Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums des Innern vom 26. Mai 2017 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 18/12533 18. Wahlperiode 30.05.2017 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Tom Koenigs, Luise Amtsberg, Dr. Franziska Brantner, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 18/12286 – Ermittlung von in Syrien begangenen Völkerstraftaten in Deutschland V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Sechs Jahre Krieg in Syrien hat Hundertausende Menschen das Leben gekostet. Millionen sind innerhalb Syriens und aus Syrien heraus auf der Flucht. Giftgasangriffe , Foltergefängnisse und das Aushungern der Zivilbevölkerung sind nur Beispiele für die vielen Völkerstraftaten, die in Syrien von verschiedenen Konfliktparteien verübt wurden und werden. Tausende sind solchen Völkerstraftaten bereits zum Opfer gefallen. In Deutschland können Völkerstraftaten nach dem Weltrechtsprinzip auf der gesetzlichen Grundlage des Völkerstrafgesetzbuches (VStGB) geahndet werden. Dies ist von besonderer Bedeutung, wenn der Weg zum Internationalen Strafgerichtshof – wie im Falle Syriens – derzeit aufgrund des Vetos einiger Sicherheitsratsmitglieder de facto versperrt ist (vgl. abgelehnte Resolution des Sicherheitsrates vom 22. Mai 2014, S/2014/348). Zahlreiche Syrerinnen und Syrer sind nach Deutschland geflüchtet. Sie stellen dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) und damit auch den Ermittlungs- und Strafverfolgungsbehörden, insbesondere der Zentralstelle für die Bekämpfung von Kriegsverbrechen und weiteren Straftaten nach dem Völkerstrafgesetzbuch (ZBKV) beim Bundeskriminalamt (BKA) und dem Völkerstrafrechtsreferat beim Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof (GBA), wertvolle Hinweise auf Völkerstraftaten und -straftäter zur Verfügung. (Da sich das Völkerstrafrechtsreferat im Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) befindet, werden diesbezügliche Fragen mit gesonderter Kleiner Anfrage gestellt.) Die wichtige Arbeit der Ermittlerinnen und Ermittler verhilft dem Völkerstrafgesetzbuch dabei erst zur praktischen Anwendbarkeit. Sie verdient Anerkennung und bestmögliche Unterstützung. Insbesondere die exorbitant gestiegene Zahl der Hinweise (8 500-prozentige Steigerung innerhalb von zwei Jahren seit 2013, vgl. Antwort auf die Schriftliche Frage 33 des Abgeordneten Dr. Frithjof Schmidt, Bundestagsdrucksache 18/8052) muss mit ausreichender Ausstattung der Ermittlerinnen und Ermittler, insbesondere genügend Personal, beantwortet Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/12533 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode werden. Nur dann kann den zahlreichen Hinweisen auf Völkerstraftaten umgehend nachgegangen werden, was im Ergebnis auch zu mehr und zeitnäheren Prozessen führt und somit im Interesse der Opfer zur Beendigung der derzeitigen Straflosigkeit von Völkerstraftaten im syrischen Kontext beiträgt. Bundesamt für Migration und Flüchtlinge 1. Mit welchen Fragen im Anhörungsbogen für Geflüchtete sammelt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) derzeit Hinweise auf Völkerstraftaten (bitte einzeln auflisten)? Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) erhebt derzeit mit folgender Frage in den persönlichen Anhörungen syrischer und irakischer Antragsteller Hinweise auf Völkerstraftaten: Waren Sie selbst Augenzeuge, Opfer oder Täter von begangenem Völkermord, Kriegsverbrechen oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit; Übergriffen (Folter , Vergewaltigungen oder andere Misshandlungen) von kämpfenden Einheiten auf die Zivilbevölkerung; Hinrichtungen bzw. Massengräbern oder Einsätzen von Chemiewaffen? Wann, wo und wie wurden diese Taten begangen und gibt es Personen, die das bestätigen können? Können Sie Täter benennen, wo sind diese aufhältig und woher kennen Sie die Namen? 2. Handelt es sich um obligatorische Fragen oder nur um freiwillige Zusatzfragen ? Diese Fragen sind nicht Standard für alle Asylsuchenden. Grundsätzlich werden nur syrische und irakische Staatsangehörige befragt. Je nach Lage in den Herkunftsländern werden die Fragen angepasst. 3. Warum sind diese – sofern es sich lediglich um Zusatzfragen handelt – nicht obligatorisch? Auf die Antwort zu Frage 2 wird verwiesen. 4. Werden die Geflüchteten über den Zweck dieser Fragen aufgeklärt und ihnen ihre Rechte erläutert? Nein. 5. Sind diese Fragen seit dem Jahr 2011 verändert worden? Die Fragen wurden ggf. jeweils redaktionell angepasst. 6. (Inwiefern) ist geplant, diese Fragen zu ändern oder abzuschaffen? Eine Abschaffung der Fragen ist nicht beabsichtigt. Änderungen der Fragen erfolgen lagebedingt. 7. Wenn ja, wann, warum, und in welcher Weise (bitte einzeln auflisten)? Auf die Antwort zu Frage 6 wird verwiesen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/12533 8. Wie oft haben Geflüchtete aus Syrien Hinweise auf Völkerstraftaten geliefert ? Wie oft die Fragen im Anhörungsverfahren zu Hinweisen auf Völkerstraftaten geführt haben, wird nicht statistisch erfasst. 9. Wie viele von ihnen waren direkt Opfer solcher Straftaten? Das BAMF führt diesbezüglich keine Statistik. 10. Wurden bereits Personen aufgrund von § 3 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 des Asylgesetzes (Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit) vom Schutz des Asylgesetzes ausgeschlossen ? Ja. Statistische Angaben hierzu liegen jedoch nicht vor. 11. Wenn ja, was geschah mit diesen Personen, und woher kamen die Informationen , die Grundlage für diese Entscheidung waren? Jeder Fall wird individuell bewertet, eine allgemeine Aussage zu der Frage ist nicht möglich. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 10 verwiesen. 12. Werden Opfer von Völkerstraftaten als Opfer im Sinne der EU-Opferschutzrichtlinie RL 2012/29 behandelt und ihnen insbesondere das Recht auf Information aus Artikel 4 gewährt? Wie viele der vom BAMF gesammelten Hinweise waren derart konkret, dass sie an die Zentralstelle für die Bekämpfung von Kriegsverbrechen und weiteren Straftaten nach dem Völkerstrafgesetzbuch (ZBKV) beim Bundeskriminalamt weitergeleitet wurden (bitte seit 2011 nach Jahren und Länderkontext aufschlüsseln)? Die Opferschutzrichtlinie 2012/29/EU erklärt in Artikel 2, wer als Opfer im Sinne der Richtlinie anzusehen ist. Das ist nach Artikel 1 Nummer 1 a) Buchstabe i) jede natürlich Person, die eine körperliche, geistige oder seelische Schädigung oder einen wirtschaftlichen Verlust, der direkte Folge der Straftat war, erlitten hat. Nach Artikel 1 a) Buchstabe ii) gehören dazu auch Familienangehörige einer Person , deren Tod direkte Folge einer Straftat ist, und die durch den Tod dieser Person eine Schädigung erlitten hat. Aufgrund der Opferschutzrichtlinie ergab sich in Deutschland nur punktueller Umsetzungsbedarf aus der Richtlinie. Deutschland hat mit dem 3. Opferrechtsreformgesetz vom 21. Dezember 2015 die Richtlinie vollständig umgesetzt. In der Strafprozessordnung (StPO) sind wesentliche Befugnisse des Verletzten in den §§ 406d ff. StPO geregelt, darunter auch die Informationspflichten (§§ 406d, 406i ff. StPO). Da Verfahren nach dem Völkerstrafgesetzbuch prozessual nach den Regelungen der StPO verhandelt werden, stehen den Verletzten, natürlich auch den Verletzten einer Völkerstraftat, die opferschützenden Regelungen auf der Grundlage der jeweiligen Voraussetzungen zu. Die vom BAMF an die Zentralstelle für die Bekämpfung von Kriegsverbrechen und weiteren Straftaten nach dem Völkerstrafgesetzbuch (ZBKV) weitergeleiteten Hinweise sind folgender Tabelle zu entnehmen: Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/12533 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Jahr Syrien Irak Sonstige 2011 0 0 1 2012 2 0 15 2013 15 0 18 2014 231 12 31 2015 1.560 2 462 2016 799 155 166 2017 (bis April) 153 58 59 13. Werden nur Hinweise an die ZBKV weitergeleitet, bei denen die Geflüchteten angeben, den Täter namentlich zu kennen? Nein. 14. Wenn nein, welche Erwägungen liegen dieser Entscheidung zugrunde? In Absprache mit dem Bundeskriminalamt (BKA) soll eine größtmögliche Breite der Erkenntnisgewinnung erfolgen. Augenzeugen von Kriegsverbrechen/Verbrechen gegen die Menschlichkeit, die namentlich keine Täter benennen, sind als mögliche Zeugen in Ermittlungsverfahren als ebenso wichtig anzusehen. 15. Wer entscheidet beim BAMF anhand welcher Kriterien darüber, welche Hinweise an die ZBKV weitergeleitet werden? Bei fundierten Angaben im Zusammenhang mit Kriegsverbrechen übermittelt das BAMF die entsprechenden Information – nach erfolgter Kategorisierung der Information (Skala von 1 bis 5 / siehe unten) – an das BKA (ZBKV). Diese Kategorisierung wurde in Absprache mit dem BKA eingeführt. Sie hilft dem BKA dabei, die Fälle nach Wichtigkeit zu priorisieren. Das BKA prüft die Information und stellt gegebenenfalls konkrete Rückfragen an das BAMF. Durch das BAMF erfolgt keine Mitteilung an den Asylbewerber, dass die Informationen an das BKA weitergeleitet wurden. Das BAMF bleibt unabhängig in der Entscheidung über das Asylverfahren. Kategorie 1: namentliche Hinweise auf in Europa oder in Deutschland befindliche Täter von Kriegsverbrechen Kategorie 2: namentliche Hinweise auf in Europa oder in Deutschland befindliche Täter von Kriegsverbrechen ohne konkrete Angaben von tatrelevanten Handlungen. Kategorie 3: Angehörige von VStGB-relevanten (Völkerstrafgesetzbuch) Institutionen , welche Augenzeugen oder Befehlsgeber bzw. -empfänger von VStGB-relevanten Tathandlungen waren. Kategorie 4: Angehörige von VStGB-relevanten Institutionen ohne konkrete Angaben zu tatrelevanten Handlungen. Kategorie 5: Augenzeugen/Opfer von VStGB-relevanten Tathandlungen). Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/12533 16. Was geschieht mit den nicht an die ZBKV weitergeleiteten Hinweisen? Wenn gemäß der Antwort zu Frage 15 die Kriterien erfüllt werden, erfolgt eine Weiterleitung an die ZBKV. Nur bei Nichterfüllung der Kriterien erfolgt keine Weitergabe. Ob weitere Veranlassungen mit den Hinweisen erfolgen müssen, wird je nach Einzelfall geprüft. Zentralstelle für die Bekämpfung von Kriegsverbrechen und weiteren Straftaten nach dem Völkerstrafgesetzbuch 17. Wie viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hat die Zentralstelle für die Bekämpfung von Kriegsverbrechen und weiteren Straftaten nach dem Völkerstrafgesetzbuch (ZBKV) beim BKA (bitte seit 2011 einzeln nach Jahren aufschlüsseln , Teil- und Vollzeitstellen getrennt ausweisen)? Jahr /Angaben zu ZBKV-Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern 2011: Neun Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ZBKV 2012: Zehn Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ZBKV 2013: Zehn Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ZBKV 2014: Neun Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ZBKV 2015: Neun Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ZBKV 2016: 17 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ZBKV (13 Polizeivollzugsbeamte (PVB), vier Tarifbeschäftigte (TB), davon drei in Teilzeit) 2017: 17 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ZBKV (13 PVB, vier TB, davon drei in Teilzeit). Ein weiterer Aufwuchs der ZBKV bis Ende 2018 sowie die Einrichtung eines eigenständigen Referates Völkerstrafrecht (ZBKV) sind beabsichtigt. 18. Wie viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der ZBKV beschäftigen sich mit der Auswertung von Hinweisen auf Völkerstraftaten bezogen auf a) Daesh /IS, Mit der kriminalpolizeilichen Auswertung der Hinweise zu „Daesh/IS“ sind derzeit zwei Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der ZBKV betraut. b) das syrische Regime, c) andere im syrischen Bürgerkrieg involvierte Gruppen und Staaten (jeweils welche) (bitte seit 2011 einzeln nach Jahren aufschlüsseln, Teil- und Vollzeitstellen getrennt ausweisen)? Mit der kriminalpolizeilichen Auswertung der Hinweise zum syrischen Regime und anderen im syrischen Bürgerkrieg involvierten Gruppen sind derzeit drei Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der ZBKV betraut. Eine weitere Aufschlüsselung seit 2011 ist nicht möglich. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/12533 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 19. Ist es der ZBKV mit der vorhandenen Personaldecke möglich, alle Hinweise sofort zu bearbeiten? 20. Wenn nein, nach welchen Kriterien (zum Beispiel Aufenthalt des potentiellen Täters in Deutschland, Gefahrenpotential usw.) kategorisiert die ZBKV die Hinweise? Die Fragen 19 und 20 werden gemeinsam beantwortet. Alle eingehenden Hinweise, darunter auch die vom BAMF übermittelten Sachverhalte , werden gesichtet und hinsichtlich der Gefährdungsrelevanz, der völkerstrafrechtlichen Relevanz und ihrer Dringlichkeit erstbewertet sowie der Datenverarbeitung zugeführt. Eine umgehende abschließende Endbearbeitung sämtlicher eingehender Hinweise ist aufgrund der hohen Zahl der Hinweise nicht möglich Hinweise mit Bezügen zu den Strukturverfahren Syrien oder IS werden in fünf Kategorien eingeteilt. Hinweise der Kategorie 1 und 2 liegen vor, wenn konkrete Täterbezüge nach Deutschland und/oder EUROPOL assoziierten Staaten erkennbar sind. Diese werden vorrangig bearbeitet. Sofern der Hinweisgeber Angehöriger einer VStGB-relevanten Institution in seinem Herkunftsland ist, wird der Hinweis entweder in Kategorie 3 („Befehlsempfänger relevanter Tathandlungen“) oder Kategorie 4 („Hinweisgeber macht keine konkreten Angaben zu relevanten Tathandlungen“) eingeordnet. In der Kategorie 5 befinden sich Hinweise durch Augenzeugen/Opfern von konkreten VStGB-relevanten Tathandlungen. Eingehende Hinweise ohne Bezüge zu den Strukturverfahren Syrien und IS werden nicht kategorisiert. Auch bei diesen findet – analog zur Kategorie 1 und 2 der Syrien/IS-Hinweise – eine vorrangige Bearbeitung von täterbezogenen Hinweisen statt. 21. Welchen rechtlichen Rahmen legt die ZBKV der Datenerhebung zugrunde, und in welchen IT-Systemen des Bundes werden die Daten hinterlegt? Die Datenerhebung erfolgt auf der Grundlage des Gesetzes über das Bundeskriminalamt und die Zusammenarbeit des Bundes und der Länder in kriminalpolizeilichen Angelegenheiten – BKAG – (Datenerhebung im Rahmen der Zentralstelle ) und der StPO (im Rahmen von Ermittlungsverfahren). Das BKA kann personenbezogene Daten für ein Ermittlungsverfahren nach den Bestimmungen der §§ 163, 483, 484 StPO und für die Zentralstelle nach §§ 2, 7, 8 BKAG entgegennehmen , speichern und verwenden. Die eingehenden Hinweise werden als Vorgänge im Vorgangsbearbeitungssystem des BKA (VBS) dokumentiert. Daten mit Bezügen zu den bestehenden Ermittlungsverfahren werden in der b-Case-Datei IntTE-S sowie in Excel-Tabellen mit genehmigter Errichtungsanordnung (EAO) gespeichert. Des Weiteren werden personenbezogene Daten in INPOL Fall – Innere Sicherheit (IFIS) gespeichert. 22. Wie viele Hinweise befinden sich derzeit in welcher Kategorie? Derzeit liegen dem BKA ca. 4 100 Hinweise auf völkerstrafrechtlich zu würdigende Sachverhalte insbesondere aus den Konfliktregionen Syrien und Irak vor, die seit 2015 bei der ZBKV eingegangen sind. Eine Kategorisierung der Hinweise erfolgt nur, wenn diese Bezüge zu den Strukturverfahren Syrien oder IS aufweisen . Vor Mai 2015 erfolgte ausschließlich eine Einteilung der Hinweise in die Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/12533 Kategorien „Hinweise mit konkretem Täterbezug“ und „Hinweise ohne konkreten Täterbezug“. Anzahl der Hinweise im Strukturverfahren Syrien: ca. 2 800 Hinweise mit Täterbezug (Kategorie 1 und 2): ca. 300 Hinweise ohne Täterbezug (Kategorie 3 – 5): ca. 2 500 Anzahl der Hinweise im Strukturverfahren IS: ca. 600 Hinweise mit Täterbezug (Kategorie 1 und 2): ca. 30 Hinweise ohne Täterbezug (Kategorie 3 – 5): ca. 570 Anzahl der Hinweise „andere Konfliktregionen“: ca. 400. 23. (Wo) werden Hinweise, die nicht gleich beantwortet werden, gespeichert? Sämtliche bei der ZBKV eingegangene Hinweise auf völkerstrafrechtlich zu würdigende Sachverhalte werden als Vorgänge in dem BKA-Vorgangsbearbeitungssystem (VBS) dokumentiert. 24. Wie lang können gespeicherte Hinweise bzw. Zeugenaussagen zum Beispiel in Bezug auf datenschutzrechtliche Vorgaben aufbewahrt werden? Gemäß § 8 Absatz BKAG kann das BKA zur Erfüllung seiner Aufgaben nach § 2 Absatz 1 bis 3 BKAG personenbezogene Daten solcher Personen, die bei einer künftigen Strafverfolgung als Zeugen in Betracht kommen, nur speichern, verändern und nutzen, soweit dies zur Verhütung oder zur Vorsorge für die künftige Verfolgung einer Straftat mit erheblicher Bedeutung erforderlich ist. Gemäß § 32 Absatz 4 BKAG dürfen in den Fällen von § 8 Absatz 4 BKAG die Aussonderungsprüffristen bei Erwachsenen fünf Jahre und bei Jugendlichen drei Jahre nicht überschreiten. Personenbezogene Daten der in § 8 Absatz 4 Satz 1 BKAG bezeichneten Personen können ohne Zustimmung des Betroffenen nur für die Dauer eines Jahres gespeichert werden. Die Speicherung für jeweils ein weiteres Jahr ist zulässig, soweit die Voraussetzungen des § 8 Absatz 4 Satz 1 BKAG weiterhin vorliegen. Die maßgeblichen Gründe für die Aufrechterhaltung der Speicherung nach Satz 3 sind aktenkundig zu machen. Die Speicherung nach Satz 2 darf jedoch insgesamt drei Jahre und bei der Verhütung und Verfolgung von Straftaten nach § 129a, auch in Verbindung mit § 129b Absatz 1 des Strafgesetzbuches fünf Jahre nicht überschreiten. Bei Hinweisen und Zeugenaussagen, die im Rahmen von Ermittlungsverfahren erhoben wurden, regelt § 489 StPO wann personenbezogene Daten zu löschen sind. Gemäß § 489 Absatz 2 StPO sind personenbezogene Daten zu löschen, wenn ihre Speicherung unzulässig ist oder sich aus Anlass einer Einzelfallbearbeitung ergibt, dass die Kenntnis der Daten für die in den §§ 483, 484, 485 StPO jeweils bezeichneten Zwecke nicht mehr erforderlich ist. Es sind ferner zu löschen: 1. nach § 483 StPO gespeicherte Daten mit der Erledigung des Verfahrens, soweit ihre Speicherung nicht nach den §§ 484, 485 StPO zulässig ist, 2. nach § 484 StPO gespeicherte Daten, soweit die Prüfung nach Absatz 4 ergibt, dass die Kenntnis der Daten für den in § 484 StPO bezeichneten Zweck nicht mehr erforderlich ist und ihre Speicherung nicht nach § 485 StPO zulässig ist, Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/12533 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 3. nach § 485 StPO gespeicherte Daten, sobald ihre Speicherung zur Vorgangsverwaltung nicht mehr erforderlich ist. Nach § 489 Satz 3 StPO gilt als Erledigung des Verfahrens die Erledigung bei der Staatsanwaltschaft oder, sofern die öffentliche Klage erhoben wurde, bei Gericht. Ist eine Strafe oder eine sonstige Sanktion angeordnet worden, ist der Abschluss der Vollstreckung oder der Erlass maßgeblich. Wird das Verfahren eingestellt und hindert die Einstellung die Wiederaufnahme der Verfolgung nicht, so ist das Verfahren mit Eintritt der Verjährung als erledigt anzusehen. 25. Könnte nach Auffassung der Bundesregierung eine Angleichung von datenschutzrechtlichen Vorgaben an die Unverjährbarkeit von Völkerstraftaten (§ 5 VStGB) verhindern, dass Hinweise bzw. Zeugenaussagen vor Einleitung eines Ermittlungs- bzw. Hauptsacheverfahrens vernichtet werden müssen ? Wie in der Antwort zu Frage 24 ausgeführt, richtet sich die Speicherfrist bei den sog. Vorsorgedateien (§ 8 BKAG) nach den Bestimmungen des § 32 BKAG mit einer grundsätzlichen maximalen Speicherfrist personenbezogener Daten von Zeugen/Opfern gemäß § 32 Absatz 4 BKAG von fünf Jahren (bei Vorliegen einer individuellen Zustimmung durch Zeugen/Opfer). Es ist derzeit nicht ausgeschlossen , dass entsprechende Völkerstrafverfahren, basierend auf den Kernaussagen des Hinweisgebers/Zeugen/Opfers, durch den Generalbundesanwalt erst nach Überschreitung der maximalen Speicherfrist (BKAG) eingeleitet werden (Täter befindet sich noch nicht in Deutschland). Durch eine Angleichung der Speicherfristen im BKAG an die vergleichbaren Speicherfristen der StPO – ausschließlich in den Fällen unverjährbarer Völkerstraftaten – könnte auch zu einem späteren Zeitpunkt auf die sachdienlich und für eine Strafverfolgung notwendigen Informationen des Zeugen/Opfers zurückgegriffen werden. 26. Würde eine nach Auffassung der Bundesregierung signifikante Aufstockung der Personaldecke in der ZBKV diese in die Lage versetzen, mehr und zügigere Ermittlungen durchzuführen und somit ihrem Auftrag „no safe havens“ für Völkerstraftäter besser nachzukommen? Der Einsatz von mehr Personal ist regelmäßig geeignet, Strafverfolgung zu intensivieren und effektiver zu gestalten. Dies gilt für das Personal der Behörden und Beamteninnen und Beamten des Polizeidienstes wie für das staatsanwaltschaftliche Personal gleichermaßen. Letztendlich obliegt es dem Haushaltsgesetzgeber, welche Prioritäten im Bereich der Stellenhaushalte der Bundesbehörden gesetzt werden. 27. Wäre es möglich und sinnvoll, Verbindungsbeamtinnen und Verbindungsbeamte in den von Ermittlungen betroffenen Staaten bzw. ihren Nachbarstaaten zu haben? Grundsätzlich ist das Verbindungsbeamtenwesen ein unerlässliches Instrument für eine effektive und effiziente Zusammenarbeit im Phänomenbereich Völkerstrafrecht . Die Internationalität des Phänomens erfordert es nahezu, dass Verbindungsbeamte die Arbeit der ZBKV unterstützen. Sie sind in fast allen Fällen der Türöffner und Wegbereiter für einen konstruktiven internationalen Austausch im Rahmen der bestehenden Zusammenarbeitsregelungen. So transportieren die VB über ihre örtlichen Kontaktpartner die Aufgaben der ZBKV in die von ihnen betreuten Staaten und sorgen schon dadurch für eine voranschreitende Harmonisierung der völkerstrafrechtlichen Bekämpfung auf internationaler Ebene. Zudem Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 9 – Drucksache 18/12533 gelingt es durch ihre Vor-Ort-Aktivitäten immer wieder, Hinweise zu generieren, die hiesige Ermittlungsverfahren befördern. Das Verbindungsbeamtenwesen des BKA ist damit unerlässliches Instrument für die ZBKV. Das BKA hat einen Verbindungsbeamten (VB) in Beirut/Libanon, der eine Nebenzuständigkeit für Syrien besitzt. Eine Zusammenarbeit zwischen dem VB und den syrischen Behörden findet de facto jedoch aufgrund des in Syrien fortdauernden Bürgerkriegs nicht statt, ebenso wenig wie Dienstreisen des Verbindungsbeamten in das Land. Bestehende Kooperationsbeschränkungen kommen für die Arbeit des VB aktuell nicht zum Tragen, weil die Zusammenarbeit mit Syrien bislang eingefroren wurde. Voraussetzung für eine Wiederaufnahme der Kooperation ist die Beendigung der inneren Spannungen und kriegerischen Auseinandersetzungen im Land. 28. Wäre dies im Falle Syriens durchführbar? Die Einrichtung eines VB-Standortes in Syrien ist derzeit aus den genannten Gründen nicht zielführend, siehe auch Antwort zu Frage 27. 29. Sammelt die ZBKV trotz des derzeit bestehenden Verfahrenshindernisses gemäß § 20 Absatz 2 des Gerichtsverfassungsgesetzes (Immunität für amtierende Staatsoberhäupter) Beweise für Völkerstraftaten gegen Baschar al Assad ? Im Rahmen des Strukturverfahrens Syrien werden auch Beweise für mögliche Straftaten des syrischen Staatspräsidenten Baschar al-Assad oder ihm nahestehender Personen erhoben. Zwar kommt aktuell eine Strafverfolgung des Staatspräsidenten in Deutschland auf Grund des bestehenden Verfahrenshindernisses der Immunität nicht in Betracht, jedoch können die Beweise unter Umständen einem Internationalen Strafgericht über die Bundesanwaltschaft zur Verfügung gestellt werden. Nach Wegfall des Verfahrenshindernisses kommt auch eine Strafverfolgung in Deutschland in Betracht. Ergänzend wird auf die Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Bundestagsdrucksache 18/12487 (Völkerstraftaten Syrien – Stellungnahme GBA) hingewiesen. 30. Wie werden in Deutschland aufhältige Opfer und Zeugen von Völkerstraftaten durch die ZBKV identifiziert und kontaktiert? In Deutschland aufhältige Opfer und Zeugen werden durch Hinweise aus unterschiedlichen Quellen oder durch eigene Ermittlungen gewonnen und im Rahmen der kriminalpolizeilichen Sachbearbeitung identifiziert. Zur Durchführung der Vernehmungen als Zeugen erfolgt der Kontakt durch das Bundeskriminalamt unmittelbar oder mit Unterstützung durch die Landeskriminalämter. 31. Inwiefern wird bei Ermittlungsverfahren mit internationalen Organisationen, der Europäischen Union oder anderen Staaten zusammengearbeitet? Die ZBKV arbeitet im Rahmen der Ermittlungsverfahren durch entsprechende Rechtshilfeersuchen unter Beachtung der Kooperationsbeschränkungen mit anderen Staaten anlassabhängig zusammen. Anlassunabhängig finden regelmäßige Austausche mit anderen War Crimes Units als auch über das EU-Genocide-Network bei EUROJUST statt. Nach der seit Mai 2017 geltenden Erweiterung des Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/12533 – 10 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Mandats von EUROPOL auf „War Crimes, Crimes against Humanity und Genocide “ besteht die erklärte Absicht, die Möglichkeiten von EUROPOL zur operativen Unterstützung im Phänomenbereich Völkerstrafrecht zu nutzen. Dazu soll zukünftig u. a. ein zentraler Analysebereich (Analysis Project Core International Crimes, AP-CIC) bei EUROPOL eingerichtet werden. Die ZBKV hat mit der niederländischen War Crimes Unit diesen Prozess der aktiven Aufgabenwahrnehmung bei EUROPOL in Gang gesetzt. 32. Inwiefern gab bzw. gibt es mit welchen Staaten bzw. Organisationen zu Straftaten mit Bezug zu a) Daesh/IS, b) das syrische Regime, c) andere im syrischen Bürgerkrieg involvierte Gruppen und Staaten (jeweils welche) einen Austausch? Die Fragen 32a bis 32c werden gemeinsam beantwortet. Unter Beachtung der gesetzlichen Vorschriften und der bestehenden Kooperationsbeschränkungen tauscht sich die ZBKV mit anderen nationalen und internationalen Stellen und Organisationen aus, die ebenfalls an der Aufklärung der „Core International Crimes“ und insbesondere an der strafrechtlichen Aufklärung der Straftaten in der Krisenregion Syrien/Irak ein Interesse hegen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333