Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums des Innern vom 13. Juli 2017 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 18/13124 18. Wahlperiode 14.07.2017 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Monika Lazar, Özcan Mutlu, Luise Amtsberg, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 18/13041 – Entschädigung der Opfer des DDR-Zwangsdopings V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r In der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) wurden etwa 10 000 minderjährige Hochleistungs- und Nachwuchssportlerinnen und Nachwuchssportler im staatlichen Auftrag gedopt. Dies geschah meist ohne ihr Wissen und ohne ihre Einwilligung. Die Sozialistische Einheitspartei Deutschland (SED), die DDR-Wissenschaft und kriminelle Sportfunktionärinnen und Sportfunktionäre waren nachweislich dafür verantwortlich, während das Ministerium für Staatssicherheit (MfS; „Stasi“) das System absicherte und verschleierte. Die physischen, psychischen und sozialen Schäden der Opfer des DDR-Staatsdopings sind schwerwiegend. Nicht nur die ehemaligen Sportlerinnen und Sportler sind von Gesundheitsschäden betroffen, sondern häufig auch ihre Kinder . Um die Betroffenen finanziell zu entschädigen wurde im Jahr 2002 das Dopingopfer -Hilfegesetz und im Jahr 2016 das Zweite Dopingopfer-Hilfegesetz (2. DOHG) vom Deutschen Bundestag verabschiedet. Anspruchsberechtigte bekommen aus dem Fonds des 2. DOHG einmalig 10 500 Euro ausbezahlt. Für das 2. DOHG wurde vom Gesetzgeber von ca. 1 000 Anspruchsberechtigten ausgegangen. Aufgrund vielfältiger Probleme bei der Antragsstellung, etwa der teils schwierigen Aktenlage und der Uninformiertheit einiger Ärztinnen und Ärzte, baten der Doping-Opfer-Hilfe e. V. und die Landesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen um eine Verlängerung der Antragsfrist des 2. DOHG auf mindestens drei Jahre bis zum 30. Juni 2020 (vgl. Brief der Landesbeauftragten an den Bundesminister des Innern vom 13. April 2017). Durch das 2. DOHG sind bisher keine Personen anspruchsberechtigt, die dadurch geschädigt wurden, dass ihre Mutter bereits vor der Schwangerschaft gedopt wurde. Anspruchsberechtigt sind bisher nur Betroffene der zweiten Generation , sofern die Mutter während der Schwangerschaft gedopt wurde. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/13124 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 1. Wie viele Anträge auf Entschädigung gemäß dem Zweiten Dopingopfer-Hilfegesetz (2. DOHG) wurden bisher beim Bundesverwaltungsamt (BVA) eingereicht ? a) Wie viele davon wurden positiv beschieden? b) Wie viele davon wurden bereits ausgezahlt? c) Wie viele davon wurden abgelehnt, und aus welchen Gründen (bitte aufschlüsseln )? d) Wie viele davon werden noch geprüft? Mit Stand vom 30.Juni 2017 wurden 444 Anträge auf finanzielle Hilfe gemäß dem Zweiten Dopingopfer-Hilfegesetz vom 28. Juni 2016 (BGBl. I S. 1546) gestellt ; davon wurden 245 Anträge positiv beschieden und 240 Auszahlungen geleistet . Sieben Anträge wurden ablehnend beschieden. Davon wurden fünf Anträge von Abkömmlingen mangels des gesetzlich geforderten zeitlichen Zusammenhangs zwischen der Verabreichung von Dopingsubstanzen und der Schwangerschaft abgelehnt. Ein Antrag wurde wegen bereits erhaltener Hilfe nach dem Dopingopfer-Hilfegesetz vom 24. August 2002 (BGBl. I S. 2002, 3410) abgelehnt und ein Antrag wurde wegen fehlender Zugehörigkeit zum Leistungssportsystem der ehemaligen DDR negativ beschieden. Derzeit befinden sich 192 Anträge in der Bearbeitung. 2. Wie viele Anträge auf Entschädigung gemäß dem 2. DOHG wurden bisher beim BVA von Opfern der zweiten Generation eingereicht (vgl. § 2 Absatz 1 des 2. DOHG)? a) Wie viele davon wurden positiv beschieden? b) Wie viele davon wurden bereits ausgezahlt? c) Wie viele davon wurden abgelehnt, und aus welchen Gründen (bitte aufschlüsseln )? d) Wie viele davon werden noch geprüft? Mit Stand 30. Juni 2017 wurden 20 Anträge von Abkömmlingen auf finanzielle Hilfe gemäß dem Zweiten Dopingopfer-Hilfegesetz gestellt. Von diesen Anträgen wurde bisher keiner positiv beschieden und es ist damit in keinem Fall zu einer Auszahlung gekommen. Fünf Anträge wurden mangels des gesetzlich geforderten zeitlichen Zusammenhangs zwischen der Verabreichung von Dopingsubstanzen und der Schwangerschaft abgelehnt. Derzeit befinden sich 15 Anträge in der Bearbeitung. 3. a) Sind der Bundesregierung Personen bekannt, die erhebliche Gesundheitsschäden erlitten haben, weil ihrer Mutter in der DDR vor der Schwangerschaft Dopingsubstanzen verabreicht worden sind, und wenn ja, wie viele? b) Sind diese Personen nach dem 2. DOHG anspruchsberechtigt, und wenn nein, sieht die Bundesregierung politischen Handlungsbedarf, um diesen Personen Zugang zu Entschädigungen nach dem 2. DOHG zu verschaffen ? Der Bundesregierung sind Personen bekannt, die vortragen, erhebliche Gesundheitsschäden erlitten zu haben, und diese Schäden darauf zurückführen, dass ihrer Mutter in der DDR vor der Schwangerschaft Dopingsubstanzen verabreicht worden seien. Die Kausalitätsfrage kann nicht generell beantwortet werden und zu Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/13124 Inhalten einzelner fachärztlicher Gutachten kann aus Gründen des Datenschutzes keine Aussagen getroffen werden. Diese Personen sind nach dem Zweiten Dopingopfer-Hilfegesetz nicht anspruchsberechtigt (vgl. § 2 Absatz 1 Nummer 2 des Zweiten Dopingopfer-Hilfegesetzes ). Die Bundesregierung sieht derzeit keinen diesbezüglichen politischen Handlungsbedarf. 4. Mit wie vielen weiteren Anträgen rechnet die Bundesregierung noch bis zum Ablauf der Antragsfrist? Die Bundesregierung kann hierzu keine Aussage treffen. 5. Wie bewertet die Bundesregierung die Bitte der Landesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen um Verlängerung der Antragsfrist des 2. DOHG mindestens bis zum 30. Juni 2020 (vgl. Brief der Landesbeauftragten an den Bundesminister des Innern vom 13. April 2017), und aus welchem Grund wurde die Antragsfrist daraufhin nur bis Ende 2018 verlängert? Der Deutsche Bundestag hat die Verlängerung der Antragsfrist bis zum 30. Dezember 2018 für sachgerecht erachtet und beschlossen. Ob eine darüberhinausgehende Verlängerung der Antragsfrist erforderlich und notwendig ist, kann die Bundesregierung derzeit nicht abschließend bewerten. 6. Mit welchen Personen ist der Beirat gemäß § 5 des 2. DOHG besetzt? 7. Nach welchen Kriterien wurden die Beiratspersonen ausgewählt? 8. Wie häufig tagte der Beirat bisher? 9. Mit wie vielen „zweifelhaften Fällen“ hat sich der Beirat bisher beschäftigt? 10. Wie häufig wurden die Kosten für die vom Beirat geforderten zusätzlichen medizinischen Untersuchungen erstattet, und in je welcher Höhe? Die Fragen 6 bis 10 werden zusammen beantwortet. Nach § 5 Absatz 1 Satz 1 des Zweiten Dopingopfer-Hilfegesetzes werden die Antragsunterlagen einem beim Bundesministerium des Innern einzurichtenden Beirat vorgelegt, wenn die Voraussetzungen für die Gewährung der finanziellen Hilfe zweifelhaft sind. Dies war bisher nicht der Fall. Ein Beirat wurde daher bisher nicht eingerichtet. 11. Ist die Bundesregierung der Ansicht, dass der Fonds ausreichend finanziell gedeckt ist, und wenn ja, warum? Aufgrund der bisherigen Anzahl von Anträgen ist die Bundesregierung der Ansicht , dass der Fonds ausreichend finanziell gedeckt ist. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/13124 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 12. Welche Anstrengungen hat die Bundesregierung unternommen, um von dritter Seite eine Aufstockung des Fonds zu erreichen? a) Ist die Bundesregierung dabei auch in Richtung der Pharmaindustrie tätig geworden, und wenn nein, warum nicht? b) Ist die Bundesregierung dabei auch in Richtung des Deutschen Olympischen Sportbunds (DOSB) tätig geworden, und wenn nein, warum nicht? Die Bundesregierung hat sich beim Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) um eine Beteiligung an dem Fonds bemüht. Auf weitere Versuche, den Fonds seitens Dritter aufzustocken, wurde verzichtet. Der Bundesregierung war es wichtig, die Verabschiedung des Zweiten Dopingopfer -Hilfegesetzes zügig voranzubringen. Zuwendungen zu dem Fonds sind nach wie vor möglich. 13. Wie bewertet die Bundesregierung die Weigerung des DOSB, sich finanziell nicht am Fonds zu beteiligen? Die Bundesregierung bedauert, dass sich der DOSB nicht zu einer Beteiligung am Fonds in der Lage sah. 14. In welcher Höhe und von wem hat der Fonds Zuwendungen von dritter Seite angenommen (bitte aufschlüsseln)? Der Fonds hat keine Zuwendungen von dritter Seite erhalten. 15. Welche Schritte ergreift die Bundesregierung, um neue geeignete Räumlichkeiten für den Doping-Opfer-Hilfe e. V. zu finden, da die bisherigen durch den Umzug der Robert-Havemann-Gesellschaft gefährdet sind? Die Bundesregierung hatte dem Dopingopfer-Hilfeverein e. V. Räumlichkeiten der Behörde des Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR zur Anmietung angeboten. 16. Haben DDR-Dopingopfer Anspruch auf Versorgung nach dem SED-Unrechtsbereinigungsgesetz , und wenn nein, welchen politischen Handlungsbedarf sieht die Bundesregierung diesbezüglich? Die Rehabilitierungsgesetze – das Strafrechtliche Rehabilitierungsgesetz, das Verwaltungsrechtliche Rehabilitierungsgesetz (VwRehaG) und das Berufliche Rehabilitierungsgesetz – scheiden grundsätzlich als Anspruchsgrundlagen für Entschädigungsleistungen an Dopingopfer der DDR aus. Alle Rehabilitierungsgesetze stellen bei der Gewährung sozialer Ausgleichsleistungen auf Akte der politischen Verfolgung ab. Nach dem VwRehaG, das hier als einziges in Betracht kommen könnte, muss die hoheitliche Maßnahme, die zu einer auszugleichenden gesundheitlichen Schädigung geführt hat, der politischen Verfolgung gedient haben oder ein Akt der Willkür im Einzelfall gewesen sein. Keine der beiden Voraussetzungen dürfte bei den meisten Opfern des Zwangsdopings in der DDR erfüllt sein. Nach den Vorstellungen des Gesetzgebers sollten mit der Regelung in § 1 Absatz 2 VwRehaG in erster Linie politische Verfolgungsmaßnahmen erfasst werden. Daneben sollte solches Verwaltungshandeln einbezogen werden, das als gravierender Willkürakt Ausdruck eines Systems war, das seine Bürgerinnen und Bürger schutzlos der Willkür von Amtsträgern aus- Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/13124 setzte (vgl. dazu Bundestagsdrucksache 12/4994, S. 25, Nummer 18). Diese Fallgruppe erfasst eine Ausgrenzung aus der staatlichen Friedensordnung, die jedoch nicht Ausdruck einer politischen Verfolgung war, sondern auf Willkür beruhte. Dies entspricht der Systematik der Regelung in § 1 Absatz 2 VwRehaG, die den Willkürakt im Einzelfall und die politische Verfolgung in ihrer Bedeutung gleichsetzt . Die von der Dopingpraxis in der DDR Betroffenen wurden jedoch nicht ausgegrenzt, sondern vielmehr auf Grund ihrer körperlichen Leistungsfähigkeit als besonders förderungsfähig angesehen. Das Doping dürfte daher grundsätzlich weder als zu rehabilitierender Willkürakt im Einzelfall noch als politische Verfolgung i. S. d. § 1 Absatz 2 VwRehaG gewertet werden können. Gesetzlicher Handlungsbedarf besteht – auch mit Blick auf das Zweite Dopingopfer -Hilfegesetz vom 28. Juni 2016 – nicht. Mit dem Zweiten Dopingopfer-Hilfegesetz wurde beim Bundesverwaltungsamt aus humanitären und sozialen Gründen ein Fonds in Höhe von 10,5 Mio. Euro eingerichtet, aus dem finanzielle Hilfe an Dopingopfer der ehemaligen DDR gewährt wird. 17. Welche Forschungsprojekte zum DDR-Sport, insbesondere zum Doping und zu sexualisierter Gewalt, hat die Bundesregierung seit 2009 gefördert? Die Bundesregierung förderte zwei Studien mit Bezug zum Themenbereich Doping im DDR-Sport: Giselher Spitzer (1998): Doping in der DDR: Ein historischer Überblick zu einer konspirativen Praxis. Genese – Verantwortung Gefahren. Reihe: Wissenschaftliche Berichte und Materialien des Bundesinstituts für Sportwissenschaft . SPORT und BUCH Strauß. Giselher Spitzer (2005): Sicherungsvorgang Sport: Das Ministerium für Staatssicherheit und der DDR-Spitzensport. Schriftenreihe des Bundesinstituts für Sportwissenschaft (Band 97). Hofmann, Schorndorf. Des Weiteren beschäftigt sich das derzeitige Forschungsprojekt des Bundesinstituts für Sportwissenschaften „Geschichte der deutschen Sportmedizin“ auch mit der DDR-Sportmedizin. In dem seit 2015 laufenden Projekt liegt der Schwerpunkt auf der Entwicklung der Sportmedizin in Ost- und Westdeutschland nach 1945 sowie im wiedervereinigten Deutschland nach 1990. Die Bundesregierung hat keine Forschungsprojekte zum DDR-Sport in Bezug auf sexualisierte Gewalt gefördert. 18. Von welchen Forschungsprojekten und Forschungsergebnissen zum DDR- Sport, insbesondere zum Doping und zu sexualisierter Gewalt, hat die Bundesregierung Kenntnis? Die Bunderegierung hat aus der Presseberichterstattung Kenntnis, dass der Landtag Mecklenburg-Vorpommern Mittel für drei Promotionsstipendien zur Thematik Doping in der DDR bereitgestellt hat und dass in diesem Zusammenhang weitere Studien in Mecklenburg-Vorpommern laufen. Die Bundesregierung hat keine Kenntnis von Forschungsprojekten und -ergebnissen zum DDR-Sport in Bezug auf sexualisierte Gewalt. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333