Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie vom 1. Juni 2017 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 18/12675 18. Wahlperiode 07.06.2017 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Hubertus Zdebel, Caren Lay, Eva Bulling-Schröter, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 18/12348 – Brexit und die Auswirkungen auf den Urananreicherer URENCO V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Großbritannien ist sowohl als Eigentümer als auch als Kontrollinstanz im Rahmen der Verträge von Almelo, Washington, Cardiff und Paris an dem mehrstaatlichen Urananreicherungsunternehmen URENCO beteiligt und außerdem über die URENCO gemeinsam mit der französischen AREVA an der Enrichment Technology Company (ETC) beteiligt. Die URENCO stellt in entsprechenden Anlagen in Gronau (D), Almelo (NL), Capenhurst (UK) und Eunice (USA) angereichertes Uran für den Einsatz in kommerziellen Atomreaktoren her. Die Staaten Großbritannien und Niederlande sowie die deutschen Unternehmen E.on und RWE sind zu je einem Drittel Eigentümer der URENCO. Die Kontrolle über die URENCO, die technisch auch hochangereichertes waffenfähiges Uran herstellen könnte, wird über die genannten internationalen Verträge jeweils von den Almelo-Gründungstaaten Niederlande, Großbritannien und Deutschland sowie in den Folgeverträgen durch die USA und Frankreich durchgeführt. Auch die Europäische Atomgemeinschaft (EURATOM) ist für Kontrollen im Rahmen der Nicht-Verbreitung zuständig. Die ETC wiederum ist seit dem Jahr 2007 nicht mehr im alleinigen Besitz der URENCO, sondern zu jeweils 50 Prozent ein Gemeinschafts-Unternehmen mit der AREVA. Großbritannien will nunmehr aus der Europäischen Union (EU) aussteigen und hat nach Informationen der Fragesteller auch angekündigt, dass damit ein Austritt aus EURATOM verbunden sein soll. Mit dem Brexit und dem Ausstieg von Großbritannien aus EURATOM stellen sich damit erhebliche neue Anforderungen an eine neue rechtliche Gestaltung der URENCO und der bestehenden Kontrollsysteme über die URENCO. Dies ist auch vor dem Hintergrund von Bedeutung, dass unabhängig vom Brexit die Regierung von Großbritannien und die deutschen Anteilseigner E.on und RWE einen Verkauf ihrer Anteile an URENCO planen. Dazu hat die Fraktion DIE LINKE. in der Vergangenheit mehrfach Kleine Anfragen an die Bundesregierung gestellt. In der Ausschussdrucksache 18(16)554 hat das Referat PE3 der Verwaltung des Deutschen Bundestages jüngst den Umweltausschuss über die Auswirkungen Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/12675 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode des Brexit auf die Atom-, Klima- und Umweltpolitik informiert, ohne dabei allerdings auf die mit URENCO zusammenhängenden Probleme und Anforderungen einzugehen. 1. Ist sich die Bundesregierung der besonderen Problematik des Brexit mit Blick auf die mehrstaatliche URENCO mit britischer Beteiligung bewusst? Wenn ja, welche Fragestellungen sind dabei aus Sicht der Bundesregierung besonders relevant? Wenn nein, warum nicht? Die Bundesregierung ist sich bewusst, dass die in dem Vereinigten Königreich registrierte URENCO vom Brexit betroffen sein wird. Es ist in diesem Zusammenhang allerdings hervorzuheben, dass der für die nichtverbreitungspolitische Absicherung und Zusammenarbeit zwischen den sogenannten Troika-Staaten Niederlande, Vereinigtes Königreich und Deutschland maßgebliche Vertrag von Almelo im Jahr 1970 in Kraft getreten ist. Die völkerrechtliche Grundlage der URENCO bestand mithin schon vor dem im Jahr 1973 erfolgten EG-Beitritt seitens des Vereinigten Königreichs. Nach Auffassung der Bundesregierung ist der Vertragsinhalt auch nicht durch späteres Unionsrecht überlagert worden. Da die im Vertrag geregelte Materie von der Europäischen Union nicht anderweitig geregelt wurde, blieb er weiterhin gültig. Der bewährte Rahmen des Vertrags von Almelo bleibt aus Sicht der Bundesregierung somit unabhängig vom Brexit bestehen und wird die politische Struktur der URENCO weiter bestimmen. Unabhängig davon wird es im Rahmen des Brexit Aufgabe der Regierung des Vereinigten Königreichs sein, ihre nationalen Behörden insbesondere in dem Bereich der nuklearen Verifikation zu stärken, um die diesbezügliche Zusammenarbeit der URENCO im Vereinigten Königreich mit der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEO) weiterhin reibungslos zu gewährleisten. Etwaige weitere rechtliche und praktische Konsequenzen werden derzeit seitens der Regierung des Vereinigten Königreichs evaluiert. 2. Hat es seit dem Brexit-Beschluss Großbritanniens zwischen den beteiligten Kontroll-Staaten sowie zwischen den Anteilseignern der URENCO Kontakte und Gespräche gegeben, um die Anforderungen an die erforderliche Neuordnung der URENCO als Unternehmen und im Rahmen der mehrstaatlichen Kontrolle zu definieren? Wenn nein, warum nicht, und wann soll das erfolgen? Wenn ja, wann, und was wurde inhaltlich und als Fahrplan vereinbart, um die Neuordnung der URENCO und der Kontrolle über sie zu strukturieren? Die Troika-Staaten haben sich zu dem Thema Brexit routinemäßig zuletzt bei dem Treffen des URENCO-Regierungsausschusses unter Vorsitz der Niederlande Mitte Mai 2017 ausgetauscht. Verhandlungen dieses Ausschusses sind streng vertraulich. Dazu hat die Bundesregierung sich gegenüber den anderen beiden Regierungen der Niederlande und des Vereinigten Königreichs verpflichtet. 3. Welche Auswirkungen auf den geplanten Verkauf der URENCO hat der Brexit aus Sicht der Bundesregierung in praktischer und zeitlicher Sicht? Auswirkungen des Brexit auf etwaige Verkaufsabsichten der Anteilseigner sind der Bundesregierung nicht bekannt. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/12675 4. Gibt es nach Kenntnis der Bundesregierung Überlegungen, den britischen Teil der URENCO aus dem bisherigen Unternehmen abzutrennen und als britische Unternehmung eigenständig zu betreiben? Wenn ja, wie sehen diese in den Eckdaten aus? Der Bundesregierung liegen darüber keine Erkenntnisse vor. 5. Trifft es nach Kenntnis der Bundesregierung zu, dass die britische URENCO-Anreicherungsanlage in Capenhurst nach einem Brexit und dem britischen Austritt aus der EURATOM künftig nicht mehr mit Uran versorgt werden könnte, ohne dass dazu neue Verträge zwischen Großbritannien und der EURATOM/EU bzw. der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEO) und anderen Staaten geschlossen werden müssten? Wenn ja, wie genau ist die Problemlage? Wenn nein, was trifft dann zu? Maßgeblich für die Versorgung mit Kernbrennstoffen ist innerhalb der EU gemäß EURATOM-Vertrag die Versorgungsagentur. Welche Konsequenzen der Brexit für die Vertretung und Stellung seitens des Vereinigten Königreichs in der Versorgungsagentur hat, ist rechtlich und tatsächlich noch nicht in vollem Umfang absehbar. 6. Welche rechtlichen und praktischen Folgen hat aus Sicht der Bundesregierung der Brexit und der EURATOM-Austritt für den Umgang (Beschaffung, Verarbeitung, Transport) von Kernbrennstoffen zwischen den zu URENCO gehörenden Anlagen in den drei Staaten Niederlande, Großbritannien und Deutschland sowie in den USA? Auf die Antwort zu Frage 5 wird verwiesen. 7. Welche grundsätzlichen Auswirkungen auf eine Neuordnung wird der Brexit und der Austritt aus der EURATOM jeweils mit Blick auf die Verträge von Almelo, Washington, Cardiff und Paris haben, die die Aufsicht über die URENCO haben? Die in der Frage zitierten Verträge bleiben von einem Brexit unberührt. Auf die Antwort zu Frage 1 wird verwiesen. 8. Ist nach Einschätzung oder Kenntnis der Bundesregierung davon auszugehen , dass die Verträge von Almelo, Cardiff, Washington und Paris neu gefasst werden müssen, und welche Regelungen insbesondere wären davon betroffen ? Wenn nein, warum wird das nicht der Fall sein? Auf die Antwort zu Frage 7 wird verwiesen. 9. Welche Auswirkungen wird der Brexit und der Austritt aus der EURATOM mit Blick auf die Safeguards auf die britischen Teile von URENCO haben, und welche Auswirkungen hätte dies auch für die Urananreicherungsanlagen in den anderen (weiterhin EU-Mitglied-)Staaten? Die Auswirkungen des geplanten Brexit auf die praktische Kernmaterialüberwachung (Safeguards) im Vereinigten Königreich werden derzeit von der britischen Regierung geprüft und mit Euratom beraten. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/12675 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 10. Sieht die Bundesregierung Möglichkeiten, die anstehende Neuordnung der URENCO und des Kontrollregimes dahingehend zu nutzen, die endgültige Stilllegung der Urananreicherungsanlage in Gronau zu befördern und diese damit endlich in den Atomausstieg der Bundesrepublik Deutschland einzubeziehen ? Wenn ja, in welcher Weise könnte das der Fall sein? Wenn nein, warum nicht? Der Bundesregierung liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass eine Neuordnung der Maßnahmen zu Kernmaterialüberwachung und Verifikation im Vereinigten Königreich aufgrund des geplanten Austritts aus Euratom Auswirkungen auf den Betrieb der URENCO Deutschland GmbH in Gronau hätte. Auf die Antworten zu den Fragen 1 und 7 wird verwiesen. 11. Wird die Bundesregierung im Zusammenhang mit den Brexit-Verhandlungen und den damit in Verbindung stehenden Neuregelungen auch bei der EURATOM die Möglichkeiten dazu nutzen, den bisherigen Atomfördercharakter der EURATOM endlich abzuschaffen und sich in den dabei beteiligten Gremien der EU dafür einsetzen, dass die EURATOM künftig nicht mehr den Ausbau der Atomenergie, sondern lediglich noch die Sicherheit der in Betrieb befindlichen Atomanlagen bis zu deren schnellst möglicher Stilllegung begleitet? Wenn nein, warum nicht? Wenn ja, wie wird sich die Bundesregierung für die Abschaffung des bisherigen Fördercharakters einsetzen? Die Bundesregierung geht nicht davon aus, dass es diesbezüglich beim Euratom- Vertrag aufgrund des Brexit zu Neuregelungsbedarf kommt. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333