Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums des Innern vom 21. Juni 2017 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 18/12857 18. Wahlperiode 22.06.2017 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Frank Tempel, Susanna Karawanskij, Matthias W. Birkwald, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 18/12699 – Kürzung des erdienten Ruhegehalts für Bundesbeamtinnen und Bundesbeamte mit Vordienstzeiten aus der Deutschen Demokratischen Republik V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Eine Vielzahl von Beamtinnen und Beamten, die aus dem Grenzschutz der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) der de Maizière-Regierung in den Bundesdienst übernommen worden sind und § 30 des Bundesbesoldungsgesetzes (BBesG) unterfallen, unterliegen zusätzlich einer besonderen Kappung der Höchstgrenze beim Zusammentreffen von Rente und Beamtenversorgung, obwohl keine Überalimentation dieser Beamtinnen und Beamten mit gemischter Erwerbsbiographie besteht. Nach § 55 Absatz 2 des Gesetzes über die Versorgung der Beamten und Richter des Bundes (BeamtVG) und § 2 Nummer 8 Satz 2 der Verordnung über beamtenversorgungsrechtliche Übergangsregelungen nach Herstellung der Einheit Deutschlands (BeamtVÜV) ist bei der Bestimmung der Höchstgrenze der maximalen Gesamtaltersbezüge für Ruhestandsbeamtinnen und Ruhestandsbeamte , sofern darin Versorgungsbezüge enthalten sind, nicht mehr die fiktive Versorgung anzusetzen, die sie mit dem entsprechenden Endruhegehalt erhalten würden, wenn sie ihr Leben lang gearbeitet hätten. Stattdessen wird die fiktive Versorgung angesetzt, die Beamtinnen und Beamte mit dem entsprechenden Endruhegehalt nach einer Dienstzeit ohne Berücksichtigung der nach § 30 BBesG inkriminierten Zeiten erreichen konnten. Auf diese Weise reduzieren sich die Gesamtaltersbezüge der betroffenen Beamtinnen und Beamten erheblich. Hätten sie als Angestellte in dieser Zeit gearbeitet , hätten sie einen deutlich höheren Zuwachs an ihren Gesamtaltersbezügen erhalten als nach Ernennung in ein Bundesbeamtenverhältnis. In vielen Fällen führt dies dazu, dass nur ein Fünftel der erdienten Versorgung aus der Zeit nach der Wiedervereinigung ausgezahlt wird. § 12a BeamtVG und § 2 Nummer 7 BeamtVÜV verhindern jedoch bereits eine Honorierung der inkriminierten Zeiten nach § 30 BBesG für die Versorgung. Die Kappung der Höchstgrenze ist für die Verhinderung der Honorierung daher nicht erforderlich. Der Verweis auf die Rente ist dem Dienstherrn zur Erfüllung seiner Versorgungspflicht nur gestattet, sofern auf diesem Wege eine Überalimentation verhindert oder die doppelte Versorgung ausgeschlossen wird. Eine Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/12857 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Überalimentation ist in den Fällen der Anwendung von § 12a BeamtVG und § 2 Nummer 7 BeamtVÜV jedoch regelmäßig ausgeschlossen. Die Kappung der Höchstgrenze im Sinne von § 55 Absatz 2 BeamtVG und von § 2 Nummer 8 Satz 2 BeamtVÜV stellt damit nicht nur eine Nichtanerkennung der inkriminierten Vordienstzeiten dar, sondern eine materielle Kürzung der sachlich durch tadellosen Dienst erreichten Versorgung der Beamtinnen und Beamten der Zeit nach der Wiedervereinigung, ohne dass dadurch eine Überversorgung beseitigt würde. Im Unterschied zu diesen Bundesbeamtinnen und Bundesbeamten wird bei den Beamtinnen und Beamten der Freistaaten Thüringen und Sachsen, die § 30 BBesG unterfallen, auf die zusätzliche Kappung der Höchstgrenze verzichtet. V o r b e me r k u n g d e r B u n d e s r e g i e r u n g Die in der Kleinen Anfrage als „inkriminierte Zeiten“ bezeichneten Dienstzeiten beim Grenzschutz der Deutschen Demokratischen Republik – DDR („de Maizière- Regierung“) unterfallen nicht den einschlägigen Vorschriften. Diese betreffen ausschließlich Dienstzeiten bei den von der SED-Regierung gebildeten Grenztruppen der DDR. Daher wird die Kleine Anfrage dahingehend ausgelegt, dass sich die Fragesteller auf die Grenztruppen der DDR beziehen. Die 1961 eingerichteten Grenztruppen der DDR waren Träger der Sicherung und Überwachung der Staatsgrenze der DDR und dem Ministerium für nationale Verteidigung unterstellt. Sie hatten u. a. als rechtswidrig angesehene Ausreisen von DDR-Bürgern zu verhindern. An den Grenzübergangsstellen der DDR übernahm auch das Ministerium für Staatssicherheit (MfS) mit sog. Passkontrolleinheiten (PKE) frühzeitig Aufgaben im grenzüberschreitenden Verkehr. Die Bediensteten der PKE waren Mitarbeiter des MfS und versahen ihren Dienst zur Tarnung in Uniformen der Grenztruppen. Mit der Übertragung der Aufgaben der PKE auf die Grenztruppen Ende 1989 wurde auch ein Großteil der MfS-Bediensteten der bisherigen PKE von den Grenztruppen übernommen. Im April 1990 entschied die nach den demokratischen Wahlen neu gebildete Regierung de Maizière, die Grenztruppen der DDR aufzulösen, einen Grenzschutz aufzubauen und diesen zum 1. Juli 1990 dem Innenministerium der DDR zu unterstellen . Nach dem Beitritt wurden die Bediensteten des Grenzschutzes, darunter auch Angehörige der PKE, von der heutigen Bundespolizei übernommen. Infolge des zumindest teilweise ungeordneten Übergangsprozesses sowie aufgrund fehlender Unterlagen war die Prüfung konkreter Menschenrechtsverletzungen und die Zugehörigkeit zum MfS vielfach nicht möglich (vgl. zum Ganzen insbesondere Gerhard Sälter, Grenzpolizisten [2009], Peter Joachim Lapp, Grenzregime der DDR 82013]). 1. Wie viele Beamtinnen und Beamte im Bundesdienst, die sich bereits im Ruhestand befinden, sind von einer Kappung der Höchstgrenze nach § 55 Absatz 2 Satz 1b BeamtVG und § 2 Nummer 8 Satz 2 BeamtVÜV betroffen (bitte nach zuständiger Behörde aufschlüsseln)? Nach der Anordnung zur Übertragung von Zuständigkeiten auf den Gebieten der Versorgung der Beamtinnen und Beamten und der Richterinnen und Richter des Bundes sowie des Versorgungsausgleichs vom 15. Dezember 2015 (BGBl I Seite 2358) sind die Service-Center Versorgung der Generalzolldirektion (Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Finanzen) für die Durchführung der Festsetzung und Regelung der Versorgungsbezüge für Angehörige der Bundespolizei Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/12857 zuständig. Dort wird im Versorgungsbereich die Software PVS (Personalverwaltungssystem ) eingesetzt, welche keine automatisierte Identifizierung von Versorgungsfällen ermöglicht, die über Zeiten nach § 12a des Gesetzes über die Versorgung der Beamten und Richter des Bundes (BeamtVG) verfügen und bei denen die Höchstgrenzenregelung nach § 55 Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe b Beamt VG zum Tragen kommt. Vielmehr müsste nach einer sehr groben automatisierten Vorauswahl der überwiegende Teil der Auswertung mittels händischer Durchsicht der Versorgungsakten erfolgen. Dies würde in hohem Umfang personelle Ressourcen binden, die einen unter der Berücksichtigung der übertragenen Aufgaben nicht leistbaren Aufwand verursachen. Daher kann keine Beantwortung im Rahmen dieser Kleinen Anfrage erfolgen. 2. Wie viele der von der Kappung der Höchstgrenze betroffenen Beamtinnen und Beamten werden demnächst in den Ruhestand gehen (bitte nach Jahren von 2017 bis 2025 aufschlüsseln)? Bis zum Jahr 2025 werden bei der Bundespolizei knapp 7 000 Beamtinnen und Beamten in den planmäßigen Ruhestand gehen. Es werden keine Statistiken geführt, welche Beamtinnen und Beamten von der Kappung der Höchstgrenze betroffen sein könnten. Daher kann wie bei Frage 1 eine Beantwortung im Rahmen dieser Kleinen Anfrage nicht erfolgen. 3. Wie hoch sind die voraussichtlichen Kosten für den Bund, falls beginnend ab 1. Januar 2018 in § 55 Absatz 2 Satz 1b BeamtVG der Zusatz „abzüglich von Zeiten nach § 12a“ und in § 2 Nummer 8 BeamtVÜV der Satz 2 gestrichen werden (bitte Kosten nach Jahren bis 2025 angeben)? Bei der Beantwortung wird davon ausgegangen, dass die Frage darauf abzielt, dass die Regelung des § 55 Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe b BeamtVG für alle ab 1. Januar 2018 in Ruhestand tretenden Beamte/Beamtinnen nicht mehr angewandt werden würde (ohne Rückwirkung für bereits im Ruhestand befindliche Betroffene). Es müssten für alle ab dem 1. Januar 2018 in den Ruhestand tretenden Beamtinnen und Beamte fiktive Berechnungen der Versorgungsbezüge, mit und ohne Berücksichtigung der Regelung des § 55 Absatz 2 Nummer 1b BeamtVG vorgenommen und bis 2025 unter Schätzung der renten- und versorgungsrechtlichen Entwicklungen entsprechende Differenzbeträge ermittelt werden. Dabei ist zu berücksichtigen , dass keine statistischen Erkenntnisse über die möglicherweise betroffenen künftigen Ruhestandsbeamten vorliegen und auch die renten- und versorgungsrechtliche Entwicklung bis zum Jahr 2025 nur geschätzt werden könnte. Eine Vielzahl von Personalakten müsste hinsichtlich der ruhegehaltfähigen Zeiten ausgewertet werden. Auch dies würde in unverhältnismäßigem Umfang personelle Ressourcen binden. Daher kann wie bei Frage 1 keine Beantwortung im Rahmen dieser Kleinen Anfrage erfolgen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/12857 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 4. Wie hoch sind die voraussichtlichen jährlichen Kosten, wenn diese Streichung im Sinne von Frage 3 rückwirkend für alle Ruhestandsbeamtinnen und Ruhestandsbeamte im Sinne von Frage 1 erfolgt? Hierzu müssten für alle zu Frage 1 zu ermittelnden Versorgungsempfänger bis zum Zeitpunkt ihres Eintritts/Versetzung in den Ruhestand rückwirkenden Berechnungen des Ruhegehaltes ohne Anwendung von § 55 Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe b BeamtVG erfolgen. Auch diese hypothetischen Berechnungen würden erheblichen zusätzlichen Aufwand verursachen, für den personelle Ressourcen nicht zur Verfügung stehen. Daher kann wie bei Frage 1 eine Beantwortung im Rahmen dieser Kleinen Anfrage nicht erfolgen. 5. Wie bewertet die Bundesregierung die Tatsache, dass die Kappung der Höchstgrenze keine Verhinderung der Honorierung von Zeiten beim DDR- Grenzschutz bewirkt, sondern vielmehr eine versorgungsrechtliche Schlechterstellung des in der Bundesrepublik Deutschland erdienten Ruhegehalts wegen dieser DDR-Grenzschutz-Zeiten darstellt? Die Regelung stellt nicht auf die individuelle Schuld, sondern allein auf die organisatorische Zugehörigkeit ab. Dazu wird festgelegt, dass bestimmte Zeiten im Verwaltungsdienst der DDR nicht zu berücksichtigen sind. Dies betrifft Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Verwaltung der DDR, die durch eine herausgehobene Nähe zum Herrschaftssystem der DDR und außerhalb des Rahmens einer rechtsstaatlichen Verwaltung tätig gewesen sind. Die §§ 55, 12a BeamtVG knüpfen an die Entscheidungen des Bundesbesoldungsgesetzes an. Dieser Bezug stellt insoweit den Gleichklang beider Rechtsbereiche sicher und schließt Wertungswidersprüche aus. 6. Bis wann beabsichtigt die Bundesregierung, diese nicht sachgerechte Wirkung der Kappung der Höchstgrenze abzuschaffen, so wie es die Freistaaten Thüringen im Jahr 2011 und Sachsen im Jahr 2013 bereits getan haben? Es besteht kein Anlass, die Rechtslage zu ändern, auch nicht soweit Thüringen und Sachsen andere Entscheidungen getroffen haben. In Thüringen und Sachsen dürfte die zugrunde liegende Sachlage eine andere gewesen sein, weil dort keine mit den Grenztruppen vergleichbare Behörden bestehen und vor allem die Übernahme ehemaliger Angehöriger der Volkspolizei der DDR in Rede stand. Das Bundesverfassungsgericht hat im Jahr 2001 zum Bundesbesoldungsrecht festgestellt, dass die Entscheidung des Gesetzgebers auf vernünftigen, nachvollziehbaren Gründen von hinreichendem Gewicht beruht. Bei Massenentscheidungen kann der Gesetzgeber generalisieren bzw. typisieren (Beschl. v. 4. April 2001 – 2 BvL 7/98, BVerfGE 103, 310). Im Jahr 2010 hat das Bundesverwaltungsgericht bestätigt, dass über die Regelung des § 55 Absatz 2 BeamtVG sichergestellt ist, dass die Gesamtversorgung des Beamten ausnahmslos zumindest das Niveau der beamtenrechtlichen Mindestversorgung erreicht und damit in jedem Falle dem Gebot der amtsangemessenen Versorgung nach Artikel 33 Absatz 5 des Grundgesetzes (GG) genügt (Beschl. v. 14.Juli 2010 – 2 B 109/09, ZBR 2011, 164). Die darauf basierende Verfassungsbeschwerde 2 BvR 1939/10 wurde vom Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 9. November 2011 (ohne Begründung) nicht zur Entscheidung angenommen . Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/12857 Der Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages hat im Jahr 2011 bei der Anrechnung von Dienstzeiten bei den DDR-Grenztruppen keinen Anlass gesehen, die Rechtslage im Bundesbereich zu ändern (Bundestagdrucksache 17/6250 Seite 14). Das Thüringer Oberverwaltungsgericht (OVG) hatte kürzlich den Fall eines früheren Polizeihauptkommissars beim Bundesgrenzschutz zu beurteilen, der von 1963 bis 1990 bei den Grenztruppen der DDR tätig war (Beschl. v. 21. Juni 2013 – 2 ZKO894/11, ThürVBl 2014, 272). Der Kläger wollte die Gewährung von Versorgungsbezügen unter Berücksichtigung seiner Dienstzeit bei den Grenztruppen der DDR bei der Ermittlung der Höchstgrenzen erreichen. Das OVG hat die Regelung umfassend geprüft und die Rechtmäßigkeit bestätigt. Der Antrag auf Zulassung der Berufung hatte daher keinen Erfolg. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333