Deutscher Bundestag Drucksache 18/1276 18. Wahlperiode 30.04.2014 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Christian Kühn (Tübingen), Peter Meiwald, Annalena Baerbock, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 18/1146 – Polychlorierte Biphenyle in Baustoffen Vo r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Polychlorierte Biphenyle (PCB) sind giftige und krebserregende organische Chlorverbindungen. Im Baubereich wurden sie bis zu ihrem Verbot im Jahr 1989 u. a. als Weichmacher in Lacken, Dichtungsmassen, Isoliermitteln und Kunststoffen verwendet. Polychlorierte Biphenyle zählen inzwischen zu den zwölf als „dreckiges Dutzend“ bekannten organischen Giftstoffen, welche durch die Stockholmer Konvention vom 22. Mai 2001 weltweit verboten wurden. Da sich PCB nicht auf natürlichem Wege abbauen, sind sie mittlerweile auch in der Muttermilch nachweisbar. Auch in fettreichen Lebensmitteln, wie Eiern, Fischen, Fleisch oder Milchprodukten, werden dioxinähnliche PCB immer wieder nachgewiesen. In den 60er- und 70er-Jahren wurden in Deutschland allein in Fugendichtungsmassen ca. 20 000 Tonnen PCB verbaut. Die Ausgasung in betroffenen Gebäuden führt zu massiv erhöhten PCB-Konzentrationen in der Raumluft. Ein Beispiel ist das Uni-Center Köln. Rund 40 Prozent der 954 Wohnungen müssen saniert werden. Die Kosten belaufen sich auf rund 30 Mio. Euro (www.ksta.de vom 22. Dezember 2013 „Streit über Sanierungskosten“ sowie ARD-Mittagsmagazin vom 25. März 2013 „Gefahr für die Gesundheit durch PCB“). Bisher gibt es in Deutschland keine Inventarisierungs- und Beseitigungspflicht für PCB in Anwendungsbereichen wie Fugen oder Anstrichen. Es fehlt auch ein Leitfaden zur Entsorgung. 1. Welche Kenntnis hat die Bundesregierung über eine PCB-Belastung in öffentlichen Gebäuden? Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit vom 25. April 2014 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Hierzu wird auf die Antwort der Bundesregierung zu den Fragen 1 bis 4 der Kleinen Anfrage der Fraktion DIE LINKE. auf Bundestagsdrucksache 18/293 verwiesen. Drucksache 18/1276 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 2. Welche Kenntnis hat die Bundesregierung über die PCB-Belastung in bundeseigenen Liegenschaften? 3. Hat die Bundesregierung eine Inventarisierung betroffener Bundesgebäude durchführen lassen (wenn ja, bitte genaue Auflistung)? Wenn nein, warum nicht? Die Fragen 2 und 3 werden gemeinsam beantwortet. Hierzu wird auf die Antwort der Bundesregierung zu den Fragen 5 und 6 der Kleinen Anfrage der Fraktion DIE LINKE. auf Bundestagsdrucksache 18/293 verwiesen. 4. Plant die Bundesregierung eine Inventarisierungs- und Beseitigungspflicht für PCB? Wenn nein, warum nicht? Hierzu wird auf die Antwort der Bundesregierung zu den Fragen 8 und 9 der Kleinen Anfrage der Fraktion DIE LINKE. auf Bundestagsdrucksache 18/293 verwiesen. 5. Arbeitet die Bundesregierung an einem Entsorgungsfahrplan für PCBbelastete Baustoffe? Nein. 6. Welche Maßnahmen empfiehlt die Bundesregierung, wenn eine erhöhte PCB-Belastung der Raumluft festgestellt wurde? Raumluftuntersuchungen werden nach den im Jahr 2007 aktualisierten Vorgaben der Innenraumlufthygiene-Kommission (IRK) und der Ad-hoc-Arbeitsgruppe Innenraumrichtwerte am Umweltbundesamt beurteilt. Danach gilt eine Konzentration an PCB von 3 000 ng/m3 als Eingreifwert, bei dessen Überschreiten eine Sanierung erfolgen soll. Ziel der Sanierung ist das Erreichen oder Unterschreiten einer Raumluftkonzentration von 300 ng/m3. Dies gilt bei Vorkommen vor allem von niederchlorierten, nicht dioxinähnlichen PCB, wie es bei Verwendung von Dichtungsmassen der Fall ist. Bei Vorliegen eines höheren Anteils dioxinähnlicher PCB, wie das z. B. bei Brandschutzplatten und -anstrichen der Fall ist, empfiehlt die IRK einen Eingreifwert von 1 000 bis 1 500 ng/m3. Der Sanierungszielwert beträgt ebenfalls 300 ng/m3 Raumluft. Bei Überschreiten des Eingreifwerts soll eine umfassende Sanierung gemäß PCB-Richtlinien des Bundes und der Länder durchgeführt werden. In der Regel bedeutet dies eine vollständige Entfernung und sachgerechte Entsorgung aller PCB-Quellen im Gebäude. 7. Inwiefern plant die Bundesregierung einen Fonds einzurichten, an dem auch die Hersteller von PCB an den Kosten der Entsorgung beteiligt werden (Verursacherprinzip)? Wenn zum Zeitpunkt der Herstellung PCB-haltiger Produkte gegen geltendes Recht verstoßen wurde, ist das Verursacherprinzip anzuwenden. Der Eigentümer hat dafür Sorge zu tragen, dass eine Gefährdung von Mensch und Umwelt ausgeschlossen ist. Als Zustandsverantwortlicher hat der jeweilige Eigentümer PCB-haltige Baustellenabfälle wie etwa PCB-haltige Dichtungs- Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/1276 massen vor dem Abbruch zu trennen und einer separaten Entsorgung zuzuführen . Deshalb sieht die Bundesregierung keine Notwendigkeit für einen Fonds. 8. Welche Maßnahmen ergreift die Bundesregierung für eine umweltgerechte Beseitigung von PCB in Baustoffen? Hierzu wird auf die Antwort der Bundesregierung zu Frage 17 der Kleinen Anfrage der Fraktion DIE LINKE. auf Bundestagsdrucksache 18/293 verwiesen . 9. Sind der Bundesregierung Untersuchungen betreffend Abbauprodukten von PCB-Ersatzstoffen, wie beispielsweise Chlorparaffinen, in Baustoffen bekannt? a) Wenn ja, welche genau? b) Wenn nein, warum nicht? Nein, Untersuchungen betreffend Abbauprodukten von PCB-Ersatzstoffen in Baustoffen sind nicht umfänglich bekannt, weil PCB je nach spezifischer Verwendung in Baustoffen durch zahlreiche andere Materialien, andere Produkte und andere Verfahren ersetzt wurden. Das Umweltbundesamt lehnt die Verwendung von mittelkettigen Chlorparaffinen aufgrund ihrer (öko-)toxischen Eigenschaften und der Verbreitung in der Umwelt als Ersatzstoff ab. Für mittelkettige Chlorparaffine sind wegen ihrer persistenten und akkumulierenden Eigenschaften Maßnahmen nach der EUChemikalienverordnung REACH in Vorbereitung. Außerdem setzt sich das Umweltbundesamt dafür ein, dass neben den kurzkettigen auch die mittelkettigen Chlorparaffine im Rahmen des Stockholmer Übereinkommens weltweit verboten werden. Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co., Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlagsgesellschaft mbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333