Deutscher Bundestag Drucksache 18/1267 18. Wahlperiode 22.04.2014 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Hubertus Zdebel, Eva Bulling-Schröter, Matthias W. Birkwald, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 18/880 – Zukunft der Urananreicherungsanlage Gronau und der Urananreicherungsfirma URENCO Vo r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Die Bundesrepublik Deutschland besitzt über die Urananreicherungsanlage Gronau des Urananreicherers URENCO sowie über die Zentrifugenforschung und -entwicklung der URENCO-Tochter ETC (Enrichment Technology Company ; Firmensitz: Jülich) Zugang zur Zentrifugentechnologie für die Urananreicherung , die auch eine militärische Dimension hat. Zugleich wird in Gronau für nahezu jedes zehnte Atomkraftwerk weltweit das Uran für die Brennelementefertigung angereichert. Auf dem Weltmarkt für Urananreicherung spielt die Urananreicherungsanlage Gronau damit eine zentrale Rolle. Dennoch hat die alte Bundesregierung die Stilllegung der Urananreicherungsanlage Gronau im Rahmen des im Jahr 2011 beschlossenen Atomausstiegs für Deutschland abgelehnt. Die Urananreicherungsanlage Gronau wurde sogar noch nach der Reaktorkatastrophe von Fukushima ausgebaut. Noch im Jahr 2014 soll zur Sicherung des Weiterbetriebs auf dem Gelände der Urananreicherungsanlage Gronau eine Lagerhalle für 60 000 Tonnen Uranoxid für eine zeitlich unbefristete Langzeitlagerung in Betrieb gehen (vgl. Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE. auf Bundestagsdrucksache 17/12943). Der Urananreicherer URENCO befindet sich derzeit zu jeweils einem Drittel im Besitz des britischen und des niederländischen Staates sowie der deutschen Energieversorger RWE AG und E.ON SE. Die Bundesregierung besitzt durch die Staatsverträge von Almelo, Washington und Cardiff weitgehende Mitwirkungs - und Vetorechte bei URENCO, insbesondere mit Blick auf die militärische Dimension der Urananreicherung. Seit dem Jahr 2011 haben alle bisherigen URENCO-Eigentümer ihre Verkaufsabsicht bekundet, sodass eine Änderung der Eigentümerstruktur bei URENCO anvisiert wird. Auf Bundestagsdrucksachen 17/12142, 17/12364 Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie vom 16. April 2014 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. sowie 17/14668 hatte die frühere Bundesregierung – teilweise allerdings recht vage – zum Verkaufsprozess bei der Urananreicherungsfirma URENCO Stellung genommen. Trotz der politischen Brisanz des geplanten Eigentümerwechsels bei URENCO hatte die frühere Bundesregierung auf Bundestags- Drucksache 18/1267 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode drucksache 17/14668 vom 2. September 2013 in der Antwort auf die Kleine Anfrage zu Frage 24 ausdrücklich eine Beteiligung des Deutschen Bundestages vor der anvisierten Änderung der Eigentümerstruktur ausgeschlossen. Wie brisant die Bundesregierung den möglichen Eigentümerwechsel bei URENCO jedoch selbst einschätzt, geht aus der Antwort zu Frage 9 auf derselben Bundestagsdrucksache hervor: „Insbesondere mit Blick auf die nuklearen nichtverbreitungspolitischen Aspekte ist das Auswärtige Amt beteiligt.“ Als einzige Kriterien für die Prüfung möglicher Käufer hat die frühere Bundesregierung bislang wiederholt, aber recht vage die „nukleare Nichtverbreitung, Sicherung der Technologie und wirtschaftliche Solidität bei URENCO“ aufgeführt (vgl. z. B. Bundestagsdrucksache 17/14668). Während in Deutschland die Bundesregierung das Parlament nicht beteiligen will, geht die niederländische Regierung einen ganz anderen Weg. Bereits am 23. Mai 2013 erläuterte der niederländische Finanzminister Jeroen Dijsselbloem – im Vorfeld der damaligen deutsch-niederländischen Regierungskonsultationen in Kleve – in einem Brief an das niederländische Parlament , dass die Regierungen in Berlin, Den Haag und London neben einem Direktverkauf auch einen Börsengang zur Veräußerung der URENCO-Anteile vorbereiten, um einen „maximalen“ Verkaufspreis zu erzielen. In dem Brief geht Jeroen Dijsselbloem auch ausführlich auf die zukünftigen Kontrollrechte ein, welche aus seiner Sicht bei Privatisierung der URENCO in staatlicher Hand verbleiben müssten, um „das öffentliche Interesse an der Nichtweiterverbreitung und der nuklearen Sicherheit angemessen sicherzustellen “ (vgl. www.rijksoverheid.nl/documenten-en-publicaties/kamerstukken/ 2013/05/23/voorgenomen-verkoop-aandelen-urenco.html). Es geht dabei um die folgenden Befugnisse (eigene Übersetzung aus dem Niederländischen ): 1. Sicherstellung, dass die Einhaltung der vertraglichen Verpflichtungen durch URENCO durchsetzbar ist, einschließlich der Umsetzung der Beschlüsse des Gemeinsamen Ausschusses (vgl. Vertrag von Almelo), 2. Kontrolle bestimmter Tätigkeiten von URENCO, einschließlich Abschluss von Kaufverträgen für angereichertes Uran und Verkauf von zentralen Vermögenswerten, 3. Zustimmungsrecht bei der Ernennung von Direktoren bzw. Vorstandsmitgliedern der URENCO und die Möglichkeit, Direktoren bzw. Vorstandsmitglieder zu entlassen, falls ein Risiko für die Nichtverbreitung, die Versorgungssicherheit und Sicherheit besteht, 4. Beschaffung der Information, die für eine ordnungsgemäße Überwachung von URENCO benötigt wird, 5. Zustimmungsrecht bezüglich der Beschaffenheit bzw. Charakteristik der Aktionäre und den Umfang ihres Anteils an URENCO und die Möglichkeit , ihnen das Stimmrecht zu entziehen, 6. Zustimmungsrecht bei einem eventuellen Kauf bzw. (Weiter-)Verkauf von URENCO, 7. Die Sicherstellung der Versorgungssicherheit mit angereichertem Uran, 8. Die Möglichkeit, bestimmte Tätigkeiten von URENCO zu verhindern oder URENCO zu verpflichten, zum Zwecke der Sicherheit bestimmte Tätigkeiten oder Forschungen auszuführen, 9. Forderungen hinsichtlich guten Finanzmanagements von URENCO, 10. Einwilligung in Veränderungen in der Unternehmensstruktur der URENCO, wie (Weiter-)Verkauf von Unternehmensteilen. Am 5. Dezember 2013 fand in Den Haag im niederländischen Parlament eine öffentliche Parlamentsanhörung zum anvisierten Verkauf der URENCO- Anteile statt. Vertreter der Bundesregierung bzw. der betroffenen Bundesbehörden waren nicht anwesend. Bei der Anhörung wurde der Verkauf der Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/1267 niederländischen URENCO-Anteile kontrovers diskutiert. Insbesondere die mögliche staatliche Kontrolle der URENCO in Bezug auf die militärische Dimension der Urananreicherung spielte eine Rolle. Am 31. Januar 2014 teilte der niederländische Finanzminister Jeroen Dijsselbloem der Präsidentin der zweiten Parlamentskammer mit, dass die Verkaufsverhandlungen für die URENCO-Anteile „komplex sind und mehr Zeit erfordern , als ursprünglich angenommen wurde“. Zudem stellte er für die niederländische Regierung ausdrücklich fest: „Bei all dem ist es eine Selbstverständlichkeit, dass keine unumkehrbaren Schritte unternommen werden, und dass bei den Besprechungen dort der Vorbehalt der parlamentarischen Zustimmung gemacht wird, wo dies angebracht ist.“ (vgl. www.rijksoverheid.nl/bestanden/documenten-en-publicaties/ kamerstukken/2014/01/31/kamerbrief-over-timing-brief-over-publiekebelangen -bij-verkoop-urenco/kamerbrief-over-timing-brief-over-publiekebelangen -bij-verkoop-urenco.pdf). 1. Wie steht die Bundesregierung zu dem anvisierten Eigentümerwechsel bei URENCO? Die Bundesregierung hat bereits verschiedentlich deutlich gemacht, dass möglichen Änderungen an der Anteilsstruktur von URENCO nur dann zugestimmt werden könnte, wenn vorher durch einen entsprechenden Rechtsrahmen für die künftige Struktur von URENCO klargestellt ist, dass auch weiterhin nukleare Nichtverbreitung, Sicherung der Technologie und wirtschaftliche Solidität bei URENCO sichergestellt sind. 2. Welchen aktuellen Informationsstand hat die Bundesregierung zum Stand der Verkaufsverhandlungen der jetzigen URENCO-Eigentümer? Nach dem aktuellen Informationsstand der Bundesregierung sind sowohl die Regierung von Großbritannien als auch die Regierung der Niederlande und die deutschen Anteilseigner E.ON SE und RWE AG weiterhin daran interessiert, ihre Anteile an URENCO zu veräußern. Die Bundesregierung steht zum Thema möglicher Anteilsveräußerungen bei URENCO im Kontakt mit Vertretern der Regierungen von Großbritannien und der Niederlande sowie mit den deutschen Anteilseignern E.ON SE und RWE AG. Zweck der Gespräche ist es, auch in Zukunft zu gewährleisten, dass die drei Regierungen selbst bei einem potentiellen Wechsel der Anteilseigner von URENCO auch weiterhin rechtssicher in der Lage sind, die Regelungen des völkerrechtlichen Vertrages von Almelo gegenüber dem Unternehmen und deren Anteilseignern durchzusetzen. Im Rahmen des auf der Grundlage des im Jahr 1970 von der Bundesrepublik Deutschland, Großbritannien und den Niederlanden unterzeichneten völkerrechtlichen Vertrages von Almelo eingesetzten Regierungskontrollgremiums für URENCO, des so genannten Gemeinsamen Ausschusses, erfolgt ein kontinuierlicher Austausch zwischen den drei Regierungen. 3. Wann haben sich Vertreter der Bundesregierung seit August 2013 mit Vertretern bzw. Beauftragten der URENCO-Eigentümer getroffen, um über den URENCO-Verkauf zu sprechen (bitte nach jeweiligem Datum, Teilnehmerkreis und Gesprächsergebnis aufschlüsseln)? Seit August 2013 fanden weiter regelmäßig Treffen von Vertretern der Bundes- regierung mit Vertretern der Regierungen von Großbritannien und der Nieder- Drucksache 18/1267 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode lande sowie mit den deutschen Anteilseignern E.ON SE und RWE AG zum Thema möglicher Anteilsveräußerungen bei URENCO statt. Zuletzt war dies am 31. März 2014 und am 7. April 2014 der Fall. 4. Lässt sich die Bundesregierung bei den Verkaufsverhandlungen von privater Seite (z. B. einer Bank) vertreten oder beraten? Wenn ja, von wem konkret? Die Bundesregierung wird nicht von externen Beratern vertreten, lässt sich aber durch die Rechtsanwaltskanzleien Osborne Clarke und Kirkpatrick & Lockhart Preston Gates Ellis LLP rechtlich beraten. Bei der Prüfung von Rechtsfragen im Zusammenhang mit einer möglichen Änderung der Anteilsstruktur von URENCO geht es wesentlich um Fragen des englischen Rechts, da URENCO als „Limited“ englischen Rechts mit Sitz in Großbritannien geführt wird. 5. In welcher Weise ist nach Informationen der Bundesregierung die Landesregierung von Nordrhein-Westfalen in die Verhandlungen und Gespräche rund um den geplanten Eigentümerwechsel bei URENCO einbezogen? Die Landesregierung von Nordrhein-Westfalen ist nicht unmittelbar in die Gespräche zwischen den Vertretern der Bundesregierung mit den Regierungen von Großbritannien und der Niederlande sowie der deutschen Anteilseigner E.ON SE und RWE AG zu einem möglichen Anteilsveräußerung bei URENCO einbezogen. Das Thema URENCO wurde im Laufe der Jahre verschiedentlich anlässlich von Treffen von Vertretern der Bundesregierung mit Vertretern der Landesregierung von Nordrhein-Westfalen angesprochen. 6. Welche konkreten Mitspracherechte hat nach Informationen der Bundesregierung die Landesregierung von Nordrhein-Westfalen beim Verkauf von URENCO-Anteilen? Das Ministerium für Wirtschaft, Energie, Industrie, Mittelstand und Handwerk des Landes Nordrhein-Westfalen (MWEIMH NRW) ist nach § 24 Absatz 2 des Atomgesetzes atomrechtliche Genehmigungs- und Aufsichtsbehörde für die Urananreicherungsanlage Gronau, die nach § 7 des Atomgesetzes genehmigt ist. In dieser Funktion obliegt dem Land Nordrhein-Westfalen jederzeit die Überwachung der Erfüllung der gesetzlichen Vorschriften und Bestimmungen der Genehmigungsbescheide. Rechte für das Land Nordrhein-Westfalen im Zusammenhang mit einer möglichen Änderung der Anteilsstruktur von URENCO könnten sich daher insbesondere aus dem Atomgesetz und aus gegenüber dem Land Nordrhein-Westfalen abgegebenen Patronatserklärungen über die Entsorgungsvorsorge für die Urananreicherungsanlage Gronau ergeben. 7. Wann haben sich Vertreter der Bundesregierung in den Jahren 2012, 2013 und 2014 mit Vertretern der Landesregierung von Nordrhein-Westfalen getroffen , um über den Eigentümerwechsel bei URENCO zu sprechen (bitte nach jeweiligem Datum, Teilnehmerkreis und Ergebnis aufschlüsseln)? Es wird auf die Antwort zu Frage 5 verwiesen. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/1267 8. Mit welchen potenziellen Kaufinteressenten für URENCO-Anteile haben sich Vertreter oder Beauftragte der Bundesregierung bislang zu Gesprächen getroffen (bitte nach jeweiligem Datum, Teilnehmerkreis und Ergebnis aufschlüsseln )? Die Bundesregierung beteiligt sich nicht an Spekulationen über potenzielle Kaufinteressenten. 9. Welche potenziellen Kaufinteressenten scheiden im Sinne des Kriteriums der „nuklearen Nichtverbreitung“ aus, wie es auf Bundestagsdrucksache 17/14668 genannt wurde (bitte nach Land und Art der Kaufinteressenten aufschlüsseln)? Es wird auf die Antwort zu Frage 8 verwiesen. 10. In welcher Weise ist das Auswärtige Amt im Rahmen des geplanten Eigentümerwechsels bei URENCO konkret beteiligt (vgl. Vorbemerkung der Fragesteller und Bundestagsdrucksache 17/14668)? Das Auswärtige Amt ist im Rahmen der regierungsinternen Abstimmung und Vertretung der Position der Bundesregierung beim Thema möglicher Anteilsveräußerungen bei URENCO maßgeblich beteiligt. Es steht hierzu im fortlaufenden Dialog mit dem in der Bundesregierung federführenden Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, insbesondere mit Blick auf die nuklearen nichtverbreitungspolitischen Aspekte. Es nimmt gemeinsam mit diesem regelmäßig an den Gesprächen mit den Regierungen von Großbritannien und der Niederlande teil, insbesondere im Rahmen der Sitzungen des so genannten Gemeinsamen Ausschusses, und beteiligt sich, soweit erforderlich, an Gesprächen mit Vertretern sonstiger Beteiligter. 11. Was genau versteht die Bundesregierung unter „Sicherung der Technologie “ im Rahmen des geplanten Eigentümerwechsels URENCO? Die Bundesregierung könnte möglichen Änderungen an der Anteilsstruktur von URENCO nur dann zustimmen, wenn vorher durch einen entsprechenden Rechtsrahmen für die künftige Struktur von URENCO klargestellt ist, dass auch weiterhin nukleare Nichtverbreitung, Sicherung der Technologie und wirtschaftliche Solidität bei URENCO sichergestellt sind. Sicherung der Technologie bedeutet dabei, dass neben der Erfüllung der allgemeinen Vorgaben der nuklearen Nichtverbreitung der Zugriff anderer auf die Technologie ausgeschlossen ist. Entscheidender Maßstab ist dabei der erfolgreiche völkerrechtliche Vertrag von Almelo („Übereinkommen vom 4. März 1970 zwischen der Bundesrepublik Deutschland, dem Königreich der Niederlande und dem Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland über die Zusammenarbeit bei der Entwicklung und Nutzung des Gaszentrifugenverfahrens zur Herstellung angereicherten Urans“). Auf der Grundlage dieses Vertrages arbeitet die Bundesregierung seit mehr als vierzig Jahren erfolgreich mit den beiden anderen Regierungen zusammen und übt gemeinsam mit diesen die Aufsicht über URENCO aus. Drucksache 18/1267 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 12. Welche der vom niederländischen Finanzminister Jeroen Dijsselbloem in seinem Schreiben vom 23. Mai 2013 an das niederländische Parlament skizzierten zukünftigen Kontrollrechte sind zwischen der britischen, niederländischen und deutschen Regierung unstrittig, bei welchen gibt es Dissens oder Diskussionsbedarf (bitte Punkt für Punkt, mit jeweiliger Begründung für Dissens oder Diskussionsbedarf, auflisten)? Aus Sicht der Bundesregierung sind die in dem Brief des niederländischen Finanzministers an das niederländische Parlament vom 23. Mai 2013 genannten Kontrollrechte grundsätzlich alle wichtig und es wird von allen Beteiligten gemeinsam versucht, diese in eine tragfähige Rechtskonstruktion umzusetzen. 13. Warum haben Vertreter der Bundesregierung bzw. zuständiger Bundesbehörden nicht an der Parlamentsanhörung zum geplanten URENCO-Verkauf in Den Haag am 5. Dezember 2013 teilgenommen? Die Bundesregierung wurde durch Vertreter der niederländischen Regierung über die Ergebnisse der Parlamentsanhörung am 5. Dezember 2013 informiert. 14. Welche Schlussfolgerungen und Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus den Ergebnissen der Parlamentsanhörung in den Niederlanden? Nach Auffassung der Bundesregierung zeigte auch die niederländische Parlamentsanhörung , dass vor möglichen Anteilsveräußerungen bei URENCO durch einen entsprechenden Rechtsrahmen für die künftige Struktur von URENCO klargestellt sein muss, dass auch weiterhin nukleare Nichtverbreitung, Sicherung der Technologie und wirtschaftliche Solidität bei URENCO sichergestellt sind. 15. Welche Schlussfolgerungen und Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus den Aussagen von Finanzminister Jeroen Dijsselbloem in seinem Schreiben vom 31. Januar 2014? Die Bundesregierung ist ebenfalls der Ansicht, dass es sich bei der Erarbeitung eines künftigen Rechtsrahmens und einer Organisationsstruktur von URENCO um komplexe Themen handelt, die Zeit brauchen. 16. Welchen zeitlichen Rahmen sieht die Bundesregierung derzeit für die Verhandlungen zu einem Eigentümerwechsel bei URENCO? Ein Enddatum der derzeit laufenden Gespräche über einen möglichen Verkauf von URENCO-Anteilen lässt sich derzeit noch nicht genau vorhersagen. 17. Plant die Bundesregierung bei der Entscheidung zu einem Eigentümerwechsel bei URENCO im Gegensatz zur früheren Bundesregierung in ähnlicher Weise wie in den Niederlanden aktiv vor „unumkehrbaren Schritten“ den Deutschen Bundestag mit einzubeziehen, z. B. durch eine Parlamentsanhörung oder eine Parlamentsdebatte? Die Bundesregierung wird im Lichte der weiteren Entwicklungen über die Unterrichtung des Deutschen Bundestages entscheiden. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/1267 18. Für welche Punkte bei einer möglichen Änderung der Eigentümerstruktur bei URENCO sieht die Bundesregierung ähnlich wie in den Niederlanden den „Vorbehalt einer parlamentarischen Zustimmung“? Es wird auf die Antwort zu Frage 17 verwiesen. 19. Wann genau gab es bislang seitens der Bundesregierung mit den Regierungen von Frankreich oder den USA Gespräche zum geplanten Verkauf der URENCO-Anteile (bitte nach jeweiligem Datum, Teilnehmerkreis und Gesprächsergebnis aufschlüsseln)? Das Thema einer möglichen Anteilsveräußerung bei URENCO wurde verschiedentlich anlässlich von Treffen mit Vertretern der Regierung von Frankreich angesprochen. Die Vertreter der Bundesregierung machten dabei stets deutlich, dass möglichen Änderungen an der Anteilsstruktur von URENCO nur dann zugestimmt werden könnte, wenn vorher durch einen entsprechenden Rechtsrahmen für die künftige Struktur von URENCO klargestellt ist, dass auch weiterhin nukleare Nichtverbreitung, Sicherung der Technologie und wirtschaftliche Solidität bei URENCO sichergestellt sind. 20. Wann genau wurde „im Rahmen des sogenannten Quadripartite Committee “ (vgl. Bundestagsdrucksache 17/14668) über die Zukunft der Zentrifugen -Entwicklungs- und -Produktionsfirma ETC bei einer möglichen Änderung der Eigentümerstruktur bei URENCO gesprochen (bitte nach jeweiligem Datum, Teilnehmerkreis und Gesprächsergebnis aufschlüsseln )? Im Rahmen des so genannten Quadripartite Committees (QC) erfolgt ein kontinuierlicher Austausch zwischen den vier Regierungen von Deutschland, Großbritannien , der Niederlande und Frankreich. Die Beratungen des Ausschusses sind vertraulich. Die Vertraulichkeit schützt hierbei auch die Interessen von Großbritannien, der Niederlande und von Frankreich. 21. In welchem Umfang gab es bislang aufgrund der militärischen Dimension der Urananreicherung und der Zentrifugenforschung und -produktion im Rahmen des geplanten Eigentümerwechsels bei URENCO Gespräche mit der Internationalen Atomenergieorganisation (IAEO) oder der Europäischen Atomgemeinschaft (EURATOM) (bitte nach jeweiligem Datum, Teilnehmerkreis und Ergebnis aufschlüsseln)? Unabhängig von dem Thema möglicher Anteilsänderungen bei URENCO stehen die drei Regierungen von Deutschland, Großbritannien und der Niederlande ständig in regelmäßigen Kontakt mit IAEO und EURATOM. Dabei nehmen Themen wie nukleare Nichtverbreitung eine wichtige Rolle ein. URENCO kommt als völkerrechtlich vereinbarter Unternehmenskonstruktion mit trinationaler Inhaberschaft, Verteilung auf Standorte in allen drei Ländern und mehrfach verschränkten Kontrollmechanismen eine internationale Vorbildfunktion im Hinblick auf die nukleare Nichtverbreitung zu. 22. Ist weiterhin ein Börsengang für URENCO im Gespräch? Ein Börsengang ist weiterhin als eine mögliche Option für potenzielle Anteilsveräußerungen bei URENCO im Gespräch. Drucksache 18/1267 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 23. Welche allgemeinen und konkreten Bedenken in Bezug auf den Verkauf von URENCO-Anteilen hat die Bundesregierung bisher gegenüber den bisherigen Anteilseignern und potenziellen Kaufinteressenten vorgebracht ? Es wird auf die Antworten zu den Fragen 1 und 8 verwiesen. 24. Sind der Bundesregierung bislang zum Verkauf der URENCO-Anteile von irgendeiner Seite, irgendeiner Organisation oder irgendeinem Staat Bedenken vorgebracht oder bekannt geworden? Wenn ja, von wem, und worauf bezogen sich diese Bedenken? Sofern von irgendeiner Seite sachliche Bedenken gegen eine mögliche Anteilsveräußerung bei URENCO vorgetragen werden sollten, würden diese im Rahmen der regelmäßigen Kontakte mit Vertretern der Regierungen von Großbritannien und der Niederlande sowie mit den deutschen Anteilseignern E.ON SE und RWE AG aufgenommen werden. 25. Wann und mit welchen Ergebnissen hat der im Vertrag von Almelo festgelegte Gemeinsame Ausschuss seit August 2013 konkret getagt? Ordentliche Sitzungen des auf der Grundlage des im Jahr 1970 von der Bundesrepublik Deutschland, von Großbritannien und der Niederlande unterzeichneten völkerrechtlichen Vertrages von Almelo eingesetzten Regierungskontrollgremiums für URENCO, des so genannten Gemeinsamen Ausschusses, fanden am 16. Oktober 2013 und am 1. April 2014 statt. Die Beratungen des Ausschusses sind vertraulich. Die Vertraulichkeit schützt hierbei auch die Interessen der Niederlande und von Großbritannien. 26. Ergeben sich für die Bundesregierung Anhaltspunkte, die bei einem Eigentümerwechsel bei URENCO einen neuen Staatsvertrag zu URENCO erforderlich machen könnten? Die Bundesregierung sieht derzeit keine Anhaltspunkte für die Erforderlichkeit eines neuen völkerrechtlichen Vertrages zu URENCO. Die Regierungen der so genannten Troika-Staaten, die Bundesrepublik Deutschland, die Niederlande und Großbritannien stehen zu dem seit mehr als 40 Jahren erfolgreichen völkerrechtlichen Vertrag von Almelo („Übereinkommen vom 4. März 1970 zwischen der Bundesrepublik Deutschland, dem Königreich der Niederlande und dem Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland über die Zusammenarbeit bei der Entwicklung und Nutzung des Gaszentrifugenverfahrens zur Herstellung angereicherten Urans“) und streben die Durchsetzung seiner Vorgaben auch für den Fall einer potenziellen künftigen Änderung der Eigentumsverhältnisse an. 27. Wird die Bundesregierung die Zustimmung des Deutschen Bundestages einholen, bevor sie einer Änderung der Eigentümerstruktur bei URENCO und/oder einem neuen Staatsvertrag bzw. „Umsetzungsvereinbarungen“ zur Regelung der staatlichen Aufsicht der URENCO-Aktivitäten zustimmt ? Es wird auf die Antwort zu Frage 17 verwiesen. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 9 – Drucksache 18/1267 28. Wie steht die Bundesregierung vor dem Hintergrund des vereinbarten Atomausstiegs in Deutschland zum bislang zeitlich unbegrenzten Weiterbetrieb der Urananreicherungsanlage Gronau? Die Anlage in Gronau unterscheidet sich grundlegend von Kernkraftwerken und den Sicherheitsgründen, aus denen die Beendigung der Nutzung der Kernspaltung zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität beschlossen worden ist. Eine Beendigung der Urananreicherung ist deshalb auch nicht in den Beschlüssen zum beschleunigten Kernenergieausstieg enthalten. Die Anlage in Gronau ist wesentlicher Teil einer völkerrechtlich vereinbarten Unternehmenskonstruktion, die durch trinationale Inhaberschaft, Verteilung auf Standorte in allen drei Ländern und mehrfach verschränkte Kontrollmechanismen ein internationales Vorbild im Hinblick auf nukleare Nichtverbreitung darstellt . Das stärkt Ansehen und Einfluss Deutschlands im Kreis der Vertragsstaaten des Vertrages über die Nichtverbreitung von Kernwaffen (NVV). 29. Kann der Atomausstieg in Deutschland im Jahr 2022 als abgeschlossen gelten, falls die Urananreicherungsanlage Gronau weiterlaufen sollte? Wenn ja, warum? Wenn nein, welche Maßnahmen zur Stilllegung der Urananreicherungsanlage Gronau sind seitens der Bundesregierung geplant? Es wird auf die Antwort zu Frage 28 verwiesen. 30. Wann genau soll das Uranoxid-Zwischenlager für 60 000 Tonnen Uranoxid in Betrieb gehen? Die Bauzustandsbesichtigung zur abschließenden Fertigstellung des UranoxidLagergebäudes ist für Mitte des Jahres 2014 geplant. Die Inbetriebnahme und die Aufnahme des Betriebs aller Einrichtungen des aus Gebäude sowie betriebs-, elektro- und leittechnischen Einrichtungen bestehenden Lagers bedürfen der Zustimmung der atomrechtlichen Aufsichtsbehörde. Derzeit liegt noch kein Antrag auf Inbetriebnahme und Betrieb vor. Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co., Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlagsgesellschaft mbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333