Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 13. Juli 2017 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 18/13123 18. Wahlperiode 14.07.2017 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Nicole Maisch, Dr. Gerhard Schick, Renate Künast, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 18/13040 – Nachrichtenlose Konten in Deutschland V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Ein Konto wird als nachrichtenlos bezeichnet, wenn zu diesem Konto kein Kundenkontakt besteht und Bankpost als unzustellbar zurückkommt. Einer Schätzung des nordrhein-westfälischen Finanzministers Norbert Walter-Borjans zufolge liegen rund 2 Mrd. Euro auf nachrichtenlosen Konten (siehe www.n-tv.de/ wirtschaft/Auf-herrenlosen-Konten-liegen-Milliarden-article18525136.html). Diese Summe wird von der Bundesregierung als zu hoch eingestuft, jedoch ist es ihr auch nicht möglich, konkrete Zahlen oder eine andere Schätzung abzugeben (siehe Antwort auf die Schriftliche Frage 17 der Abgeordneten Nicole Maisch auf Bundestagsdrucksache 18/10923, S. 13). Nach Auskunft des Verbands Deutscher Erbenermittler VDEE hat der Bundesverband öffentlicher Banken erst vor Kurzem einen Brief an die Justizminister der Bundesländer geschrieben , dass er nicht mehr institutsübergreifend nach nachrichtenlosen Konten suchen wird, sodass es ggf. für Erbinnen und Erben schwieriger wird, ihr Erbe zu finden (siehe www.presseportal.de/pm/100355/3648038). Um Erbinnen und Erben leichter Zugang zu nachrichtenlosen Konten zu verschaffen , wird die Einführung eines zentralen Registers gefordert, sodass sie dort abfragen können, ob die verstorbene Person noch ein Konto hatte, über das bisher keine Kenntnis bestand. In anderen europäischen Ländern gibt es solche Register längst. In der Schweiz werden langfristig nachrichtenlose Vermögenswerte sogar auf einer Homepage eingestellt, die jede Person einsehen kann. Darüber hinaus können Personen in der Schweiz auch bei allen Banken direkt nachfragen oder sich für eine zentrale Suche an den Bankenombudsmann wenden (siehe www.bankingombudsman.ch/nachrichtenlose-vermogen/). Diese Maßnahmen wurden von den Schweizer Banken offenbar begrüßt, da sie bei sehr alten Konten auch ihren Ruf bzw. ihre Glaubwürdigkeit gefährdet sahen (siehe www.swissinfo.ch/ger/nachrichtenlose-vermoegen_schweiz-veroeffentlichtliste -mit-konten/41846374). Die Bundesregierung bewertet die Einrichtung eines zentralen Registers kritisch (Antwort auf die Schriftliche Frage 17 der Abgeordneten Nicole Maisch auf Bundestagsdrucksache 18/10923, S. 13). Sollte über einen Zeitraum von 30 Jahren ein nachrichtenloses Konto bestehen, müssen Banken und Sparkassen die Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/13123 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Verbindlichkeit ausbuchen, d. h. das entsprechende Konto hat keinen Bestand mehr. Jedoch bleibt der Anspruch des Kunden bzw. der Kundin erhalten. Zusammengefasst ergibt sich nach Auffassung der Fragesteller eine dünne Datengrundlage , um weitere, tiefgreifende und durchdachte Maßnahmen wirklich ablehnen oder beschließen zu können. Ein zentrales Register müsste natürlich datenschutzrechtlichen Bedenken in jedem Fall Stand halten. 1. Warum hat die Befragung der Deutschen Kreditwirtschaft zu keinen Ergebnissen bzgl. nachrichtenloser Konten geführt (Antwort auf die Schriftliche Frage 17 der Abgeordneten Nicole Maisch auf Bundestagsdrucksache 18/10923, S. 13)? Welche Hürden sieht die Bundesregierung für Banken und Sparkassen, um eine Erhebung durchzuführen, wie viele der Konten nachrichtenlos sind und welche Salden diese aufweisen? Die Deutsche Kreditwirtschaft wurde im Jahr 2015 um Stellungnahme gebeten, ob sie über konkrete Zahlen verfüge, wie viele nachrichtenlose Konten bei Banken und Sparkassen geführt werden. Die Deutsche Kreditwirtschaft hat seinerzeit mitgeteilt, dass ihr keine Zahlen zu nachrichtenlosen Konten vorliegen. Neuere Erkenntnisse liegen der Bundesregierung nicht vor. Konkrete Hürden einer Erhebung sind der Bundesregierung nicht benannt worden. 2. Liegen der Bundesregierung Erkenntnisse oder Schätzungen vor, welche Summen die Finanzinstitute aufgrund von Nachrichtenlosigkeit nach 30 Jahren ausgebucht haben? Der Bundesregierung liegen hierzu keine Informationen vor. 3. Sieht die Bundesregierung diese Problematik auch im Versicherungsbereich, beispielsweise bei Lebensversicherungen? Hat die Bundesregierung Versuche unternommen, zu erheben, wie viele Versicherungspolicen nachrichtenlos sind (wenn ja, mit welchem Ergebnis)? In der Lebensversicherungspolice ist gewöhnlich geregelt, welcher Dritte bei Eintritt des Todesfalls bezugsberechtigt für die Versicherungsleistung ist. Die Zahlung der Lebensversicherung an diesen Dritten gehört nicht zum Nachlass. Nur in dem Ausnahmefall, dass in der Versicherungspolice kein Bezugsberechtigter festgelegt ist und das Bezugsrecht auch nicht auf einen anderen übertragen wurde, bleibt allein der Versicherungsnehmer anspruchsberechtigt auf die Leistung. Bei seinem Tod fällt die aus der Versicherung zu erbringende Leistung in den Nachlass . In den anderen Versicherungssparten werden in aller Regel durchgehend laufende Beiträge entrichtet. Insoweit sind die Versicherungspolicen nicht nachrichtenlos. Selbst wenn keine Vertragsunterlagen auffindbar sind, können Erben in der Regel anhand von Kontoauszügen die bestehenden Versicherungspolicen leicht recherchieren . Zu beachten ist, dass je nach Versicherung der Erbfall unterschiedlich geregelt ist. Beispielsweise übernehmen die Erben zusammen mit einem Fahrzeug automatisch auch die zugehörige Kfz-Haftpflichtversicherung; eine private Haftpflichtversicherung erlischt dagegen mit dem Tod des Versicherungsnehmers . Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/13123 4. Welche gesetzlichen Vorgaben kann sich die Bundesregierung vorstellen, um die Anzahl unnötig nachrichtenloser Konten, z. B. von Personen, die umgezogen sind, aber das Institut nicht informiert haben, zu reduzieren? Die Bundesregierung plant derzeit keine gesetzlichen Vorgaben. Sie geht insbesondere davon aus, dass Personen, die umgezogen sind, und ihre Kreditinstitute ein gemeinsames Interesse daran haben, ihre Daten aus der laufenden Geschäftsbeziehung aktuell zu halten. 5. Welche Maßnahmen kann sich die Bundesregierung vorstellen, um dafür zu sorgen, dass Konten, die eigentlich nachrichtenlos gestellt werden müssten, auch tatsächlich umgestellt werden? Sieht die Bundesregierung die Gefahr, dass in Zeiten zunehmenden digitalen Schriftverkehrs mehr Konten, die eigentlich nachrichtenlos gestellt sein müssten, nicht als solche ausgewiesen werden? Die Bundesregierung weist darauf hin, dass es in Deutschland keine allgemeingültige Definition gibt, was unter einem „nachrichtenlosen Konto“ zu verstehen ist. Es besteht keine gesetzliche Umstellungspflicht für länger nicht bewegte Konten in „nachrichtenlose“ Konten. Der Bundesregierung liegen bislang keine Anhaltspunkte vor, dass die Zunahme digitalen Schriftverkehrs Einfluss auf die Zahl nachrichtenloser Konten hat. 6. Welche zivilrechtlichen Möglichkeiten für eine Kontenabrufmöglichkeit wurden von der Bundesregierung geprüft? Anhand welcher Datengrundlage, welcher Kriterien, und mit welchem Ergebnis ? Das Zivilrecht regelt Privatrechtsverhältnisse. Allgemeine „Kontenabrufmöglichkeiten “ sind dem Zivilrecht fremd. Zivilrechtlich bestehen Auskunftsansprüche des Kontoinhabers bzw. seines Rechtsnachfolgers als individuelle Ansprüche gegen das jeweilige Zahlungsinstitut. Auch ein nach § 1960 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gerichtlich eingesetzter Nachlasspfleger hat einen entsprechenden Auskunftsanspruch . 7. Von welchem „Verwaltungsaufwand“ für die Einrichtung eines Zentralregisters geht die Bundesregierung aus, wenn sie diesen als zu hoch ausweist (Antwort auf die Schriftliche Frage 17 der Abgeordneten Nicole Maisch auf Bundestagsdrucksache 18/10923, S. 13)? Inwiefern könnte hier ggf. auf die Strukturen bestehender Kontoabrufmöglichkeiten zurückgegriffen werden? Der Verwaltungsaufwand hinge von der konkreten Ausgestaltung eines Zentralregisters ab. Er dürfte jedoch erheblich sein. Auf bestehende Strukturen könnte nicht zurückgegriffen werden. Bei den bestehenden Kontoabrufmöglichkeiten werden die Daten dezentral gespeichert und dürfen nur von gesetzlich aufgezählten öffentlichen Stellen innerhalb enger rechtlicher Grenzen genutzt werden. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/13123 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 8. Wie kann die Bundesregierung die „Notwendigkeit“ einer solchen Maßnahme beurteilen (Antwort auf die Schriftliche Frage 17 der Abgeordneten Nicole Maisch auf Bundestagsdrucksache 18/10923, S. 13), wenn ihr kein Zahlenmaterial zum Aufkommen nachrichtenloser Konten vorliegt? Die Deutsche Kreditwirtschaft hat in ihrer Stellungnahme aus dem Jahr 2015 mitgeteilt , dass bei der Ermittlung von Konten und Depots Verstorbener die Bundesverbände der Kreditwirtschaft bzw. die Landesverbände der Sparkassen bzw. der Volks- und Raiffeisenbanken regelmäßig weiterhelfen. Daneben gibt es zivilrechtliche Auskunftsansprüche des Kontoinhabers bzw. dessen Rechtsnachfolgers als individuelle Ansprüche gegen das jeweilige Zahlungsinstitut. Damit bestehen in Deutschland hinreichende Möglichkeiten zur Kontenermittlung. 9. Wie kommt die Bundesregierung zu der Einschätzung, dass nachrichtenlose Konten geringes Guthaben ausweisen? Was versteht die Bundesregierung unter „geringem Guthaben“ und unter „vorrangig“ (Antwort auf die Schriftliche Frage 17 der Abgeordneten Nicole Maisch auf Bundestagsdrucksache 18/10923, S. 13)? Die Befragung der Deutschen Kreditwirtschaft hatte seinerzeit ergeben, dass es sich häufig um Sparkonten mit geringem Guthaben handelt. Nähere Erkenntnisse liegen der Bundesregierung nicht vor. 10. Welche datenschutzrechtlichen Bedenken sprechen aus Sicht der Bundesregierung gegen ein solches Register, wenn dieses unabhängig organisiert wird und nur beim Nachweis einer klaren Erbberechtigung Auskunft gibt? Welche datenschutzrechtliche Bedenken bestehen, ist abhängig von der konkreten Ausgestaltung eines solchen Zentralregisters. 11. Was versteht die Bundesregierung unter „bankgeheimnisbezogenen Bedenken “ (Antwort auf die Schriftliche Frage 17 der Abgeordneten Nicole Maisch auf Bundestagsdrucksache 18/10923, S. 13)? Bankgeheimnisbezogene Bedenken bestehen z. B. dann, wenn bei einer Auskunftserteilung über ein Register die Möglichkeit bestünde, dass der Erbe auch Informationen über Konten erhält, die nicht zweifelsfrei dem Erblasser zugeordnet werden können. 12. Welche Abfragen hat die Bundesregierung selbst vorgenommen, um geerbte nachrichtenlose Konten zu ermitteln? Traten hierbei Probleme auf? Liegen der Bundesregierung Erkenntnisse vor, dass Banken und Sparkassen in den letzten Jahren weniger Hilfe zum Auffinden von Konten in Erbfällen leisten? Die Bundesregierung hat keine Abfragen selbst vorgenommen, um nachrichtenlose Konten zu ermitteln. Es liegen ihr keine Erkenntnisse vor, dass Banken und Sparkassen in den letzten Jahren weniger Hilfen zum Auffinden von Konten in Erbfällen leisten. Der Bundesregierung ist lediglich bekannt, dass ein einzelner Verband, der in der Vergangenheit Personen bei ihrer Suche nach unbekannten Vermögenswerten auf Konten, in Depots oder Schließfächern bei einem seiner Mitgliedsinstitute unterstützt hatte, dieses freiwillige Serviceangebot mittlerweile nicht mehr anbietet. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333