentziehenden Maßnahme angeben)? a) Wie viele der Betroffenen wurden bei ihrer Einreise vorübergehend festgenommen ? b) Wie viele der Betroffenen sind türkeistämmig bzw. haben einen alevitischen oder kurdischen Hintergrund? c) Wie viele der Betroffenen gehören mutmaßlich der Gülen-Bewegung an? d) Wie viele der Betroffenen lebten als politische Flüchtlinge in Deutschland? e) Wie viele der Betroffenen sind Journalistinnen und Journalisten bzw. Mitarbeiter von Medien? f) Wie viele der Betroffenen reisten jeweils mit dem Flugzeug, der Bahn oder dem Auto in die Türkei ein? Die Fragen 9, 9a bis 9f werden im Zusammenhang beantwortet. Die Bundessregierung führt weder zur Gesamtzahl noch zu einzelnen Gründen Statistiken über Einreiseverweigerungen gegenüber deutschen Staatsangehörigen durch die türkischen Behörden. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333