Deutscher Bundestag Drucksache 18/1266 18. Wahlperiode 29.04.2014 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Thomas Gambke, Kerstin Andreae, Annalena Baerbock, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 18/1074 – Rahmenbedingungen für Wagniskapital in Deutschland Vo r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Die CDU, CSU und SPD haben in ihrem Koalitionsvertrag angekündigt, die Rahmenbedingungen für Wagniskapital in Deutschland verändern zu wollen. Konkret wird ein Venture-Capital-Gesetz angekündigt mit dem Ziel, Deutschland als Investitionsstandort für Wagniskapital international attraktiv zu machen . Zudem sollen Investitionen in junge (Wachstums-)Unternehmen attraktiver gemacht werden. 1. Wie will die Bundesregierung die Rahmenbedingungen für Beteiligungsinvestitionen insbesondere bei neu gegründeten Unternehmen verbessern? Seit Juli 2013 ist die europäische Verordnung über Europäische Risikokapitalfonds (EuVECA) in Kraft, welche Venture-Capital-Fonds einen sog. EU-Pass zum EU-weiten Vertrieb an professionelle und semi-professionelle Anleger bietet , sofern sich diese Fonds den Anforderungen der Verordnung unterwerfen. Handlungsbedarf auf regulatorischer Ebene ist deshalb derzeit nicht erkennbar. Darüber hinaus überprüft die Bundesregierung derzeit, ob und ggf. wie Börsengänge für junge innovative Wachstumsunternehmen neu belebt werden könnten. Eine stärkere Nutzung von Börsengängen als Exit-Option einer Wagniskapitalbeteiligung könnte die Rahmenbedingungen für Beteiligungsinvestitionen in neu gegründete Unternehmen verbessern. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 3 verwiesen. Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 28. April 2014 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. 2. Hält die Bundesregierung die steuerliche Transparenz von Venture-CapitalFonds für ein geeignetes Instrument zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit des deutschen Venture-Capital-Marktes beim Einwerben von Mitteln ? Drucksache 18/1266 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Die Bundesregierung weist darauf hin, dass Venture-Capital-Fonds nicht nur in Form einer Kapitalgesellschaft, sondern gerade auch als Personengesellschaft gegründet werden können. Personengesellschaften werden in Deutschland in steuerlicher Hinsicht bereits nach geltendem Recht als transparent behandelt, so dass es insoweit keiner Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit des deutschen Venture-Capital-Marktes beim Einwerben von Mitteln bedarf. 3. Welche rechtlichen und steuerlichen Änderungen der Rahmenbedingungen für Wagniskapital plant die Bundesregierung, und welchen Zeitplan verfolgt sie für das im Koalitionsvertrag angekündigte Venture-Capital-Gesetz? Generelles Anliegen der Bundesregierung ist es, die Rahmenbedingungen für Wagniskapital, einschließlich der rechtlichen und steuerlichen Rahmenbedingungen , im steten Dialog mit weiteren Akteuren wie der Europäischen Kommission international wettbewerbsfähig zu gestalten und Deutschland als Fondsund Investitionsstandort für Wagniskapital noch attraktiver zu machen. So wird die Bundesregierung durch die Einführung einer Steuerbefreiung für den Investitionszuschuss Wagniskapital (neuer Name: INVEST-Zuschuss für Wagniskapital ) die steuerlichen Rahmenbedingungen für Wagniskapitalinvestitionen verbessern (vgl. auch Antwort zu Frage 20). Die Bundesregierung wird sich zudem für die Beibehaltung der anteiligen Steuerbefreiung des sog. Carried Interest (§ 18 Absatz 1 Nummer 4 i. V. m. § 3 Nummer 40a des Einkommensteuergesetzes – EStG) einsetzen. Zu den Themen „Verlustbehandlung bei Gesellschafterwechseln“ (§ 8c des Körperschaftsteuergesetzes – KStG) und „umsatzsteuerliche Behandlung des Managementvergütung von Wagniskapitalfonds“ wird auf die Antworten zu den Fragen 14 und 15 verwiesen. Das aufsichtsrechtliche Bedürfnis nach Venture-Capital-Fonds wurde durch die europäische Verordnung über Europäische Risikokapitalfonds (EUVECA-VO, Amtsblatt der Europäischen Union L 115/1 vom 25. April 2013) geregelt. Die EUVECA-VO bietet Venture-Capital-Fonds einen sog. EU-Pass zum EU-weiten Vertrieb an professionelle und semi-professionelle Anleger. Ob die Umsetzung der EuVECA-VO auch eine Anpassung steuerlicher Vorschriften erforderlich macht, wird zurzeit geprüft. 4. Welche Regulierungen plant die Bundesregierung für den Bereich des Crowdfundings, und welchen Zeitplan verfolgt sie dabei? Die Bundesregierung arbeitet derzeit daran, den Verbraucherschutz im Finanzmarkt zu verbessern. Soweit Crowdfunding hiervon betroffen ist, wird die Bundesregierung wird sich bei ihren Überlegungen hierzu um eine Lösung bemühen , die sowohl den Anliegen des Verbraucherschutzes als auch den Anliegen der mit Crowd-Investitionen finanzierten jungen Unternehmen gerecht wird. Bei weiteren Schritten, einschließlich einer möglichen Regulierung des Crowdfunding , wird die Bundesregierung auch Überlegungen der Europäischen Kommission berücksichtigen, die beispielsweise die Einführung eines „Gütezeichens “ zur Diskussion gestellt hat, um Vertrauen bei den Nutzern und Anlegern zu schaffen. 5. Wie viel Risikokapital steht nach Kenntnis der Bundesregierung in Deutschland zur Verfügung, und ist dies nach Einschätzung der Bundesregierung ausreichend? Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/1266 Zur Beantwortung der Frage nach der Verfügbarkeit von Risikokapital in Deutschland müsste das zur Verfügung stehende Kapital aller in- und ausländischen Investorengruppen – sowohl informelle als institutionelle – berücksichtigt werden, deren Investitionsfokus auf Deutschland liegt. Eine valide Schätzung liegt hierfür nicht vor. Das in Deutschland zur Verfügung stehende Risikokapital wird daher durch die in Deutschland getätigten Investitionen angenähert. Risikokapitalinvestitionen werden in keiner amtlichen Statistik erfasst, da es sich bei Wagniskapitalgebern u. a. um informelle, nichtinstitutionalisierte Marktteilnehmer handelt (z. B. Business Angels, Unternehmen). Daher werden der Beantwortung der Fragen die Auswertungen des Bundesverbands Deutscher Kapitalbeteiligungsgesellschaften e. V. (BVK) zugrunde gelegt. Die BVK-Zahlen basieren auf Angaben von Beteiligungsgesellschaften und auf aus öffentlich zugänglichen Quellen recherchierten und abgeleiteten Daten. Auf europäischer Ebene stellt die European Venture Capital and Private Equity Association (EVCA) entsprechendes Datenmaterial zur Verfügung. Gemäß BVK-Statistik wurde 2013 in Deutschland Wagniskapital in Höhe von 673,89 Mio. Euro investiert. Im Vergleich zum Vorjahr (567,34 Mio. Euro im Jahr 2012) stiegen die VC-Investitionen im Jahr 2013 zwar an, das Niveau in den Jahren 2010 und 2011 von über 700 Mio. Euro konnte jedoch noch nicht wieder erreicht werden. Von den 673,89 Mio. Euro an investiertem Risiko entfallen 44,07 Mio. Euro auf die Seed-, 372,97 Mio. Euro auf die Start-up- und 256,85 Mio. Euro auf die Later-Stage-Phase. 674 Mio. Euro entspricht ca. 0,02 Prozent des deutschen Bruttoinlandsprodukts (BIP). Länder, mit denen wir im Innovationswettbewerb stehen, weisen teilweise deutlich höhere Anteile auf: Israel ca. 0,39 Prozent, USA ca. 0,17 Prozent , Schweden ca. 0,05 Prozent, Großbritannien ca. 0,04 Prozent, Schweiz ca. 0,03 Prozent, Frankreich ca. 0,03 Prozent, Europa gesamt ca. 0,02 Prozent (Zahlen für 2012, Quellen: EVCA1, OECD2). Der im Vergleich zu anderen führenden Innovationsnationen vergleichsweise niedrige Anteil von Venture-Capitalfinanzierten Investitionen in Deutschland weist auf mögliches Verbesserungspotenzial im deutschen Innovationssystem hin. Risikokapitalinvestitionen in % zum BIP (Quelle: EVCA) 1 Investitionen in Deutschland in Mio. Euro (Quelle: BVK) 2010 2011 2012 2013 Seed 48,38 41,87 31,59 44,07 Start-up 386,42 399,66 335,24 372,97 Later Stage 288,64 275,87 200,51 256,85 Venture Capital gesamt 723,44 717,40 567,34 673,89 LU DK HU SE IE FI GB FR NO BE 0,118 0,072 0,067 0,053 0,044 0,041 0,038 0,032 0,030 0,030 NL CH Europa DE Baltic PT ES AU IT PL 0,027 0,025 0,024 0,021 0,018 0,010 0,009 0,008 0,004 0,002 European Venture Capital and Private Equity Association (EVCA): 2012 Pan-European Private Equity and Venture Capital Activity. 2 Organization of Economic Cooperation and Development: Entrepreneurship at a Glance 2013. Drucksache 18/1266 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 6. Sieht die Bundesregierung bei der Versorgung mit Risikokapital ein Marktversagen , und wenn ja, wodurch ist dieses Marktversagen nach Auffassung der Bundesregierung verursacht? In der Früh- und Expansionsphase ist die Unternehmensfinanzierung durch hohe Risiken und einem hohen Grad an asymmetrischer Information gekennzeichnet. Aufgrund der hohen Risiken, der schlechten Bonität und der wenigen Sicherheiten stehen Bankdarlehen damit in der Regel selten zur Verfügung. Hieraus könne sich eine Finanzierungslücke vor allem für das Early-Stage-Segment ergeben. Der Mittelzufluss in Venture-Capital-Fonds ist von der zu erwartenden Rendite oder allgemein dem Track Record abhängig. Fonds, die in der Seed- und Startup -Phase investieren, haben in der Vergangenheit im Durchschnitt keine positiven Renditen für ihre Fondsinvestoren erwirtschaften können. Daher ist das Fundraising schwierig und die Mittelausstattung gering. Die Befriedigung der Nachfrage nach Beteiligungskapital ist daher in den frühen Phasen schwierig. 7. Sieht die Bundesregierung es wegen eines Marktversagens oder aufgrund anderer Gründe als gerechtfertigt an, wenn ein größerer Teil des Risikos von der öffentlichen Hand übernommen wird als vom Gewinn? Aufgrund der unter Antwort zu Frage 6 geschilderten Hausforderungen und der wichtigen volkswirtschaftlichen Bedeutung junger innovativer Unternehmen sieht die Bundesregierung die Förderung von Wagniskapital als gerechtfertigt an. Dabei gibt es verschiedene Ansätze, Wagniskapital zu fördern: Die öffentliche Hand kann sich z. B. als Investor (wie z. B. zum Großteil beim High-TechGründerfonds ), als Koinvestor auf Ebene des einzelnen Investments (ERP-Startfonds ) oder auf Ebene eines Fonds oder Investors (ERP/EIF-Dachfonds; ERP/ EIF-European Angels Fund Germany) betätigen oder fördert Wagniskapital über die Übernahme von Risiken, z. B. auch durch die Vergabe von Garantien. Weiterhin ist zu unterscheiden, ob zu kommerziell, also zu gleichen Bedingungen wie der private Ko-Investor finanziert wird oder mit einem Beihilfeelement. Die genannten Wagniskapitalförderinstrumente des Bundes sind durchweg symmetrisch gestaltet und enthalten keine Begünstigung des privaten Investors. Einige Förderformen mit asymmetrischer Risikoverteilung sind aus dem Ausland bekannt. Ein Beispiel für ein deutsches Instrument mit Beihilfewert und asymmetrischer Risikoverteilung ist der Investitionszuschuss Wagniskapital (neuer Name: INVEST-Zuschuss für Wagniskapital), durch den dem Investor 20 Prozent seiner Beteiligung als Zuschuss erstattet wird, er jedoch 100 Prozent der erworbenen Geschäftsanteile behält. Somit trägt er nur 80 Prozent des Risikos. 8. Wie viel Risikokapital steht nach Kenntnis der Bundesregierung in anderen Ländern der Europäischen Union zur Verfügung, und welche Ursachen sieht die Bundesregierung für einen unterschiedlichen Zugang zum Risikokapital in der Europäischen Union? In einigen anderen EU-Ländern wird im Verhältnis zum BIP deutlich mehr Wagniskapital investiert als in Deutschland (vgl. Antwort zu Frage 5). Verlässliche Daten zu den unterschiedlichen Zugängen liegen nicht vor, eine der Ursachen könnte die in Deutschland im Vergleich zu angelsächsischen Daten geringere Bedeutung von Pensionsfonds sein. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/1266 9. Wie verteilt sich die Verfügbarkeit von Risikokapital auf die verschiedenen Finanzierungsphasen von jungen Unternehmen – Seed Stage, Early Sage, Later Stage? Es wird auf die Antwort zu Frage 5 verwiesen. 10. Wie hoch ist nach Kenntnis der Bundesregierung die durchschnittliche Rendite eines europäischen Venture-Capital-Fonds (bitte nach Ländern des Fondssitzes bzw. Zielland der Investitionen und Jahr des Fondsstartes aufschlüsseln)? Zu den Venture-Capital-Renditen in Europa gibt es eine Studie des europäischen Verbandes EVCA mit Stichtag 31. Dezember 2012. Danach ergaben sich in Europa jährliche Nettorenditen im Frühphasenmarkt (Seed und Early Stage) im vorherigen Fünfjahreszeitraum von minus 1,83 Prozent p. a., im Zehnjahreszeitraum von minus 1,37 Prozent p. a. und im Zwanzigjahreszeitraum von minus 0,65 Prozent p. a. Im Spätphasenwagniskapitalmarkt (Later Stage) ergaben sich in Europa jährliche Nettorenditen im vorherigen Fünfjahreszeitraum von plus 0,43 Prozent p. a., im Zehnjahreszeitraum von plus 0,26 Prozent p. a. und im Zwanzigjahreszeitraum von plus 3,35 Prozent p. a. Eine europäische Studie, die die Renditen aufgegliedert nach den Ländern des Fondssitzes, den Zielländern der Investitionen und den Jahren des Fondsstartes umfassend und nicht nur für einzelne Länder erfasst, liegt der Bundesregierung nicht vor. 11. Sieht die Bundesregierung in Deutschland eine mangelnde Risikobereitschaft der Kapitalgeber, in junge innovative Unternehmen zu investieren, wie differenziert sich dies nach Branchen, und wenn ja, welche Gründe sieht die Bundesregierung hierfür? Die Risikobereitschaft der Investoren hängt sehr stark von den Ertragserwartungen ab. Sind diese aufgrund schlechter Renditen oder ungünstiger Rahmenbedingungen unzureichend, sinkt die Investitionsbereitschaft. Zu beobachten ist eine Verschiebung der Investitionsschwerpunkte weg von kapitalintensiven Branchen mit langem Investitionshorizont (Bio-Pharma, Cleantech, o. Ä.), bei denen der Erfolg oder Misserfolg eines Investments erst nach langen Jahren sichtbar wird. Stattdessen setzen die Venture-Capital-Gesellschaften stärker auf kapital - und damit risikoarme Investments (vergleichsweise kleine Finanzierungsrunden , Branchenfokus eher im Bereich IT/Internet/E-Commerce), bei denen verhältnismäßig kleine Finanzierungen anfangs und auch perspektivisch notwendig sind und bei denen die Geschäftsmodelle schnell wachsen oder schnelle Erfolge zeigen können. Die Zahl großer Finanzierungsrunden (> 10 Mio. Euro) ist zuletzt gesunken und solche Runden sind eigentlich nur durch Einbindung internationaler Investoren umsetzbar. 12. Wer sind nach Kenntnis der Bundesregierung die wichtigsten Risikokapitalgeber für junge Unternehmen in Deutschland (bitte nach Inland und Ausland aufschlüsseln)? Wagniskapital wird von Business Angels und Venture-Capital-Fonds (private, öffentliche und Corporate-Venture-Fonds) zur Verfügung gestellt. Business Angels konzentrieren sich dabei vor allem auf die Phase kurz nach der Unternehmensgründung , während Venture-Capital-Fonds in der Regel später einsteigen. Dabei gewinnen ausländische Venture-Capital-Fonds derzeit an Bedeutung: Das in Deutschland investierte Risikokapital übersteigt die letzten Jahre das Volu- Drucksache 18/1266 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode men der in Deutschland neu aufgelegten Fonds. Ausländische Fonds decken derzeit bereits einen großen Teil des Kapitalbedarfs in Deutschland ab. Fundraising deutscher Venture-Capital-Fonds vs. Venture-Capital-Investitionen in Deutschland (Quelle: PEREP Analytics/BVK) Venture-Capital-Investitionen in Deutschland nach Herkunft/Sitz der VentureCapital -Gesellschaften (Quelle: PEREP Analytics/BVK) 13. Welche Änderungen plant die Bundesregierung im Bereich der VentureCapital -Fonds, und welchen Zeitplan verfolgt sie dabei? Auf die Antwort zu Frage 3 wird verwiesen. 14. Wie beurteilt die Bundesregierung die Umsatzsteuerpflicht für Fondsmanagementleistungen , und hält es die Bundesregierung für sinnvoll, diese abzuschaffen? Die vonseiten der Beteiligungswirtschaft geschilderte unterschiedliche Umsatzsteuerbesteuerung der Fondsmanagementdienstleistungen in Europa konnte noch nicht abschließend geklärt werden. 15. Hält die Bundesregierung eine Modifizierung der Mantelkaufregelung (§ 8c des Körperschaftsteuergesetzes – KStG), Verlustvorträge im Falle von Wagniskapital zuzulassen, für sinnvoll, und wie hoch wären die Steuermindereinnahmen einer solchen Änderung? in Mio. Euro 2010 2011 2012 2013 Fundraising deutscher VC Fonds 564,0 1.377,0 376,4 440,4 Investitionen in Venture Capital gesamt 723,4 717,4 567,3 673,9 Differenz - 159,4 659,6 -190,9 -233,5 in Mio. Euro 2012 2013 Deutsche Zentrale 404,9 437,8 Lokales Büro einer ausl. VC Gesellschaft 25,9 35,7 Ausländische VC-Gesellschaft ohne Büro in D 136,5 200,4 Summe VC Investitionen in D 567,3 673,9 Durch das Wachstumsbeschleunigungsgesetz vom 22. Dezember 2009 (BGBl. I 2009 S. 3950) wurde § 8c KStG u. a. um die sogenannte Stille-Reserve-Klausel Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/1266 ergänzt, wonach Verlustvorträge in Höhe der vorhandenen stillen Reserven erhalten bleiben. Von dieser Regelung profitieren bereits auch Unternehmen, in denen Wagniskapital investiert wird. Im Übrigen hat die Europäische Kommission die durch das Bürgerentlastungsgesetz vom 16. Juli 2009 (BGBl. I 2009 S. 1959) ebenfalls eingeführte Sanierungsklausel als unionsrechtswidrige Beihilfe eingestuft. Die gegen diese Entscheidung vor dem Europäischen Gericht anhängigen Klageverfahren sind noch nicht abgeschlossen. Die Bundesregierung ist zuversichtlich, dass einer der Klagen stattgegeben wird. Sollte das Europäische Gericht hingegen der Auffassung der Kommission folgen, wird die Bundesregierung den § 8c KStG unter Berücksichtigung der Grundsätze dieser Entscheidung zur Sanierungsklausel neu bewerten, auch in dem Bemühen, dabei die Interessen der Wagniskapitalfinanzierung zu berücksichtigen. 16. Wäre nach Einschätzung der Bundesregierung eine Ausnahme für Wagniskapital analog der Sanierungsklausel europarechtskonform, und unter welchen Bedingungen? Auf die Antwort zu Frage 15 wird verwiesen. 17. Gibt es nach Einschätzung der Bundesregierung einen Bedarf für eine Steuerstundung von Veräußerungsgewinnen? Soweit mit der Steuerstundung für Veräußerungsgewinne die Einführung einer sog. „Roll-Over-Lösung“ gemeint ist, bietet bereits das geltende Recht Möglichkeiten , Veräußerungserlöse entweder auf neue Investitionen zu übertragen und damit einen Steuerstundungseffekt zu erreichen oder steuerfrei zu vereinnahmen . Ein gewerblich tätiger Business Angel kann nämlich seinen Gewinn aus der Veräußerung einer mindestens sechs Jahre im inländischen Betriebsvermögen gehaltenen Beteiligung nach geltendem Recht nach Maßgabe des § 6b Absatz 10 EStG bis zu einer Höhe von 500 000 Euro auf neue Beteiligungen übertragen (= Roll-Over) und so die Versteuerung des Gewinns zeitlich bis zum Verkauf des Reinvestitionsobjekts hinausschieben. Zudem können Business Angels ihre Investitionen auch über eine zwischengeschaltete Kapitalgesellschaft tätigen . In diesem Fall wären die Erlöse aus dem Verkauf einer Beteiligung nach § 8b KStG steuerfrei, so dass es nach geltendem Recht hier einer Roll-Over-Lösung nicht mehr bedarf. 18. An welche Bedingungen wäre eine solche Stundung zu knüpfen, und welche Steuermindereinnahmen wären daraus zu erwarten? Die Frage stellt sich nach Auffassung der Bundesregierung nicht. Insoweit wird auf die Antwort zu Frage 17 verwiesen. 19. Wie lautet die erste Bilanz der Bundesregierung zu dem am 15. Mai 2013 gestarteten Programm des Wagniskapitalzuschusses? Der Investitionszuschuss Wagniskapital (neuer Name: INVEST-Zuschuss für Wagniskapital) wurde gut am Markt angenommen. Seit Mai 2013 bewilligte das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) Zuschüsse für 345 Investitionen privater Kapitalgeber in Höhe von 5,3 Mio. Euro (Stand 11. April 2014). Damit konnte Wagniskapital von über 25 Mio. Euro für junge innovative Unternehmen mobilisiert werden. Drucksache 18/1266 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 20. Welche Pläne hat die Bundesregierung für die Veränderung des Wagniskapitalzuschusses , und welchen Zeitplan verfolgt sie dabei? Auf Basis der ersten Erfahrungen mit dem Investitionszuschuss Wagniskapital wurde kürzlich die Förderrichtlinie angepasst, um den Besonderheiten des deutschen Wagniskapitalmarktes noch besser gerecht zu werden. Die neue Richtlinie tritt am 22. April 2014 in Kraft. Neben Änderungen der Fördervoraussetzungen, die sowohl die Investoren als auch die Unternehmen betreffen, wird die Maßnahme in „INVEST-Zuschuss für Wagniskapital“ umbenannt. Die Förderhöhe bleibt unverändert. Weiter strebt die Bundesregierung eine Steuerbefreiung des Zuschusses an, damit die Anreizsetzung der Maßnahme vollständig zur Wirkung kommen kann (vgl. Antwort zu Frage 21). Die Steuerbefreiung soll zeitnah umgesetzt werden. 21. Inwiefern hält die Bundesregierung eine Befreiung von Ertragsteuern auf den Wagniskapitalzuschuss für eine sinnvolle Maßnahme? Der Investitionszuschuss Wagniskapital (neu: INVEST-Zuschuss für Wagniskapital ) und wurde vor ca. einem Jahr (im Mai 2013) vom federführenden Bundesministerium für Wirtschaft und Energie eingeführt. Business Angels erhalten danach für ihre Investments in nichtbörsennotierte Kapitalgesellschaften einen Zuschuss in Höhe von 20 Prozent der investierten Summe (bezuschusste Investitionen von mindestens 10 000 Euro und maximal 250 000 Euro). Die geplante Befreiung des Zuschusses von Ertragssteuern ist aus Sicht der Bundesregierung eine sinnvolle Maßnahme, mit der die steuerrechtlichen Rahmenbedingungen für Wagniskapitalfinanzierung nachhaltig verbessert und damit die Vorgabe des Koalitionsvertrags umgesetzt wird. 22. Welche Förder- und Finanzierungsinstrumente für Wagniskapital gibt es auf Bundes- bzw. nach Kenntnis der Bundesregierung auf Länder- bzw. EU-Ebene, wie beurteilt die Bundesregierung diese auf ihre Wirkung und Kompatibilität, und sieht die Bundesregierung hier Anpassungsbedarf? Einen Überblick über die bietet die Förderdatenbank des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (www.foerderdatenbank.de). Die Förderangebote auf Ebene des Bundes (insbesondere der High-Tech-Gründerfonds , der ERP-Startfonds, der ERP/EIF-Venture-Dachfonds, der ERP/EIFBusiness Angels Fund Germany, EXIST, das KfW-Programm WIN und der Investitionszuschuss Wagniskapital) sind in ihrer Ausdifferenzierung (z. B. nach Phasen der Unternehmensentwicklung, Beihilfewert, Unterscheidung nach direkten Investments in die Unternehmen und indirekten Investments über Fonds und refinanzierte Investoren) sehr gut aufeinander abgestimmt und ergänzen einander weitgehend überschneidungsfrei. Die Förderangebote der Länder setzen in der Regel auf den verfügbaren europäischen und Bundesangeboten auf und ergänzen diese insbesondere mit Blick auf regionale Bedarfe, z. B. durch den Einsatz von europäischen EFRE-Mitteln, die ausschließlich von den Bundesländern bewirtschaftet werden oder in der PreSeed -Phase mit einem stark regionalen Marktbezug. Die europäischen Förderangebote sind ganz überwiegend indirekt ausgelegt, d. h. wählen den Weg über nationale Intermediäre oder kooperieren mit diesen, wie z. B. der Europäische Investitionsfonds (EIF) bei seinen Programmen in Kooperation mit dem ERP-Sondervermögen. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 9 – Drucksache 18/1266 23. Wie bewertet die Bundesregierung die teilweise Steuerbefreiung für das sogenannte carried interest in § 3 Nummer 40a des Einkommensteuergesetzes , und plant sie hier eine Abschaffung oder Änderung dieser Vorschrift? Der Carried Interest ist der von Wagniskapitalfonds den Fondsinitiatoren (= Carry Holder) gezahlte, überproportionale, erfolgsabhängige Gewinnanteil. Soweit dieser von vermögensverwaltenden Wagniskapitalfonds unter der Voraussetzung , dass die Gesellschafter oder Gemeinschafter des Fonds zuvor ihr gesamtes eingezahltes Kapital zurückerhalten haben, gezahlt wird (§ 18 Absatz 1 Nummer 4 EStG), ist dieser zu 40 Prozent steuerfrei (§ 3 Nummer 40a EStG). Diese teilweise Steuerbefreiung für den Carried Interest in § 3 Nummer 40a EStG hat sich nach Auffassung der Bundesregierung durchgehend bewährt. Eine Abschaffung oder Aufhebung dieser Vorschrift ist nicht geplant. 24. Teilt die Bundesregierung die Auffassung des Bundesrates (Bundesratsdrucksachen 684/12 und 92/14) zur steuerlichen Behandlung von carried interest, und wenn nein, warum nicht? Die Bundesregierung kann sich der Auffassung des Bundesrates nicht anschließen . Sie trägt erheblich dazu bei, gerade jungen Unternehmen, die auf Wagniskapital angewiesen sind, die Deckung ihres Finanzbedarfs zu erleichtern. Die Verbesserung der Rahmenbedingungen für Wagniskapitalfinanzierungen ist ein wichtiges Anliegen der Bundesregierung. Die Aufhebung der wirtschaftlich weiterhin sinnvollen und international üblichen Begünstigung des Carried Interest würde dieses Anliegen konterkarieren. Die Gründe für die Einführung der Steuerbegünstigung des Carried Interest bestehen damit unverändert fort. 25. Welche Erkenntnisse liegen der Bundesregierung hinsichtlich der Effektivität und der Effizienz der Steuervergünstigung für carried interest im Hinblick auf die bessere Verfügbarkeit von Wagniskapital vor, und wie schätzt die Bundesregierung die Wirkung des Instruments für diesen Zweck ein? Auf die Antwort zu Frage 24 wird verwiesen. Ergänzend ist anzumerken, dass diese Steuervergünstigung für die Auswahl des Managementstandorts von VentureCapital -Fonds und damit für die Verfügbarkeit von Wagniskapital in Deutschland von großer Bedeutung ist. Die Aufhebung der Steuerbegünstigung würde letztlich zur Abwanderung der Initiatoren von Beteiligungskapitalfonds in andere Länder führen. Außerdem ist gerade im Bereich von Frühphasenfinanzierungen die räumliche Nähe der Initiatoren zu den Portfoliogesellschaften zwingend für den Erfolg der Investments erforderlich. Insbesondere unter dieser räumlichen und zeitlichen Perspektive ist die Steuervergünstigung des Carried Interest sehr effektiv, so dass die Gründe für die Einführung dieser Steuerbegünstigung unverändert fortbestehen. 26. Plant die Bundesregierung eine Evaluierung für die Steuervergünstigung des carried interest, analog der von der Bundesregierung in der letzten Wahlperiode veranlassten Prüfungen von mehreren Steuervergünstigungen durch Wirtschaftsforschungsinstitute (ZEW Mannheim, FiFo Köln, Copenhagen Economics), und wenn nein, warum nicht? Die Bundesregierung plant keine Evaluierung für die Steuervergünstigung des Carried Interest. Zur Begründung wird auf die Antworten zu den Fragen 24 und 25 verwiesen. Drucksache 18/1266 – 10 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 27. Welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, junge, forschungsintensive Unternehmen direkt zu fördern? Junge, forschungsintensive Unternehmen können auf verschiedene Forschungsund Innovationsförderprogramme der Bundesregierung zurückgreifen, um die weitere Finanzierung ihrer Forschungs- und Entwicklungstätigkeiten zu erleichtern . Hier stehen ihnen sowohl technologieoffene Maßnahmen, wie insbesondere das Zentrale Innovationsprogramm Mittelstand und die Industrielle Gemeinschaftsforschung , und die Förderinitiative KMU-innovativ für Spitzenforschung betreibende kleine und mittlere Unternehmen als auch die verschiedenen Fachprogramme des Bundes, in denen gerade auch die Beteiligung von forschungs - und innovationsstarken KMU an Kooperations- und Verbundprojekte gefördert wird, zur Verfügung. Ferner ist auch die Unterstützung zu berücksichtigen , die den in der Fragestellung genannten Unternehmen über Querschnittsmaßnahmen , wie z. B. der Förderung von Clustern und Netzwerken, zu Teil wird. 28. Inwiefern plant die Bundesregierung die Einführung einer steuerlichen Forschungsförderung? Es wird auf die Antwort der Bundesregierung zu Frage 20 der Kleinen Anfrage der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zur Umsetzung des Koalitionsvertrages durch die Bundesregierung in den Bereichen Bildung, Wissenschaft und Forschung verwiesen (Bundestagsdrucksache 18/732 vom 6. März 2014). Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co., Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlagsgesellschaft mbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333