Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Auswärtigen Amts vom 1. Juni 2017 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 18/12671 18. Wahlperiode 02.06.2017 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Ulla Jelpke, Frank Tempel, Christine Buchholz, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 18/12174 – Die Lage der Flüchtlinge auf der Balkanroute V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Die sogenannte Balkanroute über Griechenland, Mazedonien, Serbien, Ungarn und Österreich stellte ab April 2015 die Hauptfluchtroute von Schutzsuchenden aus Syrien, Irak und Afghanistan dar. Das Aufnahmesystem in Griechenland war schon im Jahr 2015 nicht mehr tragfähig – das führte dazu, dass immer mehr Flüchtlinge die Balkanroute als Weg nach Westeuropa wählten. Mit Stichtag 7. Dezember 2016 befanden sich etwa 15 000 Geflüchtete auf den griechischen Inseln und 47 600 auf dem griechischen Festland (https://ec.europa.eu/homeaffairs /sites/homeaffairs/files/what-we-do/policies/european-agenda-migration/ 20170208_ninth_report_on_relocation_and_resettlement_en.pdf). Die Bedingungen in griechischen Flüchtlingslagern und Hotspots sind immer wieder Gegenstand menschenrechtlicher Kritik (www.proasyl.de/thema/fluechtlingein -griechenland/). Schon im Jahr 2011 hatte der Europäische Gerichtshof (EuGH) eine Überstellung nach Griechenland wegen der dortigen systemischen Mängel im Asylverfahren und bei den Aufnahmebedingungen für Geflüchtete untersagt, seitdem galt in Deutschland und anderen EU-Mitgliedstaaten (bis März 2017) ein Überstellungsstopp nach Griechenland. Damit wurde Ungarn in vielen Fällen zu dem EU-Land, das nach der Dublin-Verordnung für die Asylprüfung zuständig wurde, weil aus Griechenland kommende Asylsuchende über die serbisch-ungarische Grenze die EU erreichten. Allerdings stellte Ungarn insbesondere aufgrund seiner restriktiven Flüchtlingspolitik und seiner immer wieder offen dargelegten flüchtlingsfeindlichen Haltung (vgl. www. deutschlandfunk.de/gescheitertes-fluechtlingsreferendum-in-ungarn-fuer. 694.de.html?dram:article_id=367531) für die meisten Flüchtlinge nur ein Transitland auf der Balkanroute dar. Unter Zwang mussten sich viele Flüchtlinge jedoch in Ungarn registrieren lassen, was zur Zuständigkeit Ungarns nach der Dublin-Verordnung führte. Die Kritik am Umgang mit Schutzsuchenden in Ungarn riss nicht ab, so dass mehrere EU-Staaten, darunter Österreich, aufgrund der schlechten Bedingungen für Flüchtlinge vor Ort im September 2015 einen Überstellungsstopp in Bezug auf Ungarn erließen (www.proasyl.de/news/ fluechtlinge-gaenzlich-unerwuenscht-neuer-bericht-zur-situation-in-ungarn/). Am 1. Dezember 2015 erkannte Ungarn – als einziger Mitgliedstaat der EU – Serbien als „sicheren Drittstaat“ an. Seitdem werden Schutzsuchende systematisch und ohne inhaltliche Prüfung aus Ungarn nach Serbien zurückgeschoben. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/12671 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode In Ungarn wird rücküberstellten Asylsuchenden der Zugang zu einem fairen Verfahren verweigert (www.proasyl.de/pressemitteilung/ungarn-systematischeverletzung -der-menschenrechte-von-fluechtlingen/). Ein Anfang Juli 2016 in Kraft getretenes Gesetz erlaubt es ungarischen Behörden, Geflüchtete, die in einer bis zu acht Kilometer breiten Zone auf ungarischem Territorium aufgegriffen werden, in sogenannte Transitzonen an der serbisch-ungarischen Grenze zurückzuschieben. Diese gelten dann als offiziell nicht eingereist, da sich die Transitzonen auf serbischem Gebiet befinden. Immer wieder berichten Flüchtlinge von gewaltsamen sogenannten Pushbacks nach Serbien. Im Juli 2015 hatte Ungarn die Grenzen zu Serbien mit Zäunen abriegeln lassen. Gleichzeitig verschlechterten sich auch die Bedingungen in Serbien und Mazedonien In Ungarn findet eine weitere Verschärfung der flüchtlingspolitischen Lage durch das am 7. März 2017 im ungarischen Parlament verabschiedete Gesetz statt, das unter anderem die ausnahmslose Internierung von Asylsuchenden in Transitzonen beinhaltet. Diese Regelung gilt auch für Asylsuchende, die bereits zuvor nach Ungarn eingereist sind, bis zum Abschluss ihres Asylverfahrens. Der Hochkommissar der Vereinten Nationen für Flüchtlinge (UNHCR) zeigte sich tiefgreifend besorgt über die Lage der Flüchtlinge in Ungarn (www.unog.ch/ unog/website/news_media.nsf/(httpBriefingsLatest_en)/C0F821901B21C163 C12580DC003A365A?OpenDocument). I. Griechenland 1. Gibt es nach Kenntnis der Bundesregierung in Griechenland ausreichende Versorgungs-, Unterkunfts-, Integrations- und Arbeitsmöglichkeiten für Asylsuchende und anerkannte Flüchtlinge? Versorgung und Unterkunft für Asylsuchende und anerkannte Flüchtlinge in Griechenland sind nach Kenntnis der Bundesregierung gesichert. Aktuell stehen in Griechenland 51 377 Aufnahmeplätze zur Verfügung. Hinzu kommen 17 919 Plätze im Rahmen des Unterbringungsprogramms des Flüchtlingshilfswerks der Vereinten Nationen (UNHCR). Die Europäische Kommission hat mit der griechischen Regierung die Finanzierung von 55 000 Aufnahmeplätzen für das Jahr 2017 vereinbart, davon 40 000 auf dem Festland und 15 000 auf den fünf griechischen Inseln (Chios, Kos, Leros, Lesbos und Samos). Der Anteil der Unterbringung in angemieteten Wohnunterkünften soll auf 30 000 Plätze erhöht werden. Die Europäische Kommission veröffentlicht regelmäßig eine Übersicht der finanziellen Unterstützung für Griechenland im Rahmen der Flüchtlingskrise (https:// ec.europa.eu/home-affairs/what-we-do/policies/european-agenda-migration/ background-information_en). Bereits registrierte Flüchtlinge haben in Griechenland schon vor einer Asylentscheidung einen gesetzlich verankerten, unmittelbaren Zugang zum Arbeitsmarkt . Die wirtschaftlich schwierige Lage bedingt jedoch eine hohe Arbeitslosigkeit in Griechenland mit offiziell 23 Prozent allgemeiner und 48 Prozent Jugendarbeitslosigkeit (die höchsten Werte in der EU). Ein staatliches Angebot kostenloser Sprachkurse zur Integrationsförderung existiert bisher nicht. Der Zugang zu beruflichen Fortbildungsmaßnahmen ist eingeschränkt , solange die Flüchtlinge über keine Nachweise ihres Bildungsniveaus verfügen. Für schulpflichtige Kinder bietet die griechische Regierung seit Herbst 2016 ein aus EU-Mitteln finanziertes Schulprogramm an griechischen Schulen an. Bisher nehmen etwa 2 500 der etwa 15 000 schulpflichtigen Flüchtlingskinder an dem Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/12671 Nachmittagsunterricht teil. Der Unterricht soll im Jahresverlauf 2017 weiter ausgebaut werden und zusätzliche Angebote für Kinder im Kindergartenalter sowie für Jugendliche über 15 Jahre eingerichtet werden. 2. Welche wesentlichen Verbesserungen für Asylsuchende in Griechenland ließen die Bundesregierung zu der Einschätzung kommen, dass der Überstellungsstopp nach Griechenland zu beenden sei? a) In Flüchtlingslagern? b) Im Asylverfahren? c) Sonstige? Die Fragen 2 bis 2c werden zusammengefasst beantwortet. In ihrem Bericht vom 8. Dezember 2016 benennt die Europäische Kommission die wesentlichen Verbesserungen im griechischen Asyl- und Aufnahmesystem, die für die Europäische Kommission Anlass waren, eine Empfehlung für eine graduelle Wiederaufnahme von Dublin-Überstellungen nach Griechenland abzugeben. Die Empfehlung der Europäischen Kommission sieht eine Wiederaufnahme von Dublin-Überstellungen für die Asylbewerber vor, die ab dem 15. März 2017 irregulär nach Griechenland einreisen, sowie für andere Personen, für die Griechenland aufgrund anderer als der in Kapitel III Artikel 13 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 genannten Kriterien zuständig ist. In der Empfehlung sind die Maßnahmen aufgeführt, die die griechischen Behörden angesichts der empfohlenen schrittweisen Wiederaufnahme der Dublin-Überstellungen ergreifen oder fortführen müssen. Die Empfehlung benennt auch Modalitäten für die Wiederaufnahme der Überstellungen , die gewährleisten sollen, dass die zu überstellende Person entsprechend den Normen der Richtlinie 2013/33/EU (Aufnahme-RL) untergebracht und ihr Antrag nach Maßgabe der Richtlinie 2013/32/EU (Asylverfahrens-RL) bearbeitet wird. Hierzu sollen die Mitgliedstaaten vor einer Überstellung nach Griechenland von den zuständigen griechischen Behörden eine entsprechende individuelle Zusicherung einholen. Schutzbedürftige Asylbewerber einschließlich unbegleiteter Minderjähriger sollen vorerst nicht nach Griechenland überstellt werden . Nach Einschätzung der Bundesregierung ist ein funktionierendes Dublin- System Voraussetzung für ein funktionierendes Schengen-System. 3. Stimmt die Bundesregierung der Auffassung zu, dass Mitteilungen und Einschätzungen der Europäischen Kommission nicht die genuine Zuständigkeit und Verpflichtung der Bundesregierung verdrängt, zu prüfen und darzulegen , inwieweit Überstellungen nach Griechenland vor dem Hintergrund der diesbezüglichen europäischen Rechtsprechung für die Betroffenen keine Gefahr von Menschenrechtsverletzungen mehr beinhalten (bitte ausführen)? Die Empfehlung der Europäischen Kommission ist kein rechtsetzender Akt. Gleichwohl wird das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) die Empfehlungen der Europäischen Kommission im Hinblick auf die Modalitäten für die Wiederaufnahme und die auszunehmenden Personengruppen bei Übernahmeersuchen und Überstellungen an die griechischen Behörden berücksichtigen und Überstellungen nur vornehmen, wenn von den zuständigen griechischen Behörden eine Zusicherung abgegeben wird, dass die zu überstellende Person entsprechend den Normen der Richtlinie 2013/33/EU (Aufnahme-RL) untergebracht und ihr Antrag nach Maßgabe der Richtlinie 2013/32/EU (Asylverfahrens- RL) bearbeitet wird. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/12671 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 4. Wie lange beträgt nach Kenntnis der Bundesregierung die durchschnittliche und die maximale Asylverfahrensdauer und die durchschnittliche und maximale Verweildauer in den griechischen sogenannten Hotspots (bitte nach den zehn wichtigsten Herkunftsländern aufschlüsseln)? Zu Asylverfahrensdauer und Verweildauer liegen keine Statistiken der griechischen Behörden vor. Nach Angaben der griechischen Asylbehörde wurden bis Ende April 2017 nahezu alle der 17 526 auf den Inseln gestellten Asylanträge erstinstanzlich entschieden. Im Rahmen eines Widerspruchsverfahrens kann sich die Verweildauer im Einzelfall weiter verlängern. Die Frage der Rückführung syrischer Flüchtlinge in die Türkei ist aktuell vor dem griechischen Staatsrat anhängig. a) Trifft es nach Kenntnis der Bundesregierung zu, dass die Reihenfolge der Bearbeitung der Anträge keinem erkennbaren System folgt und die Länge des Aufenthalts im sogenannten Hotspot dabei keine Rolle spielt (http:// xn--respekt-fr-griechenland-kpc.de/wp-content/uploads/2017/02/RfG_ StatementLesbos_DEU_final-1.pdf)? Falls nicht, welches System wird angewandt? Auf die Antwort zu Frage 4 wird verwiesen. b) Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über sogenannte Pilot-Project -Procedures und Fast-Track-Procedures, nach denen Asylsuchende bis zum Abschluss des Asylverfahrens in Gewahrsam genommen werden, und nach welchen Kriterien werden die Personen für die genannten Verfahren ausgewählt (http://xn--respekt-fr-griechenland-kpc.de/?p=1752)? Die Europäische Kommission hat in ihrem 4. Fortschrittsbericht zur Implementierung der EU-Türkei-Erklärung vom 8. Dezember 2016 auf Seite 7 von der Einrichtung eines beschleunigten Verfahrens für Migranten aus Pakistan, Bangladesch und den Maghreb-Staaten ab dem 5. Dezember 2016 berichtet. c) In welchem Umfang ist in den sogenannten Hotspots der Zugang zu kostenfreier Rechtsberatung durch wen gewährleistet? Aktuell sind nach Angaben des Flüchtlingshilfswerks der Vereinten Nationen (UNHCR) 102 Anwälte in den sogenannten Hotspots im Einsatz. 72 werden durch UNHCR und 30 durch die griechische Asylbehörde finanziert. Im Übrigen wird auf die Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE. auf Bundestagsdrucksache 18/10394 vom 14. Dezember 2016 verwiesen . 5. Inwiefern führen die griechischen Behörden nach Kenntnis der Bundesregierung eine Statistik über Todesursachen von Asylsuchenden, und falls ja, was beinhaltet diese? Nach Kenntnissen der Bundesregierung wird keine entsprechende Statistik geführt . Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/12671 6. Hat die Bundesregierung Kenntnis über die Zahl der in Griechenland ab 1. Januar 2016 verstorbenen Asylsuchenden (bitte nach Monaten aufschlüsseln )? 7. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung zu Übergriffen auf Geflüchtete durch griechische Sicherheitsbehörden (bitte ab 1. Januar 2016 nach Monaten auflisten)? 8. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die Anzahl der obdachlosen Asylsuchenden und Flüchtlinge in Griechenland? Die Fragen 6 bis 8 werden zusammengefasst beantwortet. Hierzu liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor. 9. Welche Beschwerdemechanismen gibt es nach Kenntnis der Bundesregierung in sogenannten Hotspots und Lagern in Griechenland für Geflüchtete bei Gewalt und Übergriffen? Die Existenz eines besonderen Beschwerdemechanismus außerhalb der üblichen Verfahren zur Anzeige bei der Polizei ist der Bundesregierung nicht bekannt. 10. Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus den Äußerungen des griechischen Außenministers Nikos Kotzias, welcher vor seinem Treffen mit Bundesaußenminister Sigmar Gabriel am 23. März 2017 in Athen ankündigte , dass Griechenland auch weiterhin keine Dublin-Überstellungen akzeptieren werde (www.welt.de/politik/deutschland/article163112061/Gabrielwill -Fluechtlinge-noch-nicht-nach-Griechenland-zurueckfuehren.html)? Ist die Bundesregierung in Konsultationen mit den griechischen Behörden diesbezüglich eingetreten, und was ist der Verlauf, und was sind die unterschiedlichen Positionen diesbezüglich (bitte darlegen)? Die Bundesregierung wird sich weiterhin auf verschiedenen Ebenen und mit allen betroffenen griechischen Ministerien, der Europäischen Kommission und anderen Mitgliedstaaten über die weiteren Schritte zur Umsetzung der Empfehlung der Europäischen Kommission vom 8. Dezember 2016 im Hinblick auf die Wiederaufnahme von Dublin-Überstellungen, den weiteren Ausbau des griechischen Asyl- und Aufnahmesystems und die Umsiedlungen von Asylantragstellern zugunsten von Griechenland austauschen. II. Mazedonien 11. Gibt es nach Kenntnis der Bundesregierung in Mazedonien ausreichende Versorgungs-, Unterbringungs- und Arbeits- und Integrationsmöglichkeiten für Asylsuchende und Flüchtlinge? Die Versorgungslage und Unterbringungsmöglichkeiten sind nach Kenntnis der Bundesregierung ausreichend. Die ehemalige jugoslawische Republik (ejR) Mazedonien ist einer der ärmsten Staaten der Region. Mindestens ein Drittel der Bevölkerung lebt an oder unterhalb der Armutsgrenze, weshalb Arbeits- und Integrationsmöglichkeiten aufgrund der wirtschaftlichen Lage generell problematisch sind. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/12671 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 12. Wie hat sich die Lage für Asylsuchende in Mazedonien nach Kenntnis der Bundesregierung im letzten Jahr verändert? 13. Wie viele Geflüchtete befinden sich derzeit in Mazedonien, und wie sind diese nach Kenntnis der Bundesregierung untergebracht? Die Fragen 12 und 13 werden zusammengefasst beantwortet. Nach wie vor stehen ausreichend Aufnahmekapazitäten im Land zur Verfügung Derzeit befinden sich 51 Personen in drei Aufnahmezentren, davon in Vinojug neun Personen (bei einer Kapazität von etwa 700 Personen), in Tabanovce 24 (Kapazität von rund 150 Personen), in Visbegovo drei (Kapazität von ungefähr 100 Personen). 15 weitere Personen sind in privaten Unterkünften untergebracht. Drei der 51 Personen haben nach Kenntnis der Bundesregierung bislang einen Asylantrag in der ejR Mazedonien gestellt. UNHCR, die Internationale Organisation für Migration (IOM) und Nichtregierungsorganisationen leisten Unterstützung in den Aufnahmezentren; sie versorgen die Menschen mit Lebensmitteln, leisten Betreuung und ermöglichen notwendige Arztbesuche. Der Bundesregierung sind keine Probleme bei der Versorgung in den Aufnahmezentren bekannt. Nach Angaben von UNHCR wurden in der ejR Mazedonien im Jahr 2016 insgesamt 675 Asylanträge gestellt. Über den Ausgang der Verfahren liegen keine Erkenntnisse vor. Vom 1. Januar bis zum 31. März 2017 wurden in der ejR Mazedonien 47 Asylanträge gestellt. 14. Inwiefern führen die mazedonischen Behörden nach Kenntnis der Bundesregierung eine Statistik über Todesursachen von Asylsuchenden, und falls ja, was beinhaltet diese? 15. Hat die Bundesregierung Kenntnis über die Zahl der in Mazedonien ab 1. Januar 2016 verstorbenen Asylsuchenden (bitte nach Monaten aufschlüsseln)? 16. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über gemeldete Übergriffe auf Asylsuchende durch mazedonische Sicherheitsbehörden (bitte ab 1. Januar 2016 nach Monaten aufschlüsseln)? Die Fragen 14 bis 16 werden zusammengefasst beantwortet. Der Bundesregierung liegen hierzu keine Erkenntnisse vor. 17. Welche Beschwerdemechanismen gibt es nach Kenntnis der Bundesregierung für Asylsuchende bei Gewalt und Übergriffen in Mazedonien? Neben der Möglichkeit, sich an die örtlichen Polizeibehörden zu wenden, gibt es in der ejR Mazedonien die Institution eines Ombudsmannes, an den sich auch Asylsuchende bei Gewalt und Übergriffen wenden können. Zudem können sich Asylsuchende auch an UNHCR oder das Internationale Rote Kreuz wenden. 18. Wie viele Geflüchtete kommen nach Kenntnis der Bundesregierung durchschnittlich täglich oder monatlich in Mazedonien an, und wie viel Prozent von diesen sind Kinder und Jugendliche (bitte nach begleiteten und unbegleiteten Minderjährigen und Altersgruppen aufschlüsseln)? An der griechisch-mazedonischen Grenze werden wöchentlich im Schnitt zwischen 50 bis 150 Versuche der illegalen Einreise festgestellt. Zur Zahl der Kinder und Jugendlichen darunter, begleitet oder unbegleitet, liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/12671 19. Wie viele Geflüchtete sind nach Kenntnis der Bundesregierung von Mazedonien in die Türkei abgeschoben worden (bitte ab Januar 2015 monatlich aufschlüsseln)? Der Bundesregierung liegen hierzu keine Erkenntnisse vor. III. Serbien 20. Wie bewertet die Bundesregierung die Lage der auf der Balkanroute in Serbien gestrandeten Geflüchteten? Serbien hat nach Engpässen bei der Unterbringung von Flüchtlingen und Migranten zum Jahreswechsel 2017 weitere Unterkünfte eröffnet. Die grundlegende Versorgung mit Nahrung und Kleidung ist auch dank internationaler Unterstützung sichergestellt. Die Bundesregierung flankiert die entsprechenden Unterstützungsmaßnahmen der EU zur Versorgung der Flüchtlinge und Migranten durch die Bereitstellung bilateraler humanitärer Hilfe. Die Bundesregierung hat hierfür seit September 2015 bislang Mittel in Höhe von 6,8 Mio. Euro bereitgestellt. Schwerpunkte der deutschen humanitären Hilfe für Flüchtlinge und Migranten in Serbien sind die Versorgung der Bedürftigen mit Nahrungsmitteln und Hygieneartikeln sowie ihre psychosoziale Betreuung und die rechtliche Beratung besonders vulnerabler Gruppen. Trotz ausreichender Mittelbereitstellung ist die Anzahl der Unterkünfte jedoch weiterhin defizitär. a) Wie viele Geflüchtete befinden sich nach Kenntnis der Bundesregierung im Moment in Serbien? Nach Angaben von UNHCR hielten sich am 7. Mai 2017 7 219 Flüchtlinge/ Migranten in Serbien auf. b) Wie viele Geflüchtete warten nach Kenntnis der Bundesregierung vor den Transitzonen Ungarns auf serbischem Gebiet auf die Möglichkeit einer Weiterreise, und kann die Bundesregierung bestätigen, dass es sich dabei vor allem um Frauen und Kinder handelt (www.unhcr.de/presse/ nachrichten/artikel/e51de1e0249ee3329261ba05856bb7d0/sorge-uebersituation -fuer-schutzsuchende-in-ungarn-1.html)? Am 7. Mai 2017 warteten laut UNHCR insgesamt acht Menschen im Norden Serbiens vor den zwei ungarischen Transitzonen. Ähnliche Zahlen hatte UN- HCR auch in den vorhergehenden Wochen gemeldet. Eine Aufschlüsselung dieser Gruppe in Männer, Frauen und Kinder liegt der Bundesregierung nicht vor. c) Gibt es nach Kenntnis der Bundesregierung in Serbien ausreichende Versorgungsmöglichkeiten für Geflüchtete, und wie beurteilt sie deren Situation angesichts der Aussagen des UNHCR, dass vor den Transitzentren eine große Zahl von Flüchtlingen, vor allem Frauen und Kinder warteten und besonders unter den schlechten humanitären Bedingungen litten (www.unhcr.de/presse/nachrichten/artikel/e51de1e0249ee3329261ba058 56bb7d0/sorge-ueber-situation-fuer-schutzsuchende-in-ungarn-1.html)? In Serbien gibt es derzeit 18 Flüchtlingsunterkünfte mit insgesamt 6 000 bis 6 500 Plätzen. EU, UNHCR, nationale und internationale Nichtregierungsorganisationen unterstützen Serbien bei der Versorgung der Menschen. Anders als im Sommer 2016, als der in der Frage zitierte Artikel erschien, halten sich derzeit vor den zwei ungarischen Transitzonen an der serbisch-ungarischen Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/12671 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Grenze nur noch vereinzelt Menschen auf, darüber hinaus wird auf die Antwort zu Frage 20b verwiesen. d) Hat die Bundesregierung Kenntnis über die Zahl der obdachlosen Kinder unbegleiterter minderjähriger Flüchtlinge und ihre Situation in Serbien, und kann die Bundesregierung erläutern, welche Konsequenzen sie aus dieser Lage zieht (vgl. Bericht von Safe the Children www.theguardian. com/weather/2017/jan/24/thousands-refugee-children-sleep-roughsub -zero-serbia-un) Zu obdachlosen Kindern unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor. e) Inwiefern führen die serbischen Behörden nach Kenntnis der Bundesregierung eine Statistik über Todesursachen von Asylsuchenden, und falls ja, was beinhaltet diese? Der Bundesregierung ist keine entsprechende Statistik von offizieller serbischer Seite bekannt. f) Hat die Bundesregierung Kenntnis über die Zahl der in Serbien ab 1. Januar 2016 verstorbenen Asylsuchenden (bitte nach Monaten aufschlüsseln )? Der Bundesregierung liegen hierzu keine Erkenntnisse vor. g) Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über auf Flüchtlinge durch serbische Sicherheitsbehörden (bitte ab 1. Januar 2016 nach Monaten aufschlüsseln ) begangene Übergriffe? Im Jahr 2015 gab es vereinzelt Berichte von Nichtregierungsorganisationen, dass serbische Polizisten Flüchtlinge/Migranten teilweise inkorrekt behandelt hätten. Der Bundesregierung sind hierzu weder neuere Berichte noch entsprechenden Statistiken bekannt. h) Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus den im Oxfam-Bericht benannten schweren, teilweise lebensbedrohlichen Rechtsverletzungen gegenüber Geflüchteten in Serbien, etwa aus dem geschilderten Fall von sechs Geflüchteten (unter ihnen ein zwei Jahre altes Baby), die am 17. Dezember 2016 bei Temperaturen von -11°C nachts im Wald ausgesetzt worden seien (www.oxfam.org/sites/www.oxfam.org/files/file_ attachments/bp-dangerous-game-pushback-migrants-refugees-060417-en_ 0.pdf), genutzt? Die Bundesregierung setzt sich dafür ein, dass Rechte von Flüchtlingen und Migranten in Serbien respektiert und gewahrt bleiben. Zum zitierten Fall hat die Bundesregierung keine eigenen Erkenntnisse. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 9 – Drucksache 18/12671 i) Welche Kenntnis hat die Bundesregierung über die Zahl der Geflüchteten, die in serbischen Flüchtlingslagern, Abschiebegefängnissen oder anderen Unterbringungen zu Tode gekommen sind (bitte ab 1. Januar 2016 nach Monaten und Alter der Verstorbenen und soweit möglich Todesursache aufschlüsseln, zum Beispiel Suizid, Erkrankung, Erfrierungen; falls Gesamtzahl nicht bekannt, bitte bekannte Einzelfälle benennen)? j) Welche Kenntnis hat die Bundesregierung über Flüchtlinge, die beim Warten vor den ungarischen Transitzentren in Serbien zu Tode gekommen sind? k) Welche Kenntnis hat die Bundesregierung über Flüchtlinge, die in Serbien in inoffiziellen Lagern (wie z. B. den Lagerhallen hinter dem Belgrader Bahnhof; www.sueddeutsche.de/panorama/2.220/serbien-zwischenmuell -und-broeckelnden-mauern-1.3352796) zu Tode gekommen sind (bitte ab 1. Januar 2016 nach Monaten aufschlüsseln, falls Gesamtzahl nicht bekannt, bitte bekannte Einzelfälle benennen)? l) Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über gemeldete Übergriffe auf Geflüchtete durch serbische Sicherheitsbehörden (bitte ab 1. Januar 2016 nach Monaten aufschlüsseln)? Die Fragen 20i bis 20l werden zusammengefasst beantwortet. Der Bundesregierung liegen hierzu keine Erkenntnisse vor. m) Welche Beschwerdemechanismen gibt es nach Kenntnis der Bundesregierung für Geflüchtete bei Gewalt und Übergriffen durch Sicherheitskräfte in Serbien? Neben der Möglichkeit, sich an örtliche Polizeibehörden zu wenden, gibt es in Serbien die Institution eines Ombudsmanns, an den sich auch Asylsuchende bei Gewalt und Übergriffen wenden können. Die Menschen können sich daneben auch an UNHCR und Nichtregierungsorganisationen wenden, die teils rechtliche Beratung und Hilfe anbieten oder entsprechende Kontakte vermitteln. In Belgrad steht den Menschen zudem ein Asyl-Informationszentrum offen, das auch bei Rechtsfragen hilft oder weitervermittelt. 21. Wie hat sich nach Schließung der Balkanroute die Überbelegungssituation in den Monaten Januar, Februar und März 2017 in offiziellen Unterbringungen und Lagern in Serbien nach Kenntnis der Bundesregierung entwickelt (www.sueddeutsche.de/panorama/2.220/serbien-zwischen-muell-undbroeckelnden -mauern-1.3352796)? Im Januar 2017 hat Serbien eine Flüchtlingsunterkunft in Obrenovac (etwa eine Autostunde von Belgrad entfernt) eröffnet – vor allem auch, damit mehr Menschen vor dem harschen Winterwetter Schutz und Obdach finden. Die Unterkünfte in Serbien waren von Januar bis März 2017 voll und auch über ihre Aufnahmekapazitäten hinaus belegt. Auf die Antwort zu Frage 20c wird verwiesen. 22. Stehen nach Kenntnis der Bundesregierung in den offiziellen Lagern in Serbien ausreichend Heizmöglichkeiten zur Verfügung? In allen 18 Unterkünften in Serbien gibt es Heizungen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/12671 – 10 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 23. Wie viele Geflüchtete kommen nach Kenntnis der Bundesregierung durchschnittlich täglich in Serbien an (bitte soweit möglich ab 1. Januar 2016 monatlich aufschlüsseln), und wie viel Prozent von diesen sind Kinder und Jugendliche (bitte nach begleiteten und unbegleiteten Minderjährigen und Altersgruppen aufschlüsseln)? UNHCR führt eine entsprechende Übersicht für 2016 unter Berufung auf Daten des serbischen Innenministeriums – eine Aufschlüsselung in (begleitete und unbegleitete ) Minderjährige erfolgt nicht: 2016: insgesamt 96 117 Personen Januar: 58 464 Februar: 36 141 März: 1 512 April – Dezember: 0 2017 (illegale Grenzübertritte nach Serbien, Quelle: Serbisches Innenministerium): Januar: 47 Februar: 42 März: 31 April: 8 Eine monatliche Aufschlüsselung nach begleiteten/unbegleiteten Minderjährigen und Altersgruppen liegt der Bundesregierung nicht vor. UNHCR und Partner-Nichtregierungsorganisationen berichten, dass von den Flüchtlingen/Migranten, die sie im ersten Quartal 2017 antrafen, etwa ein Drittel Minderjährige waren. Derzeit seien in den 18 Flüchtlingsunterkünften in Serbien an die 43 Prozent der Bewohner minderjährig. In Serbien halten sich nach Angaben des UNHCR (Stand 8. Mai 2017) knapp eintausend unbegleitete (zumeist männliche) Minderjährige (unaccompanied and separated children, UASC), vor allem aus Afghanistan und Pakistan, auf. 24. Wie viele Geflüchtete sind nach Kenntnis der Bundesregierung von Serbien in die Türkei abgeschoben worden, und wie viele davon waren zuvor aus Ungarn nach Serbien abgeschoben worden (bitte wenn möglich ab Januar 2015 monatlich aufschlüsseln)? Der Bundesregierung liegen keine Informationen über Abschiebungen von Serbien in die Türkei vor. 25. Ist die Nutzung eines offiziellen Camps an die Registrierung als Asylsuchender geknüpft, und hat sich die Bundesregierung für Ausnahmen in besonders prekären humanitären Lagen, wie dem Kälteeinbruch im Winter 2016/2017, stark gemacht bzw. wird sie das in zukünftigen Notlagen tun (falls nein, bitte begründen)? Die Nutzung der Unterkünfte ist nicht an eine solche Registrierung geknüpft. Die Bundesregierung setzt sich – auch künftig – für eine angemessene Unterbringung von Flüchtlingen und Migranten in Serbien ein. Zudem hat die Bundesregierung ab Herbst 2016 zusätzliche humanitäre Maßnahmen zur Winterhilfe gefördert, Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 11 – Drucksache 18/12671 wie etwa die Verteilung von Winterkleidung und warmen Mahlzeiten sowie die Winterfestmachung von sanitären Anlagen für ungefähr 1.800 Flüchtlinge und Migranten durch die Hilfsorganisation „Care“. 26. Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung aus der von Oxfam benannten Problematik, dass insbesondere im Winter 2016/2017 Geflüchtete aus Angst, nach Mazedonien und Bulgarien zurückgeschoben zu werden, die offiziellen Flüchtlingslager mieden (www.oxfam.org/sites/www.oxfam.org/ files/file_attachments/bp-dangerous-game-pushback-migrants-refugees-060 417-en_0.pdf)? Die Bundesregierung setzt sich auch weiterhin im Gespräch mit serbischen Behörden dafür ein, dass Flüchtlinge und Migranten in Serbien umfassend über ihre Rechte informiert werden und Zugang zum Asylsystem haben. 27. Welche Kenntnis hat die Bundesregierung über die Anzahl der von Serbien in genannte Länder zurückgeschobenen (Push-Back) Geflüchteten, und hält die Bundesregierung die vom Helsinki-Komitee benannte Zahl von 1 411 für realistisch (www.oxfam.org/sites/www.oxfam.org/files/file_attachments/bpdangerous -game-pushback-migrants-refugees-060417-en_0.pdf)? UNHCR berichtet über „Push backs“ aus Serbien und auch Nichtregierungsorganisationen sind bemüht, solche Fälle zu dokumentieren; gleichwohl liegen keine offiziellen Zahlen dazu vor. 28. Stellen nach Ansicht der Bundesregierung die im Oxfam-Bericht geschilderten Zurückschiebungen durch Serbien nach Bulgarien und Mazedonien (www.oxfam.org/sites/www.oxfam.org/files/file_attachments/bp-dangerousgame -pushback-migrants-refugees-060417-en_0.pdf) Fälle einer nach der EMRK verbotenen Push-Back-Praxis dar, und welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung hieraus? Der zitierte Bericht von Oxfam ist der Bundesregierung bekannt; zu den dort beschriebenen Fällen hat sie keine eigenen Erkenntnisse. Artikel 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) verbietet die Ab- oder Zurückschiebung in ein Land, wo dem Betroffenen Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe drohen würde, oder in ein Land, von wo ihm die Weiterschiebung in ein solches Land drohen würde (Kettenabschiebung). 29. Hält die Bundesregierung die vom Helsinki-Komitee in Bulgarien gegenüber Oxfam angegebene Zahl von 1 411 Push-Backs aus Serbien für glaubwürdig (www.oxfam.org/sites/www.oxfam.org/files/file_attachments/bp-dangerousgame -pushback-migrants-refugees-060417-en_0.pdf)? Auf die Antwort zu Frage 28 wird verwiesen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/12671 – 12 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode IV. Ungarn 30. Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus dem am 7. März vom ungarischen Parlament verabschiedeten Gesetzentwurf, der nach Angaben des UNHCR in der Praxis die ausnahmslose Inhaftierung von Schutzsuchenden , unter ihnen auch Kinder und Jugendliche, in von Stacheldraht umzäunten Schiffscontainern in Ungarn festschreibt, in Hinsicht auf Dublin- Überstellungen nach Ungarn (www.unog.ch/unog/website/news_media.nsf, (httpBriefingsLatest_en)/C0F821901B21C163C12580DC003A365A?Open Document)? a) Stellt die Inhaftierung von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen, wie im oben genannten Gesetz vorgesehen, nach Ansicht der Bundesregierung einen Verstoß gegen die UN-Kinderrechtskonvention dar? Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung daraus? Die Fragen 30 und 30a werden zusammenfasst beantwortet. Flüchtlingskinder stehen sowohl unter dem Schutz der Genfer Flüchtlingskonvention vom 28. Juli 1951 als auch des Übereinkommens über die Rechte der Kinder vom 20. November 1989 (Kinderrechtskonvention KRK) der Vereinten Nationen. Artikel 22 Absatz 1 KRK verpflichtet Vertragsstaaten, minderjährigen Flüchtlingen – ungeachtet ihres Status – „angemessenen Schutz und humanitäre Hilfe“ zu leisten. Das Kindeswohl ist gemäß Artikel 3 KRK bei allen Kindern betreffenden Maßnahmen ein Gesichtspunkt, der vorrangig zu berücksichtigen ist. Die KRK schließt dennoch gemäß Artikel 37 freiheitsentziehende Maßnahmen gegen Kinder nicht grundsätzlich aus, wobei ein solcher Freiheitsentzug nur unter sehr engen Voraussetzungen erfolgen darf. Vorgenannte Garantien sind durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen. Die EU und ihre Mitgliedstaaten sind bei der Durchsetzung Europäischen Rechts an die Charta der Grundrechte sowie die in den o. g. internationalen Normen verankerten Rechte des Kindes gebunden. Gleiches gilt mit Blick auf Artikel 6 Absatz 1 der für die Überstellung von Flüchtlingen maßgeblichen EU-Verordnung 604/2013 EU (Dublin-III-Verordnung), wonach das Wohl des Kindes in allen Verfahren gemäß der Verordnung eine vorrangige Erwägung der Mitgliedstaaten ist. Als Hüterin der Verträge ist die Europäische Kommission für die Überwachung der Einhaltung von EU-Recht und eventuelle Vertragsverletzungsverfahren zuständig . Am 17. Mai 2017 hat die Europäische Kommission beschlossen, das im Dezember 2015 eingeleitete asylrechtsbezogene Vertragsverletzungsverfahren gegen Ungarn voranzutreiben, und Ungarn ein entsprechendes ergänzendes Aufforderungsschreiben übermittelt (http://europa.eu/rapid/press-release_IP-17-1285_de. htm). Die Europäische Kommission ist dabei der Auffassung, dass die ungarischen Rechtsvorschriften gegen das EU-Recht verstoßen habe, insbesondere gegen die Richtlinie 2013/32/EU über Asylverfahren, die Richtlinie 2008/115/EG über Rückführungen, die Richtlinie 2013/33/EU über Aufnahmebedingungen und gegen mehrere Bestimmungen der EU-Grundrechtecharta. Inwiefern sich aus dem Aufforderungsschreiben der Europäischen Kommission vom 17. Mai 2017 eine neue Sachlage für die Prüf- und Überstellungspraxis des BAMF in Bezug auf Dublin-Ersuchen und Überstellungen nach Ungarn ergibt, wird derzeit geprüft . Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 13 – Drucksache 18/12671 b) Wie lange ist die durchschnittliche Verweildauer in den Transitzonen nach Kenntnis der Bundesregierung (bitte nach allein reisenden Männern, Frauen, Kindern, Familien, unbegleiteten Jugendlichen aufschlüsseln)? Das Verfahren trat am 28. März 2017 in Kraft. Erkenntnisse zur durchschnittlichen Verweildauer lassen sich daher noch nicht ableiten. 31. Teilt die Bundesregierung die Feststellung des UNHCR vom 7. März 2017: „Mit diesem neuen Gesetz verstößt Ungarn sowohl gegen europäisches, als auch gegen internationales Recht ... Priorität sollten jene Maßnahmen haben, die keine Internierung vorsehen. Ansonsten besteht die Gefahr willkürlicher Internierung. Kinder sollten unter keinen Umständen interniert werden, denn Haft ist nie im Wohle des Kindes.“, und welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus dem Bericht, insbesondere auch bezüglich der benannten Inhaftierung von Kindern? Ungarn ist zur Einhaltung des internationalen und europäischen Rechts verpflichtet . Zusätzlich ist Ungarn als Vertragsstaat der Europäischen Menschenrechtskonvention zu ihrer Einhaltung und zur Berücksichtigung der entsprechenden Urteile des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte verpflichtet. Im Übrigen wird auf die Antwort zu den Fragen 30 und 30a verwiesen. 32. Trifft die von Pro Asyl getätigte Feststellung, dass nach Ungarn rücküberstellte Asylsuchende allenfalls die Möglichkeit hätten, dort einen Asylfolgeantrag zu betreiben und damit praktisch eine rechtliche Prüfung der ursprünglich angegebenen Asylgründe nicht möglich sei (www.proasyl.de/ pressemitteilung/ungarn-systematische-verletzung-der-menschenrechte-vonfluechtlingen /), nach Kenntnis der Bundesregierung immer noch zu? Seit 28. März 2017 besteht die bisherige Möglichkeit, innerhalb einer Frist von neun Monaten Rechtsmittel gegen die Einstellung des Verfahrens (zum Beispiel wegen Abwesenheit des Antragstellers) einzulegen, nicht mehr. Das bedeutet, dass die Asylantragsteller, deren Verfahren eingestellt wurde, nur noch einen Folgeantrag stellen können. 33. Inwiefern muss die Bundesregierung angesichts der aktuellen ungarischen Gesetzeslage ihre auf Bundestagsdrucksache 18/9338 zu Frage 5 getätigte Aussage: „Aus Deutschland rücküberstellte Personen müssen nicht damit rechnen in Abschiebungshafteinrichtungen untergebracht zu werden, da sie nicht unerlaubt über die EU-Außengrenze einreisen,“ revidieren, und welche Schlüsse zieht sie daraus? Nach neuer ungarischer Gesetzeslage erfolgt eine Unterbringung von aus Deutschland rücküberstellten Personen nicht in den Abschiebungshafteinrichtungen . Asylbewerber und damit auch Dublin-Rückkehrer aus den Mitgliedsstaaten verbleiben aber während einer Krisensituation (dieser Zustand wurde jüngst durch Ungarn bis September 2017 verlängert) mindestens bis zur rechtskräftigen Entscheidung in einer Transitzone. Die Asylbewerber können diese allenfalls in Richtung Serbien verlassen. Zu den Schlüssen der Bundesregierung wird auf die Antwort zu Fragen 30 und 30a verwiesen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/12671 – 14 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 34. Welche Schlussfolgerungen und Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus den Vorwürfen von Amnesty international: „Ungarn bricht in vielerlei Hinsicht auf ungeheuerliche Weise mit internationalen Menschenrechten, mit Flüchtlingsgesetzen und EU-Regelungen zu Asylverfahren, Aufnahmebedingungen und den Dublin-Regelungen. Die ungarischen Behörden unterminieren jede Vereinbarung, die Rechte der Flüchtlinge und Migranten schützen, damit sie sicher und rechtmäßig in der EU ankommen können, mit Würde behandelt werden und einen faire und individuelle Möglichkeit haben, dass ihr Fall angehört wird“, und welche Kenntnisse hat die Bundesregierung zu diesen Vorwürfen (www.heise.de/tp/features/Amnesty- International-Ungarn-misshandelt-Fluechtlinge-3336749.html)? 35. Inwiefern liegen der Bundesregierung neue Erkenntnisse bezüglich Übergriffen und Misshandlungen von Geflüchteten durch ungarische Behörden vor, insbesondere auch vor dem Hintergrund des Berichts des UNHCR (www.unhcr.de/presse/nachrichten/artikel/e51de1e0249ee3329261ba05856 bb7d0/sorge-ueber-situation-fuer-schutzsuchende-in-ungarn-1.html)? 36. Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus dem Bericht der Organisation Oxfam, der schwere Übergriffe auf Flüchtlinge in Ungarn bestätigt (www.oxfam.de/system/files/balkan-bericht_a_dangerous_game_0.pdf)? Die Fragen 34 bis 36 werden zusammengefasst beantwortet. Der Bundesregierung sind die genannten Berichte bekannt. Inzwischen ist auch von ungarischen Regierungsstellen über Einzelfälle berichtet worden: Am Rande einer regelmäßigen Begehung der ungarischen Transitzone in Tompa (an der Grenze zu Serbien) Anfang April 2017 informierte der ungarische Innenminister Pintér über die Entlassung eines Polizisten, der Flüchtlinge misshandelt haben soll. Im Internetportal „index.hu“ informierte die Generalstaatsanwaltschaft am 10. März 2017 über 40 Anzeigen wegen Übergriffen von Polizeikräften an der Südgrenze im Zeitraum 1. September 2015 bis 8. März 2017. 40 Ermittlungen seien eingeleitet, 33 davon wegen Mangels an Beweisen eingestellt worden. In fünf Fällen liefen die Ermittlungen noch, in zwei Fällen seien Polizisten zu Geldstrafen verurteilt worden. Die Bundesregierung erwartet, dass Ungarn Berichten über mögliche Rechtsverletzungen , wie sie in den Berichten geschildert werden, nachgeht und sicherstellt, dass Asylsuchende entsprechend den internationalen Verpflichtungen Ungarns behandelt und ihre Rechte gewährleistet werden. 37. Wie viele Männer, Frauen, Kinder und Jugendliche sind mittlerweile nach Kenntnis der Bundesregierung in Ungarn faktisch inhaftiert worden, und auf welche Weise wird die neue Gesetzgebung in Ungarn in die Praxis umgesetzt ? Mit Stand 7. Mai 2017 hielten sich nach Angeben der ungarischen Behörden in den Transitzonen insgesamt 267 Personen auf, davon 16 allein reisende Männer, sechs allein reisende Frauen, 15 unbegleitete Minderjährige zwischen 14 und 18 Jahren sowie Familien mit Kindern (230 Personen). Am 7. Mai 2017 befanden sich außerdem weitere 135 Personen in Asylhaftanstalten . Angaben zu Geschlecht und Alter liegen der Bundesregierung nicht vor. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 15 – Drucksache 18/12671 38. Trifft es nach Kenntnis der Bundesregierung zu, dass auch Flüchtlingsfamilien mit Kindern unter 14 Jahren nach der neuen Gesetzgebung in Ungarn inhaftiert werden (falls ja, bitte Zahlen angeben)? Alle Asylantragsteller außer unbegleitete Minderjährige unter 14 Jahren werden in den Transitzentren untergebracht, darunter auch Flüchtlingsfamilien mit Kindern unter 14 Jahren. Zu den Zahlen wird auf die Antwort auf Frage 37 verwiesen . 39. Inwiefern führen die mazedonischen Behörden nach Kenntnis der Bundesregierung eine Statistik über Todesursachen von Flüchtlingen, und falls ja, was beinhaltet diese? Auf die Antwort zu Frage 14 wird verwiesen. 40. Hat die Bundesregierung Kenntnis über die Zahl der in Ungarn ab 1. Januar 2016 verstorbenen Geflüchteten (bitte nach Monaten aufschlüsseln)? Die Bundesregierung liegen hierzu keine Erkenntnisse vor. 41. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung zu Übergriffen auf Geflüchtete durch ungarische Sicherheitskräfte? Auf die Antwort zu den Fragen 34 bis 36 wird verwiesen. 42. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die Zahl obdachloser Geflüchteter in Ungarn? Nach Informationen von UNHCR sind Fälle bekannt, in denen Personen mit Flüchtlingsstatus ohne festen Wohnsitz in Unterkünften für Wohnungslose oder in karitativen Einrichtungen unterkommen. Hierzu liegt der Bundesregierung jedoch keine Statistik vor. 43. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die Zahl der obdachlosen Geflüchteten in Serbien und Mazedonien, Griechenland? Auf die Antworten zu den Fragen 8 und 20d wird verwiesen. Weitere Informationen liegen der Bundesregierung nicht vor. 44. Hat die Bundesregierung Kenntnis (auch nachrichtendienstliche) über die durchschnittlichen Preise für Schleusungen auf der Balkanroute und deren Preisentwicklung ab 2015? Inwiefern kann die Bundesregierung einen Zusammenhang zwischen Preisentwicklung und der Schließung der Balkanroute feststellen? Grundsätzlich variieren die Preise für Schleusungen entsprechend ihres Aufwands (Schleusungen auf dem Land- oder Luftweg, innerhalb oder von außerhalb Europas, unter Beschaffung oder Nutzung inkriminierter Dokumente etc.). Seit den Grenzschließungen mehrerer Staaten des westlichen Balkans hat sich der Aufwand, nach Westeuropa zu gelangen, deutlich erhöht, weshalb von einer entsprechenden Preisentwicklung auszugehen ist. Weiterführende Erkenntnisse liegen der Bundesregierung hierzu nicht vor. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/12671 – 16 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 45. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über im Winter 2016/2017 durch die winterlichen Verhältnisse und damit zusammenhängenden Gefahren (z. B. Brände, Kohlenmonoxidvergiftungen, Infekte) verstorbene Geflüchtete auf der Balkanroute (bitte nach Ort, Zeitpunkt, und wenn möglich, auch Todesursache aufschlüsseln, vgl. www.unhcr.de/home/artikel/fc1fe052 cfd7e422f42661c23899ff86/eisige-temperaturen-gefaehrden-fluechtlingeund -migranten-1.html)? Der Bundesregierung liegen hierzu keine Erkenntnisse vor. 46. Welche Schlüsse zieht die Bundesregierung aus dem von Save the Children im März 2017 veröffentlichten Bericht, insbesondere der benannten Gefährdung von unbegleitet flüchtenden Kindern und Jugendlichen (www. savethechildren.net/sites/default/files/Out%20of%20Sight.pdf)? a) Wie viele unbegleitete Kinder und Jugendliche sind nach Kenntnis der Bundesregierung auf der Balkanroute unterwegs? Die Zahl unbegleiteter Minderjähriger in Griechenland liegt nach Angaben des Nationalen Zentrums für Soziale Solidarität (E.K.K.A.) vom 19. April 2017 bei geschätzt 2.000. Mitgezählt werden Minderjährige in Begleitung von Familienangehörigen , die nicht ihre Eltern sind, sowie mit Erwachsenen verheiratete Minderjährige . Die Zahl der illegalen Weiterreisen auf der sogenannten Westbalkanroute wird von den offiziellen Statistiken nicht erfasst. Im ersten Quartal 2017 haben nach Angaben der ungarischen Migrationsbehörde 63 unbegleitete Minderjährige Asyl in Ungarn beantragt. b) Sieht die Bundesregierung in der schleppenden Umverteilung innerhalb der EU und der Aussetzung des Familiennachzugs zu subsidiär Geschützten Faktoren, die dazu beitragen, dass Kinder und Jugendliche unter großem Risiko illegal über die Balkanroute reisen müssen (www. savethechildren.net/sites/default/files/Out%20of%20Sight.pdf; bitte ausführen )? Die Bundesregierung hat keine Erkenntnisse über die Zunahme von illegaler Migration aufgrund von Umverteilungsmaßnahmen oder der Aussetzung von Familiennachzug . Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333