Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung vom 6. Juli 2017 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 18/13084 18. Wahlperiode 10.07.2017 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Renate Künast, Nicole Maisch, Luise Amtsberg, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 18/12860 – Arbeitsbedingungen bei der Herstellung von Hochzeitskleidern in Asien V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Ein großer Teil der in Deutschland und Europa verkauften Brautkleider stammen aus asiatischer Produktion. Aufgrund der aufwendigen und feingliedrigen Herstellung von Brautkleidern sind in den Fabriken besonders häufig minderjährige Mädchen beschäftigt, die unter schwierigen Bedingungen arbeiten müssen (diese und die folgenden Angaben basieren auf im Rahmen der Dienstreise der Abgeordneten Renate Künast nach Myanmar vom 2. bis 5. Februar 2016 geführten Gesprächen). Eine der größten von 17 asiatischen Firmen für Brautkleider ist Wedtex Industrial Corporation. An den Standorten in Myanmar fertigen ca. 2 500 meist sehr junge Näherinnen aufwendige Kleider mit Spitzen, Perlen und Verzierungen an. Täglich entstehen hier ca. 30 Hochzeitskleider. Sie verlassen die Fabrik mit einem durchschnittlichen Wert von ca. 500 Euro und werden im europäischen Einzelhandel in der Regel für mehr als 3 000 Euro verkauft. Die Lage in der myanmarischen Brautkleiderfabrik, in der viele minderjährige Mädchen unter schwierigen Bedingungen arbeiten, ist vergleichbar mit vielen weiteren asiatischen Produktionsstandorten. Die wenigen Verbesserungen, die es in Brautkleiderfabriken in den vergangenen Jahren gegeben hat, wurden durch den Druck von EU-Unternehmen entlang ihrer Lieferketten auf exportorientierte Firmen, wie auch Wedtex Industrial Corporation eine ist, herbeigeführt . Die Standards bzgl. Arbeits- und Gesundheitsschutz sowie Arbeitssicherheit sind jedoch nach wie vor problematisch. Darüber hinaus fehlt es den Verwaltungen an Durchsetzungskraft und -kompetenz, um Recht und Regeln durchzusetzen . Veränderungen hin zu besseren Arbeits- und Produktionsbedingungen kommen daher nur zustande, wenn Nichtregierungsorganiationen wie Greenpeace , Industrie- und Handelskammern in den jeweiligen Ländern, Verbände oder Unternehmen selbst tätig werden. Die Verbraucherinnen und Verbraucher in Deutschland wissen in der Regel nicht, wie und unter welchen Bedingungen ihre Brautkleider hergestellt wurden. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/13084 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Deutschland hat als wichtiger Handelspartner Myanmars und weiterer asiatischer Länder, in denen Großteile der Brautkleidung hergestellt werden, eine besondere Verantwortung. 1. Welche Erkenntnisse liegen der Bundesregierung generell vor bezüglich der Beschäftigung von minderjährigen Mädchen und Jungen in der Textilproduktion ? Nach Schätzungen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) arbeiten weltweit 168 Millionen Kinder im Alter von 5 bis 17 Jahren, die Hälfte (85 Millionen) unter gefährlichen Bedingungen. Beschäftigung von minderjährigen Mädchen und Jungen erfolgt auch in der Textilproduktion. Das Ausmaß variiert in den verschiedenen Produktionsländern und auf den jeweiligen Stufen der Textilproduktion (z. B. auf dem Baumwollfeld, in Färbereien oder bei der Konfektionierung). Die Bundesregierung setzt sich entschieden für die Bekämpfung von ausbeuterischen und gefährlichen Formen der Kinderarbeit ein und verfolgt verschiedene Ansätze, um die Ursachen und Wirkungen von Kinderarbeit einzuschränken. 2. Welche Erkenntnisse liegen der Bundesregierung vor bezüglich der Arbeitsbedingungen speziell bei der Herstellung von Brautmoden aus asiatischer Fabrikation? Zu diesem speziellen Segment liegen der Bundesregierung keine gesonderten Informationen vor. 3. Inwiefern führt die Bundesregierung mit der International Labour Organisation (ILO) Gespräche, um die Arbeitsbedingungen von Minderjährigen in Textilfabriken zu verbessern? Werden hierbei auch speziell die Arbeitsbedingungen in Fabriken, in denen Hochzeitskleider von häufig minderjährigen Mädchen hergestellt werden, thematisiert? Die Bundesregierung steht in regelmäßigem Austausch mit der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO), um Arbeitsbedingungen in der Textilindustrie zu verbessern und die Beschäftigung von Kindern und Jugendlichen zu reduzieren bzw. abzuschaffen. Zum Beispiel fördert die Bundesregierung das ILO-Regionalprogramm „Arbeitsstandards in globalen Lieferketten: Aktionsprogramm für den Textilsektor“. Dieses Programm verfolgt das vorrangige Ziel, die Arbeitsbedingungen, den Arbeitsschutz und den Dialog der Sozialpartner in der Textilindustrie verschiedener asiatischer Länder (Pakistan, Kambodscha und Indonesien) nachhaltig zu verbessern . Es erfolgt eine enge Abstimmung mit dem Regionalprogramm der deutschen Entwicklungszusammenarbeit „Arbeits- und Sozialstandards im Textil- und Bekleidungssektor in Asien“, welches sich in Bangladesch, Kambodscha, Myanmar und Pakistan zur verbesserten Einhaltung von Arbeits- und Sozialstandards in der Textil- und Bekleidungsindustrie engagiert. Zudem fördert die Bundesregierung gemeinsam mit Partnern aus der G7-Gruppe den bei der ILO angesiedelten globalen Präventionsfonds „Vision Zero Fonds“. Die Textilbranche ist ein Zielsektor der Aktivitäten des Fonds zur Verbesserung Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/13084 des Arbeitsschutzes in für globale Lieferketten produzierenden Niedriglohnländern . Ein erstes Pilotvorhaben wurde in Myanmar gestartet. Die Umsetzung erfolgt in enger Kooperation mit der lokalen Regierung und den Sozialpartnern. Die Programme fokussieren die Textil- und Bekleidungsindustrie allgemein, das Segment der Brautmode wird hierbei nicht gesondert betrachtet. Richtungsweisend auf internationaler Ebene ist das seit 1992 bestehende Programm der ILO zur Abschaffung von Kinderarbeit (ILO-IPEC). Die Bundesregierung hat das Programm mit initiiert und seitdem mit einem Betrag von insgesamt rund 73 Mio. US-Dollar finanziell unterstützt. 2017 wurde das IPEC-Programm explizit um die Aspekte Zwangsarbeit, moderne Sklaverei und Menschenhandel ergänzt. Das ILO IPEC+ Flagship-Programm unterstützt nun alle Mitgliedstaaten und Sozialpartner bei der Bekämpfung der schlimmsten Formen von Kinder- und Zwangsarbeit und fördert damit gleichzeitig die Umsetzung des Ziels 8.7 der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung, alle Formen von Kinderarbeit bis 2025 und von Zwangsarbeit bis 2030 abzuschaffen. Mit einem globalen Aktionsplan, der „Allianz 8.7“, will die ILO das Handeln der einzelnen Akteure beschleunigen. Bei der Allianz geht es auch darum, das Wissen der einzelnen Akteure zu teilen und weiter auszubauen. Gemeinsam sollen innovative Ansätze zur Abschaffung von Kinder- und Zwangsarbeit verfasst und umgesetzt werden. Hierbei bringt sich die Bundesregierung aktiv in die Konsultationsprozesse ein. In diesem Rahmen fördert das BMZ eine ILO-Studie zu Kinderund Zwangsarbeit in der äthiopischen Textilindustrie. Die Ergebnisse fließen in den vierten ILO-Weltkindergipfel 2017 in Argentinien ein. Die deutsche Entwicklungszusammenarbeit trägt insbesondere durch Maßnahmen im Bereich Grundbildung für Kinder und Jugendliche, Gesundheit und Beschäftigungsförderung für Erwachsene in unseren Partnerländern zu Verbesserungen der Lebenssituation von Kindern bei. Deutschland setzt sich darüber hinaus als ständiges Mitglied des Verwaltungsrates der ILO unter anderem für menschenwürdige Arbeitsbedingungen in globalen Lieferketten ein. Zum Beispiel hat sich Deutschland maßgeblich an der Überarbeitung der Dreigliedrigen Grundsatzerklärung über multinationale Unternehmen und Sozialpolitik der ILO beteiligt, um menschenwürdige Arbeitsbedingungen in multinationalen Unternehmen zu befördern. Ferner hat sich Deutschland für ein ILO-Arbeitsprogramm für menschenwürdige Arbeitsbedingungen in globalen Lieferketten eingesetzt. Beides sind wichtige Instrumente, um die Arbeitsbedingungen in den globalen Wertschöpfungsketten – somit auch im Textilsektor – zu verbessern. 4. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung darüber, wie viele Brautkleider aus Asien bzw. Myanmar nach Deutschland bzw. in die Europäische Union importiert werden? Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über den Anteil der in Asien gefertigten Brautkleider im deutschen bzw. europäischen Markt? Handelsdaten für Bekleidungsprodukte werden in der Regel nach Material- bzw. Produktionsstufe erhoben und nicht nach der Verwendung eines Produkts. Entsprechend liegen der Bundesregierung keine gesonderten Informationen zu Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/13084 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Brautmode vor. Folgende Daten1 für Importe von Frauenkleidern schließen jedoch Brautkleider mit ein. Deutsche Kleiderimporte aus Asien 2016 ingesamt in Euro: 1 001 908 000 Euro bzw. 31 884 Tonnen. Dies entspricht rund 78,09 bzw. 75,27 Prozent der gesamten deutschen Kleiderimporte. Deutsche Kleiderimporte aus Myanmar 2016 in Euro: 4 361 000 Euro bzw.257 Tonnen. Der Anteil der deutschen Kleiderimporte aus Myanmar in 2016 an den gesamten deutschen Kleiderimporten beläuft sich in Euro auf 0,34 Prozent und in Tonnen auf 0,61 Prozent. EU-Kleiderimporte aus Asien 2016 belaufen sich auf 4 842 764 000 Euro. Dies entspricht etwa 56,92 Prozent der gesamten EU-Kleiderimporte. EU- Kleiderimporte aus Myanmar 2016 erfolgten im Wert von 30 880 000 Euro. Dies entspricht etwa 0,36 Prozent der gesamten EU-Kleiderimporte. 5. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung darüber, wie viele und welche asiatischen Brautkleiderfabriken sich der Business Social Compliance Initiative (BSCI) angeschlossen und den BSCI-Verhaltenskodex unterschrieben haben? Bei der Business Social Compliance Initiative (BSCI) handelt es sich um eine private, industriegetriebene Initiative ohne Regierungsbeteiligung. Die Bundesregierung hat keine Erkenntnisse darüber, wie viele und welche asiatischen Brautkleiderfabriken sich der BSCI angeschlossen und den BSCI-Verhaltenskodex unterschrieben haben, da die (kostenpflichtigen) Informationen den Mitgliedern vorbehalten sind. 6. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über asiatische Brautkleiderfabriken , die Kodexe mit höheren Produktionsstandards unterschrieben haben ? Für asiatische Brautkleiderfabriken liegen der Bundesregierung keine gesonderten Daten vor. Die vorliegenden Daten beziehen sich immer auf Textilfabriken allgemein, da in der Regel in den Fabriken unterschiedliche Waren gefertigt werden . 7. Gibt es deutsche Brautkleiderunternehmen oder -ketten, die dem Textilbündnis als Mitglied beigetreten sind? Bisher sind dem Bündnis für nachhaltige Textilien keine deutschen Unternehmen oder -ketten beigetreten, die ausschließlich bzw. hauptsächlich Brautkleider herstellen . Es ist möglich, dass Textilbündnismitglieder in ihren Kollektionen unter anderem auch Brautkleider führen. Außerdem sind im Textilbündnis einige kleinere Designer vertreten, die unter anderem Mode nach Maß anfertigen. Möglicherweise werden hier auch individualisierte Aufträge zu Brautkleidern bearbeitet. Die Liste der Mitglieder des Textilbündnisses ist öffentlich auf der Webseite (www.textilbuendnis.com) einzusehen. 1 Daten für Frauenkleider entsprechend der folgenden HS-Codes bei der ITC Trade Map: 610441, 610442, 610443, 610444, 610449, 620441, 620442, 620443, 620444, 620449 Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/13084 8. Wenn ja, a) wie viele Unternehmen sind das, Wie oben erläutert, sind dem Textilbündnis bisher keine reinen Brautkleiderunternehmen beigetreten. b) um welche Unternehmen handelt es sich, und Da Mitgliedsunternehmen möglicherweise vereinzelt Brautkleider in ihren Kollektionen führen bzw. Brautkleider möglicherweise in Form von individualisierten Aufträgen anbieten, lassen sich hier keine genauen Angaben machen. Das Bündnissekretariat des Textilbündnisses erfasst keine Daten darüber, welche Kollektionen die Mitgliedsunternehmen produzieren und mit welchen Produkten diese derzeit handeln. c) in welchen Ländern lassen diese Firmen jeweils produzieren? Im Rahmen des Textilbündnisses erfolgt aus Gründen des Daten- und Wettbewerbsschutzes lediglich eine aggregierte Erfassung der Produktionsstandorte. Insofern kann keine Aussage darüber getroffen werden, in welchen Ländern einzelne Firmen produzieren. Einzelne Markenunternehmen veröffentlichen ihre Produktionsstandorte bereits auf der Firmenwebseite. 9. Wenn nein, a) hat die Bundesregierung die Absicht, gerade diese Unternehmen mit in das Textilbündnis aufzunehmen, und Die Aufnahme neuer Mitglieder obliegt nicht allein der Bundesregierung. Diese erfolgt nach Zustimmung des Steuerungskreises, dem neben Marken und Handel, Nichtregierungsorganisationen, Gewerkschaften und nichtkommerziellen Standardorganisationen auch die Bundesregierung angehört. Das Bündnis für nachhaltige Textilien zielt darauf ab, die Marktabdeckung sowohl in Deutschland als auch international zu erhöhen, um seine Schlagkraft weiter zu entfalten. Einen Fokus auf eine bestimmte Produktgruppe gibt es dabei nicht. Alle Bekleidungs- und Handelsunternehmen, unabhängig von der Produktpalette , sind eingeladen, sich dem Textilbündnis anzuschließen. Die Bundesregierung begrüßt jedes neue Mitglied, das sich den Bündniszielen verpflichtet und die Herausforderungen in der Lieferkette im Rahmen einer Multi-Stakeholder- Initiative angehen möchte. b) welche Gespräche werden bereits geführt oder sind für welchen Zeitraum beabsichtigt? Grundsätzlich gilt, dass alle Beteiligten im Bündnis öffentliche Veranstaltungen – wie bspw. Messen oder Konferenzen – nutzen, um mit interessierten Unternehmen in Kontakt zu treten, sie über das Bündnis zu informieren und für eine Mitgliedschaft zu werben. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333