Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit vom 30. Mai 2017 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 18/12621 18. Wahlperiode 01.06.2017 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Bärbel Höhn, Peter Meiwald, Christian Kühn (Tübingen), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 18/12200 – Umweltgerechtigkeit konkret machen V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Umweltbelastungen wie Lärm, Luftverschmutzung, schlechtes Bioklima oder mangelnde Versorgung mit Grünflächen sind besonders für Menschen in den Großstädten ein Problem. Konzentrierte Umweltbelastung schlägt sich dabei besonders negativ auf die Gesundheit dieser Menschen nieder. Doch es sind gerade die Menschen mit geringen Einkommen oder Transferleistungen, die einer Häufung solcher Belastungen gegenüberstehen. So liegen die Wohnungen dieser Gruppe oft an großen Straßen mit viel Verkehr, mit entsprechend schlechter Luft und starkem Lärm. Aber auch am Arbeitsplatz sind Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit niedrigen Einkommen oftmals mehr starkem Lärm ausgesetzt , mit den entsprechenden gesundheitlichen Folgen. Hinzu kommt, dass sie sich oft einen Umzug in weniger belastete Gegenden meist nicht leisten können, wie etwa die Überblicksstudie „Umwelt, Gesundheit und soziale Lage – Studien zur sozialen Ungleichheit gesundheitsrelevanter Umweltbelastungen in Deutschland“ des Umweltbundesamtes zeigt. Somit sind Umweltprobleme in der Stadt auch direkt mit der sozialen Frage verknüpft. Das Konzept der Umweltgerechtigkeit diskutiert diese sozial ungleiche Verteilung von Umweltbelastungen sowie damit zusammenhängende Gesundheitsbelastungen . Als erstes Bundesland hat Berlin einen eigenen Umweltgerechtigkeitsatlas erstellt, der die fünf Belastungsdimensionen verknüpft. Darin wird deutlich, welche Gebiete besondere politische Aufmerksamkeit brauchen. Diese konzeptionelle Vorarbeit ist bisher noch nicht flächendeckend auf andere Planungsräume übertragen worden, und auch in Berlin folgte daraus noch keine Anpassung in der Planungs- und Genehmigungsverfahren. Auch eine zielgerichtete Vergabe von Fördermitteln für besonders belastete Gebiete zur Steigerung der Umweltgerechtigkeit ist bisher noch nicht erfolgt. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/12621 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 1. Für wie viel tödlich verlaufende Herzinfarkte, Herz-Kreislauf-Erkrankungen sowie Herz-Lungen-Erkrankungen waren nach Kenntnis der Bundesregierung deutschlandweit Schienen- und Straßenlärm sowie Luftschadstoffe in den letzten Jahren verantwortlich (bitte einzeln nach Belastungsquelle, Jahr und Bundesland aufzählen)? Die Schätzungen zur Krankheitslast, die durch die Exposition der Bevölkerung gegenüber Lärm und Feinstaub verursacht werden, beruhen auf mathematischen Modellen und Schätzungen. Alle Modelle und Schätzungen beruhen auf einer Vielzahl von Annahmen, die die Realität nicht exakt abbilden können, sodass die Ergebnisse mit entsprechenden Unsicherheiten verbunden sind. Vor diesen Hintergründen ergibt sich Folgendes: Für das Jahr 2014 wurden vom Umweltbundesamt für Herz-Lungen-Erkrankungen (Kardiopulmonale Erkrankungen, hier sind die Herzinfarkte [ICD 10: I 25] bereits enthalten) circa 33 300 vorzeitige Todesfälle angegeben, die mit einer Belastung durch Feinstaub in Zusammenhang gebracht werden können. Derzeit wird die Zahl der vorzeitigen Todesfälle, die auf eine Belastung mit Feinstaub zurückgeführt werden können, vom Umweltbundesamt nur für Deutschland insgesamt veröffentlicht, da für die Länder keine Berichtspflicht vorliegt. Insgesamt zeigt die Krankheitslast durch Feinstaub einen abnehmenden Trend (www.umweltbundesamt.de/daten/umwelt-gesundheit/gesundheitsrisiken-derbevoelkerung -in-deutschland). Entsprechende Berechnungen des Umweltbundesamtes zu Krankheitslasten durch die gesundheitlichen Wirkungen weiterer Luftschadstoffe, wie NO2 und Ozon, liegen derzeit noch nicht vor. Ein Forschungsvorhaben zu NO2 wird voraussichtlich im Juni 2017 neue Ergebnisse zur Krankheitslast durch diesen Schadstoff liefern. Zum Lärm: Für den Risikofaktor Lärm liegen dem Umweltbundesamt nur Einzelergebnisse (keine Zeitreihe) eines UFOPLAN-Vorhabens vor („Verteilungsbasierte Analyse gesundheitlicher Auswirkungen von Umwelt-Stressoren“, VegAS). In diesem Vorhaben wurden nur Ballungsräume ab einer Größe von 250 000 Einwohner/ -innen betrachtet. Alle Schätzungen beruhen auf einer Vielzahl von Annahmen, sodass die Ergebnisse mit entsprechenden Unsicherheiten verbunden sind. Für den Herzinfarkt wurden insgesamt rund 280 vorzeitige Todesfälle geschätzt, die mit Straßenverkehrslärm in Zusammenhang gebracht werden können. Für den Schlaganfall wurden insgesamt rund 4 300 Todesfälle geschätzt, die mit Straßenverkehrslärm in Zusammenhang gebracht werden können. Für Erkrankungen der Atemwege liegen keine Informationen über mögliche kausale Zusammenhänge zur Exposition gegenüber Lärm vor. Das Umweltbundesamt verfügt derzeit nicht über Ergebnisse zu den Auswirkungen des Schienenverkehrslärms. 2. Wie viele Menschen leben nach Schätzung der Bundesregierung in vier- bis fünffach belasteten Gebieten, und wie wird sich diese Anzahl angesichts der Re-Urbanisierung weiterentwickeln? Der Bundesregierung liegen hierzu keine Informationen vor. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/12621 3. Wie sollte nach Auffassung der Bundesregierung die Logik durchbrochen werden, dass aus politischen, technischen und ökonomischen Gründen häufig die bereits von hoher Umweltbelastung betroffenen Standorte durch neue Vorhaben weiter benachteiligt werden? Die umweltbezogenen Auswirkungen von Vorhaben müssen jeweils einzelfallbezogen durch die zuständigen Planungsbehörden vor Ort betrachtet werden. Das ist ein anerkannter Planungsgrundsatz. 4. Welche Studien zu dem Themenbereich Umweltgerechtigkeit hat die Bundesregierung finanziert, welche Schlüsse hat sie daraus gezogen und in welches konkrete Regierungshandeln umgesetzt? Diese Frage wird aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam mit den Fragen 9 bis 11 beantwortet. Die Bundesregierung fördert seit vielen Jahren Forschungsprojekte zu Umweltgerechtigkeit . So orientiert sich die nationale Stadtentwicklungspolitik der Bundesregierung an den Leitgedanken aus der Leipzig-Charta zur nachhaltigen europäischen Stadt. Dazu gehört auch die Förderung von Maßnahmen, die die Umweltqualität erhöhen und zu mehr Umweltgerechtigkeit beitragen. Die Deutsche Umweltstudie zur Gesundheit (GerES) des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB) und des Umweltbundesamts (UBA) liefert seit dem Jahr 1985 bundesweit repräsentative Daten zur Belastung von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen durch Umweltschadstoffe . Das BMUB und das UBA konnten mit der GerES maßgeblich die Datenlage zur Umweltbelastung der Bevölkerung in Deutschland, differenziert nach sozialen Faktoren, verbessern. Die laufende Studie – GerES V – wird voraussichtlich Ende des Jahres 2018 aktuelle Daten zur Umweltbelastung von Kindern und Jugendlichen liefern. Die Daten der Deutschen Umweltstudie zur Gesundheit (GerES) stellen eine wichtige Grundlage zur Entwicklung zielgruppenspezifischer Präventionsmaßnahmen und Interventionen dar. Aktuelle Forschungsprojekte im Einzelnen: In dem Vorhaben „Umweltgerechtigkeit im städtischen Raum“ wurde zwischen 2012 und 2014 untersucht, wie eine integrierte Betrachtung von Umwelt, Gesundheit, Sozialem und Stadtentwicklung als Planungs- und Entscheidungsgrundlage in der kommunalen Praxis verankert werden kann. Handlungsempfehlungen zur Vermeidung und zum Abbau einer sozialräumlichen Konzentration gesundheitsrelevanter Umweltbelastungen sowie zur Gewährleistung eines sozialräumlich gerechten Zugangs zu Umweltressourcen wurden u. a. im Rahmen eines Planspiels mit fünf Kommunen erarbeitet. Im laufenden Vorhaben „Umsetzung einer integrierten Strategie zu Umweltgerechtigkeit – Pilotprojekt in deutschen Kommunen“ werden diese Handlungsempfehlungen für mehr Umweltgerechtigkeit im kommunalen Alltag auf ihre Eignung überprüft. Drei Pilotkommunen (Kassel, Marburg und München) werden in diesem Rahmen bei der Umsetzung zentraler Elemente des strategischen Ansatzes zu Umweltgerechtigkeit unterstützt. Die Ämter bzw. Dezernate , die in diesen Städten für die Bereiche Umwelt/Grün, Stadtentwicklung /Stadtplanung, Gesundheit, Jugend und Soziales zuständig sind, planen und setzen derzeit gemeinsam Maßnahmen um. Übertragbare Erkenntnisse aus Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/12621 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode der modellhaften Umsetzung werden in einer webbasierten Toolbox „Umweltgerechtigkeit vor Ort“ anschaulich aufbereitet mit dem Ziel, sie für die Arbeit in allen Kommunen nutzbar zu machen. Die Bundesregierung hat 2015 bis 2016 die Studie „Umweltgerechtigkeit in der Sozialen Stadt“ durchgeführt. Ziel war es, die Bedeutung von Maßnahmen der Umweltgerechtigkeit in den Programmgebieten der Sozialen Stadt zu untersuchen und das Handlungsfeld insgesamt mit Beispielen guter Praxis für die Praxis aufzubereiten. Hieraus wurde eine gleichnamige Broschüre veröffentlicht und ein bundesweiter Kongress durchgeführt. 5. Wie plant die Bundesregierung, mehr Informationen über den Stand der Umweltgerechtigkeit in Deutschland zu erlangen, um gerade Orte mit vier- bis fünffacher Umweltbelastung eindeutig zu identifizieren? Wenn nein, warum nicht? Wenn ja, was tut sie dafür? Diese Frage wird aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam mit den Fragen 6, 8 und 12 beantwortet. Parallel zu den in den Antworten zu den Fragen 4 und 7 aufgeführten Aktivitäten des Bundes zur Umweltgerechtigkeit hat das Bundesumweltministerium der 87. Umweltministerkonferenz (UMK) einen ersten Bericht zu den sozialen Aspekten der Umweltpolitik vorgelegt. Die Umweltministerinnen, -minister, -senatorinnen und -senatoren der Länder haben den Bund bei der 86. UMK gebeten, die positiven Ansätze, Forschungen und laufenden Projekte im Bereich der Umweltgerechtigkeit in einem Bericht zu bündeln und gemeinsam mit den Ländern sowie mit weiteren relevanten Akteuren Handlungsempfehlungen und Leitlinien für mehr Umweltgerechtigkeit zu erarbeiten. Damit soll unter anderem auch eine bessere Informations- und Datenbasis zwischen den föderalen Ebenen geschaffen werden. 6. Plant die Bundesregierung, einen eigenen Umweltgerechtigkeitsatlas zu erstellen ? Wenn ja, bis wann? Wenn nein, warum nicht? Es wird auf die Antwort zu Frage 5 verwiesen. 7. Welche konkreten Maßnahmen im Sinne der Erhöhung der Umweltgerechtigkeit wurden von der Bundesregierung bisher durchgeführt und/oder geplant , und welche Mittel wurden dafür aufgewandt? Diese Frage wird aufgrund ihres Sachzusammenhangs gemeinsam mit den Fragen 9 bis 11 sowie 13, 14 und 17 beantwortet. Konkrete Maßnahmen sind auf kommunaler Ebene zu ergreifen. Im Sinne der kommunalen Selbstverwaltung gemäß Grundgesetz entscheiden die Kommunen in eigener Verantwortung über ihre Belange. Dazu gehören auch die Planungen in den Bereichen Stadt- und Infrastruktur sowie Verkehr- und Flächennutzung und Umwelt. Oft handelt es sich bei Quartieren mit verstärkten Umweltbelastungen für die Bewohnerschaft auch um Programmgebiete der Sozialen Stadt. Auch die aktuelle Studie zum Umweltbewusstsein und -verhalten in Deutschland (Befragung 2016) Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/12621 zeigt im Themenfeld „Gesundheit“, dass sich Menschen mit geringem Sozialstatus durch gesundheitliche Belastungen wie Lärm und Luftschadstoffe deutlich stärker belastet fühlen, als Menschen mit hohem Sozialstatus. In früheren Studien waren die Unterschiede in der subjektiven Belastung zwischen Bevölkerungsgruppen mit unterschiedlichem Sozialstatus weniger deutlich bzw. kaum ausgeprägt . Die Bundesregierung hat im Jahr 2016 für das Programm Soziale Stadt das Ziel der Umweltgerechtigkeit in die Verwaltungsvereinbarung Städtebauförderung aufgenommen. Im Jahr 2017 stellt der Bund für das Programm Soziale Stadt insgesamt 190 Mio. Euro Programmmittel zur Verfügung. In der Sozialen Stadt sind Themen wie Freiflächenversorgung, Bewegungsförderung und Verkehrsberuhigung oft wesentlicher Bestandteil der Umsetzung vor Ort. Die Maßnahmen tragen vielerorts zu mehr Umweltgerechtigkeit vor Ort bei. Über den integrierten Ansatz des Programms werden die Handlungsfelder zusammengeführt und mit weiteren Förderprogrammen und Projekten gebündelt. Die Programme der Städtebauförderung, so auch das Programm Soziale Stadt, werden zudem durch die Länder und Kommunen umgesetzt. Dem Bund liegen daher keine Informationen vor, in welchem Umfang Mittel der Städtebauförderung für Maßnahmen zur Förderung der Umweltgerechtigkeit eingesetzt wurden. Stadtgrün leistet einen zentralen Beitrag für mehr Lebensqualität, Umweltgerechtigkeit und Klimaresilienz. Am 8. Mai 2017 hat der Bund das Weißbuch „Stadtgrün “ vorgestellt, das in zehn Handlungsfeldern konkrete Maßnahmen des Bundes für die Sicherung und Qualifizierung von Grün- und Freiflächen enthält. Zur Förderung des Stadtgrüns hat die Bundesregierung zudem ein eigenes Städtebauförderungsprogramm „Zukunft Stadtgrün“ ins Leben gerufen. Mit dem Bundeshaushalt 2017 erhalten Städte und Gemeinden erstmals 50 Mio. Euro Programmmittel für Maßnahmen zur Verbesserung des städtischen Grüns. Im Rahmen des Experimentellen Wohnungs- und Städtebaus werden im Forschungsfeld „Green Urban Labs“ in den nächsten drei Jahren Modellvorhaben durchgeführt, die innovative Ansätze der Frei- und Grünraumentwicklung erarbeiten und erproben. Dabei werden auch Fragen der Umweltgerechtigkeit aufgegriffen . Die Modellvorhaben werden mit jeweils rund 150 000 Euro für den forschungsbegleitenden Mehraufwand gefördert. Im Jahr 2017 beträgt der Haushaltsansatz für die Förderung von Naturschutzprojekten im „Bundesprogramm Biologische Vielfalt“ 20 Mio. Euro. Seit dem Jahr 2015 fand eine schrittweise Aufstockung um 5 Mio. Euro statt (Mittel im Jahr 2015: 15 Mio. Euro; Mittel im Jahr 2016: 18 Mio. Euro). Auch wenn dieses Bundesprogramm die Umweltgerechtigkeit nicht als ausdrückliches Ziel nennt, werden durch mehrere Projekte auch städtische Flächen ökologisch aufgewertet. Dabei geht es auch um Bereiche, die Erholung und Naturerleben von sozial benachteiligten Menschen stärken. Die Förderdauer eines Projektes von in der Regel sechs Jahren ist eine Voraussetzung für ein langfristiges Erreichen seiner jeweiligen Ziele. Seit einigen Jahren fördert die Bundesregierung Projekte von Umweltverbänden zum Thema Umweltgerechtigkeit: Zielgruppenspezifische Aufklärung und Information zu Umwelt und Gesundheit stand im Mittelpunkt des von der Bundesregierung geförderten Verbändeprojekts „Umweltgerechtigkeit von Geburt an“ (2008 bis 2010). WECF (Women in Europe for a Common Future e. V.) entwickelte ein Informations- und Beratungsangebot für Familien in schwierigen Lebenssituationen, das sich vor allem an Familien mit niedrigem sozio-ökonomischen Status und insbesondere Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/12621 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Familien mit Migrationshintergrund richtete. Werdende Eltern und junge Familien aus sozial benachteiligten Stadtvierteln wurden in der Gestaltung eines gesunden Wohnumfeldes für ihre neugeborenen Kinder unterstützt und entsprechende Beratungsleistungen angeboten. Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) hat u. a. unter dem Titel „Umweltgerechtigkeit durch Partizipation “ (2012 bis 2014) in fünf Kommunen Projekte zur Teilhabe insbesondere von Kindern und Jugendlichen an städtischer Grünraumgestaltung in sozial benachteiligten Quartieren untersucht. Auf dieser Grundlage wurde eine Broschüre erstellt, die Hinweise für Kommunen sowie Bürgerinnen und Bürger zu sozial- und umweltgerechter Grünflächenplanung liefert. Im Projekt „Grün- und Freiflächen in der Sozialen Stadt“ (2014 bis 2016) hat die DUH drei Gebiete des Bund-Länder-Förderprogramms „Soziale-Stadt“ (Berlin-Schöneberger Norden, Hannover-Stöcken und Gladbeck-Brauck) für ihr umfassendes Engagement an der Schnittstelle von Ökologie und Sozialem ausgezeichnet. Nach drei Vor-Ort-Workshops fand in vier weiteren Städten eine Fortbildungsreihe zu beteiligungsorientierten Grünprojekten für kommunale Akteure, Quartiermanagementeinrichtungen und interessierte Bürgerinnen und Bürger statt. Die DUH fertigt derzeit einen Handlungsleitfaden „Grün- Soziale Stadt“ mit zahlreichen Praxisbeispielen an. Der Schwerpunkt wird dabei auf der Unterstützung des strategischen Vorgehen einer Kommune liegen, ein Quartier durch partizipative Maßnahmen im Grün- und Freiflächenbereich in sozialer, ökologischer und städtebaulicher Sicht positiv zu entwickeln. Eine besondere Rolle spielt dabei das städtebauliche Förderprogramm „Soziale Stadt“, auf dessen Besonderheiten im Rahmen der Handlungsanleitung eingegangen wird. 8. Welche Bundesländer bzw. Kommunen neben Berlin haben nach Kenntnis der Bundesregierung bereits einen Umweltgerechtigkeitsatlas (oder Vergleichbares ) bzw. erarbeiten momentan solch einen? Es wird auf die Antwort zu Frage 5 verwiesen. 9. Plant die Bundesregierung eine Unterstützung von planerisch-konzeptionellen Ansätzen, wie sie etwa in Form des „Masterplans Umwelt und Gesundheit “ NRW auf Landesebene oder des „Fachplans Gesundheit“ des Landeszentrums Gesundheit NRW auf kommunaler Ebene bestehen? Es wird auf die Antworten zu den Fragen 4 und 7 verwiesen. 10. Erachtet die Bundesregierung solche konzeptionelle Arbeit durch die Bundesländer bzw. Kommunen als sinnvoll, und wenn ja, wie unterstützt sie die Bundesländer dabei? Es wird auf die Antworten zu den Fragen 4 und 7 verwiesen. 11. Plant die Bundesregierung eine Unterstützung solcher konzeptioneller Arbeit , z. B. bei der Erstellung eines Umweltgerechtigkeitsatlas oder eines Fachplans Gesundheit, durch die Länder oder kommunale Akteure? Wenn ja, wie? Wenn nein, warum nicht? Es wird auf die Antworten zu den Fragen 4 und 7 verwiesen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/12621 12. Teilt die Bundesregierung die Auffassung der Fragesteller, dass die gesammelten Daten auch genutzt werden müssen, um bestehende Umweltungerechtigkeiten abzubauen, und wenn ja, wie trägt sie dazu bei? Die Daten der Deutschen Umweltstudie zur Gesundheit (GerES) dienen diesem Zweck und sind bereits jetzt Grundlage für den Abbau von Umweltungerechtigkeiten . Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 5 verwiesen. 13. Plant die Bundesregierung eine finanzielle Unterstützung kommunaler Akteure bei der Umsetzung von Maßnahmen zur Steigerung von Umweltgerechtigkeit ? Wenn ja, welche? Wenn nein, warum nicht? Es wird auf die Antwort zu Frage 7 verwiesen. 14. Wie will die Bundesregierung sicherstellen, dass Bundesmittel zielgenauer dem Abbau von Umweltungerechtigkeit zugunsten kommen? Es wird auf die Antwort zu Frage 7 verwiesen. 15. Plant die Bundesregierung angesichts der Tatsache, dass sich bestehende Grenzwerte in aller Regel am Durchschnittsindividuum sowie an technischer und ökonomischer Machbarkeit orientieren, entsprechende Öffnungsklauseln in den relevanten Fachgesetzen (z. B. Bundes-Immissionsschutzrecht), um die Gesundheit besonders vulnerabler Bevölkerungsgruppen sicherzustellen ? Die Bundesregierung plant keine Öffnungsklauseln, zumal die Annahme falsch ist, dass sich Grenzwerte in aller Regel am Durchschnittsindividuum orientieren. Je nach Sinn und Zweck bzw. Kontext eines Grenzwertes werden bei der Festsetzung ganz unterschiedliche Kriterien und Schutzbedürfnisse zugrunde gelegt. 16. Existieren sonstige Maßnahmen, Konzepte oder Untersuchungen, die die Bedeutung und bessere Berücksichtigung vulnerabler Bevölkerungsgruppen bei Planungs- und Zulassungsverfahren in den Mittelpunkt stellen? Die Frage, welche Maßnahmen Konzepte oder Untersuchungen eine „bessere Berücksichtigung vulnerabler Bevölkerungsgruppen“ ermöglichen, kann nicht generell und allein nach wissenschaftlichen Kriterien beantwortet werden. Welche Maßnahmen etc. „besser“ sind, hängt vielmehr von Wertungsfragen ab, über die im Rahmen der von der Rechtsordnung vorgesehenen Verfahren für den Erlass normkonkretisierender Rechtsverordnungen und Verwaltungsvorschriften zu entscheiden ist. Die entsprechenden Regelwerke werden fortlaufend, insbesondere im Rahmen der Umsetzung von EU-Recht, aktualisiert. 17. Hat die Bundesregierung geprüft, ob eine Konditionierung von bestehenden oder neuen Fördermitteln, etwa indem sie konzeptionelle Vorarbeit wie die Erstellung eines Umweltgerechtigkeitsatlas zur Bedingung für eine Mittelvergabe macht, zweckmäßig ist? Wenn ja, mit welchem Ergebnis? Wenn nein, warum nicht? Es wird auf die Antwort zu Frage 7 verwiesen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/12621 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 18. Was will die Bundesregierung tun, um die energetischen Eigenschaften von Wohngebäuden, insbesondere in Stadtteilen mit einem hohen Anteil von Haushalten mit kleinen Einkommen, zu verbessern und so dazu beizutragen, die Belastung mit oftmals hohen Wohnnebenkosten zu senken? Mit dem KfW-Programm „Energetische Stadtsanierung“ fördert der Bund bereits seit Ende des Jahres 2011 Quartiersansätze der energetischen Sanierung. Seit Programmstart wurden über 600 Mio. Euro (Stand: 31. März 2017) zugesagt. Jährlich werden hierfür 50 Mio. Euro aus dem Energie- und Klimafonds (EKF) bereitgestellt , auch im Jahr 2017. Gewährt werden Zuschüsse insbesondere an die Kommunen und kommunalen Unternehmen für integrierte energetische Quartierskonzepte und für Sanierungsmanagements, die die Umsetzung der energetischen Maßnahmen in den Quartieren begleiten. Im Programmteil „Quartiersversorgung “ stellt die KfW zinsverbilligte Darlehen und Tilgungszuschüsse für energieeffiziente Investitionen in die quartiersbezogene Infrastruktur zur Verfügung. Es handelt sich um lernende Programme, mit denen der Quartiersansatz ständig weiterentwickelt wird. Das KfW-Programm hat inzwischen bundesweit Impulse gesetzt: In mehr als 650 Quartieren wurden energetische Sanierungsprojekte angestoßen und individuelle Lösungen entwickelt, in innerstädtischen Altbauquartieren ebenso wie in Großwohnsiedlungen oder in Einfamilienhaussiedlungen im ländlichen Raum. Zudem fördert der Bund über die KfW-Programme „Energieeffizient Sanieren“ im Rahmen des CO2-Gebäudesanierungsprogramms umfassende Sanierungen zum KfW-Effizienzhaus sowie energetische Einzelmaßnahmen und Maßnahmenpakete in Wohngebäuden. Hierbei werden investive Zuschüsse oder zinsverbilligte Kredite verbunden mit einem Tilgungszuschuss gewährt. Allein im Jahr 2017 stehen für das CO2-Gebäudesanierungsprogramm und die darin aufgelegten KfW-Förderprogramme Haushaltsmittel i. H. v. 2,0 Mrd. Euro zur Verfügung. Seit 2006 bis Ende März 2017 hat die Förderung die energieeffiziente Sanierung oder Errichtung von über 4,7 Millionen Wohnungen unterstützt. Der Deutsche Bundestag hat die Bundesregierung aufgefordert, die Einführung einer Klimakomponente ergebnisoffen zu prüfen (Bundestagsdrucksache 18/5400, Plenarprotokoll 18/115). Das BMUB und das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung lassen dazu die Machbarkeit untersuchen. Energieberatungsangebote werden durch das Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) in Zusammenarbeit mit den Verbraucherzentralen gefördert, u. a. ein Basis-Check, der in einem etwa einstündigen Termin einen schnellen Überblick für Mieter über Strom- und Wärmeverbrauch, Geräteausstattung und über einfache Sparmöglichkeiten gibt. Für einkommensschwache Haushalte sind die Angebote der Verbraucherzentralen kostenlos. 19. Ist die Bundesregierung der Auffassung, dass der Bau oder Weiterbau einer Autobahn durch das Zentrum einer Stadt im Sinne der Umweltgerechtigkeit ist? Wenn ja, wie begründet sie das? Wenn nein, was tut sie dann gegen solche Projekte? Aspekte der „Umweltgerechtigkeit“ werden in den dem Planfeststellungsbeschluss vorgelagerten Planungsstufen fachlich umfassend erfasst und in das Realisierungskonzept eingezogen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 9 – Drucksache 18/12621 20. Stimmt die Bundesregierung den Fragestellern zu, dass eine moderne Verkehrspolitik – welche eine Abkehr vom Verbrennungsmotor forciert – die Umweltgerechtigkeit erhöht, und welche Maßnahmen hat sie diesbezüglich ergriffen? Der Klimaschutzplan 2050 der Bundesregierung sieht vor, das Verkehrssystem in Deutschland bis zum Jahr 2050 so umzugestalten, dass es nahezu unabhängig von Kraftstoffen mit fossilem Kohlenstoff und somit weitgehend treibhausgasneutral sein wird. Im motorisierten Straßenverkehr werden anspruchsvolle künftige Flottenzielwerte bei Neuwagen alleine mit der Verbesserung der Energieeffizienz von Verbrennungsmotoren nicht mehr erreicht werden können. Die Verwendung von Leichtbautechnologie im Karosseriebau und die Integration alternativer, insbesondere elektrifizierter Antriebe, in die Serienproduktion sowie ihre Weiterentwicklung sind eine technische und ökonomische Herausforderung für die Automobilindustrie . Dazu wird in Deutschland und in der EU eine aktive, nachfrageorientierte Politik betreiben, um diese neue, zukunftsweisende Technologie zu unterstützen, zum Beispiel bei der Ladeinfrastruktur. Bei der Umstellung auf alternative Antriebe bzw. Energieträger stellt der Verbrennungsmotor, zum Beispiel durch den Einsatz von eFuels/Power-to-X eine unverzichtbare Option dar, die wir offenhalten werden. Die Bundesregierung unterstützt darüber hinaus die Entwicklung klimafreundlicher Mobilität, insbesondere durch umfangreiche Maßnahmen zur Förderung der Elektromobilität, zur Marktaktivierung alternativer Kraftstoffe, zur Stärkung des Öffentlichen Personennahverkehrs und des kombinierten Verkehrs, zur Verbesserung der Verkehrsorganisation im Zuge der Digitalisierung sowie im Bereich des automatisierten und vernetzten Fahrens. 21. Hat die Bundesregierung Kenntnis darüber, inwiefern und wo Kohlekraftwerke zu einer dreifachen oder höheren Umweltbelastung in städtischen Siedlungsräumen beitragen, und welche Maßnahmen unternimmt sie, um diese spezifischen Umweltbelastungen zu minimieren? Der Bundesregierung liegen hierzu keine Informationen vor. Zudem wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen. 22. Hat die Bundesregierung Kenntnis darüber, inwiefern und wo Industrieanlagen zu einer dreifachen oder höheren Umweltbelastung in städtischen Siedlungsräumen beitragen, und welche Maßnahmen unternimmt sie, um diese spezifischen Umweltbelastungen zu minimieren? Der Bundesregierung liegen hierzu keine Informationen vor. Zudem wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen. 23. Hat die Bundesregierung Kenntnis darüber, inwiefern und wo nitratbelastetes Wasser zu einer dreifachen oder höheren Umweltbelastung in städtischen Siedlungsräumen beiträgt, und welche Maßnahmen unternimmt sie, um diese spezifischen Umweltbelastungen zu minimieren? Der Bundesregierung liegen hierzu keine Erkenntnisse vor. Das Gewässermonitoring liegt in der Zuständigkeit der Bundesländer. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333