Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft vom 19. Mai 2017 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 18/12461 18. Wahlperiode 22.05.2017 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Birgit Menz, Ralph Lenkert, Caren Lay, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 18/12256 – Trifluoressigsäure im Grund- und Trinkwasser V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Medienberichten zufolge wurde in Nordrhein-Westfalen in Grundwasserressourcen , Rohgewässern und auch im Trinkwasser verbreitet Trifluoressigsäure (TFA) gefunden. Auch im Neckar konnte der Stoff in erhöhten Mengen nachgewiesen werden (vgl. www.ruhrnachrichten.de). Bei TFA handelt es sich um Industriechemikalien oder Pestizid-Abbauprodukte, die auf unterschiedlichste Weise in Oberflächengewässer sowie Trink- oder Grundwasser gelangen können. Während die TFA-Befunde im Neckar auf eine industrielle Einleitung durch den Chemiekonzern Solvay Bad Wimpfen zurückzuführen sind, lassen sich die TFA-Befunde in einem der größten Trinkwasserversorgungsunternehmen Deutschlands, der Gelsenwasser-AG (Nordrhein- Westfalen), wohl auf den Einsatz von Pestiziden zurückführen (vgl. www. gelsenwasser.de/wasser/trinkwasserqualitaet/aktuelles/). TFA ist aufgrund ihrer chemischen Eigenschaften sehr gut wasserlöslich und bei der Trinkwasseraufbereitung nicht zu entfernen. Gelangt TFA einmal ins Wasser, bleibt es dort auch. Dieses stabile Molekül kann in der Natur nicht abgebaut werden und reichert sich in Wasser und Lebewesen an und ist für Pflanzen und insbesondere einige Algenarten giftig. TFA wird in der Trinkwasserverordnung nicht aufgeführt, so dass bis jetzt auch kein gesetzlich festgeschriebener Grenzwert festgelegt wurde. Das Umweltbundesamt (UBA) hat allerdings einen allgemeinen Vorsorgewert ermittelt und dabei toxikologische Aspekte sowie Reinheitsansprüche an das Trinkwasser berücksichtigt . Maßnahmen, um die Aufnahme von TFA im Wasser zu verringern, müssen somit erst ab einer Konzentration von über 10 µg/l TFA im Trinkwasser ergriffen werden. Seit Januar 2017 stuft das Umweltbundesamt zudem den Stoff als nicht-relevanten Metaboliten (nrM) von Wirkstoffen aus Pflanzenschutzmitteln (PSM) mit einem gesundheitlichen Orientierungswert (GOW) von 3 µg/l ein, anstatt wie bisher mit 1 µg/l. Als Begründung der Änderung des Grenzwertes werden ergänzende Studien zur Toxizität angeführt, die eine höhere Bewertung zulassen (vgl. www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/374/ dokumente/gowpsm20170111.pdf). Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/12461 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 1. Für den Anbau welcher Nutzpflanzen werden nach Kenntnis der Bundesregierung Pestizide eingesetzt, aus denen dann als Metabolit das TFA entsteht? Nach Kenntnis der zuständigen Fachbehörden kann der genannte Metabolit aus Pflanzenschutzmittelwirkstoffen entstehen, die für folgende Kulturen zugelassen sind: Winterweichweizen, Wintergerste, Winterroggen, Wintertriticale, Dinkel, Mais, Zuckermais, Kartoffel, Spargel, Sojabohne, Erdbeere, Zucchini, Gurke, Kürbis-Hybriden, Endivien, Salate, Zwiebelgemüse, Knollensellerie, Buschbohne , Feuer- bzw. Käferbohne, Stangenbohne, Porree und Ziergehölze. 2. Welche Pestizide sind dies im Einzelnen (bitte Handelsname und wissenschaftliche Bezeichnung des Wirkstoffes bzw. der Wirkstoffe, der bzw. die zu TFA metabolisiert wird bzw. werden, Name des Herstellers bzw. Namen der Hersteller auflisten)? Nach Kenntnis der Bundesregierung handelt es sich um die Wirkstoffe Flurtamone (5-(Methylamino)-2-phenyl-4-[3-(trifluormethyl)phenyl]furan-3-on) und Flufenacet (N-(4-fluorophenyl)-N-propan-2-yl-2-[[5-(trifluoromethyl)-1,3,4-thiadiazol -2-yl]oxy]acetamide). Weitere Informationen können der nachfolgenden Tabelle entnommen werden: Handelsname Pflanzenschutzmittel Zulassungsnummer Zulassungsinhaber Enthaltene Wirkstoffe Bacara 024311-00 Bayer CropScience Diflufenican, Flurtamone Bacara FORTE 006369-00 Bayer CropScience Diflufenican, Flurtamone, Flufenacet Cadou FORTE 007367-00 Bayer CropScience Diflufenican, Flurtamone, Flufenacet Artist 024559-00 Bayer CropScience Metribuzin, Flufenacet Aspect 007149-00 Bayer CropScience Terbuthylazin, Flufenacet Bayer Garten Langzeit- Unkrautfrei Permaclean 006259-00 Bayer CropScience Glyphosat, Metosulam, Flufenacet Bayer Garten Langzeit- Unkrautfrei Permaclean AF 006920-00 Bayer CropScience Glyphosat, Metosulam, Flufenacet Cadou SC 005908-00 Bayer CropScience Flufenacet Herold SC 005878-00 Bayer CropScience Diflufenican, Flufenacet Malibu 024834-00 BASF SE Pendimethalin, Flufenacet Terano flüssig 005865-00 Bayer CropScience Metosulam, Flufenacet Weitere Einzelheiten der Zulassungen können unter www.bvl.bund.de/psmdb recherchiert werden. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/12461 3. Sind nach Auffassung der Bundesregierung Pestizide, die TFA enthalten, essenziell für den Anbauerfolg? Nach Kenntnis der Bundesregierung handelt es sich bei den beiden Wirkstoffen Flurtamone und Flufenacet um Wirkstoffe, die im Ackerbau wegen ihres Wirkungsspektrums zur Resistenzvermeidung notwendig sind. 4. Stehen nach Kenntnis der Bundesregierung zu ähnlichen Kosten weniger problematische Pestizide zur Verfügung, die nicht zu TFA oder anderen trinkwasserrelevanten Pestiziden abgebaut werden? Auf die Antwort zu Frage 3 wird verwiesen. 5. Basierend auf welchen Untersuchungen ist der gesundheitliche Orientierungswert (GOW) für TFA im Trinkwasser nach Kenntnis der Bundesregierung von 1 µg/l auf 3 µg/l erhöht wurden? a) Wer war für diese Untersuchung zuständig? b) Wer war verantwortlich für die Durchführung? c) Wer hat die Kosten dafür getragen? Grundlage der Änderung des gesundheitlichen Orientierungswertes (GOW) waren Originalunterlagen zu den mit der Substanz durchgeführten In-vitro- und Invivo -Studien des Rechteinhabers, Bayer Crop Sciences. Der Rechteinhaber hat die Untersuchungen nach den Vorgaben der Guten Labor-Praxis (GLP) und gemäß den Richtlinien der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD; Richtlinie 408) als auch der United States Environmental Protection Agency (US EPA; OPPTS 870 3100) durchgeführt und hierfür die Kosten getragen. 6. Sind nach Auffassung der Bundesregierung, die TFA-Befunde im Gelsenwasser -Versorgungsgebiet als Einzelfälle zu bewerten? Da der Bundesregierung keine Daten über die Verbreitung von Triflouressigsäure (TFA) im Grundwasser vorliegen, kann nicht abgeschätzt werden, ob es sich bei den Funden der Gelsenwasser AG um Einzelfälle handelt (auf die Antwort zu Frage 7 wird verwiesen). 7. Ist nach dem Kenntnisstand der Bundesregierung TFA weitverbreitet in deutschen Grundwässern zu finden, und welche weiteren TFA-Befunde aus Grundwasserquellen und Trinkwasserentnahmestellen sind der Bundesregierung bekannt (bitte Fundstelle und TFA-Wert und Datum der Messung angeben )? Die Untersuchung von Gewässern gehört zu den Vollzugsaufgaben der Bundesländer . Der Bundesregierung liegen außer den Funden der Gelsenwasser AG keine weiteren Daten über die Verbreitung von TFA in Grund- und Quellwässern Deutschlands vor. Aussagen zur Belastung von Trinkwasserentnahmestellen laufen nicht auf Bundesebene zusammen. Nach Kenntnis der Bundesregierung hat eine Abfrage bei Wasserversorgern und Landesbehörden gezeigt, dass keine weiteren Überschreitungen des GOW auftraten. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/12461 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 8. Was unternimmt die Bundesregierung, um sich einen flächendeckenden Überblick über das Vorkommen von TFA in Grund-, Oberflächen- und Rohwässern sowie im Trinkwasser zu verschaffen? Für die Überwachung der Grund- und Oberflächengewässer sind die Bundesländer verantwortlich. Die Messergebnisse der Länder werden im Rahmen der Bund- /Länder-Arbeitsgemeinschaft Wasser (LAWA) gesammelt und ausgewertet. Die Messempfehlung des Umweltbundesamtes (UBA) für Pflanzenschutzmittelwirkstoffe und -metaboliten vom 16. Januar 2017 empfiehlt, TFA im Grundwassermonitoring zu berücksichtigen. 9. Hält die Bundesregierung Maßnahmen für erforderlich, um den Einsatz von Pestiziden, die zur TFA-Bildung führen, einzuschränken oder anderweitig zu reglementieren? Wenn ja, warum? Wenn nein, warum nicht? Die aktuelle Befundlage zeigt, dass der Gesundheitliche Orientierungswert (GOW) nur in Ausnahmefällen überschritten wird. Daher hält die Bundesregierung derzeit keine Maßnahmen für notwendig. 10. Wie wird die TFA-Problematik in der Europäischen Kommission eingeschätzt und bewertet? Der Bundesregierung liegen keine Erkenntnisse vor, wie die TFA-Problematik in der Europäischen Kommission eingeschätzt und bewertet wird. 11. Welche konkreten Maßnahmen werden ergriffen, sollten die Maßnahmenwerte sowie die gesundheitlichen Orientierungswerte für TFA im Grundund Trinkwasser dauerhaft überschritten werden? Rechtsverbindliche Maßnahmen, die z. B. die Zulassung von Pflanzenschutzmitteln betreffen, deren Wirkstoffe den Metabolit TFA bilden, sind im Falle einer Überschreitung des GOW auf Bundesebene nicht ableitbar. Falls Maßnahmen notwendig sind, hängen diese von den Bedingungen des Einzelfalles ab. Soweit möglich, werden dabei Maßnahmen zur Reduktion der Einträge zu bevorzugen sein; anderenfalls sind Maßnahmen in der Trinkwasseraufbereitung zu treffen. Die Bundesregierung geht davon aus, dass beim Vollzug der Trinkwasserverordnung die jeweils geeigneten Maßnahmen identifiziert und getroffen werden. 12. Wie bewertet das Bundesinstitut für Risikobewertung das Vorkommen von TFA in Trinkwasser für die menschliche Gesundheit, insbesondere bei Aufnahme über einen längeren Zeitraum? Das UBA ist in seiner Zuständigkeit für die Ableitung von GOW und die Beratung der Vollzugsbehörden um GOW für TFA gebeten worden und hat entsprechende Werte abgeleitet. Zusammenfassend ergibt sich daraus, dass für den Menschen nach dem derzeitigen Stand des Wissens auch bei einer Aufnahme über einen längeren Zeitraum nicht von einer gesundheitlichen Besorgnis auszugehen ist. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333