Deutscher Bundestag Drucksache 18/1314 18. Wahlperiode 05.05.2014 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Ulla Jelpke, Petra Pau, Jan Korte, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 18/1192 – Musikveranstaltungen der extremen Rechten im ersten Quartal 2014 Vo r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Die Bedeutung von Musik für die Szene der extremen Rechten ist in zahlreichen Studien nachdrücklich belegt worden. Als vermeintlich unpolitische „Einstiegsdroge“ bieten Rechtsrock und die verschiedenen, innerhalb der extremen Rechten verbreiteten Musikstile die Möglichkeit, vor allem Jugendliche anzusprechen und mit der extrem rechten Szene in Berührung zu bringen. Nicht erst seit dem Versuch von Kameradschaftsspektrum und NPD, mittels der so genannten Schulhof-CD gezielt Jugendliche über das Medium Musik für ihre politischen Ziele zu interessieren, ist dieser Zusammenhang evident. Konzerte, der Austausch von CDs, das Eintauchen in ein von der extremen Rechten dominiertes Umfeld sind die ersten Berührungspunkte vieler Jugendlicher mit dieser Szene. Über die nationalistischen, rassistischen und antisemitischen Texte werden wichtige Botschaften der extremen Rechten verbreitet . Die Durchführung von Musikveranstaltungen der extremen Rechten stellt somit eine aktive Werbung für die Ziele der Szene dar und lässt die extreme Rechte als attraktive Gestalterin jugendkultureller Freizeitangebote erscheinen. In zahlreichen Regionen der Bundesrepublik Deutschland stellen solche Veranstaltungen die herausragenden und deshalb besonders beliebten Möglichkeiten der Freizeitgestaltung dar. 1. Wie viele Musikveranstaltungen der extremen Rechten fanden im ersten Quartal 2014 im Bundesgebiet insgesamt statt? a) Wie viele dieser Konzerte wurden offen angekündigt, und wie stellt sich die Verteilung nach Bundesländern dar (bitte nach Bundesländern, Orten und Datum, Musikgruppen, Liedermachern aufschlüsseln)? Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums des Innern vom 30. April 2014 übermittelt . Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Drucksache 18/1314 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode b) Wie viele dieser Konzerte wurden konspirativ angekündigt, und wie stellt sich die Verteilung nach Bundesländern dar? Nach Kenntnis der Bundesregierung fanden von Januar bis März 2014 im Bundesgebiet 26 rechtsextremistische Musikveranstaltungen, darunter elf Konzerte und 15 Liederabende, statt. Zu folgenden sechs Konzerten bzw. Liederabenden liegen Informationen über eine offene Ankündigung bzw. Durchführung vor: Zu den weiteren 20 Musikveranstaltungen liegen den Verfassungsschutzbehörden vertrauliche Informationen darüber vor, dass diese konspirativ angekündigt/ vorbereitet wurden. Eine detaillierte Auflistung dieser Veranstaltungen kann nicht veröffentlicht werden, da die rechtsextremistische Szene daraus Rückschlüsse auf den Erkenntnisstand der Sicherheitsbehörden ziehen und ihre weitere Vorgehensweise gezielt danach ausrichten könnte. 2. Bei wie vielen der in Frage 1 aufgeführten Musikveranstaltungen trat die NPD oder eine ihrer Untergliederungen als Mitveranstalter bzw. Mitorganisator auf, und welche Kameradschaften traten als (Mit-)Veranstalter in Erscheinung? Bei keiner der in der Antwort zu Frage 1 aufgeführten rechtsextremistischen Musikveranstaltungen im ersten Quartal 2014 kann von einer Mitverantwortlichkeit der NPD bzw. der „Jungen Nationaldemokraten“ (JN) und von Kameradschaften ausgegangen werden. 3. Bei welchen Veranstaltungen der NPD (Saalveranstaltungen, Kundgebungen , Aufmärsche etc.) kam es im ersten Quartal 2014 zu musikalischen Darbietungen, und welche Gruppen bzw. Einzelpersonen traten nach Kenntnis der Bundesregierung auf? Nach Kenntnis der Bundesregierung kam es bei drei Veranstaltungen der NPD, die nicht zu den in den Fragen 1 und 2 nachgefragten Musikveranstaltungen zählen, auch zu musikalischen Darbietungen. Hierbei handelt es sich um eine Saalveranstaltung des NPD-Kreisverbandes Kronach/Lichtenfels (BY) am 6. Januar 2014 in Michelau (BY), eine Saalveranstaltung des NPD-Kreisverbandes Oberland/Oberbayern (BY) am 8. Februar 2014 in Murnau (BY) sowie um den Landesparteitag der NPD Thüringen am 15. März 2014 in Kirchheim (TH). Auf allen drei Veranstaltungen trat (nur) der Liedermacher Frank Rennicke auf. 1. Februar 2014 Raum Wolfenbüttel (NI) Liederabend mit Rene Schulze 8. Februar 2014 Halle (ST) Konzert mit „Forbidden Rage“ 15. Februar 2014 Essen (NW) Konzert mit zwei Bands 1. März 2014 Raum Hildesheim (NI) Liederabend mit Lars Hildebrandt 22. März 2014 Gommern (ST) Konzert mit einer Band aus Leipzig 26. März 2014 Regnitzlosau- Oberprex (BY) Liederabend mit Michael Regener. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/1314 4. Bei welchen Veranstaltungen der Partei „Die Rechte“ (Saalveranstaltungen, Kundgebungen, Aufmärsche etc.) kam es im ersten Quartal 2014 zu musikalischen Darbietungen, und welche Gruppen bzw. Einzelpersonen traten nach Kenntnis der Bundesregierung auf? Nach Kenntnis der Bundesregierung kam es bei keiner Veranstaltung der Partei „Die Rechte“ im ersten Quartal 2014 zu musikalischen Darbietungen. 5. Von wie vielen Besuchern wurden die einzelnen Konzertveranstaltungen besucht (bitte nach Veranstaltungen aufschlüsseln)? Die in der Antwort zu Frage 1 genannten Musikveranstaltungen wiesen nach Kenntnis der Bundesregierung folgende Besucherzahlen auf: Die elf Konzerte wurden von insgesamt ca. 1 350 Personen besucht; das ergibt einen Durchschnitt von ca. 123 Personen. Bei einem Liederabend ist die Besucherzahl nicht bekannt. Die verbleibenden 14 Liederabende wurden von insgesamt ca. 830 Personen besucht; das ergibt einen Durchschnitt von ca. 59 Personen. 6. Wie viele Konzerte in welchen Ländern und Städten wurden von deutschen Angehörigen der extremen Rechten im ersten Quartal 2014 im Ausland organisiert? Die deutschen Sicherheitsbehörden tauschen sich im Gemeinsamen Extremismus - und Terrorismusabwehrzentrum (GETZ) regelmäßig über Veranstaltungen im Ausland mit Bezug zu deutschen Rechtsextremisten aus. Erfahrungsgemäß werden Konzerte im Ausland aber nur im Einzelfall von deutschen Rechtsextremisten organisiert bzw. mitorganisiert. Nach Erkenntnissen der Bundesregierung war das im ersten Quartal 2014 nicht der Fall. 7. Wie viele Konzerte der extrem rechten Szene wurden im ersten Quartal 2014 von der Polizei aufgelöst? Nach Kenntnis der Bundesregierung wurde im fraglichen Zeitraum ein Konzert polizeilich aufgelöst. 8. Wie viele Konzerte der extrem rechten Szene wurden im ersten Quartal 2014 im Vorfeld verboten? Nach Kenntnis der Bundesregierung wurde im ersten Quartal 2014 kein Konzert im Vorfeld verboten. Allerdings wurde ein am 25. März 2014 in Bad Köstritz (TH) geplanter Liederabend durch die polizeiliche Untersagung von Live-Musik verhindert. 9. Welche rechtsextremistischen Straftaten, insbesondere Gewalttaten, wurden im ersten Quartal 2014 in unmittelbarem Zusammenhang mit Musikveranstaltungen der extremen Rechten, in deren Vorfeld, nach den Veranstaltungen oder aus den Veranstaltungen heraus begangen (bitte nach Art der Straftaten auflisten)? Der Bundesregierung ist im ersten Quartal 2014 in diesem Zusammenhang eine gefährliche Körperverletzung (§ 224 StGB) bekannt geworden. Drucksache 18/1314 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 10. Wurden im Rahmen von Konzerten der extremen Rechten im ersten Quartal 2014 Tonträger von der Polizei beschlagnahmt, und wenn ja, welchen Inhalts waren diese Tonträger, und in welcher Stückzahl wurden sie beschlagnahmt (bitte nach Bundesländern, Ort und Datum auflisten)? Der Bundesregierung liegen keine Informationen zur Sicherstellung von Tonträgern im Rahmen von Konzertereignissen im fraglichen Zeitraum vor. 11. Welche sonstigen Beschlagnahmungen von Tonträgern der extremen Rechten gab es im ersten Quartal 2014, und welchen Inhalts waren diese Tonträger, bzw. in welcher Stückzahl wurden sie beschlagnahmt (bitte nach Bundesländern, Ort und Datum auflisten)? Der Bundesregierung liegen keine abschließenden Erkenntnisse im Sinne der Fragestellung vor. Grund hierfür ist, dass eine dezidierte Meldepflicht der Länder über Sicherstellungen von Tonträgern und deren Inhalte aus dem Phänomenbereich der Politisch motivierten Kriminalität (PMK) nicht besteht. Einzelerkenntnisse im Sinne der Fragestellung liegen der Bundesregierung jedoch immer dann vor, wenn die Länder im Rahmen des Kriminalpolizeilichen Meldedienstes Politisch motivierte Kriminalität (KPMD-PMK) Straftaten melden , die im Zusammenhang mit dem Tatmittel „Tonträger“ stehen, und diese Meldungen auch Erkenntnisse zu entsprechenden Sicherstellungen beinhalten. Die Erkenntnisse zum ersten Quartal 2014 sind der nachfolgenden Tabelle zu entnehmen: 12. Wie viele rechtsextremistische Tonträger wurden bisher im ersten Quartal 2014 indiziert? Handelt es sich dabei um Tonträger, die im Jahr 2014 produziert und veröffentlicht wurden, bzw. aus welchen Jahren stammen die im Jahr 2014 indizierten Tonträger? Im Zeitraum vom 1. Januar bis 31. März 2014 hat die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien insgesamt 19 Tonträger aufgrund Verherrlichung oder Verharmlosung des Nationalsozialismus und/oder aufgrund Verherrlichung oder Verharmlosung des Krieges und/oder aufgrund rassistischer Inhalte indiziert . Erkenntnisse darüber, wann diese Tonträger produziert und veröffentlicht wurden, liegen nicht vor. Bundesland Ort Datum Stückzahl 1 Bayern Ichenhausen 19.01.2014 1 CD 2 Niedersachsen Hannover 17.01.2014 2 CDs 3 Niedersachsen Bremervörde 02.03.2014 1 CD 4 Nordrhein-Westfalen Pulheim 08.02.2014 unbekannte Anzahl 5 Rheinland-Pfalz Ludwigshafen 16.01.2014 423 CDs 6 Schleswig-Holstein Brande-Hörnerkirchen 13.01.2014 1 CD 7 Sachsen Zittau 31.03.2014 1 CD Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/1314 13. Gegen wie viele der im Jahr 2014 indizierten und in die Liste B eingetragenen rechtsextremistischen Tonträger, bei denen der Verdacht auf strafrechtlich relevante Inhalte besteht, lag im selben Jahr noch ein Beschlagnahmebeschluss vor? Im Zeitraum vom 1. Januar bis 31. März 2014 wurden insgesamt elf der wegen Verherrlichung oder Verharmlosung des Nationalsozialismus und/oder aufgrund Verherrlichung oder Verharmlosung des Krieges und/oder aufgrund rassistischer Inhalte indizierten Tonträger in Listenteil B eingetragen. In diesem Zeitraum ergingen zu den Tonträgern keine Beschlagnahmebeschlüsse. Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co., Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlagsgesellschaft mbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333