Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums des Innern vom 12. Juni 2017 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 18/12724 18. Wahlperiode 14.06.2017 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Martina Renner, Ulla Jelpke, Petra Pau und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 18/12532 – Ermittlungen zum so genannten Lasermann als mögliche Blaupause für den Nationalsozialistischen Untergrund (NSU) V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Im Zuge der Ermittlungen nach der Selbstenttarnung des „Nationalsozialistischen Untergrunds“ (NSU) am 4. November 2011 übermittelte das Bundesamt für Verfassungsschutz den Ermittlungsbehörden und dem 1. Parlamentarischen Untersuchungsausschuss zum NSU u. a. Informationen über den so genannten Laserman, den deutsch-schwedischen Staatsbürger John W. A. Ausonius, der im Zeitraum von August 1991 bis Januar 1992 in Stockholm und Uppsala (Schweden) zehn rassistische Mordanschläge auf insgesamt elf Migranten verübte . Eines der Opfer starb, alle weiteren wurden zum Teil schwer verletzt. John Ausonius benutzte für seine Mordanschläge ein Gewehr mit Laservorrichtung – das führte auch dazu, dass er in der schwedischen Öffentlichkeit als „Laser Man“ bezeichnet wurde – und einen Revolver. Seinen Lebensunterhalt finanzierte er u. a. durch 18 Banküberfälle (vgl. Bundestagsdrucksache 17/14600, S. 163). Zur Tatbegehung bei den Banküberfällen benutzte er zumeist ein Fahrrad ; zu seinen Mordanschlägen fuhr er oft mit Mietfahrzeugen (vgl. Gellert Tamas „Der Lasermann“, Vom Eliteschüler zum Serientäter, 2007, Militzke Verlag, Leipzig). John Ausonius hielt sich bis zu seiner Festnahme im Juni 1992 mehrfach in Deutschland auf. Er bekannte sich erst im Jahr 2000 zu seiner Täterschaft ; seine rassistische Mordanschlagsserie wurde jedoch schon im Tatzeitpunkt von Neonazis international wahrgenommen und im so genannten Field Manual der Blood&Honour-Bewegung als Vorbild gefeiert. Im Januar 2012 stellte das Bundesamt für Verfassungsschutz fest: „Es besteht die Möglichkeit, dass die Jenaer Rechtsextremisten durch die im Jahr 2000 veröffentlichte Publikation ,Field Manual‘ Kenntnis von den durch Ausonius verübten Anschlägen auf Ausländer erhalten haben und dessen Vorgehensweise als ,Blaupause‘ für die Taten des ,Trios‘ diente. Zudem bestanden zwischen der deutschen und skandinavischen ,Blood&Honour‘-Bewegung insbesondere Ende der 1990er Jahre und zu Beginn des neuen Jahrtausends Kontakte, durch die das ,Trio‘ möglicherweise über die Vorgehensweise und Taten des Ausonius informiert war“ (vgl. Bundestagsdrucksache 17/14600, S. 164, S. 855). Die schwedische Neonaziterrorgruppe „Weißer Arischer Widerstand“ (WAW) druckte ein Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/12724 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode T-Shirt mit der Aufschrift „Der Lasermann – ein Lichtblick im Dasein“ und schrieb in ihrer Zeitschrift bewundernd über den Lasermann: „Sein Name und sein Symbol, der rote Laserpunkt, verbreiten Angst und Schrecken in der Rassemischgesellschaft und bei den dafür Verantwortlichen. Ist er ein Vorkämpfer eines totalen Rassenkrieges oder ist er ein einsamer Rächer (…)?“ (vgl. Gellert Tamas, Der Lasermann, S. 264). Mitglieder des WAW hatten intensive Kontakte zu deutschen Neonazis, u. a. zu Blood&Honour-Aktivisten (vgl. Drahtzieher im Braunen Netz: Der Wiederaufbau der NSDAP, Ein Handbuch des antifaschistischen Autorenkollektivs, ID Archiv (Hg.), 1992). Laut Gellert Tamas „Der Lasermann“ hielt sich John Ausonius bis zu seiner Festnahme im Juni 1992 mehrfach in Deutschland auf und nutzte dabei auch einen deutschen Reisepass auf den Namen Manfred Tilo Ulbrich, der am 17. Februar 1992 in Dresden ausgestellt worden sei. Gellert, der ausführliche Interviews mit John Ausonius in der Haft geführt hat, schreibt u. a. „Ab Herbst 1989 pendelt John zwischen Deutschland und Schweden“ (vgl. Der Lasermann, S. 246). Zwischenzeitlich wurde John Ausonius nach Deutschland ausgeliefert und Anklage gegen ihn wegen des Mordes an der damals 68-jährigen Blanka Z. – eine Garderobenfrau jüdischer Herkunft – am 23. Februar 1992 in Frankfurt am Main (www.welt.de/vermischtes/article160338546/Schweden-liefert-Lasermann-nach- Deutschland-aus.html, www.fr.de/rhein-main/kriminalitaet/auslieferung-nachfrankfurt -lasermann-kommt-vor-gericht-a-1275099) erhoben. 1. Haben das Bundeskriminalamt (BKA) oder eine andere Bundesbehörde nach Kenntnis der Bundesregierung aufgrund der Analyse des Bundesamtes für Verfassungsschutz vom Januar 2012 von John Ausonius als möglicher „Blaupause“ für den NSU (vgl. Bundestagsdrucksache 17/14600, S. 164, S. 855) inzwischen die Aufenthaltsorte von John Ausonius in Deutschland ermittelt (wenn ja, bitte unter Angabe von Daten, Orten, möglichen Kontakten zu Aktivisten der extremen Rechten in Deutschland aufschlüsseln)? 2. Hat die Bundesregierung Kenntnis darüber, ob die Personen in Dresden, die John Ausonius während seiner Aufenthalte in Deutschland besuchte und die ihm falsche Ausweispapiere zur Verfügung gestellt haben sollen, insbesondere den Pass auf den Namen Manfred Tilo Ulbrich, der am 17. Februar 1992 in Dresden ausgestellt worden sein soll (vgl. Gellert Tamas, Der Lasermann), Kontakte zur extremen Rechten hatten bzw. Aktivisten in der extremen Rechten waren oder sind? 3. Hat die Bundesregierung Kenntnis darüber, ob die Personen in Dresden, die John Ausonius während seiner Aufenthalte in Deutschland besuchte und die ihm falsche Ausweispapiere auf den Namen Manfred Tilo Ulbrich zur Verfügung gestellt haben sollen (vgl. Gellert Tamas, Der Lasermann), vor und/oder seit Januar 2012 zeugenschaftlich vernommen wurden (wenn ja, bitte auflisten, wann, und durch welche Behörden)? 4. Hat die Bundesregierung Kenntnis darüber, ob gegen Kontaktpersonen von John Ausonius in Deutschland eigenständige Ermittlungsverfahren eingeleitet wurden? 5. Hat die Bundesregierung Kenntnis darüber, ob John Ausonius für seine Aufenthalte in Deutschland weitere falsche Ausweispapiere o. Ä. nutzte, und wenn ja, welche dies waren, und woher diese stammten? Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/12724 6. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über die von John Ausonius genutzten Aliaspersonalien wie beispielsweise „Manfred Tilo Ulbrich“, deren Verwendung oder etwaige Weitergabe an Dritte? Die Fragen 1 bis 6 werden aufgrund ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Die Inhalte dieser Fragen sind Gegenstand eines nicht abgeschlossenen Verfahrens der Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main. Die Bundesregierung äußert sich nicht zu den Einzelheiten dieses Verfahrens. Aus dem Rechtsstaats- und Gewaltenteilungsprinzip folgt das Gebot, laufende Verfahren nicht durch die Preisgabe einzelner Erkenntnisse zu gefährden, um so den staatlichen Rechtsdurchsetzungsanspruch durch die hierfür zuständigen Organe der Rechtspflege zu gewährleisten . Darüber hinaus nimmt die Bundesregierung zu Ländersachverhalten aufgrund der vom Grundgesetz vorgegebenen Kompetenzordnung keine Stellung. 7. Sind im Zuge der Ermittlungen zum Mord an Blanka Z. nach Kenntnis der Bundesregierung DNA-Spuren ausgewertet worden, und wenn ja, wann, und mit welchen Ergebnissen? 8. Wurden im Zuge der Ermittlungen zum Mord an Blanka Z. nach Kenntnis der Bundesregierung auch Computer, Datenträger, elektronische Kalender u. a. aufgefunden und ausgewertet (bitte auflisten, wann und wo was aufgefunden , und durch welche Behörde ausgewertet wurde)? Die Fragen 7 und 8 werden wegen ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Die beiden Fragen betreffen insgesamt Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main. Das Tötungsdelikt zum Nachteil von Blanka Z. am 23. Februar 1992 in Frankfurt am Main ist zwar auch Gegenstand eines Prüfvorgangs (sog. ARP-Vorgang) des Generalbundesanwalts. Die Bundesregierung nimmt jedoch zu Sachverhalten, die Gegenstand eines Ermittlungsverfahrens einer Landesstaatsanwaltschaft sind, aufgrund der vom Grundgesetz vorgegebenen Kompetenzordnung grundsätzlich keine Stellung. 9. Hat die Bundesregierung Kenntnis darüber, ob John Ausonius bei seinem Aufenthalt in Berlin im Februar 1992 (vgl. Gellert Tamas, Der Lasermann, S. 447) Kontakte zur extremen Rechten hatte bzw. Aktivisten in der extremen Rechten in Berlin traf (bitte einzeln auflisten, wann zu welchen Personen Kontakt bestand)? Der Bundesregierung liegen hierzu keine nachrichtendienstlichen Erkenntnisse vor. Im Übrigen wird auf die Antwort zu den Fragen 1 bis 6 verwiesen. 10. Hat die Bundesregierung Kenntnis darüber, ob deutsche Ermittlungsbehörden im Wege der Amtshilfe Kontakt zu schwedischen Sicherheits- und Strafverfolgungsbehörden vor und nach dem 4. November 2011 hatten in Bezug auf die Aufenthaltsorte und Kontaktpersonen des John Ausonius in Deutschland (wenn ja, bitte nach Daten und Behörden in Deutschland und Schweden aufschlüsseln)? Das Bundesamt für Verfassungsschutz hat im Februar 2012 eine Erkenntnisanfrage an eine schwedische Sicherheitsbehörde zu John Ausonius gerichtet. Diese Anfrage hat keine weiterführenden Erkenntnisse erbracht. Im Übrigen wird auf die Antwort zu den Fragen 1 bis 6 verwiesen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333