Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums des Innern vom 10. Juli 2017 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 18/13097 18. Wahlperiode 12.07.2017 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Ulla Jelpke, Norbert Müller (Potsdam), Katrin Werner, Jörn Wunderlich und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 18/12911 – Scheinvaterschaften zur Aufenthaltsrechtserlangung V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Zahlreiche schwangere ausländische Frauen haben nach Recherchen des „Rundfunk Berlin-Brandenburg“ (RBB) Tausende Euro an Männer mit deutscher Staatsangehörigkeit gezahlt, damit diese zum Schein angeben, Vater des Kindes zu sein. In so einem Fall erhalten die Kinder automatisch die deutsche Staatsbürgerschaft und die Mütter ein Bleiberecht. Da es sich bei den Scheinvätern meist um Hartz-IV-Bezieher handeln soll, erhalten die demnach meist mit einem Touristenvisum eingereisten Mütter keine Unterhaltszahlungen der Scheinväter. Bis zu 500 Euro sollen die Scheinväter sowie Rechtsanwälte und Notare für eine Vaterschaftsanerkennung erhalten. Laut „RBB“ soll es allein in Berlin zu 700 derartigen Fällen gekommen sein. Einige Männer hätten nach Angaben der Berliner Staatsanwaltschaften mehr als zehn Vaterschaften anerkannt. Das Geschäft mit der Vaterschaftsankerkennung flog laut „RBB“ durch unglaubwürdige Vaterschaften auf, etwa im Falle eines offenbar rechtsextrem eingestellten Mannes, der die Vaterschaft für ein vietnamesisches Kind anerkannte . Das Geschäftsmodell funktioniert nach Angaben aus dem Bundesministerium des Innern bundesweit. Es gebe viele Hinweise von Ausländerbehörden, die Dunkelziffer sei aber hoch. Eine Reihe von Frauen sei aufgrund der Abhängigkeit von den Scheinvätern oder deren Hintermännern in der Prostitution gelandet, heißt es bei „RBB“ (www.faz.net/aktuell/gesellschaft/kriminalitaet/ vaterschaft-als-kriminelles-geschaeftsmodell-15048718.html; www.mdr.de/ nachrichten/politik/inland/asylbetrug-mit-ungeborenen-kindern-100.html). V o r b e me r k u n g d e r B u n d e s r e g i e r u n g Dient die Anerkennung der Vaterschaft gezielt gerade dem Zweck, die rechtlichen Voraussetzungen für die erlaubte Einreise oder den erlaubten Aufenthalt des Kindes, des Anerkennenden oder der Mutter zu schaffen, liegt eine missbräuchliche Anerkennung der Vaterschaft vor. Dies gilt auch für den Fall, dass mittels der Anerkennung die rechtlichen Voraussetzungen für die erlaubte Einreise oder den erlaubten Aufenthalt des Kindes Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/13097 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode durch den Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit des Kindes geschaffen werden sollen. Zur Verhinderung dieser missbräuchlichen Vaterschaftsanerkennungen führte der Gesetzgeber mit Wirkung zum 1. Juni 2008 mit § 1600 Absatz 1 Nummer 5 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) ein behördliches Anfechtungsrecht ein (BGBl. I S. 313). Das Bundesverfassungsgericht erklärte diese Regelung durch Beschluss vom 17. Dezember 2013 – 1 BvL 6/10 – für verfassungswidrig und nichtig. Damit entfiel die rechtliche Handhabe, um mutmaßlich missbräuchliche Vaterschaftsanerkennungen behördlich zu überprüfen und dagegen vorzugehen. Dementsprechend liegen der Bundesregierung keine belastbaren Erkenntnisse zu möglichen Fallzahlen der letzten Jahre vor. Sowohl Vertreter der das Ausländerrecht vollziehenden Länder als auch der Ausländerbehörden haben aufgrund steigender Verdachtszahlen wiederholt und nachdrücklich eine Neuregelung zur Verhinderung missbräuchlicher Vaterschaftsanerkennungen gefordert. Am 18. Mai 2017 hat der Bundestag daher mit dem Gesetz zur besseren Durchsetzung der Ausreisepflicht ein präventives Prüfverfahren beschlossen, um missbräuchliche Vaterschaftsanerkennungen zukünftig bereits im Vorfeld zu verhindern. 1. Welche generelle Kenntnis oder konkreten Kenntnisse hat die Bundesregierung darüber, dass schwangere Frauen deutsche Staatsangehörige für die Anerkennung von Vaterschaften bezahlten, um auf diese Weise ein Aufenthaltsrecht zu erlangen? Worauf gründen sich die diesbezüglichen Kenntnisse der Bundesregierung? Über welche diesbezüglichen Hinweise von Ausländerbehörden verfügt die Bundesregierung, und worauf gründen diese Behörden jeweils ihr Wissen oder ihren Verdacht? Auf die Vorbemerkung der Bundesregierung wird verwiesen. 2. Wie viele Fälle fälschlicher Vaterschaftsanerkennungen durch deutsche Staatsangehörige sind der Bundesregierung während der letzten fünf Jahre bekannt geworden (bitte nach Möglichkeit nach Jahren der Vaterschaftsanerkennung , Bundesländern und Herkunftsländern der Mütter aufgliedern)? Auf welche Weise wurden die falschen Väter jeweils entlarvt? Wie groß schätzt die Bundesregierung den Graubereich der nicht erkannten Scheinvaterschaften ein? Der Bundesregierung liegen hierzu keine belastbaren Erkenntnisse vor; auf die Vorbemerkung der Bundesregierung wird verwiesen. 3. Welche, auch quantitativen Erkenntnisse haben die Bundesregierung dazu gebracht, die sogenannte Scheinvaterschaft mit in den Gesetzentwurf zu besseren Durchsetzung der Ausreisepflicht aufzunehmen, und welche Ereignisse haben dazu geführt, es zu diesem Zeitpunkt zu tun? Die Aufnahme der Gesetzesregelungen zur Verhinderung missbräuchlicher Vaterschaftsanerkennungen erfolgte durch einen Änderungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU und SPD im 4. Ausschuss (Innenausschuss) des Deutschen Bundestages (Bundestagsdrucksache 18/11546). Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/13097 4. Wie hoch ist nach Kenntnis der Bundesregierung die durchschnittliche Summe, die ausländische Frauen für eine falsche Vaterschaftsanerkennung durch einen deutschen Staatsbürger zahlen? Wie schlüsselt sich diese Summe im Einzelnen auf (Bezahlung des Scheinvaters , des Vermittlers, Anwalts- und Notarkosten etc.)? Hierzu liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor. 5. Inwieweit hat die Bundesregierung Kenntnis von organisierten Strukturen oder Netzwerken zur Vermittlung von Scheinvätern? Wie viele solcher Strukturen oder Netzwerke in welchen Bundesländern sind der Bundesregierung bekannt, und wie arbeiten diese? Belastbare Erkenntnisse liegen der Bundesregierung nicht vor. 6. Inwieweit ist der Bundesregierung bekannt, ob ausländischen Frauen bereits in ihren Herkunfts- oder Transitländern – etwa durch so genannte Schleppernetzwerke – Scheinvaterschaftsanerkennungen zur Aufenthaltserlangung angeboten wurden? Die Zuständigkeit für die Verfolgung von aufenthaltsrechtlichen Straftaten im Inland liegt bei der jeweiligen Landespolizei. Durch die Bundesregierung kann nur für Schleusungsverfahren Auskunft gegeben werden, die in ihrem Zuständigkeitsbereich geführt werden bzw. wurden. Durch eigene Ermittlungsverfahren wurden vereinzelt Fälle bekannt, in welchen eine Aufenthaltsverfestigung im Wege von Vaterschaftsanerkennungen stattfinden sollte. Ein Zusammenwirken mit Tatverdächtigen im Herkunftsstaat bei der Vermittlung von Vaterschaftsanerkennungen erfolgte nur sehr selten. Weitere Erkenntnisse im Sinne der Fragestellung liegen hier nicht vor. 7. In wie vielen Fällen während der letzten fünf Jahre wurden nach Kenntnis der Bundesregierung Mütter, die sich eine falsche Vaterschaftsanerkennung kauften, dafür strafrechtlich belangt? Der Bundesregierung liegen hierzu keine Erkenntnisse vor. Die Erhebung der statistischen Daten der Strafrechtspflege erfolgt anhand eines – jährlich aktualisierten – ausführlichen Straftatenverzeichnisses, das sich an den Tatbeständen bzw. Sachgebieten des deutschen Strafrechts orientiert. Spezifische Tat- bzw. Täterattribute werden insoweit nicht erhoben. Im Übrigen wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen. 8. Welche ausländerrechtlichen bzw. aufenthaltsrechtlichen Folgen hatte das Auffliegen von Scheinvaterschaften in wie vielen und welchen Fällen für wie viele Mütter und ihre Kinder während der letzten fünf Jahre nach Kenntnis der Bundesregierung? Auf die Vorbemerkung der Bundesregierung wird verwiesen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/13097 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 9. In wie vielen Fällen während der letzten fünf Jahre wurden nach Kenntnis der Bundesregierung deutsche Staatsangehörige, die fälschlicherweise eine Vaterschaft gegenüber einer asylsuchenden Frau attestiert hatten, dafür strafrechtlich belangt (bitte angeben, ob die Scheinväter Geld bekommen hatten)? 10. In wie vielen Fällen während der letzten fünf Jahre wurden nach Kenntnis der Bundesregierung Rechtsanwälte oder Notare, die wissentlich bei der Attestierung einer falschen Vaterschaftsanerkennung eines deutschen Staatsangehörigen gegenüber einer asylsuchenden Frau geholfen haben, dafür strafrechtlich belangt? Die Fragen 9 und 10 werden gemeinsam beantwortet. Auf die Antwort zu Frage 7 wird verwiesen. 11. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung darüber, dass Frauen, die über falsche Vaterschaftsanerkennungen durch deutsche Staatsbürger zu einem Bleiberecht kamen, in der Prostitution landeten? Wie viele solcher Fälle sind der Bundesregierung aus welchen Bundesländern bekannt? Inwieweit spielte Nötigung oder ein Abhängigkeitsverhältnis zu den Scheinvätern oder deren Hintermännern eine Rolle dabei? Hierzu liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333